Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.259/2008
Zurück zum Index II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2008
Retour à l'indice II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2008


Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
2C_259/2008

Urteil vom 6. November 2008
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Hungerbühler, Müller,
Bundesrichterin Aubry Girardin,
nebenamtlicher Bundesrichter Locher,
Gerichtsschreiber Matter.

Parteien
X.________ AG (ehemals: F.________ AG),
Beschwerdeführerin, vertreten durch T & R AG,

gegen

Steuerverwaltung des Kantons Wallis, Bahnhofstrasse 35, 1951 Sitten.

Gegenstand
Kantons- und Gemeindesteuern 2002,

Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen das Urteil der
Steuerrekurskommission des Kantons Wallis vom 23. Januar 2008.

Sachverhalt:

A.
Die 1998 gegründete X.________ AG (ehemals F.________ AG; nachfolgend auch: die
Gesellschaft) betreibt ein Hotel in G.________. Sie verfügt über ein voll
liberiertes Aktienkapital von 5 Millionen Franken, an welchem die L.________ AG
zu 90% und M.________ zu 10% beteiligt waren. Wegen schwerer statischer
Baumängel wurde der Betrieb des Hotels unmittelbar nach dessen Eröffnung im
Jahr 2000 wieder eingestellt. Die Hauptaktionärin finanzierte die nötig
gewordene aufwendige Sanierung, indem sie noch einmal - wie für die
ursprünglichen Baukosten - rund 25 Millionen Franken investierte. Diese Mittel
stellte sie der Gesellschaft in Form von Darlehen (Stand Ende 2002: Fr.
48'322'085.--) zur Verfügung. So entstand bei der Gesellschaft ein
Bilanzverlust von Fr. 45'094'430.-- und - nach Verrechnung mit dem
Aktienkapital - eine Überschuldung von Fr. 40'094'430.--. Um den Konkurs zu
vermeiden, erklärte sich die Hauptaktionärin zu einem Rangrücktritt im vollen
Umfang ihrer Darlehen bereit. Im Hinblick auf einen Rechtsstreit mit dem
Minderheitsaktionär wurde von einem förmlichen Forderungsverzicht und damit von
der finanziellen Gesundung der Gesellschaft vorläufig abgesehen. Die
betreffenden Massnahmen wurden erst 2004 durchgeführt. Im Jahr 2006 nahm das
Hotel seinen Betrieb wieder auf.
Bilanz per
31.12.2000
31.12.2001
31.12.2002
Bilanzverlust in Mio (gerundet)
22,8
41,2
45,0
Aktienkapital in Mio
5,0
5,0
5,0
Überschuldung in Mio (gerundet)
17,8
36,2
40,0
Aktiven in Mio (gerundet)
18,8
7,2
8,8
Verzinste Schulden in Mio (gerundet)
35,8
42,2
48,3

B.
Entgegen der Selbstschatzung der Gesellschaft qualifizierte die Kantonale
Steuerverwaltung Wallis die Darlehen der Hauptaktionärin für die Staatssteuer
2002 in der Höhe von Fr. 37'151'240.-- als verdecktes Eigenkapital und setzte
das steuerbare Kapital dementsprechend auf Fr. 42'151'240.-- fest. Auf
Einsprache der Gesellschaft hin wurde das verdeckte Eigenkapital auf Fr.
26'048'815.-- reduziert. Eine gegen den Einspracheentscheid gerichtete
Beschwerde wies die Steuerrekurskommission des Kantons Wallis mit Urteil vom
23. Januar 2008 ab und verweigerte eine Verrechnung des Verlustvortrages mit
dem verdeckten Eigenkapital.

C.
Am 1. April 2008 hat die X.________ AG Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten beim Bundesgericht eingereicht. Sie beantragt, das Urteil der
Steuerrekurskommission aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zur
Neubeurteilung zurückzuweisen. Namentlich der Grundsatz der Besteuerung nach
der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit gebiete, von einer Kapitalbesteuerung
vollumfänglich abzusehen.

Die Kantonale Steuerverwaltung Wallis beantragt die Abweisung der Beschwerde.
Die Kantonale Steuerrekurskommission und die Eidgenössische Steuerverwaltung
haben auf eine Stellungnahme verzichtet.

Erwägungen:

1.
1.1 Die Eingabe richtet sich gegen einen kantonalen Entscheid in einer
Angelegenheit des öffentlichen Rechts. Eine Ausnahme gemäss Art. 83 BGG liegt
nicht vor. Aufgrund der geänderten Bestimmungen über die Rechtspflege im Kanton
Wallis entscheidet die Steuerrekurskommission über Beschwerden hinsichtlich der
Staatssteuer als letzte kantonale Instanz (Art. 150 Abs. 2 des Steuergesetzes
vom 10. März 1976, in der Fassung gemäss Gesetz betreffend die Änderung der
Rechtspflegeordnung vom 9. November 2006). Die Verfahrensänderungen finden mit
Inkraftsetzung des Gesetzes auf den 1. Juli 2007 auf hängige Verfahren sofort
Anwendung (IX. Abschnitt Ziff. 7 des Gesetzes vom 9. November 2006). Der
angefochtene Entscheid erweist sich daher als letztinstanzlich und unterliegt
demzufolge der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (vgl. Art.
82 Abs. 1 lit. a und 86 Abs. 1 lit. d BGG, siehe auch Art. 73 des
Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die Harmonisierung der direkten
Steuern der Kantone und Gemeinden [StHG; SR 642.14]).

1.2 Mit der Beschwerde kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 und 96 BGG
geltend gemacht werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an
(Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist daher weder an die in der Beschwerde geltend
gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann
eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen, und es
kann eine Beschwerde mit einer von der Argumentation der Vorinstanz
abweichenden Begründung abweisen. Das Bundesgericht legt sodann seinem Urteil
den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1
BGG), es sei denn, dieser sei offensichtlich unrichtig oder beruhe auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG (Art. 105 Abs. 2 bzw. Art. 97 Abs. 1
BGG).

1.3 Gemäss Art. 42 Abs. 1 BGG hat die Rechtsschrift die Begehren und deren
Begründung zu enthalten; im Rahmen der Begründung ist in gedrängter Form
darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2
BGG). Das Bundesgericht prüft die Verletzung von Grundrechten und von
kantonalem Recht nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde
vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG). Die vorliegende
Beschwerdeschrift genügt diesen Anforderungen nicht vollumfänglich; soweit das
nicht der Fall ist, kann auf die Beschwerde nicht eingetreten werden.

1.4 Die Beschwerdeführerin beantragt nur die Aufhebung des angefochtenen
Entscheids und die Rückweisung der Sache an die Vorinstanz. Sie verlangt aber
keinen Entscheid in der Sache selbst (im Sinne von Art. 107 Abs. 2 BGG, was
nach BGE 134 II 186 E. 1.5 S. 190 ff. selbst bei einer Beschwerde gemäss Art.
73 StHG möglich wäre). Ein solcher Antrag ist zulässig und führt praxisgemäss
dazu, dass es im Ermessen des Bundesgerichts steht, ein reformatorisches oder
nur ein kassatorisches Urteil zu fällen (vgl. BGE 133 II 409 E. 1.4 S. 414 f.).

2.
2.1 Gemäss Art. 94 StG/VS und Art. 29 Abs. 1 StHG ist Gegenstand der
Kapitalsteuer das Eigenkapital. Nach Art. 95 Abs. 1 StG/VS und Art. 29 Abs. 2
lit. a StHG besteht das steuerbare Eigenkapital der Kapitalgesellschaften und
Genossenschaften aus dem einbezahlten Grund- oder Stammkapital, den offenen und
den aus versteuertem Gewinn gebildeten Reserven. Art. 96 Abs. 1 StG/VS und Art.
29a StHG halten weiter fest, dass das steuerbare Eigenkapital der
Kapitalgesellschaften und Genossenschaften sich um jenen Teil des Fremdkapitals
erhöht, dem wirtschaftlich die Bedeutung von Eigenkapital zukommt.

Auf diese Bestimmungen hat sich die Vorinstanz gestützt, um die hier
massgeblichen Aktionärsdarlehen zu einem beträchtlichen Teil als verdecktes
Eigenkapital zu qualifizieren und den ausgewiesenen Bilanzverlust der
Gesellschaft nicht zur Verrechnung zuzulassen. Darin sieht die
Beschwerdeführerin namentlich einen Verstoss gegen den Grundsatz der
Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit.

2.2 Im Bereich der Steuern wird das allgemeine Gleichbehandlungsgebot von Art.
8 Abs. 1 BV insbesondere durch die Grundsätze der Allgemeinheit und
Gleichmässigkeit der Besteuerung sowie der Besteuerung nach der
wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit konkretisiert (Art. 127 Abs. 2 BV). Der
erste Grundsatz verlangt, dass alle Personen oder Personengruppen nach
denselben gesetzlichen Regeln erfasst werden; Ausnahmen, für die kein
sachlicher Grund besteht, sind unzulässig. Nach dem zweiten Prinzip sind
Personen, die sich in gleichen Verhältnissen befinden, in derselben Weise mit
Steuern zu belasten und müssen wesentliche Ungleichheiten in den tatsächlichen
Verhältnissen zu entsprechend unterschiedlichen Steuerbelastungen führen.
Drittens müssen die Steuerpflichtigen nach Massgabe der ihnen zustehenden
Mittel gleichmässig besteuert werden; die Steuerbelastung hat sich nach den
ihnen zur Verfügung stehenden Wirtschaftsgütern und ihren persönlichen
Verhältnissen zu richten (vgl. u.a BGE 134 I 248 E. 2 S. 251 f.; 133 I E. 6.1
S. 215 f.; StE 2003 B 21.1 Nr. 11 E. 3.2; je mit Hinweisen).

2.3 Die Steuergesetze der meisten Kantone enthalten eine Bestimmung, wonach bei
der Kapitalsteuer mindestens das einbezahlte Grund- oder Stammkapital steuerbar
ist, und zwar selbst dann, wenn ein Unternehmen keinen Gewinn erzielt oder
sogar das investierte Kapital von den bestehenden Aktiven nicht mehr gedeckt
wird (vgl. Botschaft zur Reform der Unternehmensbesteuerung 1997, BBl 1997 II
1181). Eine solchermassen festgesetzte Kapitalsteuer wird zur (reinen)
Objektsteuer, welche sich nicht mehr an den zur Verfügung stehenden
finanziellen Mitteln der Gesellschaft (bzw. am effektiven Unternehmensvermögen)
orientiert und insoweit nicht mehr mit der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit
übereinstimmt (vgl. u.a. Ernst Blumenstein/Peter Locher, System des
schweizerischen Steuerrechts, 6. Aufl., Zürich 2002, S. 280; Werner A. Schmid,
Die Besteuerung der juristischen Personen, insbesondere der
Kapitalgesellschaften, in: Ernst Höhn/Peter Athanas [Hrsg.], Das neue
Bundesrecht über die direkten Steuern, Bern 1993, S. 235; Ernst Höhn/Robert
Waldburger, Steuerrecht, 9. Aufl., Bern 2002, Bd. I, Rz. 5 zu § 19, S. 289;
Bernhard Zwahlen, in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht [I/1],
Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und
Gemeinden [StHG], 2. Aufl., Basel 2002, Rz. 3 zu Art. 29/Art. 29a StHG; Felix
Schalcher, Die Sanierung von Kapitalgesellschaften im schweizerischen
Steuerrecht, Bern 2008, Rz. 489 S. 227 f. u. Rz. 507 S. 235).

Im Steuergesetz des Kantons Wallis fehlt - wie übrigens im
Harmonisierungsgesetz (vgl. Schmid, a.a.O., S. 235) - eine solche Ermächtigung
zur Mindestbesteuerung; sie ist nur in Art. 28 Abs. 1 des
Ausführungsreglementes vom 25. April 1976 zum Steuergesetz (GS 642.100, AR VS)
enthalten. Auf Gesetzesstufe lässt sie sich allenfalls aus Art. 95 Abs. 2 StG/
VS ableiten, wonach sich bei Kapitalgesellschaften und Genossenschaften in
Liquidation das steuerbare Eigenkapital nach dem Reinvermögen zu Beginn der
Steuerperiode richtet. Wird aber erst im Liquidationsfall auf das Nettovermögen
abgestellt, so ergibt sich daraus umgekehrt, dass eine Mindestbesteuerung
ansonsten statthaft ist, je nachdem sogar bei Bilanzverlust. Ob bzw. inwieweit
eine solche Regelung verfassungs- bzw. bundesrechtskonform ist (und namentlich
mit dem Legalitätsprinzip im Einklang steht), muss hier nicht geprüft werden,
weil es in der Beschwerde zu diesem Punkt an einer rechtsgenügend vorgebrachten
Rüge fehlt (vgl. dazu oben E. 1.3).

2.4 Im Folgenden geht es nur noch um die Aktionärsdarlehen, welche die
Vorinstanz insoweit der Kapitalsteuer unterworfen hat, als sie ihnen gemäss
Art. 29a StHG und Art. 96 Abs. 1 StG/VS wirtschaftlich die Bedeutung von
Eigenkapital beigemessen hat.
2.4.1 Vor der Einführung einer ausdrücklichen Regelung im Harmonisierungsgesetz
und in der kantonalen Steuergesetzgebung konnte eine solche Ausdehnung der
Kapitalbesteuerung auf - obligationenrechtlich als Fremdmittel gestaltete -
Aktionärdarlehen nur dann erfolgen, wenn die Voraussetzungen einer
Steuerumgehung erfüllt waren (vgl. u.a. BGE 117 Ib 248 E. 5e S. 259 f.; 109 Ia
97 E. 2b S. 100; siehe auch KLAUS A. VALLENDER, Aktionärsdarlehen als
Steuerumgehung?, in: MARKUS REICH/MARTIN ZWEIFEL [HRSG.]: Das schweizerische
Steuerrecht - eine Standortbestimmung [Festschrift Zuppinger], Bern 1989, 433
ff.; NICO BURKI, Das verdeckte Eigenkapital im schweizerischen Steuerrecht,
Bern 1984, S. 71 ff. u. 112 ff.). Die neue Gesetzeslage macht das nicht mehr
notwendig. Vielmehr wird nun aufgrund eines Drittvergleichs geurteilt, d.h. es
wird - unter Würdigung aller konkreten Umstände, insbesondere unter
Berücksichtigung wirtschaftlicher Gesichtspunkte - geprüft, ob eine
unangemessen hohe, nicht marktkonforme Fremdfinanzierung durch den
Anteilsinhaber (oder eine diesem nahestehende Person) vorliegt, die auf seine
Stellung als Anteilsinhaber zurückzuführen ist und eine Minderung der
Steuerbelastung zur Folge hat. Es fragt sich also, ob die Gesellschaft von
ihrem Anteilsinhaber verzinsliche Darlehen in einem Umfang aufnimmt, welche
unter sonst gleichen Verhältnissen von einem unabhängigen Dritten, insbesondere
Banken, nicht erhältlich wären. Insoweit rechtfertigt sich eine Qualifizierung
als verdecktes Eigenkapital (vgl. RDAF 2007 II 239 E. 4.2; ULYSSES VON
SALIS-LÜTOLF, Verdecktes Eigenkapital - warum der Drittvergleich im Steuerrecht
nichts wirtschaftlich Bedeutendes vermittelt, ZSR 2002 I 171 ff.; ERNST HÖHN/
ROBERT WALDBURGER, a.a.O., Rz. 10-11 zu § 19, S. 490 ff.; SCHMID, a.a.O., S.
235 f.).
2.4.2 Der von der Beschwerdeführerin einwandfrei ausgewiesene Bilanzverlust
übersteigt den umstrittenen Teil der Darlehen auf jeden Fall. Weiter sind weder
offene noch stille Reserven vorhanden, mit denen der Verlust sonst noch
verrechnet werden könnte. Unter den gegebenen Umständen ist vorliegend die
Frage, ob verdecktes Eigenkapital vorliegt, nur dann zu beantworten, wenn die
Qualifizierung als verdecktes Eigenkapital von vornherein eine Verrechnung mit
dem Verlustvortrag ausschliesst, im Sinne einer vollumfänglichen Gleichstellung
mit dem einbezahlten Grundkapital und einer zwingenden Erfassung durch die
Mindestbesteuerung.

2.5 Die Vorinstanz hat einen solchen ausnahmslosen Ausschluss der
Verlustverrechnung mit verdecktem Eigenkapital angenommen. Dafür macht sie zwei
Argumente geltend, die aber beide nicht zu überzeugen vermögen:
2.5.1 Zum einen stützt sie ihre Auffassung auf die Ziffer 3.3 des
Kreisschreibens der Eidgenössischen Steuerverwaltung vom 6. Juni 1997
betreffend verdecktes Eigenkapital bei Kapitalgesellschaften und
Genossenschaften (ASA 66 293 ff., insb. 295), die wie folgt lautet: "Die
Umqualifizierung von Fremdkapital in verdecktes Eigenkapital ist rein
steuerrechtlich bedingt und hat das Ziel, die auf dem Fremdkapital bezahlten
Zinsen nicht als abzugsfähigen Aufwand, sondern als verdeckte
Gewinnausschüttung und somit wie Dividenden zu behandeln. Daraus folgt, dass
das verdeckte Eigenkapital dem einbezahlten Grund- und Stammkapital und nicht
den Reserven gleichzusetzen ist. Ein allfälliger Verlustvortrag kann demnach
nur mit Reserven, nicht aber mit dem um das verdeckte Eigenkapital erhöhten
einbezahlten Grund- und Stammkapital verrechnet werden" (im gleichen Sinne:
XAVIER OBERSON, Droit fiscal suisse, 3. Aufl., Basel 2007, Rz. 10 zu § 11, S.
228).

Das Kreisschreiben kann aber für den vorliegenden Fall schon deshalb nicht
unbesehen übernommen werden, weil es noch von einer früheren Rechtslage
ausgeht, namentlich der renditeabhängigen Ertragsbesteuerung mit
Dreistufentarif. Mit der Abkehr von der Besteuerung nach der Ertragsintensität,
dem Übergang zum Proportionaltarif und der Abschaffung der Kapitalsteuer durch
das Bundesgesetz vom 10. Oktober 1997 über die Reform der
Unternehmensbesteuerung 1997 (AS 1998 669) ist der von der Vorinstanz zitierte
Teil des Kreisschreibens für die direkte Bundessteuer nicht mehr relevant und
auch in Kantonen, die - wie der Kanton Wallis (vgl. Art. 89 StG VS) - keine
Besteuerung nach der Ertragsintensität kennen, nicht mehr uneingeschränkt
anwendbar.

Weiter lässt die Berufung auf das Kreisschreiben hier wesentliche Unterschiede
zwischen der Ertrags- und der Kapitalsteuer ausser Acht. Bei der Besteuerung
des Gesellschaftsgewinns geht es vor allem darum, eine ungerechtfertigte
Minderung der wirtschaftlichen Doppelbelastung zu vermeiden, weshalb
grundsätzlich abzugsfähige Zinsen auf Darlehen des Kapitalgebers als verdeckte
Gewinnausschüttungen qualifiziert werden (vgl. dazu u.a. RDAF 2007 II 239 E.
4). Bei der Kapitalsteuer hingegen gilt es zu verhindern, dass die Gesellschaft
durch eine unangemessen hohe Fremdfinanzierung die Kapitalsteuer reduziert;
dabei ist der Aspekt der Verzinsung nicht mehr (allein) ausschlaggebend (vgl.
u.a. ERNST HÖHN/ROBERT WALDBURGER, a.a.O., Rz. 10 zu § 19, S. 490 ff.).
Innerhalb des Bereichs der Kapitalbesteuerung sind zudem verschiedene
Einzelsachverhalte auseinanderzuhalten, z.B. je nachdem ob Verluste vorhanden
sind oder nicht. Diesen Gesichtspunkten hat der angefochtene Entscheid nicht
(genügend) Rechnung getragen.
2.5.2 Zum anderen vertritt die Vorinstanz die Auffassung, dass erst nach dem in
Aussicht genommenen Forderungsverzicht Reserven vorhanden gewesen wären, die
eine Verrechnung mit Verlustvorträgen zugelassen hätten. Zwar ist richtig, dass
nach einem Forderungsverzicht Reserven vorliegen, die eine Verlustverrechnung
auf jeden Fall ermöglichen. Daraus darf aber nicht der Umkehrschluss gezogen
werden, eine solche Verrechnung sei ausgeschlossen, solange die Darlehen
formell noch bestehen (wenn auch mit Rangrücktritt). Indem die Steuerbehörde
das Fremd- in Eigenkapital umqualifiziert, weicht sie ohnehin von der
Handelsbilanz ab und nimmt eine rein steuerrechtlich motivierte Korrektur vor.
Damit erweist es sich aber als methodendualistisch und somit widersprüchlich,
die Verlustverrechnung unter Berufung auf die fehlende Übereinstimmung mit der
Handelsbilanz zu verweigern (vgl. zum Methodendualismus ebenfalls StR 60/2005
861).
2.5.3 Es ist auch sonst nicht dargetan oder ersichtlich, inwiefern eine
Qualifizierung als verdecktes Eigenkapital eine Verlustverrechnung in jedem
Fall zwingend ausschliessen müsste. Eine Verrechnung ist zumindest unter den
hier gegebenen Umständen zuzulassen. Das gilt umso mehr, als schon die
steuerliche Erfassung des nicht mehr effektiv vorhandenen Grundkapitals von
einer strikten Ausrichtung auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit abweicht.
Dieser Punkt muss zwar - wie hervorgehoben (vgl. oben E. 2.3) - nicht weiter
geprüft werden. Jedoch darf die Mindestbesteuerung ohne Verrechnungsmöglichkeit
nicht noch durch eine extensive Auslegung des Begriffs "einbezahltes Grund-
oder Stammkapital" beträchtlich ausgedehnt werden. Eine solche Auslegung würde
vorliegend, trotz einer massiven Überschuldung von rund 40 Millionen Franken,
zu einer zusätzlichen Kapitalsteuer von gegen 130'000 Franken auf nicht
vorhandenem Eigenkapital führen, was weder wirtschaftlich sachgerecht noch
rechtskonform sein kann (im gleichen Sinn die Lösungen - in Gesetz bzw. Praxis
- verschiedener vergleichbarer Kantone, so z.B. Art. 103 des Steuergesetzes des
Kantons Neuenburg vom 21. März 2000; Luzerner Steuerbuch Bd. 2 zu § 91 Nr. 1
Ziff. 2; Zuger Steuerbuch, Erläuterungen zu § 73 Ziff. 2; StR 60/2005 857 ff.;
StE 1989 B 73.12 Nr. 6; zustimmend: Schalcher, a.a.O., Rz. 490 S. 228 u.
497-502 S. 230 ff.; Burki, a.a.O., S. 154 f.).

Daran ändert auch der von der Hauptaktionärin zugestandene Rangrücktritt im
Sinne von Art. 725 Abs. 2 Satz 2 in fine OR nichts, sei es in Bezug auf eine
allfällige Umqualifizierung von Fremd- in Eigenkapital oder aber hinsichtlich
der Zulässigkeit einer Verlustverrechnung. Zumindest unter den hier gegebenen
Umständen hat der Rangrücktritt nicht zur Folge, dass die als Fremdmittel
ausgestaltete Finanzierung uneingeschränkt mit dem einbezahlten Aktienkapital
gleichzustellen und der Mindestbesteuerung ohne Verrechnungsmöglichkeit zu
unterwerfen wäre (im gleichen Sinne: Schalcher, a.a.O., Rz. 502 S. 233; siehe
dazu weiter: Bernhard Zwahlen, Der Rangrücktritt aus steuerlicher Sicht, ST
1988 117 ff.; Peter Reinarz, Die Unternehmens-Sanierung im Lichte des Aktien-
und des Steuerrechtes, AJP 1997 443 ff., 448; Peter Athanas, Steuerliche
Aspekte von Sanierungen, in: Vito Roberto (Hrsg.), Sanierung der AG, Zürich
2003, S. 203; von Salis-Lütolf, a.a.O., S. 180 f.).

3.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist nach dem Gesagten
teilweise gutzuheissen, soweit darauf einzutreten ist; der angefochtene
Entscheid ist aufzuheben, das steuerbare Kapital für die Steuerperiode 2002 auf
5 Millionen Franken festzusetzen und die Sache zur Neuregelung der Kosten und
Entschädigungsfolgen des kantonalen Verfahrens an die Vorinstanz
zurückzuweisen.

Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Kosten des bundesgerichtlichen
Verfahrens zu fünf Sechsteln dem Kanton Wallis, der Vermögensinteressen
verfolgt, und zu einem Sechstel der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 65 f.
BGG). Zudem hat der Kanton Wallis der Beschwerdeführerin eine reduzierte
Parteientschädigung auszurichten (Art. 68 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wird teilweise
gutgeheissen, soweit darauf einzutreten ist; das Urteil der
Steuerrekurskommission des Kantons Wallis vom 23. Januar 2008 wird aufgehoben
und das steuerbare Kapital für die Steuerperiode 2002 auf 5 Millionen Franken
festgesetzt. Die Sache wird zur Neuregelung der Kosten- und
Entschädigungsfolgen des kantonalen Verfahrens an die Steuerrekurskommission
zurückgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 4'500.-- werden im Betrag von Fr. 3'750.-- dem
Kanton Wallis und im Betrag von Fr. 750.-- der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Der Kanton Wallis hat der Beschwerdeführerin eine Parteientschädigung von Fr.
4'000.-- auszurichten.

4.
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, der Steuerverwaltung des Kantons
Wallis, der Steuerrekurskommission des Kantons Wallis sowie der Eidgenössischen
Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 6. November 2008
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Merkli Matter