Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.251/2008
Zurück zum Index II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2008
Retour à l'indice II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2008


Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
2C_251/2008/leb

Urteil vom 1. April 2008
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Hungerbühler, Müller,
Gerichtsschreiber Feller.

Parteien
X.________,
Beschwerdeführer, vertreten durch
Advokat Dr. Alex Hediger,

gegen

Einwohnerdienste Basel-Stadt,
Bereich Bevölkerungsdienste und Migration, Spiegelgasse 6-12, 4001 Basel,
Sicherheitsdepartement (SiD) des Kantons Basel-Stadt, Bereich Recht,
Spiegelgasse 6-12, 4001 Basel.

Gegenstand
Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung,

Beschwerde gegen das Urteil des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt
als Verwaltungsgericht
vom 19. Februar 2008.

Erwägungen:

1.
Der serbische Staatsangehörige X.________, geboren 1980, reiste am 20.
September 1998 als Asylbewerber in die Schweiz ein. Nachdem er am 27. Juni 2000
eine Schweizer Bürgerin (geboren 1953) geheiratet hatte, wurde ihm gestützt auf
Art. 7 ANAG die Aufenthaltsbewilligung erteilt und mehrmals verlängert. Seit
Juni 2003 lebten die Ehegatten getrennt; das Getrenntleben wurde mit Verfügung
vom 16. September 2003 gerichtlich bestätigt. Am 21. Dezember 2005 wurde die
Ehe rechtskräftig geschieden.

Am 26. Juni 2006 lehnte die Ausländerbehörde des Kantons Basel-Stadt eine
weitere Erneuerung der letztmals bis zum 26. Juni 2004 verlängerten
Aufenthaltsbewilligung von X.________ ab und ordnete seine Wegweisung aus dem
Kanton an. Ein Rekurs an das Sicherheitsdepartement des Kantons Basel-Stadt
blieb erfolglos (Rekursentscheid vom 15. August 2007), und das
Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt als Verwaltungsgericht wies die
gegen den Departementsentscheid erhobene Beschwerde mit Urteil vom 19. Februar
2008 ab.

Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 27. März 2008
beantragt X.________ dem Bundesgericht, das Urteil des Appellationsgerichts
vollumfänglich aufzuheben und ihm die Aufenthaltsbewilligung zu verlängern.

Es ist weder ein Schriftenwechsel noch sind andere Instruktionsmassnahmen
angeordnet worden.

2.
2.1 Gemäss Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG ist die Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten auf dem Gebiet des Ausländerrechts
unzulässig betreffend Bewilligungen, auf die weder das Bundesrecht noch das
Völkerrecht einen Anspruch einräumt.
2.1.1 Da im Kanton über ein vor dem 1. Januar 2008, d.h. vor dem Inkrafttreten
des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer
(Ausländergesetz; AuG [SR 142.20 bzw. AS 2007 5437 ff.]) gestelltes Begehren um
Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung entschieden worden ist, finden
vorliegend noch die materiellen Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 26. März
1931 über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG) Anwendung (Art. 126
Abs. 1 AuG). Ob der Beschwerdeführer einen Bewilligungsanspruch im Sinne von
Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG hat, ergibt sich mithin aus dem ANAG.
2.1.2 Gemäss Art. 7 Abs. 1 Sätze 1 und 2 ANAG hat der ausländische Ehegatte
eines Schweizer Bürgers Anspruch auf Erteilung und Verlängerung der
Aufenthaltsbewilligung; nach einem ordnungsgemässen und ununterbrochenen
Aufenthalt von fünf Jahren hat er Anspruch auf die Niederlassungsbewilligung.
Dabei genügt schon der formelle Bestand der Ehe für die Annahme eines
Bewilligungsanspruchs. Hat die Ehe des Ausländers mit einem Schweizer Bürger
mehr als fünf Jahre gedauert und hielt er sich in dieser Zeit ununterbrochen in
der Schweiz auf, so besteht grundsätzlich Anspruch auf Erteilung der
Niederlassungsbewilligung (BGE 128 II 145 E. 1.1.4 S. 149; 122 II 145 E. 3a und
3b S. 146 ff.; 121 II 97 E. 4c S. 104 f.); ob Gründe für die Nichterneuerung
der Aufenthaltsbewilligung vorliegen, ist nicht als Eintretensfrage zu prüfen,
sondern bildet Gegenstand der materiellen Prüfung (BGE 128 II 145 E. 1.1.2 -
1.1.5 S. 148 f.).
2.1.3 Der Beschwerdeführer ist heute nicht mehr verheiratet. Er lebte seit
seiner Heirat im Juni 2000 ununterbrochen in der Schweiz; seine Ehe mit einer
Schweizer Bürgerin wurde erst Ende 2005, nach über fünf Jahren Ehedauer,
rechtskräftig geschieden, sodass er gestützt auf Art. 7 Abs. 1 Satz 2 ANAG
einen Bewilligungsanspruch hat. Der Unzulässigkeitsgrund von Art. 83 lit. c
Ziff. 2 BGG greift vorliegend mithin nicht, und die Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist zulässig.
2.2
2.2.1 Gemäss Art. 7 Abs. 2 ANAG besteht kein Bewilligungsanspruch im Sinne von
Art. 7 Abs. 1 ANAG, wenn die Ehe eingegangen worden ist, um die Vorschriften
über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer und namentlich jene über die
Begrenzung der Zahl der Ausländer zu umgehen (Ausländerrechts- oder Scheinehe).
Selbst wenn ursprünglich keine Ausländerrechtsehe eingegangen worden ist, kann
sich die Berufung auf die gesetzliche Anspruchsnorm als rechtsmissbräuchlich
erweisen. Nach feststehender bundesgerichtlicher Rechtsprechung liegt
Rechtsmissbrauch vor, wenn der Ausländer sich auf eine Ehe beruft, die nur noch
formell besteht, weil entweder ihm selber jeglicher Wille zum Führen der
ehelichen Gemeinschaft fehlt oder für ihn erkennbar ist, dass keine ernsthafte
Aussicht auf ein (weiteres) eheliches Zusammenleben bzw. auf die Führung einer
Lebensgemeinschaft mit dem schweizerischen Ehegatten mehr besteht, wobei es auf
die Ursachen der Trennung nicht ankommt. Das durch die Rechtsordnung
vorgesehene Anwesenheitsrecht kann nicht völlig unabhängig vom Bestand einer
ehelichen Beziehung beansprucht werden, wäre dies doch mit Ziel und Zweck von
Art. 7 ANAG unvereinbar (vgl. BGE 130 II 113 E. 4.2 S. 117; 128 II 145 E. 2.2
S. 151; 127 II 49 E. 5 S. 56 ff. mit Hinweisen). Da der mit einem Schweizer
Bürger verheiratete Ausländer nach einem ordnungsgemässen und ununterbrochenen
Aufenthalt von fünf Jahren einen Anspruch auf die Niederlassungsbewilligung
erwirbt, welcher, einmal erworben, nicht mehr untergeht (s. dazu vorne E.
2.1.2.), kann der Bewilligungsanspruch nur dann wegen Rechtsmissbrauchs
erlöschen, wenn die Voraussetzungen hierfür sich vor Ablauf der massgeblichen
fünf Jahre verwirklicht haben.
2.2.2 Das Appellationsgericht ist bei seinem Entscheid von diesen in der
Rechtsprechung entwickelten Kriterien ausgegangen (s. E. 3.3 des angefochtenen
Urteils). In tatsächlicher Hinsicht ist unbestritten, dass die Ehegatten sich
nach dreijähriger Ehedauer getrennt haben. Das Appellationsgericht hat in
Würdigung einer Äusserung der Ehefrau des Beschwerdeführers angenommen, dass
diese die Ehe schon lange vor dem Trennungszeitpunkt als gescheitert erachtete.
Wesentlich sind aber seine weiteren Feststellungen, dass die vom
Beschwerdeführer behaupteten häufigen Kontakte nach der Trennung gänzlich
unbewiesen und konkrete Bemühungen um Versöhnung und Wiederaufnahme eines
ehelichen Zusammenlebens nicht dargetan worden seien; es kommt zum Schluss,
dass es für diesen erkennbar keine Aussicht auf eine solche Entwicklung gegeben
habe. Vor Bundesgericht beschränkt sich der Beschwerdeführer auf die
Behauptung, es sei nach der Trennung noch lange unklar gewesen, ob die Ehe
definitiv beendet würde; er nennt nicht das kleinste nach dem Juni 2003
eingetretene Ereignis, aus dem sich Hinweise auf eine auch nur vorübergehende
Annäherung der Ehegatten ergeben würden. Angesichts der Bindung des
Bundesgerichts an die Sachverhaltsermittlungen der Vorinstanz (vgl. Art. 105
Abs. 1 und 2 bzw. Art. 97 BGG) genügt dies nicht, um von deren tatsächlichen
Feststellungen abzuweichen. Gerade der vom Beschwerdeführer hervorgehobene
Umstand, dass die Scheidung rund zweieinhalb Jahre nach der Aufgabe des
gemeinsamen Haushalts rechtskräftig geworden ist, spricht für die Einschätzung
des Appellationsgerichts; die Ehefrau muss das Scheidungsbegehren unmittelbar
nach Ablauf von zwei Jahren Trennung, also zum frühestmöglichen Zeitpunkt (vgl.
Art. 114 ZGB) eingeleitet haben.
Bei dieser Sachlage konnte die Ehe mit einer Schweizerin bereits ab Ende 2003,
jedenfalls aber lange bevor sie fünf Jahre gedauert hatte, nicht mehr ernsthaft
als Grundlage für die Regelung der Anwesenheit des Beschwerdeführers dienen.
Das Appellationsgericht hat Bundesrecht nicht verletzt, wenn es die Berufung
auf Art. 7 ANAG im Hinblick auf eine weitere Verlängerung der
Aufenthaltsbewilligung über den 26. Juni 2004 hinaus ausschloss.
2.2.3 Soweit der Beschwerdeführer Art. 7 ANAG anruft, erweist sich seine
Beschwerde als offensichtlich unbegründet (Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG).

Darüber, ob die Bewilligung unter anderem Titel hätte verlängert werden können,
hatten die kantonalen Behörden nach freiem Ermessen zu entscheiden (Art. 4
ANAG); dies gilt insbesondere für die Frage, ob Ziff. 654 der Weisungen und
Erläuterungen des Bundesamtes für Migration über Einreise, Aufenthalt und
Arbeitsmarkt (ANAG-Weisungen) dies in Fällen wie dem vorliegenden erlaubte. Bei
diesen Weisungen bzw. Richtlinien, deren unkorrekte Anwendung der
Beschwerdeführer rügt, handelt es sich nicht um eigentliche Rechtsnormen (vgl.
BGE 131 V 42 E. 2.3 S. 45 f.); jedenfalls können sie - noch weniger als die
Bestimmungen der Verordnung vom 6. Oktober 1986 über die Begrenzung der Zahl
der Ausländer (Begrenzungsverordnung, BVO), wie etwa Art. 13 lit. f BVO, worauf
Ziff. 654 der ANAG-Weisung sinngemäss Bezug nimmt ("Härtefälle") -
Rechtsansprüche verschaffen, die das Gesetz nicht einräumt (vgl. BGE 130 II 281
E. 2.2 S. 284). Diesbezüglich ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten in Beachtung von Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG nicht gegeben. Das
Rechtsmittel in dieser Hinsicht als subsidiäre Verfassungsbeschwerde gemäss
Art. 113 ff. BGG entgegenzunehmen, fällt ausser Betracht, weil nicht die
Verletzung von verfassungsmässigen Rechten gerügt wird (s. Art. 116 BGG) und
der Beschwerdeführer zur Beschwerdeführung in der Sache selbst nicht
legitimiert wäre (Art. 115 lit. b BGG; dazu BGE 133 I 185).

2.3 Soweit auf die Beschwerde einzutreten ist, ist sie im vereinfachten
Verfahren gemäss Art. 109 BGG abzuweisen. Mit diesem Endurteil wird das Gesuch
um aufschiebende Wirkung gegenstandslos.

2.4 Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Gerichtskosten (Art. 65 BGG)
dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, den Einwohnerdiensten (Bereich
Bevölkerungsdienste und Migration) und dem Sicherheitsdepartement des Kantons
Basel-Stadt, dem Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt als
Verwaltungsgericht sowie dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 1. April 2008
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Merkli Feller