Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.223/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
2C_223/2008

Urteil vom 9. Februar 2009
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Müller, Präsident,
Bundesrichter Karlen, Zünd,
Gerichtsschreiber Küng.

Parteien
A. und B. X.________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Fürsprecher
Dr. Reto Kuster,

gegen

Steuerverwaltung des Kantons Bern, Brünnenstrasse 66, 3018 Bern,

Gegenstand
Direkte Bundessteuer 1995-2001 (Nachsteuer),

Beschwerde gegen den Entscheid der Steuerrekurskommission des Kantons Bern vom
11. Dezember 2007.

Sachverhalt:

A.
A. X.________ betreibt in Zollikofen die Einzelfirma C.________; über diese
betreibt er einen Handel mit elektrotechnischen Artikeln und
Verbindungselementen. Er ist zudem Inhaber der D.________ AG, welche neben der
Verarbeitung, Herstellung und Handel sowie Import und Export von technischen
Lederwaren etc. das Führen eines Geschäfts der Litho-, Werbe- und
Verpackungsbranche bezweckt.
Nachdem die Steuerverwaltung des Kantons Bern festgestellt hatte, dass
A.X.________ in seinen persönlichen Steuererklärungen ein
Aktionärspassivdarlehen bzw. ein Guthaben von rund 1,66 Millionen Franken
gegenüber der D.________ AG nicht als Vermögen deklariert hatte, eröffnete sie
gegen ihn und seine Ehefrau u.a. ein Nachsteuerverfahren.

Mit Verfügung vom 18. Februar 2005 erhob die Steuerverwaltung des Kantons Bern
bei A.X.________ und B. X.________ bei der Direkten Bundessteuer für die Jahre
1995 bis 2001 eine Nachsteuer im Betrag von Fr. 266'997.10. Eine Einsprache der
Steuerpflichtigen blieb ohne Erfolg; ihre Beschwerde wurde am 11. Dezember 2007
von der Rekurskommission des Kantons Bern abgewiesen.

B.
Gegen den Entscheid der Rekurskommission gelangten die Steuerpflichtigen am 15.
Januar 2008 entsprechend der Rechtsmittelbelehrung mit Beschwerde an das
Verwaltungsgericht des Kantons Bern. Dieses übermittelte die Beschwerde mit
Verfügung vom 11. März 2008 dem Bundesgericht; das gleichzeitig hängige
Rekursverfahren betreffend die Staats- und Gemeindesteuern wurde bis zum
Entscheid des Bundesgerichts über die Direkte Bundessteuer eingestellt.

Die Steuerverwaltung und die Steuerrekurskommission des Kantons Bern sowie die
Eidgenössische Steuerverwaltung beantragen, die Beschwerde abzuweisen.

Erwägungen:

1.
1.1 Der angefochtene Entscheid der Steuerrekurskommission des Kantons Bern
erfasst, soweit die Direkte Bundessteuer betroffen ist, die Steuerjahre 1995
bis 2001. In Bezug auf die Steuerjahre 1995 bis 2000 handelt es sich um ein auf
Bundesrecht gestütztes, letztinstanzliches Urteil, gegen welches die Beschwerde
ans Bundesgericht offen steht (Art. 9 Abs. 2 der kantonalen Verordnung vom 19.
Oktober 1994 über den Vollzug der direkten Bundessteuer [BStV/BE]; Art. 146 DBG
[SR 642.11]). Die sich nach der Rechtsprechung aus der Steuerharmonisierung
ergebende Verpflichtung der Kantone, für Beschwerden betreffend die direkte
Bundessteuer eine zweite kantonale Gerichtsinstanz vorzusehen, wenn - wie im
Kanton Bern - für die direkten kantonalen Steuern ein zweifacher gerichtlicher
Instanzenzug besteht (vgl. BGE 130 II 65 ff.), kommt hier nicht zur Anwendung;
die Frist von acht Jahren, die den Kantonen gemäss Art. 72 StHG zur Anpassung
ihrer Gesetzgebung an die Vorgaben des Steuerharmonisierungsgesetzes offen
stand, war in den hier in Frage stehenden Steuerperioden 1995 bis 2000 noch
nicht abgelaufen. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist
insoweit grundsätzlich zulässig (vgl. Urteil 2A.679/2005 vom 3. November 2006
E. 2). Davon gehen zu Recht auch das Verwaltungsgericht des Kantons Bern sowie
die Eidgenössische und die Kantonale Steuerverwaltung aus.

1.2 In Bezug auf die direkte Bundessteuer für das Steuerjahr 2001 ist hingegen
nach der oben erwähnten Rechtsprechung die Zuständigkeit des
Verwaltungsgerichts des Kantons Bern gegeben (Art. 9 Abs. 3 BStV/BE). Dieses
erachtet es jedoch mit der Kantonalen und der Eidgenössischen Steuerverwaltung
aus Gründen der Prozessökonomie und der Beschleunigung des Verfahrens als
sinnvoll, dass das Bundesgericht auch das Steuerjahr 2001 (für welches die
Nachsteuer zudem lediglich Fr. 9'710.-- beträgt) mitbeurteilt.

Die Beschwerdeführer haben sich zur Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts bzw.
des Bundesgerichts trotz ausdrücklicher entsprechender Anfrage durch das
Verwaltungsgericht nicht vernehmen lassen. Sie haben auch den vom Bundesgericht
verlangten Kostenvorschuss ohne Vorbehalt bezahlt. Unter diesen Umständen und
unter Berücksichtigung der gebotenen einheitlichen Betrachtung des in Frage
stehenden Zeitraumes sowie des Gebotes der Beschleunigung des Verfahrens steht
einer Mitbeurteilung des Steuerjahres 2001 nichts im Wege.

2.
2.1 Nach den Feststellungen im angefochtenen Urteil hat der Beschwerdeführer
gemäss Kontoauszügen der D.________ AG (Kontokorrent M. Michel bzw. Kassa) in
den Jahren 1991 bis 2001 in die D.________ AG Einlagen von Fr. 1'294'563.--
gemacht; davon entfielen Fr. 1'273'700.-- auf die Steuerjahre 1995 bis 2001.
Darüber hinaus ist in der Buchhaltung der Einzelfirma C.________ ein
"Passivdarlehen" von Fr. 500'000.-- ausgewiesen worden, welches der
Beschwerdeführer als eine von ihm als Firmeninhaber vorgenommene Einlage
bezeichnet hat. Die von der Steuerverwaltung vorgenommene Aufrechnung nicht
verbuchter Geschäftserträge der Einzelfirma stützt sich auf die Entwicklung des
Einkommens und Vermögens gemäss der Taxationsberechnung der jeweiligen Jahre.

Die Beschwerdeführer bestreiten in ihrer Beschwerde die in Frage stehenden
Zahlungen nicht. Sie hätten die gebuchten Darlehen für die Finanzierung der
nicht deklarierten und finanziell darbenden D.________ AG verwendet. Es sei
ihnen bewusst, dass sie ohne Belege über die Herkunft der Mittel Nachsteuern
auf das nicht deklarierte Vermögen zahlen müssen. Bereits in seiner Einsprache
vom 23. März 2005 gegen die Bussenverfügung räumte der Beschwerdeführer sogar
selber ein, es könne als erwiesen gelten, dass die in seine Geschäftstätigkeit
gesteckten Geldmittel vorhanden gewesen sein müssen; entsprechendes Vermögen in
Form von nicht deklarierten Geldmitteln bzw. von Forderungen gegen die
D.________ bzw. von Ausgleichsforderungen des Privatvermögens an die
Einzelfirma (soweit diese nicht wertberichtigt werden müssten) müsse demnach
nachbesteuert werden.

2.2 Die Steuerrekurskommission hat festgehalten, die Beschwerdeführer hätten
keine Belege eingereicht, die die Herkunft der eingesetzten Mittel belegen
könnten. Von der Steuerrekurskommission zu einer mündlichen Einvernahme
eingeladen, verzichtete der Beschwerdeführer auf eine solche mit der
Begründung, er habe mit seinem Rekurs lediglich Rechtsfragen aufgeworfen; er
könne und wolle zum Sachverhalt keine weiteren Angaben machen. Die
Steuerrekurskommission hat daher erkannt, die Beschwerdeführer hätten ihre
gemäss Art. 153 Abs. 3 DBG auch im Nachsteuerverfahren geltenden Verfahrens-
bzw. Mitwirkungspflichten im Sinne von Art. 130 Abs. 2 DBG verletzt. Dies wird
von den Beschwerdeführern weder in Abrede gestellt noch widerlegt. Sie räumen
sogar ausdrücklich ein, bei den in Frage stehenden Mitteln handle es sich
gerade nicht um belegbares Vermögen.

3.
3.1 Bei der Überprüfung von Ermessenstaxationen kann das Bundesgericht frei
prüfen, ob die Voraussetzungen für eine solche Taxation gegeben waren; die
Schätzung als solche hebt es nur bei Ermessensüberschreitung auf, das heisst,
wenn der kantonalen Behörde in die Augen springende Fehler oder Irrtümer
unterlaufen sind und sie eine offensichtlich falsche Schätzung vorgenommen hat
(BGE 131 II 548, nicht in der amtlichen Sammlung publizierte E. 3.2, mit
Hinweisen).

3.2 Dass unter den erstellten Umständen gemäss der erwähnten Bestimmung eine
Veranlagung nach pflichtgemässem Ermessen vorzunehmen war, wird von den
Beschwerdeführern nicht bestritten. Sie rügen denn auch lediglich eine
pflichtwidrige Ausübung des Ermessens durch die Steuerrekurskommission.

3.3 Die Folgerung der Steuerrekurskommission, bei den von den Beschwerdeführern
eingesetzten finanziellen Mitteln müsse es sich um bisher nicht versteuertes
Einkommen handeln, stützt sich auf die von den Beschwerdeführern vorgelegten
Buchhaltungsunterlagen und die sich daraus ergebende Entwicklung der Einlagen
und des Vermögens der Beschwerdeführer. Was die Beschwerdeführer dagegen
vorbringen, erschöpft sich in einer abweichenden Darstellung ihrer Sicht der
Dinge und lässt diese Würdigung weder als in die Augen springend fehlerhaft
noch als irrig oder offensichtlich falsch erscheinen.

3.4 Dies gilt auch für Annahme der Steuerrekurskommission, die aus den Einlagen
resultierende Beteiligung des Beschwerdeführers an der D.________ AG sei als
Privatvermögen zu qualifizieren. Es kann insoweit auf die ausführliche
Begründung im angefochtenen Entscheid (E. 7 und 8) verwiesen werden, der nichts
beizufügen ist. Hervorzuheben ist, dass die Beschwerdeführer selber zugestehen,
diese Beteiligung nie deklariert zu haben.

4.
Die Beschwerde ist aus diesen Gründen abzuweisen. Bei diesem Ausgang sind die
Kosten des Verfahrens vor Bundesgericht den Beschwerdeführern aufzuerlegen
(Art. 66 Abs. 1 und 5 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 4'500.-- werden den Beschwerdeführern auferlegt,
unter solidarischer Haftung.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, der Steuerrekurskommission und dem
Verwaltungsgericht des Kantons Bern sowie der Eidgenössischen Steuerverwaltung
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 9. Februar 2009
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Müller Küng