Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.201/2008
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Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
2C_201/2008 /zga

Verfügung vom 14. Juli 2008
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Müller, als Einzelrichter,
Gerichtsschreiber Uebersax.

Parteien
X.________ AG,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Fürsprecher Daniel Staffelbach,

gegen

Y.________ AG in Liq.,
Beschwerdegegnerin, vertreten durch Dr. Jürg Plattner und Dr. Marc Nater,
Liquidatoren,
Bundesamt für Privatversicherungen.

Gegenstand
Gesuch um Entlassung aus der Versicherungsaufsicht; Parteistellung und
Akteneinsichtsrecht,

Beschwerde gegen den Teilentscheid des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung II,
vom 23. Januar 2008.

Erwägungen:

1.
1.1 Die Y.________ AG in Liq. ist eine Rückversicherungsanstalt, die der
Aufsicht des Bundesamts für Privatversicherung untersteht. Am 29. September
2000 entschied sie, keine neuen Rückversicherungsverträge mehr abzuschliessen,
sondern das bestehende Geschäft auslaufen zu lassen. Die Aktionäre beschlossen
am 10. August 2005, die Gesellschaft in Liquidation zu setzen. Daraufhin
reichte diese am 14. Dezember 2005 beim Bundesamt ein Gesuch um Entlassung aus
der Versicherungsaufsicht ein. Mit Verfügung vom 28. Juli 2006 wies das
Bundesamt dieses Gesuch im Wesentlichen ab. Dagegen erhob die Y.________ AG in
Liq. am 14. September 2006 Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht. Am 10. Mai
2006 bzw. 18. Oktober 2007 verlangte die X.________ AG beim Bundesamt, es sei
ihr im Verfahren der Y.________ AG Parteistellung und Akteneinsicht zu
gewähren. Am 26. Oktober 2007 reichte sie beim Bundesverwaltungsgericht ein
analoges Begehren für das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht ein. Mit
als Teilentscheid bezeichnetem Entscheid vom 23. Januar 2008 wies das
Bundesverwaltungsgericht das Gesuch der X.________ AG um Gewährung der
Parteistellung im Beschwerdeverfahren ab.

1.2 Gegen diesen Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts erhob die X.________
AG am 3. März 2008 beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten mit den Anträgen, der Entscheid sei aufzuheben, die Sache sei
an das Bundesverwaltungsgericht zurückzuweisen und dieses sei anzuweisen, der
X.________ AG im Beschwerdeverfahren der Y.________ AG in Liq. uneingeschränkt
Parteistellung zuzuerkennen und Akteneinsicht und im Anschluss daran das
rechtliche Gehör zu gewähren.

1.3 Am 29. Januar 2008, also noch vor Einreichung der Beschwerde der X.________
AG beim Bundesgericht, wies das Bundesverwaltungsgericht die bei ihm hängige
Beschwerde in der Sache ab, wovon die X.________ AG offenbar bis zur
Einreichung ihrer Beschwerde keine Kenntnis erhielt. Mit Schreiben vom 17.
April 2008 informierte das Bundesverwaltungsgericht das Bundesgericht darüber,
in der Zwischenzeit den Entscheid in der Sache gefällt zu haben.

1.4 Mit Verfügung vom 24. April 2008 setzte der Präsident der II.
öffentlich-rechtlichen Abteilung des Bundesgerichts den Verfahrensbeteiligten
Frist, sich zur Verfahrenserledigung durch Abschreibung wegen
Gegenstandslosigkeit sowie zur Kostenregelung zu äussern.

1.5 Die X.________ AG und das Bundesamt für Privatversicherungen wenden sich
nicht gegen eine Abschreibung wegen Gegenstandslosigkeit, auch wenn das
Bundesamt alternativ die Möglichkeit eines Nichteintretens erwägt. Die
X.________ AG stellt das Begehren, es sei in der Hauptsache zu entscheiden, ob
ihr im Rahmen des aufsichtsrechtlichen Verfahrens Parteistellung und
Akteneinsicht einzuräumen seien; überdies seien die Verfahrenskosten der
Y.________ AG in Liq. aufzuerlegen, und es sei diese zur Leistung einer
Parteientschädigung an die X.________ AG zu verpflichten. Die Y.________ AG in
Liq. hat sich innert Frist nicht vernehmen lassen.

2.
2.1 Zwar erscheint fraglich, ob es der Beschwerdeführerin bereits bei der
Beschwerdeerhebung an einem rechtlichen Interesse fehlte oder ob dieses erst
nachträglich dahin gefallen ist. Aus objektiver Sicht bestand an sich kein
massgebliches Interesse an einer Anfechtung des Entscheides der Vorinstanz vom
23. Januar 2008, nachdem das Urteil in der Sache am 29. Januar 2008 erging und
damit bereits gefällt war, als die Beschwerdeführerin am 3. März 2008 die
Beschwerde beim Bundesgericht einreichte. Subjektiv hatte die
Beschwerdeführerin vom Urteil in der Sache allerdings keine Kenntnis, weshalb
sie davon ausgehen durfte, an der Einreichung der Beschwerde interessiert zu
sein. Wie es sich damit verhält, kann aber offen bleiben. Kein einziger
Verfahrensbeteiligter wendet sich gegen die Abschreibung des Rechtsstreites.
Selbst das Bundesamt, das gewisse Zweifel an der Verfahrenserledigung äussert,
erhebt ausdrücklich keine Einwendungen gegen die Abschreibung. Unter diesen
Umständen rechtfertigt es sich, den Rechtsstreit als erledigt vom
Geschäftsverzeichnis abzuschreiben.

2.2 Im Rahmen der Vernehmlassung zur Erledigung des Streites und zu den
Kostenfolgen stellt die Beschwerdeführerin den Antrag, es sei ihr im Rahmen des
aufsichtsrechtlichen Verfahrens, d.h. im Verfahren vor dem Bundesamt,
Parteistellung und Akteneinsicht einzuräumen. Dieser Antrag ist aus doppeltem
Grund unzulässig: Erstens wurde er bei Beschwerdeerhebung nicht gestellt und
ist daher ohnehin verspätet. Zweitens bildete die Frage nicht Gegenstand des
angefochtenen Entscheides, weshalb der Antrag ausserhalb des Streitobjekts
steht. Über das Gesuch der Beschwerdeführerin, es seien ihr im
Aufsichtsverfahren Parteirechte zu gewähren, hat das Bundesamt nämlich nie
förmlich verfügt. Im vorliegenden Verfahren ging es einzig um die Parteirechte
im Beschwerdeverfahren vor der Vorinstanz.

2.3 Erklärt das Bundesgericht einen Rechtsstreit als erledigt, entscheidet es
mit summarischer Begründung über die Prozesskosten aufgrund der Sachlage vor
Eintritt des Erledigungsgrundes (Art. 71 BGG in Verbindung mit Art. 72 BZP).
Bei der Beurteilung der Kosten- und Entschädigungsfolgen ist somit in erster
Linie auf den mutmasslichen Ausgang des Prozesses abzustellen (BGE 125 V 373 E.
2a S. 374). Dabei geht es nicht darum, die Prozessaussichten im Einzelnen zu
prüfen und dadurch weitere Umtriebe zu verursachen. Vielmehr muss es bei einer
knappen Beurteilung der Aktenlage sein Bewenden haben. Auf dem Weg über den
Kostenentscheid soll nicht ein materielles Urteil gefällt und unter Umständen
der Entscheid in einer heiklen Rechtsfrage präjudiziert werden. Lässt sich der
mutmassliche Ausgang eines Verfahrens im konkreten Fall nicht ohne weiteres
feststellen, ist auf allgemein zivilprozessrechtliche Kriterien
zurückzugreifen. Danach wird in erster Linie jene Partei kosten- und
entschädigungspflichtig, die das gegenstandslos gewordene Verfahren veranlasst
oder bei der die Gründe eingetreten sind, die zur Gegenstandslosigkeit des
Verfahrens geführt haben (SVR 1998 UV Nr. 11 S. 33 E. 6a mit Hinweisen).

2.4 Nach der Rechtsprechung ist für die Regelung der Kosten- und
Entschädigungsfolgen nur dann auf den mutmasslichen Ausgang des Verfahrens
abzustellen, wenn sich dieser ohne weiteres feststellen lässt. Das ist hier
nicht der Fall. Schon die Zulässigkeit der Beschwerde erscheint fraglich.
Entgegen der Bezeichnung als Teilentscheid fällt das angefochtene Urteil wohl
kaum in den Anwendungsbereich von Art. 91 BGG, sondern stellt eher einen
Zwischenentscheid dar. Diesfalls unterstünde die Zulässigkeit der Beschwerde
allerdings besonderen Voraussetzungen; namentlich wäre erforderlich, dass der
Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Entscheid ein nicht wieder
gutzumachender Nachteil erwachsen würde (vgl. Art. 93 BGG), was hier nicht
offensichtlich ist. Ebenso wenig erscheint die eigentliche Hauptfrage in der
Sache klar, ob nämlich der Beschwerdeführerin Parteistellung und Akteneinsicht
im Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hätte eingeräumt werden
müssen. Die Frage bedürfte eingehender Prüfung und Abwägung und ist nicht
liquid.

2.5 Für die Bestimmung der Kostenfolgen ist demnach auf das allgemeine
Kriterium zurückzugreifen, wer das Verfahren vor dem Bundesgericht veranlasst
hat. Das ist die Beschwerdeführerin. Am bundesgerichtlichen Verfahren überhaupt
nicht beteiligt hat sich die Beschwerdegegnerin. Allerdings trifft die
Beschwerdeführerin grundsätzlich kein Vorwurf, hatte sie doch vom ergangenen
Endurteil der Vorinstanz in der Sache bei Erhebung der Beschwerde gegen den
Teil- bzw. Zwischenentscheid keine Kenntnis. Unter diesen Umständen
rechtfertigt es sich, von der Erhebung von Kosten für das bundesgerichtliche
Verfahren abzusehen und keine Parteientschädigungen zuzusprechen (vgl. Art. 66
Abs. 1 und Art. 68 BGG).

Demnach verfügt der Einzelrichter:

1.
Die Beschwerde wird als erledigt vom Geschäftsverzeichnis abgeschrieben.

2.
Es werden keine Kosten erhoben.

3.
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.

4.
Diese Verfügung wird den Parteien und dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung
II, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 14. Juli 2008
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Einzelrichter: Der Gerichtsschreiber:

Müller Uebersax