Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.194/2008
Zurück zum Index II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2008
Retour à l'indice II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2008


Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
2C_194/2008/leb

Urteil vom 18. April 2008
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Hungerbühler, Müller,
Gerichtsschreiber Klopfenstein.

Parteien
X.________,
Beschwerdeführer, vertreten durch
Rechtsanwalt Reinhold Nussmüller,

gegen

Regierungsrat des Kantons Zürich,
Kaspar Escher-Haus, 8090 Zürich.

Gegenstand
Ausweisung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich,
2. Abteilung, 2. Kammer, vom 19. Dezember 2007.

Das Bundesgericht stellt fest und zieht in Erwägung:

1.
Der aus Mazedonien stammende X.________ (geb. 1974) reiste 1990 im Rahmen des
Familiennachzugs in die Schweiz ein und erhielt die Niederlassungsbewilligung.
Er ist mit einer Landsfrau verheiratet, die zusammen mit der gemeinsamen
Tochter in der Heimat lebt.

X.________ wurde in der Schweiz wiederholt straffällig und wie folgt
verurteilt:
- mit Urteil des Bezirksgerichts Bischofszell vom 3. Dezember 1993 wegen
mehrfacher Mittäterschaft bei Diebstahl und Sachbeschädigung zu drei Wochen
Gefängnis (bedingt),

- mit Urteil des Obergerichts des Kantons Thurgau vom 22. Oktober 1996 wegen
einfacher Körperverletzung und Beteilung am Raufhandel zu neun Monaten
Gefängnis und vier Jahren Landesverweisung (bedingt),
- mit Urteil des Bezirksgerichts Kreuzlingen vom 9. September 1998 wegen grober
Verletzung von Verkehrsregeln zu einer Busse von Fr. 1'200.--,
- mit (zweitinstanzlichem) Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 10.
Dezember 2004 wegen Raubes zu dreieinhalb Jahren Zuchthaus.
Nach der ersten Verurteilung war X.________ von der Fremdenpolizei des Kantons
Thurgau bereits verwarnt worden.
In der Schweiz hatte er eine Lehre als Heizungsmonteur angetreten, diese aber
nicht abgeschlossen. Zwischen 1996 und 1998 blieb er als angelernte Hilfskraft
in seinem Lehrbetrieb tätig. In der Folge arbeitete er im Kanton Zürich bis zu
seiner Verhaftung temporär. Am 8. Dezember 2007 wurde er bedingt aus dem
Strafvollzug entlassen.

Nach Gewährung des rechtlichen Gehörs durch das Migrationsamt wies der
Regierungsrat des Kantons Zürich X.________ mit Beschluss vom 4. Juli 2007 für
die Dauer von zehn Jahren aus der Schweiz aus. Eine gegen diesen Beschluss
erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich mit Urteil
vom 19. Dezember 2007 ab.

2.
Mit Eingabe vom 27. Februar 2008 führt X.________ beim Bundesgericht Beschwerde
in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit den Anträgen, das genannte Urteil
aufzuheben und auf eine Ausweisung zu verzichten.
Mit Verfügung vom 29. Februar 2008 hat der Abteilungspräsident der Beschwerde -
antragsgemäss - aufschiebende Wirkung zuerkannt.
Die kantonalen Akten sind eingeholt, ein Schriftenwechsel ist nicht
durchgeführt worden. Das Urteil ergeht im Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 BGG;
es wird summarisch begründet (Art. 109 Abs. 3 BGG).

3.
3.1 Angefochten ist ein letztinstanzlicher kantonaler Entscheid über eine
gestützt auf Art. 10 Abs. 1 lit. a und lit. b ANAG verfügte Ausweisung, wogegen
das ordentliche Rechtsmittel der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten zulässig ist (Art. 83 lit. c BGG e contrario). Der
Beschwerdeführer ist hierzu legitimiert (Art. 89 Abs. 1 BGG).

3.2 Zwar ist am 1. Januar 2008 das Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die
Ausländerinnen und Ausländer (AuG, SR 142.20) in Kraft getreten. Massgebend für
die materielle Beurteilung bleibt vorliegend aber, in analoger Anwendung von
Art. 126 Abs. 1 AuG, grundsätzlich das bisherige Recht (vgl. statt vieler
Urteil 2C_672/2007 vom 20. Februar 2008, E. 3.2).

4.
4.1 Die Niederlassungsbewilligung erlischt mit der Ausweisung oder
Heimschaffung (Art. 9 Abs. 3 lit. b ANAG). Gemäss Art. 10 Abs. 1 lit. a ANAG
kann ein Ausländer aus der Schweiz oder aus einem Kanton ausgewiesen werden,
wenn er wegen eines Verbrechens oder Vergehens gerichtlich bestraft wurde.
Ferner kann der Ausländer ausgewiesen werden, wenn sein Verhalten im
Allgemeinen und seine Handlungen darauf schliessen lassen, dass er nicht
gewillt oder nicht fähig ist, sich die im Gaststaat geltende Ordnung einzufügen
(Art. 10 Abs. 1 lit. b ANAG).

Der Beschwerdeführer ist in der Schweiz immer wieder straffällig geworden und
wurde zuletzt im Jahre 2004 wegen Raubes zu einer Zuchthausstrafe von
dreieinhalb Jahren verurteilt. Er erfüllt damit jedenfalls den Ausweisungsgrund
von Art. 10 Abs. 1 lit. a ANAG.

4.2 Die Ausweisung soll aber nur verfügt werden, wenn die nach Art. 11 Abs. 3
ANAG gebotene Interessenabwägung diese Massnahme als angemessen, d.h. als
verhältnismässig (vgl. BGE 125 II 521 E. 2a S. 523) erscheinen lässt. Dabei
sind namentlich die Schwere des Verschuldens des Ausländers, die Dauer der
Anwesenheit sowie die dem Betroffenen und seiner Familie drohenden Nachteile zu
berücksichtigen (vgl. Art. 16 Abs. 3 der Vollziehungsverordnung vom 1. März
1949 zum Bundesgesetz über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer [ANAV]
sowie BGE 129 II 215 E. 3 und 4 S. 216 ff.; 125 II 105 ff.).

4.3 Ausgangspunkt für die Interessenabwägung gemäss Art. 11 Abs. 3 ANAG ist das
Verschulden des Ausländers. Dieses findet vorab im vom Strafrichter verhängten
Strafmass seinen Ausdruck. Dabei sind umso strengere Anforderungen an die
Schwere des strafrechtlichen Verschuldens zu stellen, je länger ein Ausländer
in der Schweiz gelebt hat. Aber selbst bei in der Schweiz geborenen Ausländern
der "zweiten Generation" ist die Ausweisung zulässig, wenn der Ausländer
besonders schwere Gewalt-, Sexual- oder Betäubungsmitteldelikte begangen oder
wiederholt schwer delinquiert hat (vgl. dazu BGE 130 II 176 E. 4.2-4.4 S. 185
ff.; 129 II 215 E. 3.2 S. 216 f.).

5.
5.1 Das Verwaltungsgericht hat im Wesentlichen erwogen, das Verschulden
X.________ wiege schwer. Der gesamte Ablauf der strafbaren Handlungen belege,
dass er gegen zahlreiche Warnungen in der Form von bedingten Freiheitsstrafen
und durch Fremdenpolizeibehörden unempfindlich sei. Angesichts der Schwere des
Verschuldens und der offensichtlichen Strafunempfindlichkeit bedürfe es
gewichtiger persönlicher Umstände, damit sich die Ausweisung als
unverhältnismässig erweise. Davon könne hier keine Rede sein. Zwar werde sich
X.________ den zu erwartenden wirtschaftlichen Erschwernissen im Heimatland
stellen müssen, eine unzumutbare Härte sei damit aber nicht verbunden, zumal
auch seine familiäre Umgebung nicht gegen die Massnahme der Ausweisung spreche
(S. 6/7 des angefochtenen Entscheides).

5.2 Der Beschwerdeführer wendet ein, der durchlaufene Strafvollzug habe bei ihm
ein nachhaltiges und tiefgreifendes Umdenken bewirkt. Die ersten beiden
Verurteilungen beträfen zudem keine Taten, die ein übermässig hohes Potential
an krimineller Energie annehmen liessen, und beim gravierendsten Vorfall sei er
bloss ein mitgerissener "Mitläufer" gewesen. Er verdiene eine "letzte Chance",
zumal er sich heute ganz bewusst von kriminellen Kreisen fernhalte. Im Übrigen
würden durch eine Ausweisung die Garantien von Art. 8 EMRK bzw. Art. 13 Abs. 1
BV (Anspruch auf Achtung des Privat- und Familienlebens) verletzt, weil ihm das
Zusammenleben mit seinen ebenfalls hier weilenden Eltern und Geschwistern
verwehrt werde.

5.3 Diese Einwendungen sind nicht geeignet, die Bundesrechtskonformität des
angefochtenen Urteils in Frage zu stellen: Der Beschwerdeführer ist trotz
Verwarnungen immer wieder und zunehmend schwerer straffällig geworden und wurde
zuletzt im Jahre 2004 wegen Raubes verurteilt. Es besteht damit ein gewichtiges
öffentliches Interesse an seiner Entfernung und Fernhaltung aus der Schweiz.
Dass er sich bei der letzten und schwersten begangenen Straftat bloss als
untergeordneter "Mitläufer" sehen will, ändert daran nichts, ist er doch kein
"Ausländer der zweiten Generation", der nur bei besonders gravierender
Delinquenz ausgewiesen werden dürfte (vorne E. 4.3). Zwar lebt er schon relativ
lange in der Schweiz (17 Jahre), doch vermochte er sich nach den für das
Bundesgericht grundsätzlich verbindlichen Feststellungen des
Verwaltungsgerichts (Art. 105 Abs. 2 BGG) weder beruflich noch gesellschaftlich
zu integrieren.

Der Beschwerdeführer weist zwar auf sein positives Verhalten im Strafvollzug
hin. Dem Wohlverhalten in Unfreiheit kommt praxisgemäss jedoch bloss
untergeordnete Bedeutung zu (vgl. BGE 114 Ib 1 E. 3b S. 5). Auch die geltend
gemachte vollumfängliche Distanzierung von seinem bisherigen Umfeld reicht
nicht aus, um die Verhältnismässigkeit der Ausweisung in Frage zu stellen (vgl.
Urteil 2A.136/2004 vom 9. Juni 2004, E. 3.3). Es bestehen sodann keine
besonderen Gründe, dem Beschwerdeführer nochmals eine "letzte Chance" zu geben.
Er ist weder von einem hier lebenden nahen Verwandten mit gefestigtem
Anwesenheitsrecht abhängig (vgl. zum Anspruch auf Schutz des Familienlebens in
dieser Konstellation BGE 120 Ib 257 E. 1d S. 260 ff.), noch kann bei ihm von
einer unauflösbaren Verwurzelung in der Schweiz gesprochen werden, wie dies für
die Anerkennung eines Anwesenheitsrechts gestützt auf die Garantie auf Achtung
des Privatlebens erforderlich wäre (vgl. BGE 130 II 281 E. 3.2.1 S. 286 f.).
Die Rückkehr in sein Heimatland, wo er bis zu seinem 16. Altersjahr gelebt hat
und wo Ehefrau und Tochter sowie zwei seiner Schwestern heute noch leben, ist
ihm zumutbar, auch wenn sein wirtschaftliches Fortkommen dort erschwert sein
wird.

6.
Die Beschwerde ist als offensichtlich unbegründet abzuweisen (Art. 109 Abs. 2
lit. a BGG). Bei diesem Ausgang sind die Kosten des Verfahrens vom
Beschwerdeführer zu tragen (Art. 65 und 66 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 2.
Abteilung, 2. Kammer, und dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 18. April 2008
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Merkli Klopfenstein