Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.155/2008
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Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
2C_155/2008/ble

Urteil vom 24. Juni 2008
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Hungerbühler,
Bundesrichterin Aubry Girardin,
Gerichtsschreiber Moser.

Parteien
X.________,
Beschwerdeführer,

gegen

Regierungsrat des Kantons Zürich.

Gegenstand
Ausweisung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 4.
Kammer,
vom 6. Februar 2008.

Sachverhalt:

A.
Der aus Serbien stammende X.________, geb. 1956, lebt seit 1978 in der Schweiz
und besitzt die Niederlassungsbewilligung. Seit 1981 ist er mit einer
niedergelassenen serbischen Staatsangehörigen verheiratet. Aus der Beziehung
sind drei, mittlerweile volljährige Kinder hervorgegangen, wovon eines (geb.
1986) die Niederlassungsbewilligung besitzt und die beiden anderen (geb. 1983
und 1988) Schweizer Bürger geworden sind.
Seit 1990 wurde X.________ mehrmals straffällig, wobei es zu den folgenden
Verurteilungen kam:
- mit Strafbefehl der Bezirksanwaltschaft Zürich vom 9. August 1990 wegen
Fahrens ohne Führerausweis, wiederholten verbotenen Waffentragens und
unerlaubten Hantierens mit Schusswaffen zu 14 Tagen Haft bedingt und Fr. 600.--
Busse;
- mit Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 31. März 1993 wegen
qualifizierter Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz (Handel mit ca.
300 bis 350 g Heroin) zu 3 ½ Jahren Zuchthaus;
- mit Urteil des Bezirksgerichts Zürich vom 21. November 1995 wegen Verstosses
gegen die Verordnung über den Erwerb und das Tragen von Schusswaffen durch
jugoslawische Staatsangehörige zu Fr. 1'000.-- Busse;
- mit Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 19. Januar 2001 wegen
mehrfacher Hehlerei, mehrfacher Widerhandlung gegen das Waffengesetz und
insbesondere wegen Betäubungsmitteldelikten (Einfuhr von insgesamt ca. 90 kg
Heroin in die Schweiz) zu 13 Jahren Zuchthaus, bei als ausserordentlich schwer
qualifiziertem Verschulden;
- mit Strafbefehl der Bezirksanwaltschaft II für den Kanton Zürich vom 27. Juni
2002 wegen mehrfacher Geldwäscherei, wobei von einer Zusatzstrafe zum Urteil
des Obergerichts vom 19. Januar 2001 abgesehen wurde.
X.________ wurde am 12. November 1990 fremdenpolizeilich verwarnt; mit
Verfügung vom 9. Dezember 1996 wurde ihm die Ausweisung angedroht.
X.________ befand sich von September 1995 bis Mai 1997 bzw. erneut ab Oktober
1998 im Strafvollzug, wobei eine bedingte Entlassung frühestens Mitte März 2008
möglich war.

B.
Mit Beschluss vom 3. Oktober 2007 wies der Regierungsrat des Kantons Zürich
X.________ mit Blick auf die erwähnten Verurteilungen sowie den Umstand, dass
er über einen längeren Zeitraum hinweg mehrfach straffällig geworden war, für
die Dauer von zehn Jahren aus der Schweiz aus.
Am 6. Februar 2008 wies das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 4. Kammer,
eine dagegen gerichtete Beschwerde von X.________ ab.

C.
Mit Eingabe vom 14. Februar 2008 erhebt X.________ beim Bundesgericht
"Beschwerde", mit welcher er "die Aufhebung des Entscheids der 4. Kammer bzw.
des Regierungsrates des Kantons Zürich" bzw. die "Aufhebung der Ausweisung"
beantragt.
Die Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich schliesst auf Abweisung der
Beschwerde, das Bundesamt für Migration auf Abweisung, soweit darauf
einzutreten sei. Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich verzichtet auf
Vernehmlassung.

Erwägungen:

1.
1.1 Angefochten ist ein Entscheid über eine gestützt auf Art. 10 Abs. 1 lit. a
des Bundesgesetzes vom 26. März 1931 über Aufenthalt und Niederlassung der
Ausländer (ANAG) verfügte Ausweisung, wogegen das ordentliche Rechtsmittel der
Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten zulässig ist (Art. 83 lit.
c BGG e contrario).

1.2 Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann einzig
der kantonal letztinstanzliche Entscheid angefochten werden (vgl. Art. 86 Abs.
1 lit. d BGG). Soweit vorliegend auch die Aufhebung des regierungsrätlichen
Entscheides verlangt wird, ist auf die Beschwerde nicht einzutreten.

1.3 Der Beschwerdeführer ist gemäss Art. 89 Abs. 1 BGG zur Ergreifung des
vorliegenden Rechtsmittels legitimiert.

1.4 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den von der Vorinstanz festgestellten
Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die Feststellung des Sachverhalts
kann nur gerügt bzw. vom Bundesgericht von Amtes wegen berichtigt oder ergänzt
werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung
im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 97 Abs. 1 BGG bzw. Art. 105 Abs. 2 BGG).
Eine entsprechende Rüge, welche rechtsgenüglich substantiiert vorzubringen ist
(Art. 42 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 133 II 249 E. 1.4.3 S. 254 f.), setzt zudem
voraus, dass die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens
entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG).

1.5 Zwar ist am 1. Januar 2008 das Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die
Ausländerinnen und Ausländer (AuG, SR 142.20) in Kraft getreten. Massgebend für
die materielle Beurteilung bleibt vorliegend aber, in analoger Anwendung von
Art. 126 Abs. 1 AuG, grundsätzlich das bisherige Recht (vgl. Urteile 2C_579/
2007 vom 28. Januar 2008, E. 1.2; 2C_488/2007 vom 6. Februar 2008, E. 1.2;
2C_756/2007 vom 13. Februar 2008, E. 1).

2.
2.1 Gemäss Art. 10 Abs. 1 lit. a ANAG kann ein Ausländer aus der Schweiz oder
aus einem Kanton ausgewiesen werden, wenn er wegen eines Verbrechens oder
Vergehens gerichtlich bestraft wurde. Der Beschwerdeführer wurde insbesondere
wegen Betäubungsmitteldelikten zu Freiheitsstrafen von insgesamt mehr als 16 ½
Jahren verurteilt. Er hat damit den Ausweisungsgrund von Art. 10 Abs. 1 lit. a
ANAG gesetzt.

2.2 Die Ausweisung soll nach Art. 11 Abs. 3 ANAG nur verfügt werden, wenn sie
nach den gesamten Umständen angemessen erscheint. Für die Beurteilung der
Angemessenheit, d.h. der Verhältnismässigkeit (vgl. BGE 125 II 521 E. 2a S.
523) der Ausweisung erklärt Art. 16 Abs. 3 ANAV namentlich als wichtig die
Schwere des Verschuldens des Ausländers, die Dauer seiner Anwesenheit in der
Schweiz und die ihm und seiner Familie drohenden Nachteile. Da bei der
vorzunehmenden Interessenabwägung die persönlichen und familiären Verhältnisse
zu berücksichtigen sind, hält eine im Sinne von Art. 11 Abs. 3 ANAG
verhältnismässige Ausweisung grundsätzlich auch vor Art. 8 EMRK bzw. Art. 13
Abs. 1 BV (Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens) stand.

2.3 Das Verwaltungsgericht hat die massgeblichen Gesichtspunkte des
vorliegenden Falles im Rahmen der Interessenabwägung umfassend gewürdigt. Dass
die Schwere der begangenen Straftaten die verfügte Ausweisung zu rechtfertigen
vermag, steht ausser Frage. Das Mass des Verschuldens ergibt sich bereits aus
der Höhe der Freiheitsstrafen, welche gegen den Beschwerdeführer verhängt
wurden (bei der letztmaligen Verurteilung 13 Jahre, insgesamt 16 ½ Jahre
Zuchthaus). Zudem erfolgten die Schuldsprüche hauptsächlich wegen
Betäubungsmitteldelikten im grossen Umfange (insgesamt 90 kg Heroin); das
Interesse an der Fernhaltung von Ausländern, die an der Verbreitung von Drogen
teilnehmen, ist nach ständiger bundesgerichtlicher Rechtsprechung als gewichtig
einzustufen (vgl. BGE 125 II 521 E. 4a S. 527). Hinzu kommt, dass der
Beschwerdeführer immer wieder straffällig wurde und sich auch durch eine
fremdenpolizeiliche Verwarnung und die Androhung der Ausweisung nicht von
weiteren Verfehlungen hat abhalten lassen.
Das Verwaltungsgericht hat (teilweise unter Hinweis auf den regierungsrätlichen
Beschluss) umfassend geprüft, inwieweit der Beschwerdeführer besonders
gewichtige familiäre bzw. persönliche Gründe für einen weiteren Verbleib in der
Schweiz geltend machen kann. In Würdigung aller Kriterien (wie
Anwesenheitsdauer in der Schweiz, familiäre Situation, Integration des
Beschwerdeführers und seiner Ehefrau, gepflegte Kontakte zu seiner Heimat) hat
es erkannt, dass sowohl ihm als auch seiner Ehefrau, soweit diese ihm
angesichts der langen Zeit des Getrenntlebens überhaupt folgen möchte, die
Rückkehr ins Heimatland zumutbar sei. Es kann auf die zutreffende Begründung im
angefochtenen Urteil verwiesen werden. Die Ausweisung erweist sich als
verhältnismässig und mithin bundesrechts- und staatsvertragskonform.

2.4 Dem Beschwerdeführer scheint es mit seiner Beschwerde schwergewichtig auch
darum zu gehen, nicht der serbischen Justiz übergeben zu werden, welche ihn
wegen der Unterstützung der kosovarischen "Rebellenorganisation" UÇK per
Haftbefehl suche und ihn bei einer Rückkehr verhaften und sehr wahrscheinlich
auch foltern würde.
Das Verwaltungsgericht hielt demgegenüber fest, die diesbezüglichen Vorbringen
des Beschwerdeführers erschöpften sich in unsubstantiierten Behauptungen. Die
allgemeine Menschenrechtssituation in seinem Heimatland lasse den
Ausweisungsvollzug nicht als unzulässig erscheinen.
Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens bildet die Ausweisung. Die Frage
einer Verletzung des in Art. 25 Abs. 3 BV bzw. Art. 3 EMRK enthaltenen
Grundsatzes, wonach niemand in einen Staat ausgeschafft werden darf, in dem ihm
Folter oder eine andere Art grausamer und unmenschlicher Behandlung oder
Bestrafung droht, kann sich demgegenüber erst dann stellen, wenn eine
zwangsweise Ausschaffung durchgeführt werden soll. Der Beschwerdeführer wird
durch die Ausweisung nicht verpflichtet, in ein bestimmtes Land zurückzukehren.
Es darf davon ausgegangen werden, dass er als albanischstämmiger Serbe, auch
wenn er ursprünglich aus einem im heutigen Serbien liegenden Ort stammen mag,
in den - von der Schweiz inzwischen als selbständiger Staat anerkannten -
Kosovo ausreisen (bzw. gegebenenfalls ausgeschafft) werden kann.

3.
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelenheiten
als unbegründet abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.
Entsprechend dem Ausgang sind die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens dem
Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 BGG). Parteientschädigungen sind nicht
geschuldet (Art. 68 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 4.
Kammer, und dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 24. Juni 2008
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Merkli Moser