Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.109/2008
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Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
2C_109/2008

Urteil vom 10. März 2008
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Hungerbühler, Müller,
Gerichtsschreiber Uebersax.

Parteien
X.________ AG,
Beschwerdeführerin,

gegen

Y.________ GmbH,
Beschwerdegegnerin, vertreten durch Rechtsanwalt
Dr. Jürg Borer,
Bundesamt für Kommunikation, Zukunftstrasse 44, 2501 Biel/Bienne.

Gegenstand
Zugangs- bzw. Aufschaltverpflichtung,

Beschwerde gegen die Zwischenverfügung
des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung I,
vom 15. Januar 2008.

Sachverhalt:
A.
Die X.________ AG (nachfolgend: X.________) betreibt einen privaten
Fernsehsender. Im März 2003 schloss sie mit der Y.________ GmbH (in der Folge:
Y.________) einen Vertrag ab, wonach sich diese verpflichtete, das Programm von
X.________ auf ihren Netzen analog zu verbreiten. Am 22. Februar 2007 kündigte
die Y.________ den Vertrag mit der X.________ und teilte dieser mit, dass die
analoge Verbreitung ihres Programms auf den 31. August 2007 eingestellt werde.
B.
Am 6. Juli stellte die X.________ beim Bundesamt für Kommunikation (fortan:
Bundesamt) ein Gesuch, wonach die Y.________ in Anwendung von Art. 59 und 60
des Bundesgesetzes vom 24. März 2006 über Radio und Fernsehen (RTVG; SR 784.40)
zu verpflichten sei, das Programm der X.________ auf dem analogen Netz und auf
dem bisherigen Kanal weiter zu verbreiten. Mit Zwischenverfügung vom 27. August
2007 ordnete das Bundesamt vorsorglich an, die Y.________ habe das Programm der
X.________ bis zur Fällung des Entscheides in der Sache auf ihrem analogen Netz
auf dem bisherigen Kanal zu verbreiten. Am 19. Dezember 2007 wies das Bundesamt
das Begehren der X.________ in der Sache ab.
C.
Dagegen erhob die X.________ am 20. Dezember 2007 Beschwerde beim
Bundesverwaltungsgericht. Nebst dem Hauptantrag in der Sache stellte sie erneut
das Gesuch, die Y.________ sei vorsorglich zu verpflichten, ihr Programm auf
dem bisherigen Kanal weiterhin zu verbreiten. Am 20. Dezember 2007 gab das
Bundesverwaltungsgericht einem gleich lautenden Antrag auf superprovisorische
Anordnung der Weiterverbreitung des fraglichen Programms statt. Mit
Zwischenverfügung vom 15. Januar 2008 wies das Bundesverwaltungsgericht das
Gesuch der X.________ um Anordnung einer vorsorglichen Massnahme über die
vorläufige Verpflichtung zum Verbreiten ihres Programms auf dem analogen
Kabelnetz der Y.________ ab.
D.
Mit als Berufung bezeichneter Eingabe vom 31. Januar 2008 (Postaufgabe: 1.
Februar 2008) an das Bundesgericht stellt die X.________ den Antrag, die
Verfügung des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. Januar 2008 aufzuheben und "die
vorsorgliche Massnahme betreffend vorläufige Verpflichtung zum Verbreiten des
X.________ Programms im analogen Netz der Y.________ ... anzuordnen".
E.
Die Y.________ beantragt, auf die Beschwerde sei nicht einzutreten; eventuell
sei sie abzuweisen. Ebenfalls abzuweisen sei das allfällige Gesuch um
aufschiebende Wirkung, sofern die X.________ ein solches gestellt habe, was
nicht klar sei. Das Bundesverwaltungsgericht schliesst auf Abweisung des
Antrags auf Erteilung der aufschiebenden Wirkung sowie auf Abweisung der
Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. Das Bundesamt hat innert Frist die
Akten eingereicht, ohne ein Rechtsbegehren zu stellen.
F.
Mit verfahrensleitender Verfügung vom 6. Februar 2008 entschied der Präsident
der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Bundesgerichts unter anderem,
vorbehältlich allfälliger späterer Verfügungen würden gestützt auf die
Beschwerdeschrift keine vorsorglichen Massnahmen angeordnet; die
Beschwerdeführerin werde darauf hingewiesen, dass mit der Beschwerde gegen
Entscheide über vorsorgliche Massnahmen nur die Verletzung verfassungsmässiger
Rechte gerügt werden könne.
G.
Am 27. und 28. Februar 2008 reichte die X.________ zusätzliche Unterlagen mit
ergänzenden Bemerkungen ein.

Erwägungen:
1.
1.1 Das Bundesgericht prüft seine Zuständigkeit bzw. die Zulässigkeit eines
Rechtsmittels von Amtes wegen und mit freier Kognition (Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE
133 I 185 E. 2; 133 II 249 E. 1.1); immerhin hat der Beschwerdeführer seine
Eingabe gemäss Art. 42 Abs. 1 und Abs. 2 BGG hinreichend zu begründen und in
diesem Rahmen nötigenfalls auch darzulegen, dass und inwiefern die gesetzlichen
Eintretensvoraussetzungen erfüllt sind (vgl. BGE 133 II 249 E. 1.1).
1.2 Das Bundesgerichtsgesetz kennt kein Rechtsmittel der Berufung. Die falsche
Bezeichnung des Rechtsmittels schadet der Beschwerdeführerin jedoch nicht. Der
angefochtene Entscheid betrifft eine Angelegenheit des öffentlichen Rechts.
Gegen einen solchen Entscheid steht nach Art. 82 lit. a BGG grundsätzlich die
Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten offen.
1.3 Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist grundsätzlich
nur gegen Endentscheide zulässig, d.h. gegen Entscheide, die das Verfahren
abschliessen (vgl. Art. 90 BGG). Entscheide über vorsorgliche Massnahmen sind
nur dann Endentscheide, wenn sie in einem eigenständigen Verfahren ergehen.
Selbständig eröffnete Massnahmenentscheide, die vor oder während eines
Hauptverfahrens erlassen werden und nur für die Dauer des Hauptverfahrens bzw.
unter der Bedingung Bestand haben, dass ein Hauptverfahren eingeleitet wird,
stellen dagegen Zwischenentscheide im Sinne von Art. 93 BGG dar. Gegenstand des
angefochtenen Entscheids bildet die Ablehnung vorsorglicher Massnahmen während
des Hauptverfahrens. Dabei handelt es sich um einen Zwischenentscheid nach Art.
93 BGG. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung kann ein solcher
Massnahmeentscheid einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil im Sinne von Art.
93 BGG bewirken, weshalb er grundsätzlich beim Bundesgericht anfechtbar ist
(vgl. das zur Publikation in der Amtlichen Sammlung bestimmte Urteil 4A_221/
2007 vom 20. November 2007, E. 3.1).
1.4 Mit der Beschwerde gegen Entscheide über vorsorgliche Massnahmen an das
Bundesgericht kann indessen nur die Verletzung verfassungsmässiger Rechte
gerügt werden (Art. 98 BGG). Die Verletzung von Grundrechten prüft das
Bundesgericht einzig insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde
vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG). Das bedeutet, dass
- entsprechend den altrechtlichen Begründungsanforderungen von Art. 90 Abs. 1
lit. b OG - klar und detailliert anhand der Erwägungen des angefochtenen
Entscheids darzulegen ist, inwiefern verfassungsmässige Rechte verletzt worden
sein sollen (BGE 133 III 393 E. 6, 439 E. 3.2; 133 II 249 E. 1.4.2. Vgl. zu
Art. 90 OG: BGE 130 I 258 E. 1.3 S. 261 f., mit Hinweisen). Soweit die
Beschwerdeführerin insbesondere geltend machen will, der angefochtene Entscheid
sei willkürlich, müsste sie aufzeigen, dass und inwiefern das
Bundesverwaltungsgericht die anwendbaren Normen in unhaltbarer Weise angewandt
hätte; bloss appellatorische Ausführungen vermögen den für Willkürrügen
geltenden Substanziierungsanforderungen nicht zu genügen (vgl. das Urteil des
Bundesgerichts 5A_453/2007 vom 3. Oktober 2007, nicht in der Amtlichen Sammlung
veröffentlichter Teil der auszugsweise in BGE 133 III 638 publizierten E. 2).
1.5 Als von vornherein unzulässig erweisen sich die nachträglich eingereichten
Tatsachenvorbringen und Beweismittel, zeigt doch die Beschwerdeführerin nicht
auf, inwiefern erst der angefochtene Entscheid zu deren Einreichung Anlass
gegeben hätte (Art. 99 BGG). Insbesondere stellen die nachträglichen Eingaben
vom 27. und 28. Februar 2008 keine Repliken auf die Vernehmlassungen der
anderen Verfahrensbeteiligten dar, sondern sie beziehen sich einzig auf die
unzulässigerweise eingereichten Noven. Diese Eingaben erweisen sich überdies
auch deshalb als unzulässig, weil sie die gesetzliche Beschwerdefrist von Art.
100 Abs. 1 BGG missachten.
2.
2.1 Die Beschwerdeführerin erhebt einzig appellatorische Kritik am
angefochtenen Entscheid. Darauf ist jedoch nicht einzutreten. Sie legt nicht in
rechtsgenüglicher Weise dar, inwiefern das Bundesverwaltungsgericht gegen
Grundrechte verstossen haben sollte, die sie schützen.
2.1.1 Zwar erwähnt die Beschwerdeführerin ausdrücklich die Wirtschaftsfreiheit
(gemäss Art. 27 BV), aber nur insoweit, als das Bundesverwaltungsgericht daraus
Schlussfolgerungen zugunsten der Beschwerdegegnerin gezogen hat. Die
Beschwerdeführerin legt nicht dar, inwieweit die Wirtschaftsfreiheit im
vorliegenden Zusammenhang gerade sie schützen bzw. der angefochtene
Massnahmeentscheid zu ihren Lasten gegen Art. 27 BV verstossen sollte.
2.1.2 Ähnlich verhält es sich mit dem Willkürverbot (nach Art. 9 BV). Die
Beschwerdeführerin verwendet zwar das Wort "willkürlich", sie legt aber nicht
dar, inwiefern der angefochtene Entscheid unhaltbar sein bzw. in stossender
Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderlaufen sollte. Namentlich zeigt sie
nicht auf, inwieweit die für die Frage der vorsorglichen Massnahme
massgeblichen und vom Bundesverwaltungsgericht im Übrigen genannten Normen
(insbesondere Art. 56 VwVG) - und nicht die in der Sache wesentlichen
Bestimmungen (Art. 59 und 60 RTVG) - in unhaltbarer Weise angewandt worden sein
sollten. Die Beschwerdebegründung befasst sich denn auch vorwiegend mit
Gesichtspunkten, die zum Entscheid in der Sache gehören und höchstens im
Zusammenhang mit der Erfolgsprognose bereits beim Massnahmeentscheid zu
berücksichtigen sind. Weshalb das Bundesverwaltungsgericht in der hier einzig
wesentlichen Frage der Ablehnung einer vorsorglichen Massnahme in Willkür
verfallen sein sollte, geht aus der Beschwerdeschrift indessen nicht hervor.
2.1.3 Dasselbe gilt schliesslich für die von der Beschwerdeführerin ansatzweise
erhobenen Sachverhaltsrügen. Erneut begründet sie nicht, inwiefern die
tatsächlichen Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts im Sinne der auf
Verfassungsrügen beschränkten Beschwerdegründe gemäss Art. 98 BGG gegen
Verfassungsrecht verstossen bzw. insbesondere willkürlich sein sollten.
2.2 Mit Präsidialverfügung vom 6. Februar 2008, die der Beschwerdeführerin in
Kopie zugestellt wurde, wies das Bundesgericht darauf hin, dass mit der
Beschwerde gegen Entscheide über vorsorgliche Massnahmen nur die Verletzung
verfassungsmässiger Rechte gerügt werden könne. Da die Beschwerdefrist damals
noch lief, hätte die Beschwerdeführerin damit die Gelegenheit gehabt, ihre
Beschwerdeschrift nachzubessern. Das hat sie aber nicht getan, sondern
lediglich nach Ablauf der Frist unzulässige Noven nachgereicht (vgl. E. 1.5).
Die Beschwerdebegründung erweist sich damit als ungenügend.
2.3 Im Übrigen wäre auch nicht ersichtlich, weshalb der angefochtene Entscheid
gegen Verfassungsrecht verstossen bzw. willkürlich sein sollte. Das
Bundesverwaltungsgericht hat sich bei seiner Zwischenverfügung von den
Grundsätzen der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zu Entscheiden über
vorsorgliche Massnahmen unter Einschluss von solchen über die Gewährung der
aufschiebenden Wirkung leiten lassen (vgl. BGE 129 II 286 E. 3 S. 288 ff.; 127
II 132 E. 3 S. 137 f.). Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die Vorinstanz
die entsprechenden einschlägigen Bestimmungen in unhaltbarer Weise angewandt
hätte bzw. dass der angefochtene Entscheid im Ergebnis stossend wäre.
3.
3.1 Auf die Beschwerde ist demnach nicht einzutreten.
3.2 Zwar erscheint unklar, ob die Beschwerdeführerin einen eigentlichen Antrag
auf Anordnung einer vorsorglichen Massnahme im bundesgerichtlichen Verfahren
oder lediglich einen solchen in der Sache für das Verfahren vor dem
Bundesverwaltungsgericht (dessen Gegenstand ebenfalls die Frage der
vorsorglichen Massnahme, aber nicht vor dem Bundesgericht, sondern vor der
Vorinstanz bildet) gestellt hat. Wie es sich damit verhält, kann aber offen
bleiben. Der Abteilungspräsident hat superprovisorisch verfügt, keine
besonderen Massnahmen zu treffen. Selbst wenn ein Begehren auf Anordnung
vorsorglicher Massnahmen vorläge, würde dieses mit dem nunmehr gefällten
Entscheid in der Sache gegenstandslos.
3.3 Bei diesem Verfahrensausgang wird die unterliegende Beschwerdeführerin
kostenpflichtig (Art. 65 und 66 Abs. 1 BGG). Überdies hat sie die
Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren angemessen zu
entschädigen (Art. 68 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'500.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
3.
Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 3'000.-- zu entschädigen.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Bundesamt für Kommunikation, dem
Bundesverwaltungsgericht, Abteilung I, und dem Eidgenössischen Departement für
Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 10. März 2008
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Merkli Uebersax