Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Subsidiäre Verfassungsbeschwerde 1D.9/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
1D_9/2008

Urteil vom 10. März 2009
I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Féraud, Präsident,
Bundesrichter Reeb, Raselli,
Gerichtsschreiber Steinmann.

Parteien
X.________, Beschwerdeführer,

gegen

Gemeindeamt des Kantons Zürich, Abteilung Einbürgerungen, Feldstrasse 40, 8090
Zürich.

Gegenstand
Einbürgerung,

Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluss
vom 22. Oktober 2008 des Regierungsrats
des Kantons Zürich.
Sachverhalt:

A.
X.________ kam 1968 aus der Tschechischen Republik als Flüchtling in die
Schweiz und wohnt seither mit Unterbrüchen und seit 1990 ununterbrochen in
Zürich. Ein Einbürgerungsgesuch aus dem Jahre 1998 blieb erfolglos (vgl. Urteil
des Bundesgerichts 1P.530/2001 vom 15. Oktober 2001). Ein zweites
Einbürgerungsersuchen aus dem Jahre 2001 wurde wieder zurückgezogen.
Am 4. Dezember 2007 reichte X.________ ein weiteres Gesuch um Einbürgerung ein.
Das Gemeindeamt des Kantons Zürich, Abteilung Einbürgerungen, wies den
Gesuchsteller darauf hin, dass eine Einbürgerung beim Vorliegen von
Verlustscheinen ausgeschlossen sei. Darauf hin lehnte das Amt das Ersuchen mit
Verfügung vom 3. März 2008 ab. Es wies unter Bezugnahme auf § 26 der
Bürgerrechtsverordnung darauf hin, dass im Auszug aus dem Register des
Betreibungsamtes drei offene Verlustscheine im Gesamtbetrag von rund 10'000
Franken vermerkt seien.
X.________ gelangte an die Direktion der Justiz und des Innern des Kantons
Zürich. Diese wies dessen Rekurs am 3. April 2008 ab. Sie führte aus,
Verlustscheine von rund 8'000 Franken aus den letzten fünf Jahren würden nicht
bestritten. Der Rekurrent könne sich als Ausländer nicht auf die für Schweizer
geltende Bestimmung von § 7 der Bürgerrechtsverordnung berufen und demnach
nicht verlangen, dass auf die Erfüllung der Einbürgerungsvoraussetzungen im
Einzelfall ganz oder teilweise verzichtet werde.
Dagegen erhob X.________ beim Regierungsrat des Kantons Zürich Rekurs. Der
Regierungsrat wies den Rekurs am 22. Oktober 2008 ab, soweit darauf eingetreten
werden konnte.

B.
Gegen diesen Regierungsratsentscheid hat X.________ beim Bundesgericht am 26.
November 2008 Beschwerde erhoben (Postaufgabe am 28. November 2008). Er
beantragt die Aufhebung des angefochtenen Entscheides und stellt zahlreiche
Verfahrensanträge.
Das Gemeindeamt, Abteilung Einbürgerungen, und die Staatskanzlei für den
Regierungsrat haben auf Vernehmlassung verzichtet. Der Beschwerdeführer nahm
darauf erneut Stellung.

Erwägungen:

1.
Nach Art. 83 lit. b BGG ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten auf dem Gebiet der ordentlichen Einbürgerung ausgeschlossen. Es
fällt ausschliesslich die subsidiäre Verfassungsbeschwerde gemäss Art. 113 ff.
BGG in Betracht.
In der Beschwerdeschrift ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der
angefochtene Entscheid Recht verletzt; die Verletzung von Grundrechten und von
kantonalem Recht prüft das Bundesgericht nur insoweit, als eine solche Rüge
vorgebracht und begründet wird (Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG). Es ist
im entsprechenden Sachzusammenhang zu prüfen, ob die Beschwerdeschrift diesen
Anforderungen genügt.
Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat. Es kann den Sachverhalt von Amtes wegen oder auf
Beschwerde hin berichtigen oder ergänzen, wenn die Sachverhaltsfeststellung
offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung beruht (Art. 105
Abs. 1 und 2 sowie Art. 97 Abs. 1 BGG). Die Bestimmung von Art. 105 Abs. 3 BGG
kommt im vorliegenden Fall nicht zur Anwendung.

2.
Für das bundesgerichtliche Verfahren ersucht der Beschwerdeführer um Beiordnung
eines amtlichen Rechtsvertreters im Sinne von Art. 64 Abs. 2 BGG. Das Begehren
ist ohne Weiteres abzuweisen, da ein solcher die Beschwerde innert der
30-tägigen Beschwerdefrist nach Art. 100 Abs. 1 BGG nicht mehr ergänzen könnte.
Ferner verlangt der Beschwerdeführer eine mündliche Parteiverhandlung. Eine
solche kann nach Art. 57 BGG ausnahmsweise durchgeführt werden. Im vorliegenden
Fall sind keine Gründe ersichtlich, die eine solche rechtfertigen würden. Das
Begehren ist abzuweisen.

3.
In Bezug auf die Sachbearbeiterin lic. iur H. Jakob rügt der Beschwerdeführer
eine Verletzung der Ausstandsvorschriften. Die Rüge ist ohne Weiteres
abzuweisen, soweit darauf überhaupt eingetreten werden kann. Der
Beschwerdeführer legt nicht dar, welche Verfassungsbestimmung verletzt sein
soll. In Betracht fällt grundsätzlich Art. 29 Abs. 1 BV. Rechtsfehler in
materieller und formeller Hinsicht vermögen für sich genommen keinen
hinreichenden Anschein der Befangenheit zu begründen (vgl. BGE 125 I 119 E. 3e
S. 124; 115 Ia 400 E. 3b S. 404).
Der Beschwerdeführer begründet nicht näher, weshalb es vor der Verfassung nicht
standhalten soll, dass der Regierungsrat auf eine mündliche Parteiverhandlung
verzichtet hat. Er setzt sich auch mit den hierzu ergangenen Ausführungen im
angefochtenen Entscheid (E. 2a) nicht auseinander.
Schliesslich beanstandet der Beschwerdeführer in formeller Sicht, dass der
Regierungsrat seinem Ersuchen um unentgeltliche Rechtspflege nicht entsprochen
habe. Er setzt sich indessen mit den Erwägungen im angefochtenen Entscheid (E.
8) nicht auseinander, weshalb in diesem Punkte auf die Beschwerde nicht
einzutreten ist.

4.
Der Beschwerdeführer rügt eine unrichtige und unvollständige
Sachverhaltsfeststellung. Die Rüge ist unbegründet und daher abzuweisen, soweit
darauf eingetreten werden kann. Die Anmerkung des Regierungsrates im
angefochtenen Entscheid, wonach der Beschwerdeführer die Bedeutung des
Bürgerrechts für seine Chancen auf dem Arbeitsmarkt wohl überschätze, betrifft
nicht den Sachverhalt, sondern stellt eine Wertung dar, die für den Ausgang des
Verfahrens (Art. 97 Abs. 1 BGG) nicht von Bedeutung ist. Das Gleiche gilt für
die Äusserung zu der beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte
eingelegten Beschwerde. Im Übrigen bestreitet der Beschwerdeführer das
Vorliegen von zwei Verlustscheinen vom 18. März 2005 über Fr. 2'149.50 und vom
21. Juni 2005 über Fr. 5'816.50 nicht. Die Frage, ob diese Verlustscheine und
der sie ausmachende Betrag bei der Nichteinbürgerung berücksichtigt werden
durften, betrifft nicht den Sachverhalt, sondern die Rechtsanwendung, auf die
nachfolgend einzugehen ist.

5.
Zur Verfassungsbeschwerde ist nach Art. 115 lit. b BGG legitimiert, wer ein
rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des
angefochtenen Entscheides hat. Dieses Interesse kann durch kantonales oder
eidgenössisches Gesetzesrecht oder unmittelbar durch ein spezielles Grundrecht
begründet sein (BGE 133 I 185 E. 4 S. 191 und E. 6.2 S. 199; 129 I 217 E. 1 S.
219).
Der Beschwerdeführer macht nicht geltend, dass ihm nach dem Gesetz über das
Gemeindewesen (Gemeindegesetz) ein Anspruch auf Einbürgerung zukomme. Ein
solcher ist denn für den Beschwerdeführer auch nicht ersichtlich (vgl. § 22
Gemeindegesetz). Mit Blick auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung ist der
Beschwerdeführer daher nicht zur materiellen Rüge berechtigt, der angefochtene
Entscheid bzw. die diesem zugrunde liegenden Beschlüsse verletzten das
Willkürverbot nach Art. 9 BV (BGE 133 I 185; 132 I 167 E. 2.1 S. 168). Der
Ausschluss der Rüge wegen Verletzung von Art. 9 BV bezieht sich sowohl auf die
Anwendung der dem Einbürgerungsverfahren zugrunde liegenden Normen wie auch auf
die Würdigung der massgeblichen Sachverhaltselemente. Der Beschwerdeführer kann
daher nicht geltend machen, es hätte auf die erwähnten Verlustscheine nicht
abgestellt werden dürfen und diesen komme keine erhebliche Bedeutung zu.
Zulässig wäre die Rüge, der angefochtene Entscheid sei mit dem
Diskriminierungsverbot nach Art. 8 Abs. 2 BV nicht vereinbar (vgl. BGE 134 I 49
und 134 I 56). Eine solche Rüge erhebt der Beschwerdeführer nicht.

6.
Demnach ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann.
Der Beschwerdeführer ersucht für das bundesgerichtliche Verfahren um
unentgeltliche Rechtspflege. Das Ersuchen ist wegen Aussichtslosigkeit
abzuweisen. Es rechtfertigt sich indes, auf eine Kostenauflage zu verzichten
(Art. 66 Abs. 1 Satz 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege wird abgewiesen.

3.
Es werden keine Kosten erhoben.

4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer sowie dem Gemeindeamt, Abteilung
Einbürgerungen, und dem Regierungsrat des Kantons Zürich schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 10. März 2009
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Féraud Steinmann