Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.480/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
1C_480/2008, 1C_481/2008
1C_482/2008, 1C_483/2008
1C_484/2008, 1C_485/2008 /daa

Urteil vom 1. Dezember 2008
I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Féraud, Präsident,
Bundesrichter Aemisegger, Reeb,
Gerichtsschreiber Härri.

1. Parteien
A.________ Corp.,
2. X.________,
3. Y.________,
4. B.________ Ltd.,
5. Z.________,
6. C.________ Ltd.,
Beschwerdeführer, alle vertreten durch Rechtsanwalt Christian Luscher,

gegen

Bundesanwaltschaft, Taubenstrasse 16, 3003 Bern.

Gegenstand
Internationale Rechtshilfe in Strafsachen an Bulgarien - B 206'120 BOT,

Beschwerden gegen die Entscheide vom 17., 18. und
24. September 2008 des Bundesstrafgerichts,
II. Beschwerdekammer.
Sachverhalt:

A.
Die bulgarische Staatsanwaltschaft führt ein Strafverfahren gegen verschiedene
Personen wegen Verbrechens gegen das Finanzsystem, Geldwäscherei und
organisierter Kriminalität.

Am 17. April 2007 - in der Folge mehrmals ergänzt - ersuchte die bulgarische
Staatsanwaltschaft die Schweiz um Rechtshilfe.

Mit Schlussverfügungen vom 8. und 9. Mai sowie 17. Juni 2008 entsprach die
Schweizerische Bundesanwaltschaft dem Rechtshilfeersuchen und ordnete die
Herausgabe von Bankunterlagen an die ersuchende Behörde an.

Die dagegen erhobenen Beschwerden wies das Bundesstrafgericht (II.
Beschwerdekammer) am 17., 18. und 24. September 2008 ab, soweit es darauf
eintrat.

B.
Die A.________ Corp. (1C_480/2008), X.________ (1C_481/2008), Y.________
(1C_482/2008), die B.________ Ltd. (1C_483/2008), X.________ und Z.________
(1C_484/2008) sowie die C.________ Ltd. (1C_485/2008) führen Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Antrag, die Entscheide des
Bundesstrafgerichts seien aufzuheben; die Vorinstanzen seien anzuweisen, von
einer Rechtshilfe an Bulgarien abzusehen. In verfahrensrechtlicher Hinsicht
beantragen sie, die Beschwerdeverfahren seien zu vereinigen.

C.
Das Bundesstrafgericht hat auf Gegenbemerkungen verzichtet.

Das Bundesamt für Justiz hat sich vernehmen lassen. Es beantragt, die Verfahren
1C_480-485/2008 seien zu vereinigen und auf die Beschwerden sei nicht
einzutreten. Es hält dafür, es fehle an der Eintretensvoraussetzung des
besonders bedeutenden Falles nach Art. 84 BGG.

Die Bundesanwaltschaft beantragt, ohne sich weiter zur Sache zu äussern, die
Abweisung der Beschwerden.

D.
Die Beschwerdeführer haben Repliken eingereicht. Sie halten an ihren in den
Beschwerden gestellten Anträgen fest.

Erwägungen:

1.
Die Beschwerden betreffen die gleiche Rechtshilfesache. Sie stimmen wörtlich
überein. Es geht hier bei allen Beschwerden um dieselbe Rechtsfrage, nämlich
darum, ob ein besonders bedeutender Fall nach Art. 84 BGG anzunehmen sei. Das
Bundesgericht kann - wie sich aus den folgenden Erwägungen ergibt - die
Beschwerden mit der gleichen Begründung erledigen. Es rechtfertigt sich daher,
die Verfahren 1C_480-485/2008 antragsgemäss zu vereinigen.

2.
Die Beschwerdeführer haben dem Bundesgericht nach Ablauf der Beschwerdefrist
einen Wechsel des Rechtsvertreters mitgeteilt. Die vom neuen Vertreter
verfassten - ebenfalls wörtlich übereinstimmenden - Repliken sind umfangreicher
als die Beschwerden. Die in den Repliken enthaltenen Einwände hätten die
Beschwerdeführer im Wesentlichen bereits in den Beschwerden erheben können.
Insoweit kann auf ihre Vorbringen daher nicht eingetreten werden. Mit Rügen,
die der Beschwerdeführer bereits in der Beschwerde hätte erheben können, ist er
nach Ablauf der Beschwerdefrist ausgeschlossen (BGE 132 I 42 E. 3.3.4 S. 47,
mit Hinweisen).

3.
Gemäss Art. 84 BGG ist gegen einen Entscheid auf dem Gebiet der internationalen
Rechtshilfe in Strafsachen die Beschwerde nur zulässig, wenn er unter anderem
eine Übermittlung von Informationen aus dem Geheimbereich betrifft und es sich
um einen besonders bedeutenden Fall handelt (Abs. 1). Ein besonders bedeutender
Fall liegt insbesondere vor, wenn Gründe für die Annahme bestehen, dass
elementare Verfahrensgrundsätze verletzt worden sind oder das Verfahren im
Ausland schwere Mängel aufweist (Abs. 2).

Der Begriff des schweren Mangels des ausländischen Verfahrens ist restriktiv
auszulegen (BGE 133 IV 271 E. 2.2.2 S. 274, mit Hinweis).
Art. 84 BGG bezweckt die wirksame Begrenzung des Zugangs zum Bundesgericht im
Bereich der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen (BGE 134 IV 156 E. 1.3.1
S. 160, mit Hinweisen).
Bei der Beantwortung der Frage, ob ein besonders bedeutender Fall gegeben ist,
steht dem Bundesgericht ein weiter Ermessensspielraum zu (BGE 134 IV 156 E.
1.3.1 S. 160, mit Hinweis).

Gemäss Art. 42 Abs. 2 BGG ist in der Begründung der Rechtsschrift in gedrängter
Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Ist eine
Beschwerde nur unter der Voraussetzung zulässig, dass ein besonders bedeutender
Fall nach Artikel 84 vorliegt, so ist auszuführen, warum diese Voraussetzung
erfüllt ist.

Erachtet das Bundesgericht eine Beschwerde auf dem Gebiet der internationalen
Rechtshilfe in Strafsachen als unzulässig, so fällt es gemäss Art. 107 Abs. 3
BGG den Nichteintretensentscheid innert 15 Tagen seit Abschluss eines
allfälligen Schriftenwechsels.

Nach Art. 109 BGG entscheidet die Abteilung in Dreierbesetzung über
Nichteintreten auf Beschwerden, bei denen kein besonders bedeutender Fall
vorliegt (Abs. 1). Der Entscheid wird summarisch begründet. Es kann ganz oder
teilweise auf den angefochtenen Entscheid verwiesen werden (Abs. 3).

4.
Zwar geht es hier um die Übermittlung von Informationen aus dem Geheimbereich
und damit um ein Sachgebiet, bei dem die Beschwerde nach Art. 84 BGG insoweit
möglich ist. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer handelt es sich
jedoch um keinen besonders bedeutenden Fall.

Was sie (Beschwerde S. 2 Ziff. 3) dazu vorbringen, ist nicht geeignet, einen
solchen Fall darzutun. Die Vorinstanz hat zu den wesentlichen Einwänden der
Beschwerdeführer Stellung genommen. Ihre Erwägungen, auf die verwiesen werden
kann, überzeugen.

Das gilt insbesondere für die Ausführungen der Vorinstanz zu den geltend
gemachten Mängeln des bulgarischen Verfahrens (je E. 6). Im Urteil 1C_2/2008
vom 11. Februar 2008, das die vorliegende Angelegenheit betraf, hat sich das
Bundesgericht im Übrigen bereits dazu geäussert. Es kam (E. 2) zum Schluss, ein
schwerer Mangel des ausländischen Verfahrens im Sinne von Art. 84 Abs. 2 BGG
könne nicht angenommen werden; dies umso weniger, als dieser Begriff nach der
Rechtsprechung restriktiv auszulegen sei. Zu einer abweichenden Beurteilung
besteht hier kein Anlass.

Die Erwägungen der Vorinstanz zur beidseitigen Strafbarkeit sind ebenso wenig
zu beanstanden. Sie stützen sich auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung, auf
die zurückzukommen kein Grund besteht.

Die Bundesanwaltschaft hat in den Schlussverfügungen sodann den üblichen
Spezialitätsvorbehalt angebracht. Dabei hat sie insbesondere hervorgehoben,
dass die direkte oder indirekte Verwendung der erhaltenen Unterlagen und der
darin enthaltenen Angaben für ein fiskalisches Straf- oder Verwaltungsverfahren
in keinem Fall gestattet ist. Aufgrund der Vermutung der Vertragstreue ist
davon auszugehen, dass Bulgarien den Spezialitätsvorbehalt beachten wird (BGE
110 Ib 392 E. 5b S. 395; 107 Ib 264 E. 4b S. 271 f.; Robert Zimmermann, La
coopération judiciaire internationale en matière pénale, 2. Aufl., Bern 2004,
S. 525).

Die Vorinstanz nennt schliesslich haltbare Gründe dafür, weshalb sie die
Verfahren nicht vereinigt hat. Sie konnte insbesondere - anders als hier das
Bundesgericht - die Beschwerden nicht mit identischer Begründung beurteilen.
Namentlich in Bezug auf die Frage der Verhältnismässigkeit der Rechtshilfe
hatte sie zu differenzieren. Soweit die Vorinstanz ihre Entscheide gleich
begründet und sich dadurch ihr Aufwand reduziert hat, hat sie dem im
Kostenpunkt Rechnung getragen. Auch insoweit besteht für das Bundesgericht kein
Grund, die Sache an die Hand zu nehmen.

Liegt nach dem Gesagten kein besonders bedeutender Fall vor, sind die
Beschwerden unzulässig.

Die Einräumung einer Nachfrist zur Ergänzung der Begründung der Beschwerden
nach Art. 43 BGG ist damit ausgeschlossen.

5.
Mit dem vorliegenden Entscheid braucht über die Gesuche um aufschiebende
Wirkung nicht mehr befunden zu werden. Die Beschwerden hatten im Übrigen
ohnehin von Gesetzes wegen aufschiebende Wirkung (Art. 103 Abs. 2 lit. c BGG).

6.
Die Beschwerdeführer unterliegen. Damit tragen sie die Kosten (Art. 66 Abs. 1
Satz 1 BGG).
Sie haben je Beschwerdeverfahren einen Kostenvorschuss von Fr. 2'000.--
geleistet. Mit Blick auf die hier gegebene summarische Begründung (Art. 109
Abs. 3 BGG) wird eine reduzierte Gerichtsgebühr erhoben. Diese wird für jedes
Beschwerdeverfahren auf Fr. 500.-- festgesetzt.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerdeverfahren 1C_480-485/2008 werden vereinigt.

2.
Auf die Beschwerden wird nicht eingetreten.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- je Beschwerdeverfahren werden den
Beschwerdeführern auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern, der Bundesanwaltschaft, dem
Bundesstrafgericht, II. Beschwerdekammer, und dem Bundesamt für Justiz
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 1. Dezember 2008
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Féraud Härri