Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.441/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
1C_441/2008

Urteil vom 18. März 2009
I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Féraud, Präsident,
Bundesrichter Raselli, Fonjallaz,
Gerichtsschreiberin Schoder.

Parteien
X.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Adrian Klemm,

gegen

Regierungsrat des Kantons Zug, vertreten durch
die Finanzdirektion, Bahnhofstrasse 12, 6300 Zug.

Gegenstand
Personalrecht; Abgangsentschädigung,

Beschwerde gegen das Urteil vom 26. August 2008
des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug, Verwaltungsrechtliche Kammer.
Sachverhalt:

A.
X.________, Jahrgang 1959, trat am 1. Dezember 1982 als Kanzleisekretär in den
Dienst der Direktion des Innern des Kantons Zug und arbeitete dort
hauptsächlich als Leiter der Abteilung BVG- und Stiftungsaufsicht und seit 1999
als stellvertretender Leiter des neu geschaffenen kantonalen Amtes für
berufliche Vorsorge und Stiftungsaufsicht (ABVSA). Am 20. Juni 2005 wurde das
Arbeitsverhältnis durch die Direktion des Innern auf den 31. Dezember 2005
formell gekündigt, weil das ABVSA als Folge des Beitritts des Kantons Zug zum
Konkordat über die Zentralschweizer BVG- und Stiftungsaufsicht per Ende
Dezember 2005 aufgehoben wurde. Mit Verfügung vom 20. März 2006 teilte die
Direktion des Innern X.________ mit, dass sein Begehren um Ausrichtung einer
Abgangsentschädigung abgewiesen werde. Der Regierungsrat wies mit Beschluss vom
23. Januar 2007 die dagegen erhobene Beschwerde ab und begründete dies im
Wesentlichen damit, dass X.________ nur formell gekündigt worden sei. Das
Arbeitsverhältnis sei in die Zentralschweizer BVG- und Stiftungsaufsicht (ZBSA)
überführt worden, welche von den Konkordatskantonen als öffentlich-rechtliche
Anstalt errichtet worden sei und als Nachfolgeorganisation das ABVSA ablöse.
Gemäss den Gesetzesmaterialien handle es sich bei der Abgangsentschädigung nach
§ 24 des Gesetzes über das Arbeitsverhältnis des Staatspersonals vom 1.
September 1994 (Personalgesetz; BGS 154.21) um eine Zuwendung aus
Billigkeitsgründen. Derartige Billigkeitsgründe seien in der vorliegenden
Konstellation aber nicht gegeben.
X.________ beschwerte sich gegen den regierungsrätlichen Beschluss beim
Verwaltungsgericht des Kantons Zug und beantragte, in Gutheissung seiner
Beschwerde sei seine Forderung auf eine Abgangsentschädigung in der Höhe von
Fr. 63'500.85 samt Zins anzuerkennen. Mit Urteil vom 26. August 2008 wies die
Verwaltungsrechtliche Kammer des Verwaltungsgerichts die Beschwerde ab.

B.
X.________ hat beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten erhoben. Er beantragt, das Urteil des Verwaltungsgerichts sei
aufzuheben, und es sei der Kanton Zug anzuweisen, dem Beschwerdeführer eine
Abgangsentschädigung von Fr. 63'500.85 zuzüglich Zins von 5% seit dem 6.
Februar 2006 auszurichten.

C.
Das Verwaltungsgericht und die Finanzdirektion des Kantons Zugs, handelnd für
den Regierungsrat des Kantons Zug, beantragen Beschwerdeabweisung.

Erwägungen:

1.
Das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug betrifft eine
aus einem öffentlich-rechtlichen Arbeitsverhältnis herrührende Forderung in der
Höhe von CHF 63'500.85. Die Sachurteilsvoraussetzungen der Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 lit. a, Art. 83 lit. g, Art. 85
Abs. 1 lit. b BGG) sind erfüllt. Auf die Beschwerde ist einzutreten.

2.
2.1 Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung des Verbots willkürlicher
Rechtsanwendung (Art. 9 BV), da das Verwaltungsgericht die Zusprechung einer
Abgangsentschädigung im Falle einer unverschuldeten Kündigung (§ 24 PG)
abgelehnt habe.

2.2 Nach der ständigen Praxis des Bundesgerichts liegt Willkür in der
Rechtsanwendung dann vor, wenn der angefochtene Entscheid offensichtlich
unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht,
eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in
stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Das Bundesgericht
hebt einen Entscheid jedoch nur auf, wenn nicht bloss die Begründung, sondern
auch das Ergebnis unhaltbar ist; dass eine andere Lösung ebenfalls als
vertretbar oder gar zutreffender erscheint, genügt nicht (BGE 134 II 124 E. 4.1
S. 133 mit Hinweisen).

2.3 Das Verwaltungsgericht begründete sein abweisendes Urteil folgendermassen:
Gemäss § 24 Abs. 1 PG bestehe im Falle einer vom Arbeitnehmer unverschuldeten
Kündigung ein Anspruch auf eine Abgangsentschädigung, vorausgesetzt, der
Arbeitnehmer habe im Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses das 45.
Altersjahr überschritten und das Arbeitsverhältnis habe mindestens 10 Jahre
ununterbrochen bestanden. Diese Anforderungen würde der Beschwerdeführer an
sich erfüllen.

Im vorliegenden Fall handle es sich bei der Kündigung des Arbeitsverhältnisses
jedoch nicht um eine "Auflösung" des Arbeitsverhältnisses im Sinn von § 24 f.
PG, sondern um einen geplanten Übertritt in ein neues Arbeitsverhältnis, was
mit der Zuweisung einer anderen Stelle innerhalb des Kantons im Sinne von § 32
PG vergleichbar sei. Dies ergebe sich daraus, dass die Mitarbeitenden des
ABVSA, darunter der Beschwerdeführer, angefragt worden seien, ob sie bei der
ZBSA beschäftigt werden wollen, und dass sie sich nach dem Prinzip der
Chancengleichheit bei der ZBSA hätten bewerben können. Die Bewerber seien
keinem Druck ausgesetzt gewesen, sondern hätten eine Zusage erwarten können.
Man habe sich darauf geeinigt, dass zwar die letzten Löhne nicht garantiert
werden könnten, dass jedoch die Dienstjahre im Hinblick auf
Dienstaltersgeschenke angerechnet würden und dass die Angestellten bei der
angestammten Pensionskasse verbleiben könnten. Wenn der Beschwerdeführer eine
neue Stelle in der Privatwirtschaft oder bei einem anderen
öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber angenommen hätte, so hätte er bezüglich
Dienstjahre und Pensionskasse keine bevorzugte Behandlung erhalten. Der
Regierungsrat habe sich mehrfach für eine Weiterbeschäftigung seiner
Angestellten eingesetzt. So habe für den Beschwerdeführer zu keinem Zeitpunkt
eine echte Gefahr bestanden, arbeitslos zu werden. Bereits vor der Zustellung
der formellen Kündigung durch die Direktion des Innern des Kantons Zug sei klar
gewesen, dass der Beschwerdeführer seine Tätigkeit im angestammten Fachbereich
in Luzern würde weiterführen können. Dass es sich bei dem Kündigungsschreiben
vom 20. Juni 2005 um einen "eher formellen Akt" gehandelt habe, ergebe sich
auch aus der Tatsache, dass dem Beschwerdeführer in diesem Schreiben
zugesichert worden sei, dass das Arbeitsverhältnis zu den bisherigen
Konditionen auf unbestimmte Zeit fortgesetzt würde, wenn die ZBSA ihre
operative Tätigkeit in Luzern nicht per 1. Januar 2006 aufnehmen sollte. De
facto habe das bisherige Personal der BVG- und Stiftungsaufsicht von Zug und
Luzern zu lohnmässig gleichen Bedingungen in die neue "Anstalt" übertreten
können.
Hinzu komme, dass der Kanton Zug nach wie vor Einfluss auf seine ehemaligen
Angestellten habe. Die ZBSA sei zwar eine öffentlich-rechtliche Anstalt mit
eigener Rechtspersönlichkeit, doch stehe sie unter der direkten Aufsicht des
Konkordatsrates, der durch je einen Vertreter der Konkordatskantone, darunter
der Kanton Zug, gebildet werde. Der Konkordatsrat führe die Aufsicht über die
ZBSA und könne auch Personalvorschriften erlassen. Auch unter diesem
Blickwinkel sei der Beschwerdeführer nicht entlassen worden, sondern in die
neue Anstalt übergetreten.
Bei der Abgangsentschädigung handle es sich um eine Zuwendung aus
Billigkeitsgründen. Solche Gründe seien in der vorliegenden Fallkonstellation
nicht gegeben. Das für den Beschwerdeführer neu geltende Personalrecht des
Kantons Luzern erweise sich insgesamt als keineswegs ungünstiger als dasjenige
des Kantons Zugs. Zwar müsse der Beschwerdeführer infolge der neuen Anstellung
gewisse Nachteile in Kauf nehmen. Dagegen kenne der Kanton Luzern eine
grosszügigere Regelung der Dienstaltersgeschenke und Ferien und habe ein sehr
fortschrittliches Arbeitszeitreglement.

2.4 Der Beschwerdeführer beruft sich auf den Wortlaut von § 24 f. PG. Da er die
gesetzlichen Voraussetzungen unbestrittenermassen erfülle, habe er einen
Rechtsanspruch auf eine Abgangsentschädigung. Der Fall sei nicht vergleichbar
mit einer Funktionsänderung im Sinne von § 32 PG. Da das Arbeitsverhältnis
durch schriftliche Kündigung des Arbeitgebers aufgelöst worden sei, habe dieser
ihm eine andere Funktion gar nicht zuweisen können. Er sei keineswegs
verpflichtet, zusätzliche Voraussetzungen, beispielsweise Billigkeitsgründe, zu
erfüllen. Dabei stelle selbst die Vorinstanz nicht in Abrede, dass er durch die
neue Anstellung gewisse Nachteile (beispielsweise bezüglich der kürzeren
Kündigungsfrist und bezüglich der Leistungen im Todesfall) in Kauf nehmen
müsse. Dass die Chancen auf eine Weiterbeschäftigung gut gestanden hätten, sei
nicht von vornherein festgestanden, sondern habe daran gelegen, dass sich nicht
alle ehemaligen Kollegen des ABVSA um eine Anstellung bei der ZBSA beworben
hätten.

2.5 Nach § 24 Abs. 1 PG besteht Anspruch auf eine Abgangsentschädigung, wenn
das Arbeitsverhältnis seitens des Kantons gekündigt wird, ohne dass die
Mitarbeiterin/der Mitarbeiter durch schuldhaftes Verhalten zur Auflösung des
Arbeitsverhältnisses begründeten Anlass gibt, ferner bei vorzeitiger Versetzung
in den Ruhestand sowie bei Tod während des Arbeitsverhältnisses (Satz 1).
Voraussetzung ist, ausser im Todesfall, dass die Mitarbeiterin/der Mitarbeiter
im Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses das 45. Altersjahr
überschritten und das Arbeitsverhältnis mindestens 10 Jahre ununterbrochen
bestanden hat (Satz 2). Vorliegend ist unbestritten, dass der Beschwerdeführer
die persönlichen Voraussetzungen (untadeliges Verhalten, Lebens- und
Dienstalter) für eine Abgangsentschädigung erfüllt.
Indessen darf vom Wortlaut einer Bestimmung abgewichen werden, wenn triftige
Gründe für die Annahme bestehen, dass er nicht den wahren Sinn der Vorschrift
wiedergibt. Solche Gründe können sich aus der Entstehungsgeschichte, aus Sinn
und Zweck der Norm oder aus dem Zusammenhang mit anderen Gesetzesbestimmungen
ergeben (BGE 131 II 13 E. 7.1 S. 31). Den Gesetzesmaterialien zu § 24 PG ist zu
entnehmen, dass die Abgangsentschädigung eine Zuwendung aus Billigkeitsgründen
ist: Langverdienten Mitarbeitern soll im Falle einer Kündigung durch den Kanton
bzw. der vorzeitigen Versetzung in den Ruhestand eine Anerkennung für die
geleisteten Dienste und eine finanzielle Absicherung zukommen (vgl. das
angefochtene Urteil E. 2a).
Im vorliegenden Fall sind seitens des Kantons Zug weitreichende Anstrengungen
unternommen worden, um das Risiko einer neuen Anstellung bei der ZBSA für die
ehemaligen Mitarbeiter des ABVSA zu minimieren. So wies das Verwaltungsgericht
darauf hin, dass der Beschwerdeführer seine Dienstjahre "mitnehmen" und in der
Pensionskasse des Kantons Zug verbleiben durfte und sich lohnmässig für ihn
sogar eine geringfügige Verbesserung ergab. Für den Beschwerdeführer bestand
auch nie ein echtes Risiko, arbeitslos zu werden. So erfolgte die Kündigung
erst zu einem Zeitpunkt, als dem Beschwerdeführer die Anstellung bei der ZBSA
bereits zugesichert war, und wurde ihm die Weiterbeschäftigung zu denselben
Konditionen beim ABVSA für den Fall garantiert, dass die ZBSA ihre Tätigkeit
nicht rechtzeitig aufnehmen würde. Ausserdem wies die Vorinstanz darauf hin,
dass das Personalrecht des Kantons Luzern insgesamt nicht ungünstiger ist als
dasjenige des Kantons Zug. Der Einwand des Beschwerdeführers, er habe bei der
ZBSA gewisse Nachteile zu tragen (kürzere Kündigungsfristen, geringere
Leistungen im Todesfall), genügt nicht, um den auf das Luzerner Personalrecht
in seiner Gesamtheit bezogenen Standpunkt der Vorinstanz als willkürlich
erscheinen zu lassen.
In Anbetracht dieser weitreichenden, die Risiken und Nachteile des
Stellenwechsels ausgleichenden Massnahmen ist es zumindest unter dem
Blickwinkel des Willkürverbots vertretbar, wenn das Verwaltungsgericht das
Dienstverhältnis "nicht im Sinne von § 24 f. PG aufgelöst" betrachtete und die
Zusprechung einer Entschädigung ablehnte. Eine Verfassungsverletzung liegt
nicht vor.

3.
Nach dem Gesagten erweist sich die Beschwerde als unbegründet und ist
abzuweisen. Dem Ausgang des bundesgerichtlichen Verfahrens entsprechend hat der
Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Die
Ausrichtung einer Parteientschädigung fällt ausser Betracht (Art. 68 Abs. 3
BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Regierungsrat und dem
Verwaltungsgericht des Kantons Zug, Verwaltungsrechtliche Kammer, schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 18. März 2009
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:

Féraud Schoder