Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.438/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
1C_438/2008

Urteil vom 29. Januar 2009
I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Féraud, Präsident,
Bundesrichter Raselli, Eusebio,
Gerichtsschreiber Dold.

Parteien
X.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Guido Hensch,

gegen

Bundesamt für Migration, Quellenweg 6, 3003 Bern.

Gegenstand
Nichtigerklärung der erleichterten Einbürgerung,

Beschwerde gegen das Urteil vom 22. August 2008
des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung III.
Sachverhalt:

A.
X.________, geboren 1963, stammt aus Sri Lanka. Am 4. September 1990 gelangte
er unter dem Aliasnamen Y.________ in die Schweiz und ersuchte um Asyl. Mit
Schreiben vom 29. Januar 1996 gab er dem Bundesamt für Flüchtlinge (BFF, heute:
Bundesamt für Migration, BFM) seine wirkliche Identität bekannt. Am 4. Februar
1997 zog er das Asylgesuch zurück und kehrte zwei Monate später nach Sri Lanka
zurück. Am 25. Juli 1997 heiratete X.________ in Sri Lanka die Schweizer
Bürgerin Z.________, die er noch vor seiner Rückkehr nach Sri Lanka kennen
gelernt hatte. Im Rahmen des Familiennachzugs reiste er im November 1997 wieder
in die Schweiz ein und erhielt eine Jahresaufenthaltsbewilligung.
Am 13. November 2000 stellte X.________ ein Gesuch um erleichterte
Einbürgerung. Im Einbürgerungsverfahren unterzeichneten er und seine Ehefrau am
6. Juni 2002 eine Erklärung, wonach sie in stabiler ehelicher Gemeinschaft
zusammenlebten und weder Trennungs- noch Scheidungsabsichten bestünden.
Gleichzeitig nahmen sie zur Kenntnis, dass die erleichterte Einbürgerung nicht
möglich sei, wenn vor oder während des Einbürgerungsverfahrens einer der
Ehegatten die Trennung oder Scheidung beantragt habe oder keine tatsächliche
eheliche Gemeinschaft mehr bestehe. Am 8. Juli 2002 wurde X.________ das
Schweizer Bürgerrecht verliehen. Am 19. September 2002 beantragte X.________
beim Bezirksgericht Bülach Eheschutzmassnahmen. Das Bezirksgericht Bülach
merkte vor, dass die Parteien seit dem 12. September 2002 getrennt lebten,
bewilligte ihnen das Getrenntleben auf unbestimmte Dauer und ordnete die
Gütertrennung an. Da sich die Ehefrau einer Scheidung wiedersetzte, wartete
X.________ die gesetzliche Trennungsfrist von zwei Jahren gemäss Art. 114 ZGB
ab und leitete am 14. September 2004 das Ehescheidungsverfahren ein. Die Ehe
wurde am 24. März 2005 geschieden.
Mit Schreiben vom 9. Juli 2004 teilte das Bundesamt für Zuwanderung,
Integration und Auswanderung (IMES, heute: Bundesamt für Migration, BFM)
X.________ mit, es erwäge, die erleichterte Einbürgerung für nichtig zu
erklären. X.________ nahm mit Schreiben vom 15. Juli 2004, 14. Juli 2005 und
15. September 2005 Stellung. Das Bundesamt holte die Zustimmung der
Heimatkantone Freiburg und Thurgau zur Nichtigerklärung der erleichterten
Einbürgerung ein. Mit Verfügung vom 2. November 2006 erklärte es die
erleichterte Einbürgerung für nichtig.
X.________ focht diese Verfügung an. Mit Urteil vom 22. August 2008 wies das
Bundesverwaltungsgericht seine Beschwerde ab.

B.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 25. September 2008
beantragt X.________, das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts sei aufzuheben
und die Angelegenheit sei zur Neubeurteilung und zur Durchführung eines
Beweisverfahrens an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Das Bundesamt und das Bundesverwaltungsgericht haben auf eine Stellungnahme in
der Sache verzichtet. Mit Präsidialverfügung vom 24. Oktober 2008 wurde der
Beschwerde im bundesgerichtlichen Verfahren die aufschiebende Wirkung
zuerkannt.

Erwägungen:

1.
1.1 Die Beschwerde richtet sich gegen einen Entscheid in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten des Bundesverwaltungsgerichts (Art. 82 lit. a, Art. 86 Abs. 1
lit. a BGG). Die Ausnahme der ordentlichen Einbürgerungen nach Art. 83 lit. b
BGG erstreckt sich nicht auf die Nichtigerklärung der Einbürgerung. Es liegt
auch keine der übrigen Ausnahmen von Art. 83 BGG vor.
1.2
1.2.1 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die
Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie
offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art.
95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). Die Behebung des Mangels muss für den
Ausgang des Verfahrens entscheidend sein (Art. 97 Abs. 1 BGG). Der
Beschwerdeführer, der die Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz anfechten
will, muss substanziiert darlegen, inwiefern die Voraussetzungen einer Ausnahme
gemäss Art. 97 Abs. 1 bzw. Art. 105 Abs. 2 BGG gegeben sind. Der
Beschwerdeführer kann sich dabei nicht damit begnügen, den bestrittenen
Feststellungen eigene tatsächliche Behauptungen gegenüberzustellen oder
darzulegen, wie die Beweise seiner Ansicht nach zu würdigen gewesen wären.
Vielmehr hat er klar und substanziiert aufzuzeigen, inwiefern die gerügten
Feststellungen bzw. die Unterlassung von Feststellungen offensichtlich
unrichtig sind oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG
beruhen. Auf eine Kritik an den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz,
die diesen Anforderungen nicht genügt, ist nicht einzutreten (BGE 133 III 462
E. 2.4 S. 466 f. mit Hinweis).
Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur soweit vorgebracht werden, als der
Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt, was in der Beschwerde ebenfalls
näher darzulegen ist (Art. 99 Abs. 1 BGG; BGE 134 V 223 E. 2.2.1 S. 226 mit
Hinweis). Art. 99 Abs. 1 BGG verbietet umgekehrt nicht, vor Bundesgericht eine
neue rechtliche Argumentation vorzubringen, vorausgesetzt, dass dieser die
Sachverhaltsfeststellungen im angefochtenen Urteil zugrundegelegt werden. Dies
ergibt sich aus dem Grundsatz der Rechtsanwendung von Amtes wegen nach Art. 106
Abs. 1 BGG (Urteil des Bundesgerichts 4A_223/2007 vom 30. August 2007 E. 3.2
mit Hinweisen).
1.2.2 Die Beschwerdeschrift enthält Ausführungen zur heutigen Ehefrau des
Beschwerdeführers und zum gemeinsamen Kind. Es wird dargelegt, zwischen der
Unterzeichnung der Erklärung am 6. Juni 2002 und der Schwangerschaft lägen
ganze zwei Jahre. Diese neuen tatsächlichen Vorbringen können nicht
berücksichtigt werden. Die Feststellung des Sachverhalts durch die Vorinstanz
bindet nach dem Gesagten im Grundsatz das Bundesgericht. Der Beschwerdeführer
macht keine Ausnahmen gemäss Art. 105 Abs. 2 und Art. 97 Abs. 1 BGG geltend.
Zudem zeigt er nicht auf, inwiefern erst der Entscheid der Vorinstanz zu den
Vorbringen Anlass gegeben hätte (Art. 99 Abs. 1 BGG).
1.2.3 Der Beschwerdeführer behauptet weiter, dass es seine damalige Ehefrau
gewesen sei, welche die Trennung gewollt habe. Wiederum legt er nicht dar,
weshalb die diesbezüglichen tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz
offensichtlich unrichtig sein oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art.
95 BGG beruhen sollen. Folglich ist auch dieses Vorbringen nicht zu
berücksichtigen.
1.2.4 Mangels hinreichender Substanziierung ist auf zwei weitere Rügen nicht
einzutreten. Der Beschwerdeführer kritisiert, das Bundesverwaltungsgericht habe
eine krass willkürliche antizipierte Beweiswürdigung vorgenommen, indem es zum
Schluss gekommen sei, die Ehe sei am 6. Juni 2002 nicht mehr intakt gewesen.
Zudem bringt er vor, die Argumentation der Vorinstanz sei nicht stichhaltig,
wenn sie ausführe, der Einbürgerungsbehörde seien die in der Ehe seit Jahren
bestehenden Schwierigkeiten verheimlicht worden und auf Seiten des
Beschwerdeführers habe im Zeitpunkt der erleichterten Einbürgerung kein
intakter Ehewille mehr bestanden. In beiden Fällen fehlt eine die Anforderungen
von Art. 42 Abs. 2 BGG erfüllende Begründung.
1.2.5 Eine unrichtige Feststellung des Sachverhalts infolge einer Verletzung
des rechtlichen Gehörs durch die Vorinstanz erblickt der Beschwerdeführer
sodann in der Tatsache, dass seine damalige Ehefrau nicht als Zeugin zu den
Umständen des Gesuchs um Einbürgerung befragt worden sei.
Der aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) abgeleitete
Anspruch auf Abnahme rechtserheblicher Beweise ist nicht absolut und schliesst
die antizipierte Beweiswürdigung nicht aus. Keine Verletzung des rechtlichen
Gehörs liegt deshalb vor, wenn ein Gericht auf die Abnahme beantragter
Beweismittel verzichtet, weil es aufgrund der bereits abgenommenen Beweise
seine Überzeugung gebildet hat und ohne Willkür annehmen kann, dass diese durch
weitere Beweiserhebungen nicht geändert würde (BGE 131 I 153 E. 3 S. 157; 124 I
208 E. 4a S. 211; je mit Hinweisen).
In diesem Sinne erwog die Vorinstanz, der Beweisantrag auf Befragung der
Ex-Ehegattin sei abgewiesen worden, da sich die entscheidenden Umstände bereits
aus den Akten ergäben. Der Beschwerdeführer habe Gelegenheit erhalten,
schriftliche Äusserungen seiner Ex-Ehegattin einzureichen, habe davon jedoch
keinen Gebrauch gemacht. Mit dieser Begründung setzt sich der Beschwerdeführer
nicht rechtsgenüglich auseinander, weshalb auf die Rüge der Verletzung von Art.
29 Abs. 2 BV nicht einzutreten ist (vgl. Art. 106 Abs. 2 BV). In diesem
Zusammenhang erwähnt der Beschwerdeführer Art. 84 Abs. 2 BGG. Er verkennt, dass
diese Bestimmung sich auf das Gebiet der internationalen Rechtshilfe in
Strafsachen bezieht und vorliegend deshalb nicht anwendbar ist.
1.2.6 Nicht einzutreten ist weiter auf die Aussage des Beschwerdeführers, er
wolle auch den Begriff der Besitzstandsgarantie "ins Feld führen". Seines
Erachtens habe dieser verfassungsrechtlich garantierte Grundsatz auch beim
Gestaltungsanspruch der Zugehörigkeit zu einer Nationalität eine Rolle zu
spielen. Inwiefern der Beschwerdeführer damit rügen will, der vorinstanzliche
Entscheid verletze Bundesrecht, ist nicht ersichtlich (vgl. Art. 42 Abs. 2 und
Art. 106 Abs. 2 BV).
1.2.7 Der Beschwerdeführer macht schliesslich geltend, es sei der Umstand zu
berücksichtigen, dass er bereits im Verlaufe des Jahres 2009 die
Voraussetzungen der ordentlichen Einbürgerung erfülle. Dieses Vorbringen
betrifft (auch) die Feststellung des Sachverhalts und ist neu (vgl. Art. 99
Abs. 1 BGG). Der Beschwerdeführer legt nicht dar, inwiefern erst der Entscheid
der Vorinstanz dazu Anlass gegeben haben sollte (vgl. E. 1.2.1). Auf die Rüge
ist deshalb nicht einzutreten.
Im Übrigen ist das Vorbringen inhaltlich unbegründet. Entgegen der Ansicht des
Beschwerdeführers steht die Möglichkeit einer ordentlichen Einbürgerung nach
Art. 12 ff. BüG der Nichtigerklärung einer erleichterten Einbürgerung nicht
entgegen. Die ordentliche und die erleichterte Einbürgerung unterscheiden sich
nicht nur in den inhaltlichen Voraussetzungen, sondern auch hinsichtlich der
Zuständigkeit und des Verfahrens. Die Eigenheiten der ordentlichen Einbürgerung
sind zu beachten und dürfen im Verfahren der Nichtigerklärung einer
erleichterten Einbürgerung nicht umgangen werden (Urteil des Bundesgerichts
1C_340/2008 vom 18. November 2008 E. 4 mit Hinweis).

2.
Auf die Beschwerde ist nach dem Gesagten nicht einzutreten. Bei diesem Ausgang
trägt der Beschwerdeführer die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). Er hat
keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 2 BGG).

Das Bundesgericht erkennt:

1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.

4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Bundesamt für Migration und dem
Bundesverwaltungsgericht, Abteilung III, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 29. Januar 2009
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Féraud Dold