Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.407/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
1C_407/2008

Urteil vom 25. Mai 2009
I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Féraud, Präsident,
Bundesrichter Aemisegger, Raselli,
Gerichtsschreiber Kessler Coendet.

Parteien
X.________,
Eheleute Y.________,
Beschwerdeführer, alle vertreten durch Rechtsanwalt
Dr. Fritz Frey,

gegen

A.________,
B.________ AG,
Beschwerdegegner, beide vertreten durch Rechtsanwalt Gregor Meisser,
Baubehörde Meilen, Bahnhofstrasse 35, 8706 Meilen, vertreten durch Christoph
Fritzsche.

Gegenstand
Baubewilligung,

Beschwerde gegen den Entscheid vom 2. Juli 2008
des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich,
1. Abteilung, 1. Kammer.
Sachverhalt:

A.
Die Baubehörde Meilen erteilte A.________ und der B.________ AG (im Folgenden:
die Bauherrschaft) am 15. August 2006 die baurechtliche Bewilligung, das
Wohnhaus auf dem Grundstück Kat.-Nr. 10308 im Ortsteil Feldmeilen um ein
Geschoss aufzustocken.

B.
X.________ sowie die Ehegatten Y.________ (im Folgenden: die Nachbarn) fochten
gemeinsam die Baubewilligung bei der Baurekurskommission II des Kantons Zürich
an. Diese hiess den Rekurs am 11. September 2007 teilweise gut. Entsprechend
ergänzte sie das Dispositiv des Beschlusses der Baubehörde Meilen vom 15.
August 2006 mit folgender Auflage:
"Das Bauprojekt ist so zu überarbeiten, dass die Dachprofillinie im Sinn von §
292 lit. b PBG an der Südwestseite auf höchstens einem Drittel der
Fassadenbreite durchstossen wird."

C.
Beide Seiten zogen den Entscheid der Baurekurskommission an das
Verwaltungsgericht des Kantons Zürich weiter. Die Nachbarn wehrten sich gegen
die Bewilligungsfähigkeit des Bauprojekts. Die Bauherrschaft verlangte eine
Änderung und Präzisierung der Auflage, welche die Baurekurskommission
angeordnet hatte. Mit Entscheid vom 2. Juli 2008 wies das Verwaltungsgericht
die Beschwerde der Nachbarn ab. Hingegen hiess es die Beschwerde der
Bauherrschaft gut und setzte die Auflage der Baurekurskommission wie folgt neu
fest:
"Das Bauprojekt ist so zu überarbeiten, dass die Dachprofillinie im Sinn von §
292 lit. b PBG an der Südwestseite (Schnittlinie Fassade/Dachfläche angesetzt
auf einer Kote von 447.35 m.ü.M. auf 448.20 m.ü.M. ansteigend) auf höchstens
einem Drittel der Fassadenbreite durchstossen wird."

D.
Mit Eingabe vom 15. September 2008 erheben die Nachbarn beim Bundesgericht
Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten. Sie beantragen die
Aufhebung des angefochtenen Entscheids und die Verweigerung der Baubewilligung.
Eventualiter sei die Sache zu neuem Entscheid an das Verwaltungsgericht
zurückzuweisen.
Die Bauherrschaft und die Baubehörde Meilen stellen den Hauptantrag, auf die
Beschwerde nicht einzutreten. Eventualiter sei diese abzuweisen. Das
Verwaltungsgericht ersucht um Abweisung der Beschwerde, soweit darauf
einzutreten sei. In der Replik vom 24. Februar 2009 halten die Beschwerdeführer
an ihren Anträgen fest. In der Folge haben die übrigen Verfahrensbeteiligten
den Verzicht auf weitere Stellungnahmen erklärt.

Erwägungen:

1.
Das Bundesgericht prüft die Zulässigkeit der Beschwerde von Amtes wegen (Art.
29 Abs. 1 BGG; BGE 135 II 22 E. 1 S. 24 mit Hinweis).

1.1 Die Beschwerde richtet sich gegen einen kantonalen Entscheid, der eine
Baubewilligung zum Gegenstand hat. Dabei handelt es sich um eine
öffentlich-rechtliche Angelegenheit im Sinne von Art. 82 lit. a BGG. Ein
Ausschlussgrund nach Art. 83 BGG liegt nicht vor. Der angefochtene Entscheid
schliesst den kantonalen Instanzenzug ab (Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG). Die
beschwerdeführenden Nachbarn bringen nicht nur eine Gehörsrüge vor; in der
Sache wenden sie sich gegen die Höhe der Baute, die aus dem Vorhaben
resultiert, und gegen die Erhöhung der baulichen Nutzung auf dem Baugrundstück.
Ihre Beschwerdelegitimation im Sinne von Art. 89 Abs. 1 BGG ist zu bejahen
(vgl. BGE 133 II 249 E. 1.3.3 S. 253 f.). Den Beschwerdegegnern und der
kommunalen Baubehörde, die das Gegenteil behaupten, kann nicht gefolgt werden.
Die Beschwerde wurde rechtzeitig eingereicht (Art. 100 Abs. 1 i.V.m. Art. 46
Abs. 1 lit. b BGG).

1.2 Entgegen der Meinung der Beschwerdeführer handelt es sich beim
angefochtenen Entscheid allerdings weder um einen Endentscheid (Art. 90 BGG)
noch um einen Teilentscheid (Art. 91 BGG).
1.2.1 Zwar hat das Verwaltungsgericht die unterinstanzlichen Entscheide nicht
aufgehoben, sondern nur in dem Sinne geändert, als es die von der
Baurekurskommission eingefügte Auflage neu gefasst hat. Diese Auflage
impliziert aber, dass das Bauprojekt nach der verlangten Überarbeitung - wenn
auch ohne Ausschreibung - noch einmal behördlich genehmigt werden muss, bevor
es ausgeführt werden darf. Das Verwaltungsgericht hat nicht ausdrücklich
begründet, weshalb es die Verpflichtung zur Überarbeitung des Bauprojekts in
eine Auflage gekleidet hat. Nach § 321 Abs. 1 des kantonalen Planungs- und
Baugesetzes (PBG/ZH; LS 700.1) ist die Baubewilligung mit den gebotenen
Nebenbestimmungen (Auflagen, Bedingungen, Befristungen) zu verknüpfen, wenn
inhaltliche oder formale Mängel des Baugesuchs ohne besondere Schwierigkeiten
behoben werden können. Angesichts dieser kantonalen Norm ist es grundsätzlich
nicht zu beanstanden, dass die fraglichen Vorgaben an das Bauvorhaben als
Auflage formuliert sind. Zu beachten ist jedoch, dass die Bewilligung der
Baupläne des Gesuchstellers Bestandteil des Dispositivs einer Baubewilligung
ist (vgl. Fritzsche/Bösch, Zürcher Planungs- und Baurecht, 4. Aufl., 2006, S.
21-14). Es lässt sich auch nicht sagen, dass der Gemeindebehörde, welche die
Überarbeitung des Bauprojekts im Sinne der vorliegenden Auflage zu genehmigen
hat, kein Entscheidungsspielraum mehr verbleibt.
1.2.2 Der Rechtsmittelentscheid, bei dem eine Baubewilligung mit einer Auflage
der vorliegenden Art bestätigt wird, kann folglich nur dann einen Endentscheid
im Sinne von Art. 90 BGG bilden, wenn damit bereits die Umsetzung der Auflage
gestützt auf entsprechend überarbeitete Pläne mitbeurteilt wird. Derartiges ist
im vorliegenden Fall weder behauptet noch ersichtlich. Die vom
Verwaltungsgericht beurteilte Baubewilligung kann für sich allein genommen noch
keine praktische Wirksamkeit entfalten. Diese hängt von der noch ausstehenden
Genehmigung der Detailgestaltung des neuen Geschosses ab. Das
Baubewilligungsverfahren ist noch nicht abgeschlossen und der angefochtene
Entscheid stellt - unabhängig von seiner Qualifikation nach kantonalem Recht -
einen Zwischenentscheid im Sinne von Art. 92 f. BGG dar (vgl. das Urteil des
Bundesgerichts 1C_109/2007 vom 30. August 2007 E. 2.5.2). Grundsatzentscheide,
die Teilaspekte einer Streitsache beantworten und bisher in der
verwaltungsrechtlichen Praxis des Bundesgerichts als (Teil-)Endentscheide
betrachtet wurden, gelten nach der Systematik des BGG nicht als Teil-, sondern
als Zwischenentscheide (vgl. BGE 135 II 30 E. 1.3.1 S. 34 mit Hinweisen).

1.3 Vorliegend kommt eine Anfechtbarkeit einzig gestützt auf Art. 93 Abs. 1 BGG
in Frage. Dabei ist zu beachten, dass die Eintretensvoraussetzungen von Art. 93
Abs. 1 BGG das Bundesgericht entlasten sollen. Dieses soll sich möglichst nur
einmal mit einer Sache befassen. Daher tritt das Bundesgericht auf gegen Vor-
und Zwischenentscheide gerichtete Beschwerden nicht ein, sofern allfällige
Nachteile in verhältnismässiger Weise auch noch mit einer bundesgerichtlichen
Beurteilung nach Ausfällung des Endentscheids behoben werden können (BGE 135 II
30 E. 1.3.2 S. 34 f.). Dass die Voraussetzungen von Art. 93 Abs. 1 BGG erfüllt
sind, hat der Beschwerdeführer aufzuzeigen, soweit dies nicht ohne Weiteres auf
der Hand liegt (vgl. BGE 134 III 426 E. 1.2 S. 429 mit Hinweisen).
1.3.1 Hier verursacht der angefochtene Entscheid den Beschwerdeführern keinen
nicht wieder gutzumachenden Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG.
Bundesverfassungsrechtlich muss die ausstehende Verfügung über die Genehmigung
des überarbeiteten Bauprojekts den beschwerdeführenden Nachbarn wiederum
eröffnet werden, damit sie sich auch hiergegen wirksam zur Wehr setzen können.
Sofern sie keine neuen Einwände gegen die konkrete Umsetzung der vom
Verwaltungsgericht verlangten Auflage haben, können sie direkt im Anschluss an
die kommunale Genehmigungsverfügung Beschwerde beim Bundesgericht gegen den
Entscheid des Verwaltungsgerichts vom 2. Juli 2008 erheben (vgl. Urteil 1C_109/
2007 vom 30. August 2007 E. 2.5.2).
1.3.2 Nach Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG ist die Beschwerde zulässig, wenn deren
Gutheissung sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden
Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen
würde. Das Rechtsbegehren der Beschwerdeführer zielt auf die Verweigerung einer
Baubewilligung hin. Sinngemäss beanspruchen sie, dass eine Gutheissung ihrer
Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen würde. Als zweite kumulative
Voraussetzung verlangt Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG aber, dass ein bedeutender
Aufwand für ein weitläufiges Beweisverfahren erspart würde. Dass diese
Anforderung vorliegend gegeben wäre, wird von den Beschwerdeführern nicht
aufgezeigt und liegt auch nicht auf der Hand. Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG ist
somit nicht erfüllt.

2.
Nach dem Gesagten ist auf die Beschwerde nicht einzutreten. Ausgangsgemäss sind
die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens den Beschwerdeführern
aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 und 5 BGG). Sie haben den Beschwerdegegnern eine
angemessene Parteientschädigung auszurichten (Art. 68 Abs. 2 und 4 BGG). Der
kommunalen Baubehörde steht keine Parteientschädigung zu; sie tut keine
ausserordentlichen Umstände dar, die eine Ausnahme von der Praxis zu Art. 68
Abs. 3 BGG (vgl. dazu BGE 134 II 117 E. 7 S. 119) rechtfertigen würden.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'500.-- werden den Beschwerdeführern auferlegt.

3.
Die Beschwerdeführer haben die Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche
Verfahren, unter solidarischer Haftbarkeit, gesamthaft mit Fr. 2'000.-- zu
entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, der Baubehörde Meilen und dem
Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 1. Abteilung, 1. Kammer, schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 25. Mai 2009
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Féraud Kessler Coendet