Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.401/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
1C_401/2008

Urteil vom 26. März 2009
I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Féraud, Präsident,
Bundesrichter Aemisegger, Eusebio,
Gerichtsschreiber Kappeler.

Parteien
X.________, Beschwerdeführer,

gegen

Y.________,
Z.________,
Beschwerdegegner, beide vertreten durch Rechtsanwalt Detlev Hebeisen,
Gemeinderat Elgg, Lindenplatz 4, 8353 Elgg.

Gegenstand
Baubewilligung,

Beschwerde gegen den Entscheid vom 12. August 2008 des Verwaltungsgerichts des
Kantons Zürich,
3. Abteilung, 3. Kammer.
Sachverhalt:

A.
Mit Beschluss vom 4. Dezember 2007 erteilte der Gemeinderat Elgg Y.________ und
Z.________ die Baubewilligung für den Einbau einer Wohnung (Altenteil) im
Erdgeschoss des ehemaligen Trottengebäudes auf dem in der Landwirtschaftszone
gelegenen Grundstück Kat.-Nr. 3705. Dabei bewilligte er u.a. die Erstellung
eines Schmutzwasserkanals zur Ableitung der häuslichen Abwässer in die
bestehende Jauchegrube des Landwirtschaftsbetriebs auf dem Grundstück Kat.-Nr.
3712. Mit der Baubewilligung wurde gleichzeitig die am 11. Oktober 2007
ergangene raumplanungsrechtliche Bewilligung der kantonalen Baudirektion
eröffnet.

B.
Gegen den kommunalen Beschluss rekurrierte X.________, Eigentümer der dem
Baugrundstück benachbarten Grundstücke Kat.-Nr. 4906 und 2486, bei der
Baurekurskommission des Kantons Zürich. Er beantragte im Wesentlichen, das
Baugrundstück müsse an die öffentliche Kanalisation oder an eine
Kleinkläranlage angeschlossen werden, die Anschlussgebühren seien entsprechend
anzupassen und die auf dem Baugrundstück befindliche Quelle, an der er ein
Quellenrecht habe, sei wirksam vor Abwässern und Gülle zu schützen. Die
Baurekurskommission wies den Rekurs ab.
In der Folge erhob X.________ Beschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons
Zürich. Er beantragte den Anschluss des Baugrundstücks an die öffentliche
Kanalisation; menschliche Fäkalien und Exkremente sowie andere häusliche
Abwässer dürften nicht in eine Jauchegrube geleitet werden. Mit Entscheid vom
12. August 2008 wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde ab. Es erwog, die
Voraussetzungen von Art. 12 Abs. 4 in Verbindung mit Art. 14 des Bundesgesetzes
vom 24. Januar 1991 über den Schutz der Gewässer (Gewässerschutzgesetz, GschG;
SR 814.20) für einen Güllengrubenanschluss seien vorliegendenfalls erfüllt.
Damit hätten die privaten Beschwerdegegner einen Anspruch auf Ableitung der
häuslichen Abwässer der geplanten Wohnung in die bestehende Jauchegrube. Ob
darüber hinaus ein Kanalisationsanschluss problemlos möglich wäre, was strittig
sei, spiele keine Rolle.

C.
Mit Eingabe vom 5. September 2008 erhebt X.________ beim Bundesgericht
Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) und
subsidiäre Verfassungsbeschwerde (Art. 113 ff. BGG). Er beantragt im
Wesentlichen, der verwaltungsgerichtliche Entscheids vom 12. August 2008 sei
aufzuheben; die angefochtene Baubewilligung sei insofern abzuändern, als das
Baugrundstück an die öffentliche Kanalisation angeschlossen werden müsse;
menschliche Fäkalien und Exkremente sowie andere häusliche Abwässer aus der
geplanten Wohnung ("Stöckli") dürften nicht in eine Jauchegrube geleitet
werden, von wo aus sie in die Umgebung ausgebracht würden. Der Beschwerdeführer
ersucht um Gewährung der aufschiebenden Wirkung. Er rügt im Wesentlichen eine
Verletzung des Willkürverbots und des Grundsatzes von Treu und Glauben (Art. 9
BV) sowie von Bestimmungen des Gewässerschutzgesetzes.

D.
Mit Präsidialverfügung vom 9. Oktober 2008 wurde das Gesuch um Gewährung der
aufschiebenden Wirkung abgewiesen.

E.
Das Verwaltungsgericht, der Gemeinderat Elgg sowie die privaten
Beschwerdegegner beantragen in ihren Vernehmlassungen Abweisung der Beschwerde.
Das Bundesamt für Umwelt (BAFU) äussert sich inhaltlich zur Angelegenheit,
stellt aber keinen Antrag.
Die Verfahrensbeteiligten erhielten Gelegenheit, zur Vernehmlassung des
Bundesamtes Stellung zu nehmen. Der Beschwerdeführer hat sich mit Eingabe vom
12. Januar 2009 geäussert. Er hält an seinen bisherigen Ausführungen und
Anträgen fest. Die privaten Beschwerdegegner schliessen sich der Ansicht des
Bundesamtes an, verzichten jedoch auf eine weitere Stellungnahme.

Erwägungen:

1.
Das Bundesgericht prüft seine Zuständigkeit von Amtes wegen (Art. 29 Abs. 1
BGG).

1.1 Das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts ist ein Endentscheid einer
letzten kantonalen Instanz (Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG). Ihm liegt ein
Beschwerdeverfahren über eine baurechtliche Bewilligung und damit eine
öffentlich-rechtliche Angelegenheit zu Grunde. Die Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nach Art. 82 lit. a BGG steht auf dem
Gebiet des Raumplanungs-, Bau- und Gewässerschutzrechts zur Verfügung; ein
Ausschlussgrund nach Art. 83 BGG liegt nicht vor (vgl. BGE 133 II 249 E. 1.2 S.
251, 409 E. 1.1 S. 411). Für die subsidiäre Verfassungsbeschwerde verbleibt
somit kein Raum (Art. 113 BGG). Auf diese ist deshalb nicht einzutreten.
1.2
1.2.1 Zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist nach Art. 89
Abs. 1 BGG berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen oder
keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat (lit. a), durch den angefochtenen
Entscheid besonders berührt ist (lit. b) und ein schutzwürdiges Interesse an
dessen Aufhebung oder Änderung besitzt (lit. c). Die Kriterien von Art. 89 Abs.
1 BGG grenzen die Beschwerdelegitimation von Nachbarn gegen unzulässige
Popularbeschwerden ab. Verlangt ist neben der formellen Beschwer, dass der
Beschwerdeführer über eine spezifische Beziehungsnähe zur Streitsache verfügt
und einen praktischen Nutzen aus der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen
Entscheids zieht. Die Nähe der Beziehung zum Streitgegenstand muss bei
Bauprojekten insbesondere in räumlicher Hinsicht gegeben sein. Ein
schutzwürdiges Interesse liegt vor, wenn die tatsächliche oder rechtliche
Situation des Beschwerdeführers durch den Ausgang des Verfahrens beeinflusst
werden kann (BGE 133 II 409 E. 1.3 S. 413, 400 E. 2.2 S. 404 f., je mit
Hinweisen).
1.2.2 Der Beschwerdeführer hat am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen. Er
ist als Eigentümer der an das Baugrundstück angrenzenden Parzellen Kat.-Nr.
4906 und 2486 durch den angefochtenen Entscheid besonders berührt (Art. 89 Abs.
1 lit. b BGG). Vorab geht es ihm - wie er insbesondere vor der Vorinstanz
geltend gemacht hat - um den Schutz einer im Baugrundstück gelegenen Quelle, an
der er ein Nutzungsrecht (Quellenrecht) habe. Diese Quelle könne verschmutzt
werden, wenn das häusliche Abwasser des geplanten Stöcklis nicht in die
öffentliche Kanalisation, sondern in die Jauchegrube eines
Landwirtschaftsbetriebs eingeleitet und dann zusammen mit der Gülle u.a. im
Fassungsbereich der Quelle ausgetragen würde. Der Beschwerdeführer vermag somit
eigene schutzwürdige Interessen geltend zu machen, die bei einer Realisierung
des fraglichen Bauvorhabens faktisch betroffen sein könnten, und zwar in einem
erheblich höheren Mass, als es für die Allgemeinheit zutrifft. Dass eine
erfolgreiche Beschwerde den behaupteten Nachteil abwenden könnte, ist
offensichtlich. Der Beschwerdeführer ist somit gestützt auf Art. 89 Abs. 1 BGG
zur Beschwerde befugt.

1.3 Die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen geben zu keinen weiteren Bemerkungen
Anlass. Auf die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist daher
vorbehältlich genügend begründeter und zulässiger Rügen (Art. 106 Abs. 2 i.V.m.
Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 134 II 244 E. 2.1 und 2.2 S. 245 f.) grundsätzlich
einzutreten.

2.
2.1 Gemäss Art. 11 Abs. 1 GSchG muss im Bereich öffentlicher Kanalisationen das
verschmutzte Abwasser in die Kanalisation eingeleitet werden. Nach Art. 11 Abs.
2 GSchG umfasst der Bereich öffentlicher Kanalisationen Bauzonen (lit. a),
weitere Gebiete, sobald für sie eine Kanalisation erstellt worden ist (lit. b)
und weitere Gebiete, in welchen der Anschluss an die Kanalisation zweckmässig
und zumutbar ist (lit. c). Im Grundsatz müssen demnach alle in diesem Bereich
befindlichen Bauten an die öffentliche Kanalisation angeschlossen werden. Eine
Ausnahme von dieser Anschlusspflicht besteht u.a. für Landwirtschaftsbetriebe
mit erheblichem Rindvieh- und Schweinebestand. Hier darf das häusliche Abwasser
zusammen mit der Gülle landwirtschaftlich verwertet werden. Voraussetzung ist,
dass die Wohn- und Betriebsgebäude mit Umschwung in der Landwirtschaftszone
liegen (oder die Gemeinde Massnahmen trifft zur Zuweisung dieses Areals zur
Landwirtschaftszone), dass die Lagerkapazität der Jauchegrube auch für das
häusliche Abwasser ausreicht und die Verwertung auf der eigenen oder
gepachteten Nutzfläche sichergestellt ist (Art. 12 Abs. 4 GSchG). Der Rindvieh
und Schweinebestand eines Landwirtschaftsbetriebes ist für die Befreiung vom
Kanalisationsanschluss erheblich, wenn er mindestens acht
Düngergrossvieheinheiten umfasst (Art. 12 Abs. 3 der Gewässerschutzverordnung
vom 28. Oktober 1998 [GSchV; SR 814.201]).

2.2 Der Beschwerdeführer macht geltend, beim geplanten "Stöckli" handle es sich
nicht um einen Landwirtschaftsbetrieb im Sinne von Art. 12 Abs. 4 GSchG. Die
Voraussetzungen für eine Befreiung von der Ansschlusspflicht an die öffentliche
Kanalisation seien daher nicht erfüllt. Ein Anschluss an die Kanalisation sei
problemlos möglich und finanziell zumutbar. Im Übrigen sei zu beachten, dass
durch das Ausbringen von Gülle, die häusliche Abwässer enthalte,
Krankheitserreger, Parasiten, Chemikalien und hormonelle Rückstände in die
Umwelt gelangten. Die längerfristigen Folgen und Gefahren solcher
Umweltbelastungen seien noch zu einem erheblichen Teil unbekannt.

2.3 Nach der unangefochten gebliebenen Verfügung der kantonalen Baudirektion
vom 11. Oktober 2007 ist der Bedarf für die im ehemaligen Trottengebäude
vorgesehene, der abtretenden Generation dienende Wohnung (sog. Altenteil)
landwirtschaftlich ausgewiesen. Gestützt auf Art. 34 Abs. 3 der
Raumplanungsverordnung vom 28. Juni 2000 (RPV; SR 700.1), wonach in der
Landwirtschaftszone Bauten für den Wohnbedarf zonenkonform sind, die für den
Betrieb des entsprechenden landwirtschaftlichen Gewerbes unentbehrlich sind,
einschliesslich des Wohnbedarfs der abtretenden Generation, hat die
Baudirektion daher die Zonenkonformität des Vorhabens bejaht. Wenn die
Zonenkonformität des der abtretenden Generation dienenden Wohnraums in der
Landwirtschaftszone bejaht werden kann, ist es sachlich gerechtfertigt, diesen
Wohnraum auch in gewässerschutzrechtlicher Hinsicht dem betreffenden
Landwirtschaftsbetrieb zuzurechnen. Solange die Voraussetzungen von Art. 12
Abs. 4 GSchG erfüllt bleiben, ist es deshalb zulässig, die häuslichen Abwässer
aus dem sog. Altenteil in die Jauchegrube des zugehörigen
Landwirtschaftsbetriebs abzuleiten.
Vorliegendenfalls sind beim fraglichen Landwirtschaftsbetrieb die
Voraussetzungen von Art. 12 Abs. 4 GSchG (genügend grosser Viehbestand,
Zonenkonformität des Betriebs, genügend grosse Lagerkapazität der Jauchegrube,
Verwertung der Gülle auf eigener Nutzfläche) unbestrittenermassen auch dann
erfüllt, wenn in dessen Jauchegrube auch das Abwasser aus dem geplanten
Altenteil eingeleitet wird. Diese Art der Abwasserentsorgung ist hier somit
zulässig. Bei dieser Rechtslage erübrigt es sich zu prüfen, ob ein
Kanalisationsanschluss zweckmässig oder zumutbar wäre (Art. 11 Abs. 2 lit. c
GSchG). Diese Bestimmung kommt bei Landwirtschaftsbetrieben im Sinne von Art.
12 Abs. 4 GSchG und somit auch hinsichtlich des diesen zurechenbaren Wohnraums
der abtretenden Generation nicht zur Anwendung. Der angefochtene Entscheid
erweist sich somit als bundesrechtskonform.

2.4 Der Beschwerdeführer beantragt, es sei ein natur- und
umweltwissenschaftliches Gutachten über die generelle Umweltschädlichkeit der
landwirtschaftlichen Verwertung häuslicher Abwässer einzuholen. Dazu besteht im
vorliegenden Fall jedoch kein Anlass. Auch das Bundesamt für Umwelt als
zuständige Fachinstanz des Bundes gelangt zum Schluss, dass hier die
massgebenden Voraussetzungen gemäss Art. 12 Abs. 4 GSchG für eine
landwirtschaftliche Verwertung der häuslichen Abwässer erfüllt seien. Somit ist
nicht ersichtlich, welcher entscheiderhebliche Sachverhalt mit dem fraglichen
Gutachten bewiesen werden soll. Der entsprechende Antrag ist daher abzuweisen.

2.5 Inwiefern das Willkürverbot, der Grundsatz von Treu und Glauben bzw. das
Rechtsmissbrauchsverbot im vorliegenden Fall noch wegen anderer, in den
bisherigen Erwägungen nicht behandelter Aspekte verletzt seien, wird vom
Beschwerdeführer nicht in einer den gesetzlichen Anforderungen genügenden Weise
dargetan und ist auch nicht ersichtlich. Darauf ist deshalb nicht weiter
einzutreten.

3.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist daher abzuweisen,
soweit darauf eingetreten werden kann.
Dem Ausgang des vorliegenden Verfahrens entsprechend sind die Gerichtskosten
dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Dieser hat den
anwaltlich vertretenen, privaten Beschwerdegegnern für das bundesgerichtliche
Verfahren eine angemessene Parteientschädigung zu bezahlen (Art. 68 Abs. 1,
Abs. 2 und Abs. 4 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wird abgewiesen,
soweit darauf eingetreten werden kann.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4.
Der Beschwerdeführer hat den privaten Beschwerdegegnern für das
bundesgerichtliche Verfahren eine Parteientschädigung von insgesamt Fr.
1'000.-- zu bezahlen.

5.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Gemeinderat Elgg sowie dem
Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 3. Abteilung, 3. Kammer, und dem
Bundesamt für Umwelt schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 26. März 2009
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Féraud Kappeler