Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.328/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
1C_328/2008 /nip

Urteil vom 25. November 2008
I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Féraud, Präsident,
Bundesrichter Fonjallaz, Eusebio,
Gerichtsschreiber Dold.

Parteien
X.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Jürg Wissmann,

gegen

Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich, Neumühlequai 10, Postfach, 8090
Zürich, vertreten durch das Strassenverkehrsamt des Kantons Zürich, Bereich
Administrativmassnahmen, Lessingstrasse 33, 8090 Zürich.

Gegenstand
Führerausweisentzug,

Beschwerde gegen den Entscheid vom 9. April 2008 des Verwaltungsgerichts des
Kantons Zürich, 1. Abteilung,
1. Kammer.
Sachverhalt:

A.
Am 29. Mai 2005 fuhr X.________ auf der Autobahn A14 bei Inwil Richtung Luzern
mit einer rechtlich massgebenden Geschwindigkeit von 159 km/h. Die zulässige
Höchstgeschwindigkeit betrug 120 km/h. Mit Verfügung vom 25. Juli 2006 entzog
ihm die Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich (Strassenverkehrsamt, Abteilung
Administrativmassnahmen) den Führerausweis für drei Monate. Den dagegen
gerichteten Rekurs wies der Regierungsrat des Kantons Zürich mit Entscheid vom
28. November 2007 ab. X.________ erhob daraufhin Beschwerde ans
Verwaltungsgericht des Kantons Zürich. Dieses wies die Beschwerde mit Entscheid
vom 9. April 2008 ab.

B.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 16. Juli 2008
beantragt X.________, der Entscheid des Verwaltungsgerichts sei aufzuheben und
das Strassenverkehrsamt des Kantons Zürich sei anzuweisen, eine den Umständen
angemessene Verfügung zu erlassen. Insbesondere sei die Dauer des
Führerausweisentzugs auf einen Monat zu beschränken. Er macht im Wesentlichen
sinngemäss eine Verletzung von Art. 16 Abs. 3 und Art. 16c Abs. 1 lit. a SVG
geltend.
Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich beantragt in seiner Vernehmlassung,
die Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden könne. Das
Bundesamt für Strassen beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen. Das
Strassenverkehrsamt des Kantons Zürich liess sich nicht vernehmen.

Erwägungen:

1.
Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid über einen
Führerausweisentzug. Dagegen steht die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten nach Art. 82 ff. BGG offen; eine Ausnahme nach Art. 83 BGG
liegt nicht vor. Auf die Beschwerde ist einzutreten.

2.
2.1 Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass er die allgemeine
Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen um 39 km/h überschritten hat. Er macht
jedoch insbesondere geltend, zu jenem Zeitpunkt hätten optimale äussere
Verhältnisse (trockene Fahrbahn, optimale Witterung und Sicht) und nur ein
schwaches Verkehrsaufkommen geherrscht. Die betreffende Strecke verlaufe
weitgehend geradeaus. Er sei mit dem Fahrzeug eines Bekannten unterwegs
gewesen, das auf eine hohe Geschwindigkeit ausgelegt sei und eine absolut
sichere Handhabung auch bei höherem Tempo gewährleiste. Auch wenn er mit seinem
Verhalten ordnungswidrig gehandelt habe, so könne er doch jede wirkliche Gefahr
ausschliessen.

2.2 Gemäss Art. 16 Abs. 2 SVG wird nach Widerhandlungen gegen die
Strassenverkehrsvorschriften, bei denen das Verfahren nach dem
Ordnungsbussengesetz vom 24. Juni 1970 (OBG; SR 741.03) ausgeschlossen ist, der
Lernfahr- oder Führerausweis entzogen oder eine Verwarnung ausgesprochen. Art.
16c Abs. 2 lit. a SVG sieht vor, dass der Lernfahr- oder Führerausweis nach
einer schweren Widerhandlung für mindestens drei Monate entzogen wird. Eine
schwere Widerhandlung begeht laut Art. 16c Abs. 1 lit. a SVG, wer durch grobe
Verletzung von Verkehrsregeln eine ernstliche Gefahr für die Sicherheit anderer
hervorruft oder in Kauf nimmt. Gemäss Art. 16 Abs. 3 SVG sind bei der
Festsetzung der Dauer des Lernfahr- oder Führerausweisentzugs die Umstände des
Einzelfalls zu berücksichtigen, namentlich die Gefährdung der
Verkehrssicherheit, das Verschulden, der Leumund als Motorfahrzeugfahrer sowie
die berufliche Notwendigkeit, ein Motorfahrzeug zu führen. Die
Mindestentzugsdauer darf jedoch nicht unterschritten werden.

2.3 Im Bereich der Geschwindigkeitsüberschreitungen hat die Rechtsprechung im
Interesse der Rechtssicherheit genaue Limiten festgelegt, um leichte,
mittelschwere und schwere Widerhandlungen voneinander abzugrenzen (vgl. Art.
16a, 16b und 16c SVG). Danach liegt ungeachtet der konkreten Umstände objektiv
eine schwere Widerhandlung vor, wenn die Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen
um 35 km/h überschritten wird (BGE 132 II 234 E. 3.1 S. 237 f. mit Hinweisen).
Das Bundesgericht hat diese Limiten mehrfach bestätigt, zuletzt mit
ausführlicher Begründung im Urteil 1C_83/2008 vom 16. Oktober 2008.
Insbesondere hat es darauf hingewiesen, dass angesichts der Häufigkeit von
Geschwindigkeitsüberschreitungen ein gewisser Schematismus unabdingbar sei. Der
Gesetzgeber habe anlässlich der Revision des Strassenverkehrsgesetzes vom 14.
Dezember 2001 (in Kraft seit 1. Januar 2005) darauf verzichtet, diese
Rechtsprechung gesetzlich zu verankern. Indessen habe er sie nicht in Frage
gestellt, sondern vielmehr im Gesetzgebungsverfahren mehrfach darauf Bezug
genommen (erwähntes Urteil E. 2.6 mit Hinweisen). Auf diese Rechtsprechung
zurückzukommen, besteht vorliegend kein Anlass.

2.4 Eine schwere Widerhandlung nach Art. 16c Abs. 1 lit. a SVG setzt eine
konkrete oder jedenfalls erhöhte abstrakte Gefährdung anderer Personen voraus,
wobei eine erhöhte abstrakte Gefährdung bei der naheliegenden Möglichkeit einer
konkreten Gefährdung oder Verletzung anzunehmen ist (BGE 132 II 234 E. 3 S. 237
ff.; 131 IV 133 E. 3.2 S. 136; je mit Hinweisen). Der Beschwerdeführer
behauptet, auf Grund der konkreten Umstände könne nicht von einer naheliegenden
Möglichkeit einer konkreten Gefährdung oder Verletzung gesprochen werden. Er
verkennt, dass die Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen um
35 km/h eine erhöhte abstrakte Gefährdung ohne weiteres mit sich bringt, d.h.
unabhängig von weiteren, die Gefährlichkeit dieses Verhaltens erhöhenden
Umständen.

2.5 Die in Erwägung 2.3 dargelegte Rechtsprechung dispensiert die
rechtsanwendenden Behörden indessen nicht von jeglicher Berücksichtigung der
konkreten Umstände des Einzelfalls. So sind, wie bereits erwähnt, bei der
Festsetzung der Dauer des Ausweisentzugs namentlich die Gefährdung der
Verkehrssicherheit, das Verschulden, der Leumund als Motorfahrzeugführer sowie
die berufliche Notwendigkeit, ein Motorfahrzeug zu führen, zu berücksichtigen
(Art. 16 Abs. 3 SVG). Denkbar ist weiter, dass es am subjektiven Tatbestand der
groben Verkehrsregelverletzung mangelt, so etwa, wenn der Lenker sich aus
nachvollziehbaren Gründen nicht mehr im Bereich einer bestimmten
Geschwindigkeitsbeschränkung wähnte (BGE 126 II 196 E. 2a S. 199 mit Hinweis).
Auch eine analoge Anwendung von Art. 13 ff. oder Art. 54 StGB ist unter
Umständen in Betracht zu ziehen (BGE 128 II 86 E. 2c S. 89 f.; 126 II 196 E. 2c
S. 200 mit Hinweisen; Urteil 1C_4/2007 vom 4. September 2007 E. 2.2 mit
Hinweisen).

2.6 Vorliegend ist keine derartige Ausnahme gegeben. Der Beschwerdeführer hat
die allgemeine Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen nach einem Toleranzabzug
von 7 km/h um 39 km/h überschritten und damit eine schwere Widerhandlung im
Sinne von Art. 16c SVG begangen. Die verfügende Behörde hat die konkreten
Umstände des Einzelfalls insofern berücksichtigt, als sie den
Führerausweisentzug für die gesetzliche Mindestdauer von drei Monaten entzog.
Für eine weitergehende Berücksichtigung, wie sie der Beschwerdeführer fordert,
besteht kein Raum.

3.
Die Beschwerde erweist sich damit als unbegründet und ist abzuweisen. Bei
diesem Ausgang trägt der Beschwerdeführer die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1
BGG). Er hat keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.

4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Sicherheitsdirektion und dem
Verwaltungsgericht des Kantons Zürich sowie dem Bundesamt für Strassen
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 25. November 2008
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Féraud Dold