Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.2/2008
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1C_2/2008

Urteil vom 11. Februar 2008

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Bundesrichter Féraud, Präsident,
Bundesrichter Reeb, Eusebio,
Gerichtsschreiber Härri.

Firma V.________,
O.________ Ltd.,
Beschwerdeführerinnen, beide vertreten durch Rechtsanwälte Dr. Andres
Baumgartner und Peter Probst,

gegen

Schweizerische Bundesanwaltschaft,
Taubenstrasse 16, 3003 Bern.

Internationale Rechtshilfe in Strafsachen an Bulgarien; vorsorgliche
Beschlagnahme von Vermögenswerten,

Beschwerde gegen den Entscheid vom 13. Dezember 2007 des Bundesstrafgerichts,
II. Beschwerdekammer.
Sachverhalt:

A.
Die bulgarische Oberstaatsanwaltschaft führt gegen X.________, Y.________ und
weitere Personen ein Strafverfahren wegen Verbrechens gegen das Finanzsystem,
Geldwäscherei und organisierter Kriminalität. Ihnen wird vorgeworfen, sich an
einer kriminellen Organisation beteiligt zu haben, welche vom 1. Januar 2003
bis heute in Bulgarien, Deutschland, der Schweiz und Österreich
Finanztransaktionen und Geschäfte mit Immobilien durchgeführt habe. Dabei
hätten sie gewusst, dass die entsprechenden Finanzmittel aus einer
deliktischen Tätigkeit, unter anderem Drogenhandel, stammten.

Mit Rechtshilfeersuchen vom 17. April 2007, ergänzt am 14. Mai 2007, erbat
die bulgarische Oberstaatsanwaltschaft von den schweizerischen Behörden die
Herausgabe von Bankunterlagen und die Sperre sämtlicher Konten der genannten
Beschuldigten.

Mit Verfügung vom 7. Juni 2007 trat die Schweizerische Bundesanwaltschaft auf
das Ersuchen ein. Mit separater Editionsverfügung ordnete sie gleichentags
bei der Bank A.________ in Zürich die Herausgabe sämtlicher Unterlagen unter
anderem betreffend Konten, bei denen X.________ und Y.________ Inhaber,
Bevollmächtigte oder wirtschaftlich Berechtigte sind, an.

Mit Schreiben vom 3. Juli 2007 übermittelte die Bank A.________ unter anderem
Unterlagen betreffend die Konten Nr. ..., lautend auf die Firma V.________,
und Nr. ..., lautend auf die O.________ Ltd. Wirtschaftlich daran berechtigt
sind X.________ bzw. Y.________.

Am 29. August 2007 verfügte die Bundesanwaltschaft in Anwendung von Art. 18
des Bundesgesetzes vom 20. März 1981 über internationale Rechtshilfe in
Strafsachen (IRSG; SR 351.1) eine vorsorgliche Vermögensbeschlagnahme und
wies die Bank A.________ an, die mit Schreiben vom 3. Juli 2007 bekannt
gegebenen noch aktiven Konten und Schliessfächer sofort zu sperren.

Auf die von der Firma V.________ und der O.________ Ltd. gegen die
vorsorgliche Vermögensbeschlagnahme vom 29. August 2007 erhobenen Beschwerden
trat das Bundesstrafgericht (II. Beschwerdekammer) mit Entscheid vom 13.
Dezember 2007 nicht ein. Es befand, die Beschwerdeführerinnen hätten keinen
unmittelbaren und nicht wieder gutzumachenden Nachteil im Sinne von Art. 80e
Abs. 2 lit. a IRSG glaubhaft dargelegt.

B.
Die Firma V.________ und die O.________ Ltd. führen Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Antrag, der Entscheid des
Bundesstrafgerichtes sei aufzuheben und die Sache zur materiellen Beurteilung
an dieses zurückzuweisen.

C.
Das Bundesstrafgericht hat auf Gegenbemerkungen verzichtet.

Die Bundesanwaltschaft und das Bundesamt für Justiz haben sich vernehmen
lassen je mit dem Antrag, auf die Beschwerde sei nicht einzutreten. Sie
halten dafür, es sei kein besonders bedeutender Fall nach Art. 84 BGG
gegeben.

Die Firma V.________ und die O.________ Ltd. haben eine Replik eingereicht.

Erwägungen:

1.
Gemäss Art. 84 BGG ist gegen einen Entscheid auf dem Gebiet der
internationalen Rechtshilfe in Strafsachen die Beschwerde nur zulässig, wenn
er unter anderem eine Beschlagnahme betrifft und es sich um einen besonders
bedeutenden Fall handelt (Abs. 1). Ein besonders bedeutender Fall liegt
insbesondere vor, wenn Gründe für die Annahme bestehen, dass elementare
Verfahrensgrundsätze verletzt worden sind oder das Verfahren im Ausland
schwere Mängel aufweist (Abs. 2).

Der Begriff des schweren Mangels des ausländischen Verfahrens ist restriktiv
auszulegen (BGE 133 IV 271 E. 2.2.2 S. 274, mit Hinweis).

Die Voraussetzung des besonders bedeutenden Falles muss auch gegeben sein,
wenn es um einen Zwischenentscheid geht (BGE 133 IV 215 E. 1.2 S. 217, mit
Hinweis).

Art. 84 BGG bezweckt die starke Begrenzung des Zugangs zum Bundesgericht im
Bereich der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen (BGE 133 IV 131 E. 3
S. 132; 133 IV 132 E. 1.3 S. 134; 133 IV 271 E. 2.2.2 S. 274). Bei der
Beantwortung der Frage, ob ein besonders bedeutender Fall gegeben ist, steht
dem Bundesgericht ein weiter Ermessensspielraum zu (BGE 1C_205/2007 vom 18.
Dezember 2007 E. 1.3.1, mit Hinweis).

Gemäss Art. 42 Abs. 2 BGG ist in der Begründung der Rechtsschrift in
gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt.
Ist eine Beschwerde nur unter der Voraussetzung zulässig, dass ein besonders
bedeutender Fall nach Artikel 84 vorliegt, so ist auszuführen, warum diese
Voraussetzung erfüllt ist.

Erachtet das Bundesgericht eine Beschwerde auf dem Gebiet der internationalen
Rechtshilfe in Strafsachen als unzulässig, so fällt es gemäss Art. 107 Abs. 3
BGG den Nichteintretensentscheid innert 15 Tagen seit Abschluss eines
allfälligen Schriftenwechsels.

Nach Art. 109 BGG entscheidet die Abteilung in Dreierbesetzung über
Nichteintreten auf Beschwerden, bei denen kein besonders bedeutender Fall
vorliegt (Abs. 1). Der Entscheid wird summarisch begründet. Es kann ganz oder
teilweise auf den angefochtenen Entscheid verwiesen werden (Abs. 3).

2.
Im vorliegenden Fall geht es um eine Beschlagnahme und damit um ein
Sachgebiet, bei dem nach Art. 84 Abs. 1 BGG die Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten möglich ist. Entgegen der Auffassung
der Beschwerdeführerinnen ist jedoch kein besonders bedeutender Fall gegeben.

Die Beschwerdeführerinnen bringen vor, das Strafverfahren in Bulgarien sei
konstruiert und rechtsmissbräuchlich. Die bulgarischen Behörden schiebten die
Verfolgung von Drogenhandel, organisierter Kriminalität und Geldwäscherei
lediglich vor. In Wahrheit gehe es ihnen darum, die wirtschaftlichen
Verhältnisse von X.________ auszuforschen. Das Verfahren in Bulgarien leide
damit an einem schweren Mangel im Sinne von Art. 84 Abs. 2 BGG.

Wie die Bundesanwaltschaft und das Bundesamt in der Vernehmlassung zutreffend
darlegen, beschränken sich die Beschwerdeführerinnen in der Beschwerde auf
die Behauptung, das Verfahren in Bulgarien sei rechtsmissbräuchlich. Sie
bringen nichts vor, was geeignet wäre, ihre Behauptung zu stützen. Offenbar
aufgrund der Ausführungen in den Vernehmlassungen haben die
Beschwerdeführerinnen dem Bundesgericht mit der Replik einen Entscheid des
Appellationshofes von Sofia vom 13. November 2007 mitsamt englischer
Übersetzung eingereicht, mit dem sie die Rechtsmissbräuchlichkeit des
bulgarischen Verfahrens belegen wollen. Sowohl der Entscheid des
Appellationshofes als auch die Übersetzung liegen jedoch lediglich in Kopie
vor. Das in kyrillischer Schrift verfasste Originaldokument enthält zudem
nicht einmal eine Unterschrift. Die von den Beschwerdeführerinnen
eingereichten Unterlagen sind somit zum Beweis untauglich. Die
Rechtsmissbräuchlichkeit des bulgarischen Verfahrens ergäbe sich daraus im
Übrigen ohnehin nicht.

Wie sich dem Schreiben der bulgarischen Oberstaatsanwaltschaft vom 25.
September 2007 an die Bundesanwaltschaft entnehmen lässt, haben die
bulgarischen Behörden in der vorliegenden Sache unter anderem auch Spanien um
Rechtshilfe ersucht. Spanien hat diese teilweise gewährt. Danach soll
X.________ in Spanien einen falschen Ausweis benutzt haben (Beschwerdebeilage
6 S. 2). Dies stellt ein Indiz dafür dar, dass das Strafverfahren in
Bulgarien einen realen Hintergrund hat und nicht lediglich vorgeschoben ist.

Ein schwerer Mangel des ausländischen Verfahrens im Sinne von Art. 84 Abs. 2
BGG kann danach nicht angenommen werden; dies umso weniger, als dieser
Begriff - wie gesagt - nach der Rechtsprechung restriktiv auszulegen ist.

Auf die Beschwerde kann somit nicht eingetreten werden.

3.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens tragen die Beschwerdeführerinnen die Kosten
(Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Die Gerichtskosten von je Fr. 500.--, insgesamt Fr. 1'000.--, werden den
Beschwerdeführerinnen unter solidarischer Haftbarkeit auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführerinnen, der Schweizerischen
Bundesanwaltschaft, dem Bundesstrafgericht, II. Beschwerdekammer, und dem
Bundesamt für Justiz, Abteilung internationale Rechtshilfe, Sektion
Rechtshilfe, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 11. Februar 2008

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Féraud Härri