Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.242/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
1C_242/2008 /nip

Urteil vom 7. November 2008
I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Féraud, Präsident,
Bundesrichter Aemisegger, Fonjallaz,
Gerichtsschreiberin Gerber.

Parteien
Swisscom (Schweiz) AG, Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Thomas Wipf,

gegen

1. X.________ ,
2. Y.________,
3. Z.________,
Beschwerdegegner, alle vertreten durch Rechtsanwalt Christof Wyss,
Gemeinderat Stäfa, Gemeindeverwaltung, Goethestrasse 16, Postfach 535, 8712
Stäfa,
Baudirektion des Kantons Zürich, Walcheplatz 2, Postfach, 8090 Zürich.

Gegenstand
Baubewilligung,

Beschwerde gegen den Entscheid vom 13. März 2008 des Verwaltungsgerichts des
Kantons Zürich,
3. Abteilung, 3. Kammer.
Sachverhalt:

A.
Die Swisscom (Schweiz) AG (im Folgenden: Swisscom) plant auf dem Grundstück
Kat.-Nr. 8168 an der Sternhaldenstrasse in Stäfa die Erstellung einer
Mobilfunkanlage. Dieses Grundstück liegt in der Freihaltezone und ist mit
Bahnanlagen überbaut. Die Antenne der geplanten Mobilfunkanlage soll auf einem
bestehenden Fahrleitungsmast angebracht werden.

Mit Beschluss vom 14. Februar 2006 erteilte der Gemeinderat Stäfa der Swisscom
die baurechtliche Bewilligung für das geplante Vorhaben, nachdem die
Baudirektion des Kantons Zürich am 11. Januar 2006 bereits eine
Ausnahmebewilligung verfügt hatte.

B.
Gegen diese Beschlüsse erhoben X.________ , Y.________ sowie Z.________ Rekurs
bei der Baurekurskommission II des Kantons Zürich und, nach Abweisung ihres
Rekurses, Beschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons Zürich.

Das Verwaltungsgericht hiess die Beschwerde am 13. März 2008 teilweise gut. Es
ging davon aus, es handle sich um eine vollständig innerhalb des
Siedlungsgebiets liegende Freihaltezone, auf die kantonales Recht Anwendung
finde. Zuständig für die Erteilung der Ausnahmebewilligung sei deshalb nicht
die Baudirektion, sondern die örtliche Bewilligungsbehörde. Es hob deshalb die
angefochtenen Entscheide auf und wies die Sache zu neuer Beurteilung an den
Gemeinderat Stäfa zurück.

C.
Dagegen hat die Swisscom am 21. Mai 2008 Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten an das Bundesgericht erhoben. Sie beantragt, der angefochtene
Entscheid sei aufzuheben und es sei ihr die Bewilligung für das
streitbetroffene Bauvorhaben zu erteilen; eventualiter sei die Sache an das
Verwaltungsgericht zurückzuweisen, damit dieses materiell über das Bauvorhaben
entscheide.

D.
Das Verwaltungsgericht beantragt Abweisung der Beschwerde, soweit darauf
einzutreten sei. Die Beschwerdegegner schliessen auf Abweisung der Beschwerde;
eventualiter sei die Angelegenheit zur Neubeurteilung im Sinne der Erwägungen
an das Verwaltungsgericht zurückzuweisen. Die Baudirektion hat auf eine
Vernehmlassung verzichtet. Auch die Gemeinde Stäfa hat sich nicht vernehmen
lassen.

In Replik und Duplik halten die Parteien an ihren Anträgen fest.

E.
Mit Verfügung vom 19. Juni 2008 wurde das Gesuch der Beschwerdeführerin um
Gewährung der aufschiebenden Wirkung abgewiesen.

Erwägungen:

1.
Der angefochtene Entscheid des Verwaltungsgerichts schliesst das Verfahren
nicht ab, sondern weist die Sache zu neuem Entscheid an den Gemeinderat Stäfa
zurück. Es handelt sich somit um einen Zwischenentscheid.

Das Verwaltungsgericht hob die angefochtenen Beschlüsse auf, weil Art. 24 RPG
keine (unmittelbare) Anwendung finde, sondern eine kantonalrechtliche
Ausnahmebewilligung erforderlich sei, zu deren Erteilung nicht die
Baudirektion, sondern die örtliche Baubehörde, d.h. der Gemeinderat Stäfa,
zuständig sei. Damit hat es einen Entscheid über die sachliche Zuständigkeit
i.S.v. Art. 92 Abs. 1 BGG getroffen, der unmittelbar mit Beschwerde vor
Bundesgericht angefochten werden kann (vgl. BGE 133 III 645 E. 2.1 S. 647;
Urteil 1C_228/2008 vom 13. August 2008 E. 1.2).
Da alle übrigen Sachurteilsvoraussetzungen vorliegen, ist auf die Beschwerde
einzutreten.

2.
Das Baugrundstück befindet sich gemäss Bau- und Zonenordnung der Gemeinde Stäfa
vom 14. März 1994 (BZO) in einer Freihaltezone, die im Wesentlichen den
nordöstlich gelegenen Rebhang umfasst. Dieser wurde im Inventar der Natur- und
Landschaftsschutzobjekte sowie der schützenswerten Ortsbilder von
überkommunaler Bedeutung vom 4. Januar 1980 (Inventar) als
"Landschaftsschutzobjekt heckenreiche Hänge" aufgenommen.

2.1 Das Verwaltungsgericht hielt fest, dass Freihaltezonen keine Bauzonen
seien, weshalb für nicht zonenkonforme Bauten und Anlagen grundsätzlich eine
Ausnahmebewilligung nach Art. 24 RPG notwendig sei. Eine Ausnahme gelte jedoch
für sog. "innen liegende Freihaltezonen", die sich vollständig innerhalb des
nutzungsplanerisch ausgeschiedenen Baugebiets befinden. In solchen Gebieten sei
das kantonale Recht anwendbar. Die Freihaltezone, in der das Baugrundstück
liege, sei grösstenteils von Wohnzonen umgeben. Ihr Zweck bestehe nicht in der
Trennung von Bau- und Nichtbaugebiet, sondern im Schutz des Rebhangs, der
gemäss Inventar möglichst erhalten bleiben solle. Es handle sich somit um eine
"innen liegende" Freihaltezone, auf die Art. 24 RPG nicht (direkt) anwendbar
sei.

§ 40 Abs. 1 Satz 2 des Zürcher Planungs- und Baugesetzes vom 7. September 1975
(PBG) verweise zwar für zonenfremde Bauten und Anlagen in Freihaltezonen
ausdrücklich auf Art. 24 RPG; diese Bestimmung komme jedoch kraft Verweisung
des kantonalen Rechts, d.h. als kantonales Recht, zur Anwendung. Von
Bundesrechts wegen bestehe deshalb kein Grund, eine kantonale
Bewilligungsinstanz einzuschalten (Art. 25 Abs. 2 RPG). Auch der Titel von
Ziff. 1.2 des Anhangs zur Bauverfahrensverordnung (BVV) vom 3. Dezember 1997
("ausserhalb der Bauzonen") beziehe sich ausschliesslich auf jene Bereiche, in
denen Art. 24 RPG direkt anwendbar sei.

Somit bleibe es für die Erteilung der Ausnahmebewilligung bei der Zuständigkeit
der örtlichen Bewilligungsbehörde (§ 318 PBG), d.h. des Gemeinderats Stäfa.
Dieser habe bisher die Voraussetzungen von Art. 24 RPG nicht geprüft, sondern
habe in der baurechtlichen Bewilligung "bezüglich der Lage in der
Freihaltezone" auf die Ausnahmebewilligung der Baudirektion verwiesen. Das
Verwaltungsgericht hob die angefochtene Verfügung daher auf und wies die Sache
zu neuem Entscheid an den Gemeinderat Stäfa zurück.

2.2 Die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur Anwendbarkeit kantonalen
Rechts entsprechen der bundesgerichtlichen Rechtsprechung (vgl. BGE 116 Ib 377
E. 2a S. 378 f.) und werden auch von den Parteien nicht beanstandet.

Die Beschwerdeführerin macht jedoch geltend, das Verwaltungsgericht habe
übersehen, dass die Baudirektion nach Ziff. 1.4.1.3 Anh. BVV i.Vm. § 7 Abs. 1
BVV und § 319 Abs. 2 PBG zum Entscheid zuständig sei, weil der Projektstandort
als Landschaftsschutzobjekt von überkommunaler Bedeutung inventarisiert sei.
Diese Festsetzung sei durch die Baudirektion erfolgt. Die Beschwerdeführerin
ist der Auffassung, die Baudirektion müsse deshalb die in Art. 24 RPG
vorgeschriebene umfassende Interessenabwägung vornehmen. Hierzu sei sie
aufgrund ihrer fachkompetenten Amtsstellen (ARV, AWEL, etc.) auch besser
geeignet als die örtliche Baubehörde. Der Gemeinde verbleibe bloss noch eine
Restkompetenz, insbesondere hinsichtlich Farbgebung und Materialisierung, von
der sie in der Baubewilligung vom 14. Februar 2006 bereits Gebrauch gemacht
habe.
Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, wonach ausschliesslich die örtliche
Bewilligungsbehörde zum Entscheid über die Erteilung einer Ausnahmebewilligung
zuständig sei, sei offenkundig unzutreffend. Sie verletze das
verfassungsrechtliche Legalitätsprinzip (Art 5 Abs. 1 bzw. Art. 36 Abs. 1 BV),
das Gleichbehandlungsgebot (Art. 8 Abs. 1 BV) und das Willkürverbot (Art. 9 BV)
sowie die Koordinationspflicht gemäss Art. 25a RPG. Materiell könne die
Rückweisung zu keinem anderen Ergebnis führen, nachdem die erstinstanzlichen
Bewilligungsbehörden bereits kompetenzgemäss eine umfassende und koordinierte
Gesamtwürdigung i.S.v. Art. 24 und Art. 25a RPG vorgenommen hätten. Die
Rückweisung sei daher ein verfahrensrechtlicher Leerlauf.

2.3 Das Verwaltungsgericht räumt in seiner Vernehmlassung ein, dass die
Baudirektion hinsichtlich des Landschaftsschutzes eine gesonderte Verfügung
treffen müsse. Diese könne jedoch die Beurteilung der örtlichen
Bewilligungsbehörde nach § 40 Abs. 1 Satz 2 PBG i.V.m. Art. 24 RPG nicht
ersetzen, sondern trete zur baurechtlichen Bewilligung hinzu (§ 7 Abs. 1 BVV).
Die materielle und formelle Koordination beider Verfügungen obliege der
örtlichen Baubehörde (§ 9 Abs. 1 lit. a BVV). Diese werde die Beurteilung der
Baudirektion mit Bezug auf den Landschaftsschutz bei ihrer eigenen Beurteilung
mitberücksichtigen müssen. Die Beschwerdevorbringen vermöchten daher den
angefochtenen Rückweisungsentscheid nicht in Frage zu stellen.

Dies gelte umso mehr, als sich die Vorinstanzen bisher mit der besonderen
Stellung der Mobilfunkanlage in der Umgebung des inventarisierten
Landschafsschutzobjekts nicht auseinander gesetzt hätten. Die Baudirektion habe
ihre Zuständigkeit auf Art. 25 Abs. 2 RPG und Ziff. 1.2.2 Anh. BVV gestützt und
den geschützten Rebhang bei der Prüfung der landschaftlichen Einordnung nicht
berücksichtigt; die Baurekurskommission habe in ihrem Entscheid (E. 16.2)
ausgeführt, in der unmittelbaren Umgebung der geplanten Anlage seien keine
Objekte des Landschaftsschutzes zu finden, weshalb das Streitobjekt
ausschliesslich an § 238 Abs. 1 PBG zu messen sei, d.h. sich nur befriedigend
einzuordnen habe.

2.4 Die Beschwerdegegner sind der Auffassung, das Bauvorhaben liege knapp
ausserhalb des Inventargebiets. Im Übrigen statuiere Ziff. 1.4.1.3 Anh. BVV bei
Inventarobjekten lediglich eine Genehmigungskompetenz der Baudirektion. Diese
entscheide somit nicht selbst über die Erteilung der Ausnahmebewilligung,
sondern müsse nur den Entscheid der kommunalen Baubehörde genehmigen. Insofern
habe das Verwaltungsgericht die Sache zu Recht an den Gemeinderat Stäfa
zurückgewiesen.

3.
Den auf kantonales Recht gestützten Zuständigkeitsentscheid kann das
Bundesgericht nur unter dem Blickwinkel des Bundesrechts prüfen (Art. 95 lit. a
BGG). Dabei prüft es die Verletzung von Grundrechten nur insofern, als eine
solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106
Abs. 2 BGG).

Es ist nicht ersichtlich, inwiefern der angefochtene Entscheid das
verfassungsrechtliche Legalitätsprinzip oder das Gleichbehandlungsgebot
verletzen könnte; die nach Art. 25a RPG gebotene Koordination ist durch § 9 BVV
sichergestellt. Damit bleibt als Prüfungsmassstab nur das Willkürverbot (Art. 9
Abs. 1 BV).

Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, die örtliche Baubehörde sei für die
Erteilung der Ausnahmebewilligung zuständig, kann sich auf § 318 PBG stützen.
Die Beschwerdeführerin teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass Ziff.
1.2 Anh. BVV keine abweichende Zuständigkeitsordnung für "innen liegende
Freihaltezonen" enthält.

Zwar verweist die Beschwerdeführerin auf die kantonale Zuständigkeit nach Ziff.
1.4.1.3 Anh. BVV, aufgrund der Lage des Bauvorhabens in einem überkommunalen
Landschaftsschutzobjekt. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, wonach diese
Bewilligung zur Ausnahmebewilligung der Gemeinde hinzutritt und diese nicht
ersetzt, erscheint jedoch nicht willkürlich. Es ist auch nicht ersichtlich,
weshalb die Gemeinde bei ihrem Entscheid an die Interessenabwägung der
Baudirektion gebunden sein soll; jedenfalls ist die gegenteilige Sicht des
Verwaltungsgerichts nicht willkürlich.

Nachdem im erstinstanzlichen Bewilligungsverfahren die Baudirektion die
Ausnahmebewilligung erteilt und der Gemeinderat unstreitig keine eigene Prüfung
der Ausnahmebewilligungsvoraussetzungen vorgenommen hat, ist es nicht
willkürlich, die Sache zur Prüfung dieser Voraussetzungen an den Gemeinderat
zurückzuweisen.

4.
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde abzuweisen. Bei diesem Ausgang des
Verfahrens wird die Beschwerdeführerin kosten- und entschädigungspflichtig.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'500.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Die Beschwerdeführerin hat die privaten Beschwerdegegner für das
bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'500.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Gemeinderat Stäfa, der Baudirektion und
dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 3. Abteilung, 3. Kammer, schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 7. November 2008
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:

Féraud Gerber