Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.218/2008
Zurück zum Index I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2008
Retour à l'indice I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2008


Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
1C_218/2008

Urteil vom 13. Oktober 2008
I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Féraud, Präsident,
Bundesrichter Aeschlimann, Eusebio,
Gerichtsschreiberin Gerber.

Parteien
X.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Lars Dubach,

gegen

A.Y.________ und B.Y.________,
Beschwerdegegner,
vertreten durch Rechtsanwalt Urs Lütolf,
Gemeinderat Adligenswil,
Dorfstrasse, 6043 Adligenswil,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Bau- und Planungsrecht,

Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Luzern vom 11.
April 2008.

Sachverhalt:

A.
Im Februar 2007 reichten A.Y.________ und B.Y.________ ein Baugesuch für den
Neubau eines Einfamilienhauses mit Carport auf dem Grundstück Grundbuch-Nr.
1303 am Mühleweg in Adligenswil ein. Die Parzelle liegt in der Sonderbauzone
Kulturobjekte.

Dagegen erhob u.a. X.________ Einsprache. Gestützt auf eine vom Gemeinderat
beim Innerschweizer Heimatschutz eingeholte Stellungnahme reichten die
Gesuchsteller abgeänderte Pläne ein. X.________ hielt an seiner Einsprache
fest. Mit Entscheid vom 16. August 2007 bewilligte der Gemeinderat Adligenswil
den Neubau unter Bedingungen und Auflagen. Die Einsprache von X.________ wies
er ab.

B.
Gegen diesen Entscheid erhob X.________ Beschwerde an das Verwaltungsgericht
des Kantons Luzern. Dieses wies die Beschwerde am 11. April 2008 ab.

C.
Dagegen hat X.________ am 15. Mai 2008 Beschwerde ans Bundesgericht erhoben. Er
beantragt, der Entscheid des Verwaltungsgerichts und die Baubewilligung vom 16.
August 2007 seien aufzuheben.

D.
A.Y.________ und B.Y.________ (im Folgenden: die Beschwerdegegner) beantragen,
die Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Das
Verwaltungsgericht und der Gemeinderat Adligenswil schliessen auf
Beschwerdeabweisung.

In seiner Replik hält der Beschwerdeführer an seinen Anträgen fest.

E.
Mit Gesuch vom 21. Juli 2008 bat der Beschwerdeführer um Einsicht in einen bei
den verwaltungsgerichtlichen Akten liegenden Plan vom 23. Oktober 2007. Im
nachfolgenden Schriftenwechsel vom 1. September und 23. September 2008 stellen
die Parteien übereinstimmend fest, dass es sich hierbei um einen nach Erteilung
der Baubewilligung, im Hinblick auf Vergleichsverhandlungen, erstellten Plan
mit einem verkleinerten Carport handelt, der im angefochtenen Entscheid nicht
berücksichtigt wurde.

F.
Mit Verfügung vom 9. Juni 2008 wurde das Gesuch des Beschwerdeführers um
Gewährung der aufschiebenden Wirkung abgewiesen.

Erwägungen:

1.
1.1 Der angefochtene, kantonal letztinstanzliche Entscheid weist eine
Beschwerde gegen eine Baubewilligung ab; dagegen steht grundsätzlich die
Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten offen (Art. 82 ff. BGG).
Der Beschwerdeführer ist als Eigentümer des unmittelbar an das Baugrundstück
angrenzenden Grundstücks Nr. 47 durch das Bauvorhaben besonders berührt und hat
ein schutzwürdiges Interesse an der Aufhebung des angefochtenen Entscheids; er
ist somit zur Beschwerde legitimiert (Art. 89 Abs. 1 BGG). Vorbehältlich
ordnungsgemäss begründeter Rügen (Art. 106 Abs. 2 und Art. 42 Abs. 2 BGG) ist
daher auf die Beschwerde einzutreten.

1.2 Die Beschwerde kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 96 BGG
erhoben werden. Bezüglich der Überprüfung und Anwendung von kantonalem Recht
sind in Art. 95 BGG gewisse Teilbereiche aufgeführt, so kantonale
verfassungsmässige Rechte (lit. c), kantonale Bestimmungen über die politische
Stimmberechtigung sowie über Volkswahlen und -abstimmungen (lit. d) und
interkantonales Recht (lit. e). Ausserhalb des Anwendungsbereichs von Art. 95
lit. c bis lit. e BGG bleibt die Kognition des Bundesgerichts bezüglich des
kantonalen und kommunalen Rechts unter dem Bundesgerichtsgesetz im Vergleich
zum früheren Recht unverändert. Diesbezüglich bildet die Verletzung kantonaler
bzw. kommunaler Bestimmungen nur dann einen zulässigen Beschwerdegrund, wenn
eine derartige Rechtsverletzung einen Verstoss gegen Bundesrecht im Sinne von
Art. 95 lit. a BGG - so das Raumplanungs- und Umweltschutzrecht des Bundes
usw., ferner auf Verfassungsstufe beispielsweise das Willkürverbot (Art. 9 BV)
- oder gegen Völkerrecht im Sinne von Art. 95 lit. b BGG zur Folge hat (vgl.
die Botschaft vom 28. Februar 2001 zur Totalrevision der Bundesrechtspflege,
BBl 2001 S. 4202 ff., 4335).

2.
Der Beschwerdeführer rügt in erster Linie, das Baugesuch sei mangelhaft und
entspreche nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil kein Plan der Südfassade
des Bauvorhabens vorliege. Dies widerspreche § 62 Abs. 1 lit. b der Luzerner
Planungs- und Bauverordnung vom 27. November 2001 (PBV/LU), wonach dem
Baugesuch ein Fassadenplan beizulegen sei, aus welchem Erdgeschoss-, Fassaden-,
Gebäude- und Firsthöhe zu entnehmen seien. Mangels eines solchen Plans sei es
nicht möglich, den notwendigen Sachverhalt festzustellen, die Einhaltung der
Grenzabstände zu überprüfen und die Einordnung der Baute ins Ortsbild zu
beurteilen. Schon aus diesem Grund hätte die Baubewilligung aufgehoben werden
müssen.

2.1 Das Verwaltungsgericht hielt fest, dass Fassadenpläne vorlägen. Dem
Beschwerdeführer sei allerdings insofern Recht zu geben, als der Fassadenplan
der Südfassade das gewachsene Terrain nicht entlang der Fassade des Carports,
sondern entlang der Hauptfassade des Wohnhauses zeige. Der Terrainverlauf lasse
sich jedoch interpretationsweise auch im Bereich der Carportfassade
feststellen. Das Verwaltungsgericht hielt es daher nicht für erforderlich, die
Sache zur Verbesserung der Baugesuchsunterlagen an die Vorinstanz
zurückzuweisen.

2.2 In den vom Gemeinderat am 16. August 2007 bewilligten Bauunterlagen
befindet sich tatsächlich ein Plan der Südfassade des Bauvorhabens
einschliesslich Carport (Plan Nr. 2430-05). Die Rüge des Beschwerdeführers,
wonach ein solcher Plan fehle, ist somit aktenwidrig.

Unvollständig ist der Plan nur insoweit, als er nicht die Höhe des gewachsenen
Terrains entlang der Südfassade des Carports enthält. Diese Angabe spielt nur
eine Rolle, soweit das massgebliche Bau- und Planungsrecht auf die Höhe der
Fassade ab gewachsenem Terrain abstellt.

Soweit sich diese Höhe interpretationsweise aus dem Plan entnehmen lässt (wovon
das Verwaltungsgericht ausging), oder für die Beurteilung des Baugesuchs
unerheblich ist (wie die Beschwerdegegner und die Gemeinde meinen), durfte das
Verwaltungsgericht willkürfrei davon absehen, die Baubewilligung allein wegen
der fehlenden Angabe im Plan aufzuheben: Die nach § 62 Abs. 1 lit. b PBV/LU
vorgeschriebenen Pläne sollen es den Behörden und Nachbarn ermöglichen, die
Baurechtskonformität des Vorhabens zu überprüfen. Ist diese Prüfung aufgrund
der eingereichten Pläne - trotz allfälliger Mängel - möglich, so wäre es
unverhältnismässig, die Baubewilligung nur aus diesem Grund aufzuheben.

3.
Das Verwaltungsgericht ging davon aus, die Höhe des Carports ab gewachsenem
Terrain betrage in der südwestlichen Ecke maximal 5 m und in der südöstlichen
Ecke maximal 4 m. Damit stehe fest, dass sich bezüglich des Grenzabstandes kein
Problem ergebe. Dieser betrage gemäss Situationsplan zwischen 4 und 6 m. Der
Grenzabstand gemäss § 122 des Luzerner Planungs- und Baugesetzes vom 7. März
1989 (PBG/LU) sei somit in jedem Fall eingehalten.

3.1 Der Beschwerdeführer ist der Auffassung, die Höhe des Carports lasse sich
auch interpretationsweise nicht feststellen. Der gewachsene Boden sei äusserst
uneben und weise teilweise innerhalb eines Meters Erhöhungen und Senkungen von
über 100 cm auf. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts könne deshalb
der gewachsene Boden im Bereich des Carports auch nicht ansatzweise aus den
Angaben zum gewachsenen Terrain an der Südfassade des Hauptgebäudes abgeleitet
werden. Der Beschwerdeführer ist der Auffassung, die Südfassade des Carports
weise teilweise eine Höhe von über sechs Metern auf, weshalb der Grenzabstand
nicht eingehalten sei.

3.2 Es ist fraglich, ob diese Ausführungen den Begründungsanforderungen von
Art. 106 Abs. 2 BGG genügen. Die Frage kann jedoch offen bleiben, weil weder
dargelegt wird noch ersichtlich ist, inwieweit die angeblich unrichtige
Sachverhaltsfeststellung des Verwaltungsgerichts für den Ausgang des Verfahrens
entscheidend sein könnte (Art. 97 Abs. 1 BGG).

Gemäss § 122 PBG/LU beträgt der ordentliche Grenzabstand die Hälfte der
Fassadenhöhe, mindestens jedoch 4 m bei Massivbauten und 6 m bei Weichbauten
(Abs. 1). Die Höhe der Fassaden ist in ihrer Mitte ab gewachsenem oder tiefer
gelegtem Terrain bis zum Schnittpunkt der Fassade mit der Dachoberfläche zu
messen, wobei grössere Unebenheiten im Terrain auszumitteln sind (Abs. 4). In
den ein- und zweigeschossigen Wohnzonen beträgt der Grenzabstand für Massiv-
und Weichbauten 4 m (Abs. 2). In Kern-, Dorf- und Arbeitszonen, in Gebieten mit
geschlossener Bauweise und zur Erhaltung architektonisch und historisch
wertvoller Ortsteile können im Bau- und Zonenreglement oder in einem
Bebauungsplan kleinere Grenzabstände festgelegt werden (Abs. 6).
Gemäss § 18 Abs. 5 des Bau- und Zonenreglements der Gemeinde Adligenswil (BZR)
gelten für Neubauten in der Sonderbauzone Kulturobjekte die Gebäudemasse der
Wohnzone W2. Wird deshalb auf den ordentlichen Grenzabstand in zweigeschossigen
Wohnzonen abgestellt (§ 122 Abs. 2 PBG), wie dies die Gemeinde und die
Beschwerdegegner für richtig erachten, so beträgt dieser einheitlich 4 m, und
zwar unabhängig von der Fassadenhöhe.

Selbst wenn aber auf die allgemeine Regel in § 122 Abs. 1 PBG abgestellt würde,
betrüge der Grenzabstand 4 m; ein höherer Abstand (halbe Fassadenlänge) wäre
erst bei einer Fassadenhöhe von über 8 m einzuhalten. Eine derartige Höhe
erreicht der Carport mit Sicherheit nicht, auch nicht nach Einschätzung des
Beschwerdeführers.

3.3 Soweit deshalb auf die Rüge des Beschwerdeführers überhaupt einzutreten
ist, ist diese nicht geeignet, den angefochtenen Entscheid als willkürlich
erscheinen zu lassen und dessen Aufhebung zu begründen.

4.
Schliesslich rügt der Beschwerdeführer, ihm seien zu Unrecht die gesamten
Verfahrenskosten auferlegt worden, obwohl er in einem Teilpunkt, hinsichtlich
der Parkplätze, Recht erhalten habe. Das Bauamt habe eingeräumt, dass die
Formulierung der Baubewilligung unklar sei und zu Auslegungsschwierigkeiten
führen könne, und habe deshalb den Bewilligungsentscheid in diesem Punkt neu
formuliert.

Wie das Verwaltungsgericht festgehalten hat (E. 5b S. 8 des angefochtenen
Entscheids), entspricht jedoch die neue Ziff. 3.5 des Bewilligungsentscheides
(2 Parkplätze) inhaltlich der ursprünglichen Auflage, in der ausdrücklich von 2
Pflichtabstellplätzen die Rede war. Mit der Neuformulierung der Auflage wurde
deshalb nur bekräftigt, was schon zuvor feststand.

Handelt es sich somit nicht um eine materielle Änderung der Bewilligung,
sondern nur um eine Verbesserung der Formulierung, hat der Beschwerdeführer
auch nicht teilweise obsiegt. Er macht auch nicht geltend, die ursprüngliche
Verfügung sei so unklar formuliert gewesen, dass er schon deshalb Anlass zur
Beschwerde gehabt habe.
Unter diesen Umständen war es keineswegs willkürlich, ihm die gesamten
Verfahrenskosten aufzuerlegen.

5.
Die Beschwerde ist somit abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem
Ausgang des Verfahrens wird der Beschwerdeführer kosten- und
entschädigungspflichtig (Art. 66 und 68 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Der Beschwerdeführer hat die privaten Beschwerdegegner für das
bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'500.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Gemeinderat Adligenswil und dem
Verwaltungsgericht des Kantons Luzern schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 13. Oktober 2008

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:

Féraud Gerber