Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.217/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 1/2}
1C_217/2008

Urteil vom 3. Dezember 2008
I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Féraud, Präsident,
Bundesrichter Aemisegger, Aeschlimann,
Reeb, Fonjallaz,
Gerichtsschreiber Steinmann.

Parteien
Rudolf Hausherr, Beschwerdeführer,

gegen

Christoph Neuhaus, Beschwerdegegner.

Gegenstand
Regierungsratsersatzwahl,

Beschwerde gegen den Entscheid vom 31. März 2008 des Grossen Rates des Kantons
Bern.
Sachverhalt:

A.
Der bernische Regierungsrat Werner Luginbühl wurde von den Stimmberechtigten
des Kantons Bern am 21. Oktober 2007 zum Ständerat gewählt. Der Regierungsrat
des Kantons Bern setzte daraufhin als Datum der Ersatzwahl für die Vakanz im
Regierungsrat den 24. Februar 2008 und für eine allfällige Stichwahl den 16.
März 2008 fest (RRB 1805/07 vom 31. Oktober 2007, Amtsblattpublikation vom 7.
November 2007). Mit Beschluss über die Durchführung der Regierungsratswahl vom
7. November 2007 setzte er das Vorgehen fest (RRB 1866/07, Amtsblattpublikation
vom 14. November 2007). Danach waren die Wahlvorschläge - unter Beachtung der
entsprechenden formellen Bedingungen - bis zum 27. Dezember 2007 einzureichen;
Wahlvorschläge dürfen nur einen einzigen Namen aufweisen.

B.
Innert dieser Frist ging einzig die Kandidatur von Christoph Neuhaus ein, wie
einer Medienmitteilung der Staatskanzlei vom 27. Dezember 2007 und der
Tagespresse vom 28. Dezember 2007 entnommen werden konnte (vgl. auch Mitteilung
der Staatskanzlei im Amtsblatt vom 16. Januar 2008, worin präzisiert wurde,
dass anlässlich des Wahlgangs die Stimme nur für die genannte Person abgegeben
werden könne).

Anlässlich der Wahl vom 24. Februar 2008 wurde Christoph Neuhaus als
Regierungsrat gewählt. Die Wahl weist folgendes Ergebnis auf (RRB 0333/08 vom
5. März 2008):
Gesamtzahl der eingelangten Wahlzettel 170'912
Davon ausser Betracht fallend: leer 48'235
ungültig 19'722
In Betracht fallende Wahlzettel 102'955
Zahl der gültigen Kandidatenstimmen 102'955
Absolutes Mehr 51'478
Stimmbeteiligung 24,36 %

Gewählt ist:
Christoph Neuhaus 102'955

C.
Rudolf Hausherr reichte am 27. Februar 2008 beim Grossen Rat des Kantons Bern
Wahlbeschwerde ein und beantragte, es sei die Wahl von Christoph Neuhaus vom
24. Februar 2008 als ungültig zu erklären, eventuell festzustellen, dass
Christoph Neuhaus das absolute Mehr nicht erreicht habe. Zur Begründung führte
er aus, dass sich die Regelung, wonach die Stimme nur gültig vorgeschlagenen
Kandidaten gegeben werden kann, weder in der Verfassung des Kantons Bern noch
im Gesetz über die politischen Rechte finde, sondern erst seit 2005 einzig im
Dekret über die politischen Rechte enthalten sei und damit auf ungenügender
gesetzlicher Grundlage beruhe. Bei der konkreten Konstellation, in der eine
einzige Stimme für die Wahl ausreichen würde, sei es den Wahlberechtigten
verwehrt gewesen, auf die Wahl tatsächlich Einfluss zu nehmen; somit könne
nicht von einer demokratischen Wahl gesprochen werden. Der angefochtene
Wahlgang könne nicht mit einer stillen Wahl verglichen werden, welche überdies
nur aufgrund eines formellen Gesetzes oder einer Verfassungsänderung eingeführt
werden könnte. Schliesslich seien für die Bestimmung des absoluten Mehrs nicht
nur die leeren und ungültigen Stimmen als gegen den einzigen Kandidaten
gerichtete Äusserungen zu berücksichtigen; vielmehr sei gesamthaft von der Zahl
von Stimmen auszugehen, wie sie sich bei den andern am gleichen Tag
traktandierten Abstimmungsgeschäften ergebe; damit werde berücksichtigt, dass
ein Teil der Wählenden mangels der Möglichkeit, auf das Wahlresultat
tatsächlich Einfluss zu nehmen, aus Protest überhaupt keinen Wahlzettel
einwarfen.

Der Grosse Rat wies die Beschwerde am 31. März 2008 ab und erwahrte die Wahl
von Christoph Neuhaus. Vorerst nahm er an, dass die allgemeinen
Eintretensvoraussetzungen gegeben seien und glaubhaft dargelegt worden sei,
dass sich der gerügte Mangel auf das Wahlergebnis hätte auswirken können. In
der Sache ging er davon aus, dass die Kantone - unter Beachtung der Garantie
von Art. 34 BV - in der Bestimmung des Wahlverfahrens von Regierungsräten frei
seien und das Bundesrecht weder eine Volkswahl noch ein bestimmtes
Wahlverfahren (Majorz- oder Proporzwahl) vorschreibe. Die Kantonsverfassung
sehe in allgemeiner Weise ein Mehrheitswahlverfahren vor; es seien keine
Hinweise ersichtlich, dass ein Wahlvorschlagsverfahren von Verfassung wegen
ausgeschlossen sei. Die Bundesverfassung schreibe nicht vor, dass zwischen
mehreren Kandidaten müsse ausgewählt werden können, und lasse stille Wahlen zu.
Anlässlich der umstrittenen Wahl hätten die Wahlberechtigten ihrer Stimme
Ausdruck geben können, indem sie dem Kandidaten die Stimme gaben, einen leeren
oder ungültigen Wahlzettel einwarfen oder auf die Teilnahme an der Wahl
verzichteten. Ferner sei auch nicht zu beanstanden, dass das
Wahlvorschlagsverfahren mit einer Änderung des Dekretes über die politischen
Rechte eingeführt worden sei, da es sich dabei um nichts Aussergewöhnliches
handle und eine formell-gesetzliche Grundlage nicht erforderlich sei; es gelte
zu beachten, dass die Anforderungen an die Anmeldung von Wahlvorschlägen
äusserst gering seien. Schliesslich hielt der Grosse Rat fest, dass Christoph
Neuhaus auch dann das absolute Mehr erreicht hätte, wenn die ungültigen
Wahlzettel miteinbezogen worden wären. Eine Berücksichtigung der leeren
Wahlzettel und gar der Nichtwählenden falle ausser Betracht.

D.
Gegen diesen Entscheid des Grossen Rates hat Rudolf Hausherr beim Bundesgericht
am 8. Mai 2008 Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten im Sinne
von Art. 82 lit. c BGG erhoben. Er beantragt die Aufhebung des
Grossratsentscheides und der Erwahrung des Wahlergebnisses durch den Grossen
Rat. Im Wesentlichen rügt er eine Verletzung von Art. 69 Abs. 4 der
Kantonsverfassung mit der Begründung, die vom Grossen Rat angewandte Regelung
sei lediglich im Dekret über die politischen Rechte vorgesehen, statt in einem
förmlichen Gesetz. Ferner erblickt er in der abgehaltenen Wahl, welcher kein
Sinn zugesprochen werden könne, eine Verletzung von Art. 34 BV.

Der Regierungsrat beantragt im Namen des Grossen Rates die Abweisung der
Beschwerde. Christoph Neuhaus als Beschwerdegegner hat sich nicht vernehmen
lassen.

Der Beschwerdeführer hält in seinen Replikeingaben an Antrag und Begründung
fest. Der Beschwerdegegner hat auf Stellungnahme zur Vernehmlassung des Grossen
Rates verzichtet.

Erwägungen:

1.
1.1 Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten im Sinne der
Stimmrechtsbeschwerde nach Art. 82 lit. c BGG ist zulässig. Sie richtet sich
gegen einen letztinstanzlichen Entscheid gemäss Art. 88 BGG. Der
Beschwerdeführer ist unbestrittenermassen im Kanton Bern stimmberechtigt und
nach Art. 89 Abs. 3 BGG zur Beschwerde legitimiert. Im Sinne von Art. 95 lit. a
und b BGG kann er Verletzungen der Bundesverfassung und der Kantonsverfassung
rügen.

1.2 Der Grosse Rat ist auf die Wahlbeschwerde des Beschwerdeführers
vorbehaltlos eingetreten. Er führte aus, der Beschwerdeführer habe die
Zählweise der leeren und ungültigen Wahlzettel und damit im Sinne von Art. 93
Abs. 2 des bernischen Gesetzes über die politischen Rechte (GPR, BSG 141.1) die
Ermittlung des Wahlergebnisses beanstandet, wovon er erst nach Bekanntwerden
der Resultate Kenntnis erhalten und insoweit die 3-Tage-Frist nach Art. 89 Abs.
2 GPR eingehalten habe.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts sind Mängel hinsichtlich von
Vorbereitungshandlungen im Vorfeld von Wahlen und Abstimmungen sofort und vor
Durchführung des Urnenganges zu rügen. Diese Praxis bezweckt, dass Mängel
möglichst noch vor der Wahl oder Abstimmung behoben werden können und der
Urnengang nicht wiederholt zu werden braucht. Unterlässt dies der
Stimmberechtigte, so verwirkt er im Grundsatz das Recht zur Anfechtung der Wahl
oder Abstimmung. Es wäre denn auch mit dem Grundsatz von Treu und Glauben nicht
vereinbar, wenn ein Mangel vorerst widerspruchslos hingenommen wird und
hinterher die Wahl oder Abstimmung, soweit deren Ergebnis nicht den Erwartungen
entspricht, wegen eben dieses Mangels angefochten würde (BGE 118 Ia 271 E. 1d
S. 274; 118 Ia 415 E. 2a S. 417; 110 Ia 176 E. 2a S. 178 ff.). Wird der
Urnengang während der Hängigkeit eines Anfechtungsverfahren durchgeführt, so
wird die gegen eine Vorbereitungshandlung gerichtete Beschwerde so verstanden,
dass sinngemäss auch der Antrag auf Aufhebung der Wahl oder Abstimmung selber
gestellt wird (BGE 105 Ia 149 E. 2 S. 150; 110 Ia 176 E. 2b S. 180; 113 Ia 46
E. 1c S. 50; 116 Ia 359 E. 2C S. 364; Urteil 1P.582/2005 vom 20. April 2006 E.
1.2, in: ZBl 108/2007 S. 275; Urteil 1P.223/2006 vom 12. September 2006 E. 1.1,
in: ZBl 108/2007 S. 332).

Diese Grundsätze gelten allein für das bundesgerichtliche Verfahren gemäss Art.
82 lit. c BGG bzw. dem früheren Art. 85 lit. a OG. Obgleich diese auch in
kantonalen Verfahren Geltung beanspruchen könnten (vgl. BGE 112 Ia 233, nicht
publiziert E. 1; Christoph Hiller, Die Stimmrechtsbeschwerde, Diss. Zürich
1990, S. 332 f.), hat es das Bundesgericht ausdrücklich abgelehnt, sie auf
solche zu übertragen (BGE 118 Ia 271 E. 1e S. 274; Urteil 1C_393/2007 vom 18.
Februar 2008 E. 2.1; Urteil 1P.298/2000 vom 31. August 2000 E. 2d, in: ZBl 102/
2001 S. 188; Urteil vom 4. September 1995 E. 2, in: ZBl 98/1997 S. 254; Urteil
vom 4. September 1991 E. 4b/bb, in: ZBl 93/1992 S. 312).

Gleichwohl ist im vorliegenden Fall schwer nachzuvollziehen, dass der
Beschwerdeführer die geltend gemachten Umstände - nämlich, dass der Wahlgang
vom 24. Februar 2008 in Anbetracht der einzigen angemeldeten Kandidatur von
Christoph Neuhaus und des im Dekret vorgesehenen Verfahrens zu keiner echten
Wahl führen würde - nicht schon Ende Dezember 2007 hätte erkennen und demnach
schon damals innert der 3-Tage-Frist nach Art. 89 Abs. 2 GPR eine entsprechende
Beschwerde hätte erheben können. Der Grosse Rat hat in einem Parallelverfahren
i.S. Daniel Kettiger festgehalten, die nach dem Wahlgang erhobene
Wahlbeschwerde sei verwirkt, nachdem dieser Ende Dezember 2007 beim
Regierungsrat Beschwerde erhoben und dessen Entscheid vom 15. Januar 2008 nicht
ans Bundesgericht weitergezogen hatte (vgl. Urteil 1C_208/2008 vom 3. Dezember
2008).

Wie es sich letztlich mit der Auslegung des kantonalen Rechts verhält, kann im
Lichte der genannten bundesgerichtlichen Rechtsprechung (BGE 118 Ia 271) offen
bleiben.

1.3 Demnach ist auf die Beschwerde einzutreten.

2.
Für die Beurteilung der vorliegenden Beschwerde ist davon auszugehen, dass eine
(Ersatz-)Wahl in den Regierungsrat in Frage steht, welche nach dem
Majorzwahlverfahren durchgeführt wird und für welche der ganze Kanton einen
einzigen Wahlkreis bildet (Art. 56 lit. b und Art. 85 Abs. 1 der Verfassung des
Kantons Bern [KV/BE, SR 131.212, BSG 101.1] und Art. 42 GPR).

2.1 Im Gegensatz zu Proporzwahlen, welche zur Bestimmung der Listen eine
vorgängige Anmeldung der Kandidaten erfordern (vgl. Art. 21 ff. BPR), können
Majorzwahlen ohne vorausgehendes Wahlanmeldeverfahren und ohne vorgängige
förmliche Meldung von Wahlvorschlägen durchgeführt werden. Dementsprechend ist
der Kreis der Kandidaten offen, und es können anlässlich des Wahlgangs in
gültiger Weise beliebige (wählbare) Personen (in der zulässigen Anzahl) auf dem
Wahlzettel vermerkt werden (vgl. Art. 47 Abs. 1 BPR; Alfred Kölz, Probleme des
kantonalen Wahlrechts, in: ZBl 88/1987 S. 50 f.; Pierre Tschannen, Stimmrecht
und politische Verständigung, 1995, S. 65; Bernhard Maag, Urnenwahl von
Behörden im Majorzsystem, Diss. Zürich 2004, S. 181). Aus praktischen Gründen
findet im Vorfeld des Wahlgangs gleichwohl eine nicht-förmliche Bekanntgabe von
Kandidaten von Seiten einzelner Parteien und Gruppierungen statt, um einen
Wahlkampf führen und die Kandidaten den Wahlberechtigten vorstellen zu können
(vgl. Kurt Nuspliger, in: Kälin/Bolz (Hrsg.), Handbuch des bernischen
Verfassungsrechts, 1995, S. 166). Der bernische Regierungsrat ist bis zur
Änderung des Dekretes über die politischen Rechte aus dem Jahre 2005 in dieser
Weise gewählt worden.

Demgegenüber kann die Gesetzgebung über die politischen Rechte vorsehen, dass
bei Majorzwahlen bis zu einem bestimmten Zeitpunkt vor dem Wahlgang
Wahlvorschläge förmlich eingereicht werden müssen. Ein solches
Wahlanmeldeverfahren bedeutet, dass anlässlich des Wahlgangs nur die
angemeldeten Kandidaten zur Wahl anstehen, keine andern Personen auf den
Wahlzettel gesetzt werden dürfen und dementsprechend Wahlzettel mit andern
Namen als die förmlich vorgeschlagenen ungültig sind. Im gleichen Sinne werden
in Proporzverfahren Namen behandelt, die auf keiner Liste des Wahlkreises
verzeichnet sind (vgl. für den im Proporz zu wählenden Nationalrat Art. 21 ff.
und Art. 37 Abs. 3 BPR; Maag, a.a.O., S. 176 f. und 181 f.). Ein solches
Verfahren bildet die Voraussetzung für die Möglichkeit stiller Wahlen und
oftmals den ersten Schritt für deren Einführung. Es bietet auch unabhängig
davon für sich selbst genommen gewisse Vorteile: So werden für die
Wahlberechtigten in einem hinreichend frühen Zeitpunkt Transparenz über die
sich zur Verfügung stellenden Kandidaten geschaffen und bei der Auszählung (von
nicht näher bekannten Namen) Unsicherheiten vermieden; zudem kann die
Gewissheit geschaffen werden, dass erfolgreiche Kandidaten die Wahl auch
tatsächlich annehmen würden (vgl. Pierre Tschannen, Stimmrecht und politische
Verständigung, a.a.O., S. 64).

Verschiedene Kantone kennen bei der Majorzwahl von Regierungsräten kein
entsprechendes Wahlanmeldeverfahren, andere schreiben ein solches vor. Dabei
variiert die Anzahl der Stimmberechtigten, welche einen Wahlvorschlag zu
unterzeichnen haben, zwischen 10 und 50 (vgl. Kölz, a.a.O., S. 51; Maag,
a.a.O., S. 177; siehe die Übersicht bei Georg Lutz/Dirk Strohmann, Wahl- und
Abstimmungsrecht in den Kantonen, 1998, S. 33 ff.). Soweit ersichtlich, ist das
Vorschlagsverfahren in den jeweiligen kantonalen Gesetzen über die politischen
Rechte umschrieben; es sind keine Anzeichen erkennbar, dass ein solches
Verfahren auf der Stufe der Kantonsverfassungen vorgeschrieben würde (vgl.
Kölz, a.a.O., S. 60 ff.; Urs Felder, Wahl aller Kantonsregierungen unter
besonderer Berücksichtigung des Wahlsystems, Diss. Zürich 1993, S. 82 f.).

2.2 Im Kanton Bern wurden die Regierungsratswahlen über lange Zeit ohne ein
Wahlanmeldeverfahren durchgeführt. Eine entsprechende Pflicht zur vorgängigen
Bezeichnung von Kandidaten wurde mit der Änderung des Dekretes über die
politischen Rechte (Dekret, DPR, BSG 141.11) vom 18. April 2005 eingeführt.
Dieses umschreibt in Art. 19a ff. das Anmeldeverfahren: Die Wahlvorschläge
müssen innert einer bestimmten Frist eingereicht und von 30 Stimmberechtigten
unterzeichnet werden; die Kandidaten müssen der Bewerbung schriftlich
zustimmen; Namen von Personen, die auf keinem Wahlvorschlag stehen, werden bei
der Auszählung gestrichen; bei der Ermittlung der Wahlergebnisse fallen die
leeren und ungültigen Wahlzettel ausser Betracht.

Der Beschwerdeführer macht geltend, die Einführung eines derartigen
Vorschlagsverfahrens bedürfe einer Grundlage im formellen Gesetz. Die Regelung
auf Dekretsstufe reiche nicht aus.

Dabei bezieht sich der Beschwerdeführer zu Recht nicht auf die
Bundesverfassung. Diese schreibt den Kantonen nach Art. 51 Abs. 1 BV keine
bestimmte Form der Wahl von Kantonsregierungen und insbesondere keine Volkswahl
vor (vgl. Alexander Ruch, in: St. Galler Kommentar zur Bundesverfassung, 2.
Aufl 2008, Art. 51 N. 8). Darüber hinaus gelten nach der bundesgerichtlichen
Rechtsprechung Parlamentserlasse, die nicht dem Referendum unterstehen
(Parlamentsverordnungen oder Dekrete) als gesetzliche Grundlage im Sinne von
Art. 36 Abs. 1 BV (vgl. BGE 128 I 327 E. 4.1 S. 337). Im Folgenden ist daher
vor dem Hintergrund des kantonalen Verfassungsrechts zu prüfen, ob das
Wahlanmeldeverfahren durch ein blosses Dekret eingeführt werden kann oder ob es
hierfür eines förmlichen, dem Referendum unterstehenden Gesetzes und der
Änderung des Gesetzes über die politischen Rechte bedarf.

2.3 Nach Art. 69 Abs. 4 KV/BE sind alle grundlegenden und wichtigen Rechtssätze
des kantonalen Rechts in der Form des - dem Referendum unterstehenden -
Gesetzes zu erlassen. Der kantonale Verfassungsgeber weist somit die
Rechtssetzung nach dem Kriterium der Wichtigkeit der Materie in die Form des
Gesetzes. Dementsprechend sind Delegationen an den Grossen Rat gemäss Art. 69
Abs. 1 KV/BE und Dekrete des Grossen Rates in Materien ausgeschlossen, welche
als "grundlegend und wichtig" im Sinne von Art. 69 Abs. 4 KV/BE gelten.

Es fällt nicht leicht, die in formellen Gesetzen zu regelnden grundlegenden und
wichtigen Materien von denjenigen Bereichen abzugrenzen, die in Dekreten des
Grossen Rates (und allfälligen Verordnungen des Regierungsrates) geordnet
werden dürfen. Im Einzelfall ist eine Gewichtung vorzunehmen, die sich an Art.
69 KV (und der Aufzählung in Abs. 4), an andern Verfassungsbestimmungen und an
der Gesetzgebung orientiert (vgl. Walter Kälin, in: Kälin/Bolz (Hrsg.),
Handbuch des bernischen Verfassungsrechts, 1995, S. 136 ff.; Urs Bolz, in:
Kälin/Bolz (Hrsg.), Handbuch des bernischen Verfassungsrechts, 1995, S. 433 ff.
zu Art. 69 KV/BE). Zudem können Überlegungen zu Art. 164 BV beigezogen werden,
welcher für die Stufe des Bundes eine analoge Regelung kennt (vgl. hierzu
Pierre Tschannen, in: St. Galler Kommentar zur Bundesverfassung, 2. Aufl. 2008,
Art. 164 N. 6 ff.; René Wiederkehr, Die Wesentlichkeitstheorie gemäss Art. 164
BV im Lichte der Verwaltungspraxis, in: recht 2007, S. 32 f.). In diesem Sinne
wird etwa abgestellt auf die Grösse des Adressatenkreises, die Anzahl der
einbezogenen Lebenssachverhalte, die politische Bedeutung oder die Diskussion
umstrittener Fragen (Kälin, a.a.O., S. 140 f.; Tschannen, a.a.O., Art. 164 N.
8).

Zu diesen grundlegenden und wichtigen Regelungsbereichen gehören namentlich
Bestimmungen über die Grundzüge der Rechtsstellung der Einzelnen (Art. 69 Abs.
4 lit. a KV/BE). Es zählt dazu etwa die Ermächtigung zur Beschränkung von
Grundrechten, die Regelung des Stimmrechts von Auslandschweizerinnen und
Auslandschweizern und der Ausschluss vom Stimmrecht wegen Unmündigkeit oder
Urteilsunfähigkeit gemäss Art. 55 Abs. 2 KV/BE (vgl. Kälin. a.a.O., S. 136 f.)
sowie Vorschriften, die für die politische Willensbildung von bestimmender
Bedeutung sind (Tschannen, a.a.O., Art. 164 N. 8).

2.4 Zu diesem für die formelle Gesetzgebung massgebenden Kriterium der
Wichtigkeit der Materie treten die Erfordernisse an die Delegation hinzu. Nach
Art. 69 Abs. 1 KV/BE können Befugnisse des Volkes an den Grossen Rat delegiert
werden, falls die Delegation auf ein bestimmtes Gebiet beschränkt ist und das
Gesetz selber den Rahmen der Delegation festlegt. Damit lässt der
Verfassungsgeber Delegationen an den Grossen Rat im Grundsatz zu, beschränkt
indes Umfang und Art und Weise. Ausgeschlossen sind Blankodelegationen, welche
die Zuständigkeiten des Volkes ausschliessen, und gänzlich unbestimmte
Delegationen, welche es den Stimmberechtigten verunmöglichen, die Tragweite der
Übertragung zu erkennen. Das Wesentliche und Grundlegende kann nicht delegiert
werden (Kälin, a.a.O., S. 141 f.; Bolz, a.a.O., S. 433 f. und 450; Tschannen,
a.a.O., Art. 164 N. 35 ff.).

In diesem Rahmen ist der Grosse Rat zum Erlass von Dekreten befugt. Diese haben
grundsätzlich rechtsetzenden Inhalt. Sie können gesetzesergänzender oder
gesetzesvertretender Natur sein. Sie können besonders wichtige
Vollzugsvorschriften enthalten, die dem Grossen Rat und nicht dem Regierungsrat
zugewiesen werden sollen. Schliesslich dürfen Dekrete auch neue Rechtssätze
enthalten, die der Ergänzung oder näheren Ausgestaltung der gesetzlichen
Ordnung dienen (Bolz, a.a.O., S. 450).

2.5 Die Grundzüge des Verfahrens über die Wahl des Regierungsrates sind in der
Kantonsverfassung und im Gesetz über die politischen Rechte enthalten. Diese
sehen die Volkswahl, das Majorzverfahren im ganzen Kantonsgebiet als einem
einzigen Wahlkreis, den Zeitpunkt von Gesamterneuerungswahlen, das Vorgehen bei
Ersatzwahlen und die Art der Auszählung vor (Art. 56 und 85 KV/BE sowie Art. 42
und 51 GPR). Damit wird das Wesentliche und Grundlegende über die
Regierungsratswahlen auf der Stufe von Verfassung und Gesetz geordnet.

Die Eigenart der politischen Rechte bringt es in Anbetracht einer Vielzahl von
beteiligten Akteuren im Allgemeinen mit sich, dass detaillierte Regelungen und
organisatorische Umsetzungen auf tieferer Regelungsstufe als der Verfassung und
dem Gesetz vorgenommen werden. In diesem Sinne sieht das Gesetz über die
politischen Rechte in verschiedener Hinsicht Delegationen an den Grossen Rat
bzw. an den Regierungsrat vor (vgl. Art. 24d, 27, 40f, 42, 45, 49, 67, 74 und
78 GPR). Im Zusammenhang mit der Wahl des Regierungsrates hält Art. 42 Abs. 2
GPR fest, dass diese nach den Vorschriften der Verfassung sowie den ergänzenden
Bestimmungen des Dekretes zu erfolgen habe. Das Gesetz enthält somit eine
ausdrückliche Delegation zugunsten des Grossen Rates, welche aus der
umfassenden Materie der politischen Rechte auf den engen Bereich der
Regierungsratswahl (sowie der Ständeratswahl) beschränkt ist und insoweit den
Erfordernissen von Art. 69 Abs. 1 KV/BE genügt. Inhaltlich enthält die
Delegation keine präzisierenden Hinweise und beschränkt sich auf die Erwähnung
"ergänzender Bestimmungen" zur Regierungsratswahl.

Damit stellen sich gleichermassen die Fragen, ob die Dekretsregelung als
wichtig und grundlegend einzustufen ist und ob die Einführung des
Wahlanmeldeverfahrens als ergänzende Bestimmungen zum Verfahren der
Regierungsratswahl verstanden werden kann.

2.6 Die Grundzüge des Wahlverfahrens für den Regierungsrat sind, wie dargetan,
in der Kantonsverfassung und im Gesetz festgelegt, welche die Grundlage für die
Regierungsratswahlen bilden. Dem Wahlanmeldeverfahren gemäss Art. 19a ff. DPR
kommt somit ergänzende Bedeutung zu. Am Majorzwahlsystem des Regierungsrates
wird nichts geändert. Allerdings führt das Wahlanmeldeverfahren zu einer
gewissen Einschränkung der Wahlfreiheit, indem anlässlich des Wahlgangs nicht
einer beliebigen (wählbaren) Person die Stimme gegeben werden kann. Die Wahl
ist auf die förmlichen Wahlvorschläge beschränkt. Diese Begrenzung bezieht sich
indes nur auf den Zeitpunkt des Wahlgangs. In der Phase der Wahlanmeldung
können beliebige (wählbare) Kandidaten vorgeschlagen werden. Die
Stimmberechtigten haben es in der Hand, einen Wahlvorschlag zu machen. Der
hierfür erforderliche Aufwand ist massvoll und stellt keine grosse Hürde dar.
Ein Wahlvorschlag für die Regierungsratswahl erfordert lediglich, dass er von
30 Stimmberechtigten unterzeichnet wird und dass das Einverständnis der
vorgeschlagenen Person eingeholt wird (Art. 19b Abs. 1 und Art. 19c Abs. 2
DPR). Notwendig ist zudem, dass anlässlich der Wahlanordnung auf diese
Bestimmungen hingewiesen wird (zum Ganzen BGE 112 Ia 233 E. 2e S. 239).

Vor diesem Hintergrund erweist es sich als vertretbar, dem
Wahlvorschlagsverfahren gemäss Art. 19a ff. DPR keine derartige Bedeutung
zuzumessen, dass im Hinblick auf Art. 69 Abs. 4 KV/BE eine Regelung auf
Gesetzesstufe unabdingbar wäre. Allerdings kann das Wahlanmeldeverfahren bei
Majorzwahlen, wie der Beschwerdeführer zutreffend ausführt, mitunter -
jedenfalls abstrakt gesehen - zu Wahlergebnissen führen, die unter dem
Gesichtswinkel von Art. 34 BV problematisch erscheinen. Insoweit weckt die
Regelung Bedenken. Der Dekretgeber hat an solche Auswirkungen (wohl) nicht
gedacht. Der Grosse Rat hat in der Zwischenzeit das Problem erkannt und
entsprechende parlamentarische Vorstösse überwiesen. Die Problematik beschlägt
jedoch nicht in erster Linie die Regelungsstufe, sondern die Wahlfreiheit im
Sinne von Art. 34 Abs. 2 BV. Unter diesem Aspekt ist die vorliegend zur
Diskussion stehende Wahl nachfolgend zu prüfen.

3.
Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung von Art. 34 BV und macht im
Wesentlichen geltend, dass dem Wahlgang, wie er am 24. Februar 2008
durchgeführt worden ist, kein Sinn zugesprochen werden könne. Angesichts des
Umstandes, dass gültige Stimmen ausschliesslich für Christoph Neuhaus abgegeben
werden konnten und dieser gar mit einer einzigen Stimme gewählt wäre, hätten
die Stimmberechtigten über keine eigentliche Wahlmöglichkeit verfügt und damit
ihren Willen nicht zuverlässig und unverfälscht zum Ausdruck bringen können.
Demgegenüber bringt der Grosse Rat vor, die Bundesverfassung schreibe keine
Auswahl zwischen mehreren Kandidaten vor und lasse auch stille Wahlen zu.
Darüber hinaus hätten die Stimmberechtigten ihrem Willen tatsächlich Ausdruck
geben können, wenn auch nur in beschränktem Umfang.

3.1 Vorerst gilt es der Argumentation des Grossen Rates nachzugehen, wonach im
vorliegenden Fall der Wahlgang mit beschränkter Wahlmöglichkeit vor der
Bundesverfassung standhalte, weil die Garantie der politischen Rechte gemäss
Art. 34 BV auch stille Wahlen zulasse.

Eine stille Wahl bedeutet, dass Kandidaten für ein Amt von einer Behörde in
einem Verwaltungsakt als gewählt erklärt werden, wenn in einem
Wahlanmeldeverfahren nicht mehr Kandidaten vorgeschlagen werden, als Sitze zu
verteilen sind (vgl. zur Verbreitung stiller Regierungsratswahlen Lutz/
Strohmann, a.a.O., S. 40 ff.). Stille Wahlen bedeuten eine Abkehr von der
eigentlichen Volkswahl, weil die Wahlberechtigten nicht in unmittelbarer Weise
an der Wahl mitwirken. Sie werden in der Doktrin unterschiedlich beurteilt. Zum
Teil werden stille Wahlen als verfassungsrechtlich problematisch und zumindest
für die Wahl von Parlamenten als unwürdig betrachtet. Im Verfassungsentwurf der
Kommission Furgler von 1977 wurde die stille Wahl des National- und Ständerates
gar ausgeschlossen. Zumindest wird gefordert, dass stille Wahlen von der
Verfassung vorgesehen und an bestimmte Voraussetzungen gebunden werden (vgl.
Hangartner/Kley, Die demokratischen Rechte in Bund und Kantonen der
Schweizerischen Eidgenossenschaft, 2000, N. 681, 1517, 1522, 1554 und 2562;
Maag, a.a.O., S. 165 f. und 181 f., mit Hinweisen). Im Allgemeinen werden
stille Wahlen aus Gründen der Praktikabilität allerdings toleriert, weil kein
Urnengang durchgeführt werden soll, wenn - aufgrund des Anmeldeverfahrens -
nicht mehr Kandidaten zur Verfügung stehen, als Sitze zu verteilen sind (vgl.
Tschannen, Stimmrecht und politische Verständigung, a.a.O., N. 110). Das
Bundesgericht geht von der Zulässigkeit stiller Wahlen aus, soweit die
Stimmberechtigten im Voraus in hinreichender Weise auf die Möglichkeit einer
solchen Wahl sowie auf die Notwendigkeit des fristgerechten Einreichens von
Wahlvorschlägen aufmerksam gemacht werden (BGE 112 Ia 233 E. 2e S. 239; Urteil
1P.421/1997 vom 15. Oktober 1997 E. 2b und 3a, in: ZBl 99/1998 S. 415; Urteil
1P.390/2005 vom 11. Oktober 2005 E. 2.2).

Die Problematik des Instituts von stillen Wahlen beschlägt nicht so sehr die
Wahlfreiheit der Stimmberechtigten im Sinne von Art. 34 Abs. 2 BV, als vielmehr
die demokratische Legitimierung entsprechender Wahlen. Stillen Wahlen wird
nicht dieselbe demokratische Legitimation beigemessen als eigentlichen
Volkswahlen. Wie es sich mit der Zulässigkeit stiller Wahlen im Allgemeinen und
der hierfür erforderlichen Normstufe im Speziellen verhält, braucht hier nicht
näher geprüft zu werden. Denn die vorliegend umstrittene Wahl kann nicht mit
einer stillen Wahl gleichgesetzt werden: Es hat tatsächlich ein Wahlgang
stattgefunden und Christoph Neuhaus ist nicht durch einen blossen
Verwaltungsakt als gewählt erklärt worden.

3.2 Es ist daher zu prüfen, ob die im vorliegenden Fall durchgeführte Wahl vor
der Wahl- und Abstimmungsfreiheit gemäss Art. 34 Abs. 2 BV standhält. Diese
Verfassungsgarantie gewährt den allgemeinen Anspruch, dass kein Wahl- oder
Abstimmungsergebnis anerkannt wird, das nicht den freien Willen der
Stimmberechtigten zuverlässig und unverfälscht zum Ausdruck bringt (BGE 131 I
126 E. 5 S. 131; 131 I 442 E. 3.1 S. 446, je mit Hinweisen).

Vor diesem Hintergrund ist die Rüge des Beschwerdeführers nachvollziehbar, dass
Art. 34 Abs. 2 BV verletzt sei, weil den Stimmberechtigten anlässlich des
Wahlgangs infolge des Wahlanmeldeverfahrens und der einzigen Kandidatur keine
echte Wahlmöglichkeit zur Verfügung gestanden habe, die Wahl gewissermassen zu
einem Plebiszit verkommen sei.

3.3 Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers kann nicht gesagt werden,
dass sich die Stimmberechtigten anlässlich des Wahlgangs überhaupt nicht hätten
äussern können. Sie haben - mit einer gegenüber den Abstimmungsgegenständen vom
gleichen Tag etwas reduzierten Stimmbeteiligung - tatsächlich am Wahlgang
teilgenommen. Sie hatten die Möglichkeit, dem einzig vorgeschlagenen Kandidaten
in gültiger Weise die Stimme zu geben oder aber in ungültiger Weise leer bzw.
mit einem andern Namen einzulegen. Es ist zu prüfen, welcher Wert solchen
Willensäusserungen zukommt.

Mit dem Einlegen von leeren bzw. mit einem andern Namen versehenen ungültigen
Wahlzetteln konnten sich die Stimmberechtigten gegen den einzigen Kandidaten
aussprechen. Das Abstimmungsresultat zeigt, dass die Stimmberechtigten davon
Gebrauch machten. Rund 70'000 Stimmberechtigte haben - bei rund 170'000
eingelegten Wahlzetteln - auf diese Weise gegen den einzigen Kandidaten votiert
oder zumindest nicht für diesen gestimmt. Ihre Willensäusserung kommt in den
publizierten Wahlergebnissen zum Ausdruck, weil Art. 24 Abs. 1 Satz 2 DPR
vorschreibt, dass auch die ungültigen und leeren Stimmen ausgewiesen werden.

Nun kann nicht übersehen werden, dass diese rund 70'000 Wahlstimmen technisch
gesehen ohne rechtlichen Wert sind, weil für die Auswertung und die Berechnung
des absoluten Mehrs die leeren bzw. mit einem andern Namen versehenen
ungültigen Wahlzettel gemäss Art. 24 Abs. 1 DPR ausser Betracht fallen.
Gleichwohl ist die Willensäusserung der rund 70'000 Wähler nicht ohne
Bedeutung. Diese Wähler haben zum Ausdruck gebracht, dass sie dem einzigen
Kandidaten nicht zustimmten. Darin ist eine eigentliche politische Kundgabe zu
erblicken, welcher unter dem Gesichtswinkel der mit einer Volkswahl verbundenen
demokratischen Legitimation tatsächlich ein Aussagewert zukommt. Die Resultate
zeigen, dass Christoph Neuhaus mit (nur) rund 100'000 Stimmen von insgesamt
rund 170'000 Wählerstimmen zum Regierungsrat gewählt worden ist. Daran ändert
nichts, dass das offizielle Wahlresultat gemäss der Berechnungsmethode nach
Art. 24 DPR die in Betracht fallenden Wahlzettel und die Zahl der gültigen
Kandidatenstimmen mit rund 100'000 und das absolute Mehr mit rund 50'000
ausweist, demnach Christoph Neuhaus als mit rund 100'000 Stimmen gewählt
erklärt.

Die Frage, ob diese in erster Linie politische Willensäusserung der rund 70'000
Wähler mit beschränkter rechtlicher Bedeutung vor der Wahlfreiheit nach Art. 34
Abs. 2 BV tatsächlich standhält, braucht im vorliegenden Fall angesichts der
tatsächlichen, nachfolgend zu prüfenden Verhältnisse nicht abschliessend
beurteilt zu werden.

3.4 Die vom Beschwerdeführer aufgeworfene Problematik steht in engem
Zusammenhang mit der Frage, in welcher Weise leere oder ungültige Wahlzettel
bei der Berechnung des absoluten Mehrs berücksichtigt werden.

Hierfür ist als erstes vom Entscheid BGE 108 Ia 243 auszugehen. Darin hat das
Bundesgericht zur Art der Berechnung des absoluten Mehrs und speziell zur Frage
der hierfür massgeblichen Grundlage Stellung genommen. Es ist davon
ausgegangen, dass in den Kantonen im Wesentlichen zwei Methoden üblich sind,
die sich durch die Art unterscheiden, wie den nur teilweise ausgefüllten oder
gänzlich leeren Wahlzetteln Rechnung getragen wird. Nach der einen wird auf die
Anzahl der (nicht gänzlich leeren) Wahlzettel abgestellt, nach der andern auf
die Anzahl der gültig ausgefüllten Linien (vgl. Kölz, a.a.O., S. 52 f.).
Letztere Lösung ist in Art. 24 DPR vorgesehen. Diese Methode ist vom
Bundesgericht als mit der Berner Kantonsverfassung vereinbar betrachtet worden.
Dieser allgemeine Methodenstreit ist für den vorliegenden Fall nicht von
Bedeutung, da anlässlich der umstrittenen Wahl nur ein einziger Sitz zu
vergeben war und sich somit die Problematik der teilweise leeren oder
ungültigen Wahlzettel nicht stellt. Hingegen führte das Bundesgericht in der
Begründung aus, dass das Ziel jeder Wahl darin bestehe, die freien Sitze nach
Möglichkeit im ersten Wahlgang zu besetzen. Die Absicht, im ersten Wahlgang mit
einer gewissen Anzahl von leeren Stimmen eine Pattsituation anzustreben, um
eine Stichwahl herbeizuführen, verdiene letztlich keinen Schutz (BGE 108 Ia 243
E. 3e S. 247; kritisch hierzu Kölz, a.a.O., S. 56 ff.; vgl. ferner Tschannen,
Stimmrecht und politische Verständigung, a.a.O., N 209b; Lutz/Strohmann,
a.a.O., S. 163 f., je mit Hinweisen). Diese Überlegung kann auch für den
vorliegenden Fall Gültigkeit beanspruchen.

Der Beschwerdeführer verweist zur Stützung seiner Auffassung in der Hauptsache
auf den Entscheid BGE 96 I 59. Hier stand die schriftliche Wahl eines von der
Schulpflege vorgeschlagenen, indessen umstrittenen Lehrers bei einer einzigen
Kandidatur anlässlich einer Gemeindeversammlung in Frage. Entgegen den
anwendbaren Bestimmungen, wonach auf dem Wahlzettel die Namen der Kandidaten zu
nennen sind, hat der Versammlungsleiter die Wahl mit Ja- und Nein-Stimmen
durchführen lassen. Das Bundesgericht hat dieses Vorgehen gebilligt, weil die
Stimmberechtigten als Wahlorgan die Möglichkeit haben müssten, einen vom
Vorschlag der Schulgemeinde abweichenden Entscheid zu treffen. Anders
vorzugehen hätte zur Konsequenz gehabt, dass eine einzige Stimme für die Wahl
ausgereicht hätte und den leeren und ungültigen Stimmen der zahlreichen Gegner
nur noch die Bedeutung einer wirkungslosen Kundgebung zugekommen wäre.

Dieser Entscheid weist insoweit eine gewisse Parallele zum vorliegenden Fall
auf, als ebenfalls nur eine einzige Kandidatur zur Auswahl stand. Die Zulassung
einer Ja-/Nein-Abstimmung bewirkte damals, dass die Nein-Stimmen volle
Gültigkeit erlangten und die gegnerische Stimmen nicht etwa wegen leerer oder
mit einem andern Namen versehener ungültiger Wahlzettel ohne rechtliche
Bedeutung blieben.

Der Beschwerdeführer überträgt diese Erwägungen auf die vorliegend umstrittene
Konstellation. Im vorliegenden Fall braucht auf den Entscheid BGE 96 I 59
indessen nicht näher eingegangen zu werden. Der Beschwerdeführer übersieht,
dass zwischen jenen und den vorliegend umstrittenen Gegebenheiten ein
entscheidwesentlicher Unterschied im Sachverhalt liegt. Im Falle von BGE 96 I
59 standen sich 149 Nein und 122 Ja gegenüber. Die gegen die Wahl des Lehrers
gerichteten Stimmen überwogen somit die zustimmenden und führten bei der
gewählten Wahl- und Auszählmethode zur Nicht-Wahl des Lehrers.

Anders verhält es sich hinsichtlich des Wahlgangs vom 24. Februar 2008. Hier
wurden rund 100'000 Stimmen für den einzigen Kandidaten abgegeben; dem standen
rund 70'000 Stimmen gegenüber, die wegen eines leeren Wahlzettels (rund 50'000
Stimmen) oder eines mit einem andern Namen versehenen und daher ungültigen
Wahlzettels (rund 20'000 Stimmen) nicht mitzählten. Würden diese rund 70'000
Stimmen als eigentliche Nein-Stimmen im Sinne von BGE 96 I 59 voll mitgezählt,
zeigte es sich, dass Christoph Neuhaus mit rund 100'000 Stimmen unter
Erreichens des absoluten Mehrs von rund 85'000 Stimmen gleichwohl als im ersten
Wahlgang gewählt zu betrachten wäre. Dessen Wahl wäre daher auch bei anderer,
vom Dekret abweichender Zählweise nicht zu beanstanden. Die vom
Beschwerdeführer erhobene Rüge erscheint daher als hypothetisch und nimmt
keinen Bezug auf die konkreten Verhältnisse. Es kann ihr, da das Bundesgericht
nur Entscheidungen aufhebt, die sich im Ergebnis als verfassungswidrig erweisen
(vgl. BGE 134 I 140 E. 5.4), kein Erfolg beschieden sein.

3.5 Bei dieser Sachlage erweist sich die Rüge der Verletzung von Art. 34 Abs. 2
BV als unbegründet.

4.
Demnach ist die Beschwerde abzuweisen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind
die bundesgerichtlichen Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs.
1 BGG; BGE 133 I 141).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Grossen Rat des Kantons Bern
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 3. Dezember 2008
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Féraud Steinmann