Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 1B.34/2008
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1B_34/2008

Urteil vom 28. Februar 2008

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Bundesrichter Féraud, Präsident,
Bundesrichter Aemisegger, Fonjallaz,
Gerichtsschreiberin Schoder.

X. ________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwältin Cinthia Sedo,

gegen

Bezirksamt Aarau, Laurenzenvorstadt 12,
5001 Aarau.

Haftentlassung,

Beschwerde gegen die Verfügung vom 11. Januar 2008 des Präsidiums der
Beschwerdekammer des Obergerichts des Kantons Aargau.
Sachverhalt:

A.
X. ________ war am 25. November 2007 in eine Schlägerei bei der Diskothek
A.________ in Aarau verwickelt. Er wurde an demselben Tag verhaftet und in
Untersuchungshaft versetzt. Das Bezirksamt Aarau eröffnete gegen ihn ein
Strafverfahren wegen Gewalt und Drohung gegen Beamte und wegen Raufhandel im
Zusammenhang mit der genannten Schlägerei vom 25. November 2007 sowie mit
einem Vorfall vom 13. Mai 2007 beim Begegnungszentrum B.________ in Aarau.
Die Verhaftung fand zwischen der zweiten Hauptverhandlung vor Bezirksgericht
Aarau und der Urteilsfällung in einem früheren Strafverfahren gegen
X.________ statt, wobei die Untersuchungshaft in keinem Zusammenhang mit dem
früheren Strafverfahren stand.

Am 15. Dezember 2007 stellte X.________ beim Gerichtspräsidium Aarau ein
Haftentlassungsgesuch. Mit Verfügung vom 19. Dezember 2007 wies die
Präsidentin II des Bezirksgerichts Aarau das Haftentlassungsgesuch ab.
X.________ beschwerte sich gegen diese Verfügung beim Obergericht des Kantons
Aargau. Die Beschwerdekammer in Strafsachen des Obergerichts hob die
Verfügung der Präsidentin II des Bezirksgerichts Aarau mit Entscheid vom 10.
Januar 2008 auf, trat auf die Beschwerde nicht ein und überwies die Eingabe
von X.________ zuständigkeitshalber dem Präsidenten der Beschwerdekammer.

Mit Vernehmlassung vom 7. Januar 2008 teilte das Bezirksamt Aarau dem
Präsidenten der Beschwerdekammer mit, dass X.________ aufgrund verschiedener
polizeilicher Befragungen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit
Haupttäter der Auseinandersetzung vom 13. Mai 2007 sei, bei welcher das Opfer
einen Schädelbruch erlitt. Das Bezirksamt machte darauf aufmerksam, dass
X.________ unter Alkoholeinfluss zu äusserst brutaler Gewalt neige.

Mit Verfügung vom 11. Januar 2008 wies der Präsident der Beschwerdekammer das
Haftentlassungsgesuch wegen Fortsetzungsgefahr ab.

B.
Mit Beschwerde in Strafsachen wegen Verletzung von Verfassungsrechten
beantragt X.________ die Aufhebung der Verfügung des Präsidenten der
Beschwerdekammer und seine sofortige Haftentlassung. Ferner ersucht er um
Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege im Verfahren vor Bundesgericht.

C.
Der Präsident der Beschwerdekammer beantragt Beschwerdeabweisung unter
Verweis auf die Begründung der angefochtenen Verfügung. Das Bezirksamt hat
auf Vernehmlassung verzichtet.

Erwägungen:

1.
1.1 Nach Art. 42 Abs. 2 BGG ist in der Begründung einer Beschwerde in
gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht
verletzt. Hinsichtlich der Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und
interkantonalem Recht gilt eine qualifizierte Rügepflicht. Das Bundesgericht
prüft eine solche Rüge nur insofern, als sie in der Beschwerde präzise
vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 133 II 249 E.
1.4.2 S. 254).

1.2 Gemäss § 67 des Gesetzes des Kantons Aargau vom 11. November 1958 über
die Strafrechtspflege (Strafprozessordnung, StPO/AG) darf gegen den
Beschuldigten ein Haftbefehl nur erlassen werden, wenn er einer mit
Freiheitsstrafe bedrohten Handlung dringend verdächtigt wird. Vorliegend
zeigt der Beschwerdeführer nicht rechtsgenüglich auf, weshalb der dringende
Tatverdacht bezüglich der ihm zur Last gelegten Vorfälle vom 13. Mai und 25.
November 2007 nicht gegeben sein soll. Seine pauschalen Ausführungen reichen
nicht aus, um die Verfassungswidrigkeit der angefochtenen Verfügung
aufzuzeigen. Mangels Erfüllung der Begründungsanforderungen ist auf die
Beschwerde in diesem Punkt nicht einzutreten (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG).

2.
2.1 Der Beschwerdeführer bestreitet das Vorliegen von Fortsetzungsgefahr und
rügt eine Verletzung der persönlichen Freiheit (Art. 10 Abs. 2 BV) und des
Willkürverbots (Art. 9 BV).

2.2 Gemäss § 67 Abs. 2 StPO/AG kann ein Haftbefehl aus
sicherheitspolizeilichen Gründen erlassen werden, wenn die Freiheit des
Beschuldigten mit Gefahr für andere verbunden ist, insbesondere, wenn eine
Fortsetzung der strafbaren Tätigkeit zu befürchten ist. Der Präsident der
Beschwerdekammer hat die Rechtsprechung des Bundesgerichts zur
Verhältnismässigkeit der Präventivhaft bei Fortsetzungsgefahr (sehr
ungünstige Rückfallprognose, zu befürchtende schwerwiegende Delikte) in E.
4.1 der angefochtenen Verfügung zutreffend dargestellt. Es wird darauf
verwiesen.

2.3 Der Präsident der Beschwerdekammer hat das Vorliegen von
Fortsetzungsgefahr mit folgender Begründung bejaht: Der Beschwerdeführer sei
einschlägig vorbestraft und habe sich während eines einschlägigen
Gerichtsverfahrens erneut verdächtig gemacht, an zwei gewalttätigen
Auseinandersetzungen massgeblich beteiligt gewesen zu sein. Während des
Vorfalls am 13. Mai 2007 habe eine angegriffene Person erhebliche
Verletzungen (Schädelbruch) erlitten. Bei der Auseinandersetzung vom 25.
November 2007 sei eine Person des Sicherheitsdienstes mit einer abgebrochenen
Flasche angegriffen worden. Der Beschwerdeführer konsumiere Drogen. In
sämtlichen Fällen stehe die an den Tag gelegte Aggressivität des
Beschwerdeführers mit schwerwiegendem Alkoholmissbrauch in Zusammenhang.

Diese Erwägungen sind einleuchtend. In Anbetracht der dem Beschwerdeführer
zur Last gelegten Gewaltdelikte, worunter mindestens eines von
schwerwiegender Natur sein könnte, und mit Blick auf die Alkohol- und
Aggressionsproblematik fällt die Rückfallprognose sehr ungünstig aus. Deshalb
sind die zu erwartenden Delikte als schwer zu betrachten.

Die Anordnung einer milderen Massnahme erscheint zur Zeit nicht geeignet, die
Fortsetzungsgefahr wirksam zu bannen. Bei dieser Sach- und Rechtslage ist
nicht ersichtlich, inwiefern die angeordnete Untersuchungshaft gegen das
Grundrecht der persönlichen Freiheit oder gegen das Willkürverbot verstösst.

3.
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten
ist. Wegen offensichtlicher Aussichtslosigkeit der gestellten Begehren ist
das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege im Verfahren vor Bundesgericht
ebenfalls abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG). Bei der gegebenen Sachlage
wird auf die Erhebung von Gerichtskosten aber verzichtet (Art. 66 Abs. 1
BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Bezirksamt Aarau und dem
Präsidium der Beschwerdekammer des Obergerichts des Kantons Aargau
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 28. Februar 2008

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:

Féraud Schoder