Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen U 64/2007
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U 64/07

Urteil vom 23. Januar 2008

I. sozialrechtliche Abteilung

Bundesrichterin Widmer, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichterin Leuzinger, Bundesrichter Frésard,
Gerichtsschreiberin Hofer.

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1,
6004 Luzern, Beschwerdeführerin,

gegen

E.________, 1975, Beschwerdegegner,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Bruno Häfliger, Schwanenplatz 7,
6004 Luzern.

Unfallversicherung,

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des
Kantons Nidwalden
vom 19. Juni 2006.

Sachverhalt:

A.
Der 1975 geborene E.________ erlitt am 29. März 2003 als Lenker eines
Lieferwagens einen Autounfall mit seitlich-frontaler Kollision, als ein
anderer Autolenker ihm den Vortritt verweigerte. Als Bezüger von
Taggeldleistungen der Arbeitslosenversicherung war er bei der Schweizerischen
Unfallversicherungsanstalt (SUVA) versichert, welche für die Heilbehandlung
aufkam. Bei der am Unfalltag im Spital X.________ ambulant durchgeführten
Untersuchung berichtete der Versicherte über etwas Schwindel, aber kaum
Schmerzen in der Halswirbelsäule (HWS). Die Ärzte stellten an der HWS einen
paravertebralen Hartspann mit leicht eingeschränkter Extension fest, bei
sonst in alle Richtungen normalen und schmerzfrei durchführbaren Bewegungen.
Sie diagnostizierten ein Distorsionstrauma der HWS. Unter Hinweis auf die
geringen Beschwerden und die unauffällige Beweglichkeit der HWS verzichteten
sie auf Röntgenaufnahmen. Eine Arbeitsunfähigkeit wurde nicht attestiert. Von
Mitte April bis Mitte Oktober 2003 absolvierte der Versicherte ein Praktikum
in einem Therapieheim für Suchtkranke, bevor er wieder arbeitslos wurde. Der
Hausarzt Dr. med. W.________ verordnete eine physiotherapeutisch/
osteopathische Behandlung. Zudem äusserte er den Verdacht auf
posttraumatische Belastungsstörung bei zusätzlicher psychischer Belastung und
ersuchte die SUVA mit Schreiben vom 22. Oktober 2003 um Kostengutsprache für
eine psychotherapeutische Behandlung. Diese veranlasste daraufhin eine
spezialärztliche Abklärung durch den Neurologen Dr. med. S.________, welcher
Röntgen-, CT- und MRI-Untersuchungen in die Wege leitete und gemäss Bericht
vom 7. Juli 2004 die Diagnosen Distorsionstrauma der HWS mit persistierenden
Nackenschmerzen, Dysfunktion der HWS, posttraumatische Belastungsstörung,
Verdacht auf Defizite der kognitiven Funktionen und inadäquate Verarbeitung
der Unfallfolgen stellte. Daraufhin holte die SUVA die biomechanische
Beurteilung vom 6. September 2004 ein und liess den Versicherten am
18. Oktober 2004 durch Kreisarzt-Stellvertreter Dr. med. M.________
untersuchen. Überdies zog sie den Bericht von Frau lic. phil. A.________,
Psychologin FSP, vom 9. Mai 2005 bei. Mit Verfügung vom 21. Juni 2005 stellte
sie die bisher erbrachten gesetzlichen Leistungen mit Wirkung ab 30. Juni
2005 ein, weil der adäquate Kausalzusammenhang der noch geklagten Beschwerden
zum versicherten Unfallereignis nicht gegeben sei. Da der Unfall die
Erwerbsfähigkeit nicht messbar beeinträchtigt habe und keine unfallbedingte
bleibende Schädigung der körperlichen oder geistigen Integrität resultiere,
verneinte sie auch einen Anspruch auf Invalidenrente und
Integritätsentschädigung. Daran hielt sie auf Einsprache hin mit
Einspracheentscheid vom 11. August 2005 fest.

B.
Die dagegen erhobene Beschwerde hiess das Verwaltungsgericht
(Versicherungsgericht) des Kantons Nidwalden mit Entscheid vom 19. Juni 2006
gut, hob den Einspracheentscheid auf und wies die Sache zur ergänzenden
Abklärung im Sinne der Erwägungen (Einholung eines neuropsychologischen
Gutachtens) und zur Neuverfügung an die SUVA zurück.

C.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt die SUVA Aufhebung des kantonalen
Entscheids.
Während E.________ auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliesst,
verzichtet das Bundesamt für Gesundheit auf eine Vernehmlassung.

Erwägungen:

1.
Das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005 (BGG; SR 173.110)
ist am 1. Januar 2007 in Kraft getreten (AS 2006 1205, 1243). Da der
angefochtene Entscheid vorher ergangen ist, richtet sich das Verfahren noch
nach OG (Art. 132 Abs. 1 BGG; BGE 132 V 393 E. 1.2 S. 395).

2.
Die Vorinstanz hat die Bestimmung über den Anspruch auf Leistungen der
obligatorischen Unfallversicherung (Art. 6 Abs. 1 UVG) und die Rechtsprechung
zu dem für die Leistungspflicht des Unfallversicherers vorausgesetzten
natürlichen Kausalzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und dem
anspruchsbegründenden Gesundheitsschaden (BGE 129 V 177 E. 3.1 S. 181; vgl.
auch BGE 129 V 402 E. 4.3 S. 406, 119 V 335 E. 1 S. 337, 118 V 286 E. 1b
S. 289, je mit Hinweisen) zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen.

3.
Streitig und zu prüfen ist zunächst, ob der medizinische Sachverhalt von der
SUVA rechtsgenüglich festgestellt worden ist, oder ob es einer zusätzlichen
neuropsychologischen Untersuchung bedarf, wovon Vorinstanz und
Beschwerdegegner ausgehen.

3.1 Das kantonale Gericht hat in diesem Zusammenhang erwogen, auch
neuropsychologische Defizite gehörten zum typischen Beschwerdebild nach einem
HWS-Schleudertrauma. Sowohl Dr. med. S.________ wie auch Dr. med. M.________
hätten entsprechende Funktionsstörungen nicht ausgeschlossen und
diesbezüglich ergänzende Abklärungen befürwortet, welche bisher gestützt auf
eine anderslautende Beurteilung von Frau lic. phil. A.________ von der SUVA
nicht veranlasst worden seien. Aufgrund der vom Versicherten erwähnten
kognitiven Störungen in Form von Konzentrationsschwäche, verminderter
Leistungsfähigkeit des Kurzzeitgedächtnisses und Angstzuständen sei jedoch
ein neuropsychologisches Gutachten einzuholen, bevor über die
Unfallkausalität befunden werden könne.

3.2 Die Beschwerde führende SUVA stellt sich demgegenüber auf den Standpunkt,
der Versicherte habe zwar im Frühjahr 2004 über neuropsychologische
Beschwerden geklagt, doch seien diese längst nicht mehr vorhanden. Überdies
habe nie eine Arbeitsunfähigkeit bestanden und auch die Heilbehandlung habe
abgeschlossen werden können. Es lägen keine Dauerbeeinträchtigungen vor, für
welche die Kausalitätsfrage zu prüfen wäre. Falls trotzdem von einem
typischen Beschwerdebild nach Schleudertrauma der HWS auszugehen sei, müsste
in jedem Fall die Adäquanz des Kausalzusammenhangs sowohl nach den Kriterien
gemäss BGE 115 V 133 wie auch nach der Praxis gemäss BGE 117 V 359 verneint
werden.

4.
Entgegen der Auffassung der Vorinstanz verletzte die Beschwerdeführerin die
Offizialmaxime (vgl. Art. 43 Abs. 1 ATSG in Verbindung mit Art. 1 UVG) nicht,
wenn sie von der beantragten Einholung eines neuropsychologischen Gutachtens
absah, denn zusätzliche medizinische Abklärungen drängten sich zum Zeitpunkt
des Einspracheentscheids nicht auf, nachdem den Akten keine Anhaltspunkte für
neuropsychologische Funktionsstörungen von erheblichem Gewicht zu entnehmen
waren. Im Rahmen der am 31. März und 8. April 2004 von Dr. med. S.________
durchgeführten neurologischen Untersuchungen gab der Versicherte an, seit den
beiden Unfällen (nicht bei der SUVA versicherter Snowboardunfall vom
25. Februar 2002 und versicherter Autounfall vom 29. März 2003) hätten sich
Defizite der kognitiven Funktionen bemerkbar gemacht, wobei insbesondere das
Kurzzeitgedächtnis und das Konzentrationsvermögen beeinträchtigt seien. Der
Neurologe vermerkte dazu, dass bei Persistenz der intellektuellen
Minderleistungen eine umfassende neuropsychologische Untersuchung
durchgeführt werden sollte. Frau lic. phil. A.________, bei welcher der
Beschwerdegegner seit Mitte Oktober 2004 in psychotherapeutischer Behandlung
stand, führte im Bericht vom 9. Mai 2005 aus, der Versicherte habe zwar zu
Beginn der Therapie über eine verminderte Konzentrationsfähigkeit geklagt,
welche in den Therapiestunden jedoch nicht habe beobachtet werden können. Im
Herbst 2004 habe er eine Ausbildung zum Sozialpädagogen begonnen, die neue
Anforderungen intellektueller Art an ihn gestellt und ihn unter
Leistungsdruck gebracht habe. Er habe sich aber gut an die Situation gewöhnt
und seither nie mehr Konzentrationsschwierigkeiten geäussert. Mangels
Vorliegens kognitiver Defizite sei keine Indikation für neurologische
Abklärungen gegeben. Diese Auffassung teilte in der Folge auch der Kreisarzt
der SUVA. Nachdem von den mit dem Versicherten befassten Spezialisten keine
relevanten neurologischen Befunde erhoben wurden, hält die vorinstanzliche
Rückweisung der Sache an die SUVA zwecks Einholung einer neuropsychologischen
Begutachtung nicht stand.

5.
5.1 Das kantonale Gericht hat weiter erwogen, sämtliche Ärzte hätten eine
HWS-Distorsion diagnostiziert, und der Versicherte habe über die dafür
typischen Beschwerden geklagt. Dr. med. S.________ habe die geschilderten
Beschwerden und die erhobenen Befunde als in kausalem Zusammenhang mit den
zwei erlittenen Unfällen stehend bezeichnet. Eine Dysfunktion der HWS, welche
mittels bildgebendem Verfahren habe nachgewiesen werden können, sei mit
grösster Wahrscheinlichkeit organischen Ursprungs. Ob diese durch den ersten
oder durch den zweiten Unfall verursacht worden sei, bleibe dahingestellt.

5.2 Auf eine nähere Prüfung der natürlichen Kausalität kann nur dann mit der
Begründung verzichtet werden, es fehle jedenfalls an einem adäquaten
Kausalzusammenhang (zu diesem Vorgehen allgemein SVR 1995 UV Nr. 23 S. 67
E. 3c S. 68, U 183/93), wenn die zur Diskussion stehenden gesundheitlichen
Beeinträchtigungen organisch nicht (hinreichend) nachgewiesen werden können.
Gehen dagegen die für den Anspruch auf Versicherungsleistungen relevanten
Symptome auf Schädigungen zurück, welche sich mit bildgebenden Verfahren
objektivieren lassen, kommt der adäquaten Kausalität praktisch keine
zusätzliche Bedeutung zu (BGE 127 V 102 E. 5b/bb S. 103).

5.3 Dr. med. S.________ fand gemäss Bericht vom 7. Juli 2004 bei der
klinischen Untersuchung kein signifikantes Zervikalsyndrom. Lediglich die
Reklination war eingeschränkt, während die Beweglichkeit der HWS in die
übrigen Richtungen im Normbereich lag. Die bildgebende Funktionsdiagnostik
weise auf einen eingeschränkten sagittalen Bewegungsumfang der HWS und damit
auf eine Dysfunktion der HWS hin. Die geschilderten Beschwerden und erhobenen
Befunde stünden in kausalem Zusammenhang mit den erlittenen Unfällen. Der
Versicherte habe sich von den Folgen des ersten Unfalls noch nicht erholt
gehabt, als sich die Frontalkollision ereignet habe. Die Dysfunktion der HWS,
welche mittels bildgebendem Verfahren habe nachgewiesen werden können, sei
mit grösster Wahrscheinlichkeit organischen Ursprungs. Ob diese durch den
ersten oder den zweiten Unfall verursacht worden sei, bleibe dahingestellt.

5.4 Im Zeitpunkt der Untersuchung durch Kreisarzt-Stellvertreter Dr. med.
M.________ vom 18. Oktober 2004 erklärte der Beschwerdegegner, die
Beschwerden im Bereich des Nackens seien nicht konstant vorhanden und würden
besonders bei der Reklination auftreten. Dr. med. M.________ hielt dazu fest,
radiologisch sei kein wesentlicher posttraumatischer Befund erhoben worden.
Die bildgebende Untersuchung vom Mai 2004 habe keinen Nachweis einer
eindeutigen posttraumatischen discoligamentären Läsion, keine
funktions-/stellungsabhängigen Discopathien, keine relevante ossäre oder
discoligamentäre Einengung des Spinalkanals und der Neuroforamina ergeben.
Aus klinisch-orthopädischer Sicht sei der Versicherte voll arbeitsfähig.
Gemäss Bericht des Instituts für Radiologie am Paraplegikerzentrum Y.________
vom 29. Mai 2004 zeigte sich eine diskrete Osteochondrosis intervertebralis
C4/C5 und C5/C6 mit diskreten Unkovertebralarthrosen. Es konnten keine das
normale Altersmass übersteigenden degenerativen Veränderungen und keine
erkennbaren ossären Läsionen festgestellt werden. Der Beschwerdegegner sagte
Frau lic. phil. A.________, in Stresssituationen leide er immer noch
verstärkt an Nackenschmerzen (Bericht vom 9. Mai 2005).

5.5 Bereits im Februar 2002 hatte der Beschwerdegegner einen Unfall erlitten,
als er beim Snowboardfahren nach hinten stürzte und mit dem Hinterkopf gegen
den Boden aufschlug. Für dieses Unfallereignis erbrachte die Schweizerische
Mobiliar Versicherungsgesellschaft die gesetzlichen Leistungen. Gemäss
Bericht des Dr. med. T.________ vom 30. Januar 2003 an die Mobiliar erlitt
der Versicherte damals ein Distorsionstrauma der HWS. Bei der Konsultation
vom 20. Dezember 2002 nannte der Versicherte eine Versteifung des Nackens,
Schwindelgefühl, Gleichgewichtsstörungen und leichte Kopfschmerzen, mit
Verstärkung der Beschwerden bei Bewegungen der HWS und bei Stresssituationen.
Bei der Untersuchung war die HWS druckdolent und die Beweglichkeit
eingeschränkt. Der Versicherte gab an, dass es beim Skifahren am 4. Dezember
2002 zu einer deutlichen Schmerzexazerbation und vermehrten
Bewegungsschmerzen im Nackenbereich gekommen sei. Dr. med. S.________ sagte
er, im Zeitpunkt des Verkehrsunfalls vom 29. März 2003 hätten die beim
Snowboardunfall zugezogenen Beschwerden persistiert. Die Veränderungen der
HWS wurden somit nicht erst zufolge des bei der SUVA versicherten Autounfalls
vom 29. März 2003 schmerzhaft.

5.6 Hat ein Unfall zu einer namhaften Verschlechterung vorbestandener
Beschwerden geführt, hat der Unfallversicherer nur so lange für die Folgen
einzustehen, bis dieser nicht mehr die natürliche und adäquate Ursache der
vorhandenen Beschwerden darstellt, wenn also Letzterer nur noch und
ausschliesslich auf unfallfremden Ursachen beruht. Dies trifft zu wenn
entweder der Gesundheitszustand, wie er unmittelbar vor dem Unfall bestanden
hat (status quo ante), oder aber derjenige Zustand, wie er sich nach dem
schicksalsmässigen Verlauf eines (krankhaften) Vorzustandes auch ohne Unfall
früher oder später eingestellt hätte (status quo sine), erreicht ist. Das
Dahinfallen jeder kausalen Bedeutung von unfallbedingten Ursachen eines
Gesundheitsschadens muss mit dem im Sozialversicherungsrecht allgemein
erforderlichen Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit erstellt sein.

5.7 Mit Bezug auf den hier zur Diskussion stehenden Unfall vom 29. März 2003
ist aufgrund eines Vergleichs des gesundheitlichen Zustandes, wie er in den
kurz zuvor ergangenen medizinischen Unterlagen beschrieben wurde (Bericht des
Dr. med. T.________ vom 30. Januar 2003) und wie er sich nachher bis zum
massgebenden Zeitpunkt des Erlasses des Einspracheentscheids vom 11. August
2005 zeigte, davon auszugehen, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit der
Vorzustand wieder erreicht war.

6.
6.1 Der Unfall vom 29. März 2003 war grundsätzlich geeignet, eine dem
Schleudertrauma äquivalente Verletzung hervorzurufen. Dr. med. S.________ und
Kreisarzt-Stellvertreter Dr. med. M.________ diagnostizierten denn auch eine
Distorsion der HWS. Nach dem Unfall traten Nackenbeschwerden und Schwindel
auf. Im weiteren Verlauf berichtete der Versicherte über zusätzliche Elemente
des so genannten typischen Beschwerdebildes (dazu BGE 119 V 335 E. 1 S. 338),
insbesondere Konzentrationsstörungen und Kopfschmerzen.

6.2 Aufgrund der Angaben des Versicherten über Angstzustände beim Autofahren
und als Fussgänger wies Dr. med. S.________ darauf hin, dass die Unfallfolgen
vermutlich nicht adäquat verarbeitet worden seien und erachtete eine
psychiatrische Exploration für angezeigt (Bericht vom 7. Juli 2004). Dr. med.
W.________ hatte aus demselben Grund bereits am 22. Oktober 2003
Kostengutsprache für eine psychotherapeutische Behandlung beantragt. Laut
Frau lic. phil. A.________ (Bericht vom 9. Mai 2005) standen bei der
Behandlung Probleme einer Mehrfachbelastung infolge erhöhter Anforderungen
beruflicher und familiärer Art, die erhöhte Empfindlichkeit im
Strassenverkehr nach zwei kurz aufeinander erfolgten Unfällen und die
Bewältigung der teilweise auf den zweiten Unfall zurückzuführenden
Paarproblematik im Vordergrund. Eine posttraumatische Belastungsstörung
konnte sie in keiner Phase der Therapie feststellen. Es liege lediglich eine
leichte Anpassungsstörung vor, welche auf dem Hintergrund der bestehenden
Mehrfachbelastung zu sehen sei. Anhaltspunkte für eine erhebliche psychisch
begründete Symptomatik bestehen somit nicht.

6.3 Ob organisch nicht (hinreichend) nachweisbare Beschwerden in einem
natürlichen Kausalzusammenhang mit dem Unfall vom 29. März 2003 stehen,
braucht nicht abschliessend beurteilt zu werden. Denn selbst wenn der
natürliche Kausalzusammenhang zu bejahen wäre, könnte eine Leistungspflicht
mangels Adäquanz nicht bejaht werden, wie sich aus dem Folgenden ergibt.

7.
7.1 Ob der adäquate Kausalzusammenhang zwischen dem Unfallereignis vom
29. März 2003 und organisch nicht erklärbaren Beschwerden nach BGE 117 V 359
zu prüfen ist oder aber nach BGE 115 V 133, wie dies die SUVA im
Einspracheentscheid vom 11. August 2005 getan hat, kann offen bleiben, wenn
die Adäquanz nach beiden Varianten zu verneinen ist. Dies trifft hier zu.

7.2 Für die Adäquanzbeurteilung ist an das (objektiv fassbare) Unfallereignis
anzuknüpfen (BGE 117 V 359 E. 6a S. 366 f., 115 V 133 E. 6 S. 139). Die SUVA
hat das Vorkommnis vom 29. März 2003 als mittelschweren Unfall eingeordnet.
Dem ist aufgrund des Unfallablaufs, wie er in den polizeilichen Unterlagen
dargestellt ist, beizupflichten. Danach beachtete ein nicht
vortrittsberechtigter Personenwagen den vom Beschwerdegegner gelenkten
Lieferwagen nicht, so dass es zu einer heftigen seitlich-frontalen Kollision
kam. Gemäss eigenen Angaben stieg der Versicherte nach dem Zusammenstoss
sofort aus, um der Insassin des anderen Autos zu helfen. Von den weiteren
objektiv fassbaren und unmittelbar mit dem Unfall in Zusammenhang stehenden
oder als Folge davon erscheinenden Umständen, welche als massgebende
Kriterien in die Gesamtwürdigung einzubeziehen sind (BGE 117 V 359 E. 6a
S. 367, 115 V 133 E. 6c/aa S. 140), müssten demnach für eine Bejahung des
adäquaten Kausalzusammenhangs entweder ein einzelnes in besonders
ausgeprägter Weise oder aber mehrere in gehäufter und auffallender Weise
gegeben sein (BGE 117 V 359 E. 6b S. 367, 115 V 133 E. 6c/bb S. 140).

7.3 Besonders dramatische Begleitumstände oder eine besondere
Eindrücklichkeit des Unfalls sind zu verneinen. Der Versicherte hat keine
schweren oder besonders gearteten Verletzungen erlitten. Von einer ärztlichen
Fehlbehandlung, welche die Unfallfolgen erheblich verschlimmert hat, kann
ebenso wenig gesprochen werden wie von einem schwierigen Heilungsverlauf und
erheblichen Komplikationen. Nicht erfüllt ist auch das Kriterium der
ungewöhnlich langen Dauer der ärztlichen Behandlung. Gemäss Dr. med.
W.________ konnte die Behandlung bei ihm am 13. Mai 2003 abgeschlossen
werden. Es folgte Psychotherapie von Oktober 2004 bis Mai 2005. Von
Dauerbeschwerden kann nicht gesprochen werden. Eine Arbeitsunfähigkeit
bestand nicht.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird gutgeheissen und der Entscheid des
Verwaltungsgerichts des Kantons Nidwalden, Abteilung Versicherungsgericht,
vom 19. Juni 2006 aufgehoben.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons
Nidwalden, Abteilung Versicherungsgericht, und dem Bundesamt für Gesundheit
schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 23. Januar 2008

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Das präsidierende Mitglied: Die Gerichtsschreiberin:

Widmer Hofer