Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen U 51/2007
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U 51/07

Urteil vom 10. August 2007

I. sozialrechtliche Abteilung

Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichterin Widmer, Bundesrichter Schön,
Gerichtsschreiber Grünvogel.

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1,
6004 Luzern, Beschwerdeführerin,

gegen

S.________, 1971, Beschwerdegegnerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Max Sidler, Untermüli 6, 6302 Zug.

Unfallversicherung,

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts
des Kantons Aargau
vom 29. November 2006.

Sachverhalt:

A.
A.a Die in der Eigenschaft als Reinigungsangestellte der Firma Q.________ AG
bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) gegen Unfall
versicherte, 1971 geborene S.________ wurde am 24. Januar 1995 als Lenkerin
eines Personenwagens in einen Auffahrunfall verwickelt. Der am nächsten Tag
konsultierte Dr. med. P.________ diagnostizierte ein Schleudertrauma der
Halswirbelsäule (HWS) mit Nackenbeschwerden und Parästhesien in beiden Armen
sowie beiden Fusssohlen. Weil er eine Läsion des Rückenmarks vermutete, liess
er S.________ bei Dr. med. E.________ im HWS-Bereich röntgenologisch
abklären, ohne dass sich der Verdacht bestätigt hätte. Am 29. Mai 1995 folgte
zusätzlich eine Magnetresonanztomographie (MRT) der HWS durch den Radiologen
Dr. med. B.________. Nach weiteren Abklärungen attestierte der SUVA-Kreisarzt
Dr. med. W.________ S.________ am 17. Juli 1995 eine ab 24. Juli 1995
geltende vollständige Arbeitsfähigkeit als Reinigungsangestellte wie auch für
ihre weitere Tätigkeit als selbstständige Coiffeuse, welche sie bereits seit
März wieder zu 50 % aufgenommen hatte. Der Hausarzt Dr. med. P.________ trug
diese Einschätzung mit. Der von S.________ zusätzlich aufgesuchte Arzt, Dr.
med. M.________ widersprach dieser ebenso wenig. Die SUVA stellte ihre
Leistungen ein.
Am 28. Februar 1996 berichtete das Spital X.________ der SUVA über eine
ambulante, primär die Lendenwirbelsäule (LWS) betreffende Untersuchung vom
20. November 1995. Wegen einer akuten Exacerbation von Lumboischialgien mit
Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit meldete sich das Spital X.________
erneut bei der SUVA. Letztere verneinte mit Verfügung vom 13. Mai 1996 eine
Leistungspflicht, da es sich nicht um unfallursächliche Beschwerden handle.
S.________ machte daraufhin einspracheweise auch das Fortbestehen von
HWS-Beschwerden geltend. Die SUVA hielt mit Entscheid vom 5. Mai 1997 an
ihrer Auffassung fest.

A.b Mit dagegen erhobener Beschwerde reichte S.________ Berichte ein, die
über eine neuropsychologische Untersuchung vom 13. Dezember 1995 im Spital
X.________ und eine stationäre Behandlung in der Rehaklinik Y.________ vom
17. März bis 14. April 1998 Auskunft gaben. Das Versicherungsgericht des
Kantons Aargau wies die Beschwerde mit Entscheid vom 3. Juni 1998 ab.

A.c Dagegen liess S.________ beim Eidgenössischen Versicherungsgericht
Verwaltungsgerichtsbeschwerde erheben. Das Gericht hiess diese mit Urteil
U 243/98 vom 12. April 2001 in dem Sinne gut, als es den Einsprache- und den
kantonalen Gerichtsentscheid aufhob und die Sache an die SUVA zurückwies,
damit diese, nach erfolgter Abklärung im Sinne der Erwägungen, über den
Leistungsanspruch neu verfüge.
Das Gericht erwog, es fehle an einem organischen Substrat, welches die
Leistungspflicht der SUVA für die Beschwerden begründen könnte. Dabei schloss
es anhand der vorgelegenen Arztberichte insbesondere auch einen
Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall und der von Dr. med. B.________ am
29. Mai 1995 als kleines verkalktes Hämatom gewerteten Auffälligkeit im
Bereich C6/C5 aus. Weiter hielt es fest, direkt im Anschluss an den Unfall
habe S.________ lediglich über Nackenbeschwerden sowie Parästhesien an beiden
Armen und Fusssohlen geklagt. Weitere für ein Schleudertrauma der HWS
typische Symptome (BGE 117 V 359 E. 4b S. 360 f.) hätten dagegen zumindest
nicht in einem in masslicher Hinsicht bedeutsamen Umfang vorgelegen. Sie
seien erstmals gegenüber dem am 13. Dezember 1995 eine neuropsychologische
Untersuchung durchführenden Spital X.________ erwähnt worden:
Gefühlsstörungen in beiden Händen, durch die Schmerzen bedingte
Schlafprobleme, Konzentrationsstörungen, Vergesslichkeit, gestiegene
Aggressivität, reduzierte Belastbarkeit, herabgesetzte Aufmerksamkeit. Ob
diese Beschwerden tatsächlich mit dem am 24. Januar 1995 erlittenen
Schleudertrauma der HWS in natürlichen Kausalzusammenhang stünden und wie
weit sie sich gegebenenfalls auf die Arbeitsfähigkeit der Versicherten
ausgewirkt hätten und eine medizinische Behandlung erforderten, liesse sich
anhand der vorhanden Akten nicht abschliessend beantworten. Die sich dazu
äussernden Arztberichte seien ohne umfassende Kenntnisse der Vorakten
abgegeben worden und würden teilweise die lumbalen Beschwerden zu Unrecht dem
Unfall zurechnen. Die Bericht erstattenden Neuropsychologen nähmen zudem
selbstständig eine abschliessende Beurteilung der Genese festgestellter
Störungen vor, wozu sie nach derzeitigem Wissenstand nicht in der Lage seien.
Umgekehrt schliesse allein die Latenzzeit von rund elf Monaten, mit welcher
neben den Parästhesien sowie den eventuell wieder verstärkt aufgetretenen
Nackenschmerzen weitere für ein Schleudertrauma der HWS typische
Beschwerdesymptome aufgetreten seien, die Annahme eines natürlichen
Kausalzusammenhangs zwischen diesen und dem Unfall nicht von vornherein aus.
Es liege an der SUVA, die entsprechenden Abklärungen vorzunehmen.

B.
Gestützt auf die bei den Dres. med. R.________, Psychiatrie und
Psychotherapie FMH, und O.________, Neurologie FMH, eingeholten Berichte vom
13. Januar und 4. März 2002 sprach die SUVA S.________ mit Verfügung vom
9. August 2002 eine auf einem Invaliditätsgrad von 100 % basierende
Komplementärrente sowie eine Integritätsentschädigung auf der Grundlage einer
Integritätseinbusse von 50 % zu. Eine dagegen erhobene Einsprache wies die
Anstalt mit Entscheid vom 3. April 2003 rechtskräftig ab.

C.
C.aDie SUVA erhielt Anfang 2004 anhand von zwei ihr zugestellten
Arztrechnungen aus dem Jahre 1995 davon Kenntnis, dass S.________ wegen
Krankheit vom 26. Oktober 1994 bis 23. Januar 1995 und damit bis vor dem
Unfallereignis bei Dr. med. P.________ in Behandlung gestanden hatte und
stellte in Aussicht, die Voraussetzungen für eine prozessuale Revision,
eventualiter einer Wiedererwägung zu prüfen.
Daraufhin erhielt sie vom Rechtsvertreter von S.________ eine ihm vom
damaligen Hausarzt Dr. med. P.________ zu diesem Sachverhalt bereits am
15. April 2003 abgegebene Stellungnahme zur Kenntnis. Die SUVA holte beim
Hausarzt weitere Auskünfte (vom 9. Januar, 18. März und 3. Juni 2004) ein,
edierte bei der Invalidenversicherung die Akten, und unterbreitete dem
Chefarzt Radiologie der Klinik Z.________, Prof. Dr. med. H.________, die
MRT-Untersuchungen von Dr. med. B.________ vom 29. Mai 1995 sowie des
Röntgeninstituts G.________ vom 24. März 1998 mit der Frage, wie der von Dr.
med. B.________ erwähnte Befund der wenig ausgeprägten segmentalen Einengung
des Spinalkanals auf Höhe C5/C6 bedingt durch ein subligamentäres
Knochenplus, entsprechend einem kleinen verkalkten Hämatom, zu werten sei.
Dies weil Dr. med. O.________ in seiner Einschätzung vom 4. März 2002
zumindest Teile des von S.________ geklagten Beschwerdebildes mit dem
verkalkten Hämatom in Verbindung brachte, welches wiederum durch den Unfall
verursacht worden sei. Prof. Dr. med. H.________ äusserte mit Bericht vom
14. Februar 2005 seine Zweifel am Befund eines verkalkten Hämatoms und
erkannte an der fraglichen Stelle statt dessen eine linksbetonte Komponente
einer (unfallfremden) Protrusion.
In der Folge widerrief die SUVA mit Verfügung vom 4. August 2005 die mit
Einspracheentscheid vom 3. April 2003 rechtskräftig gewordene Verfügung vom
9. August 2002. Als Begründung führte sie an, Dr. med. O.________ habe im
Gutachten vom 4. März 2002 sämtliche Beschwerden ausser der psychoreaktiven
Störung als organisch bedingt bezeichnet und dabei das vom Eidgenössischen
Versicherungsgericht in verbindlicher Weise als unfallfremd bezeichnete
Hämatom als Ursache genannt; dennoch habe die Anstalt gestützt darauf ihre
Leistungspflicht mit Verfügung vom 9. August 2002 bejaht, was sie indessen
mit Blick auf die rechtlich bindenden Feststellungen des Eidgenössischen
Versicherungsgerichts offenkundig gar nie hätte tun dürfen. Das Gegenteil sei
der Fall. Auf Einsprache hin hielt die SUVA mit Entscheid vom 25. November
2005 an ihrer Auffassung fest.

C.b Eine dagegen erhobene Beschwerde hiess das Versicherungsgericht des
Kantons Aargau am 29. November 2006 mit der Begründung gut, es fehle an der
für einen Widerruf geforderten zweifellosen Unrichtigkeit der durch
Einspracheentscheid bestätigten Verfügung vom 9. August 2002, und hob
deswegen den Einspracheentscheid vom 25. November 2005 auf.

D.
Die SUVA führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, der Entscheid
des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 29. November 2006 sei
aufzuheben, eventuell sei die Sache in Aufhebung des vorinstanzlichen
Entscheids zur Einholung eines neurologischen und psychiatrischen
Obergutachtens an die Anstalt zurückzuweisen. Zusätzlich legte die SUVA eine
Stellungnahme der Abteilung Unfallmedizin vom 24. Januar 2007 zu den
Berichten der Dres. O.________ und R.________ ins Recht.
Während S.________ auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliesst,
verzichtet das Bundesamt für Gesundheit auf eine Vernehmlassung.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Am 1. Januar 2007 ist das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17. Juni
2005 (BGG; SR 173.110) in Kraft getreten (AS 2006 1205, 1243). Damit wurden
das Eidgenössische Versicherungsgericht und das Bundesgericht in Lausanne zu
einem einheitlichen Bundesgericht (an zwei Standorten) zusammengefügt
(Seiler/von Werdt/Güngerich, Bundesgerichtsgesetz [BGG], Bern 2007, S. 10
Rz 75) und es wurde die Organisation und das Verfahren des obersten Gerichts
umfassend neu geregelt. Dieses Gesetz ist auf die nach seinem Inkrafttreten
eingeleiteten Verfahren des Bundesgerichts anwendbar, auf ein
Beschwerdeverfahren jedoch nur dann, wenn auch der angefochtene Entscheid
nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes ergangen ist (Art. 132 Abs. 1 BGG). Da
der kantonale Gerichtsentscheid am 29. November 2006 und somit vor dem
1. Januar 2007 erlassen wurde, richtet sich das Verfahren nach dem bis
31. Dezember 2006 in Kraft gestandenen Bundesgesetz über die Organisation der
Bundesrechtspflege (OG) vom 16. Dezember 1943 (vgl. BGE 132 V 393 E. 1.2
S. 395).

2.
Wie das kantonale Gericht richtig ausführte, kann der Versicherungsträger auf
formell rechtskräftige Verfügungen und Einspracheentscheide gemäss Art. 53
ATSG zurückkommen, wenn diese zweifellos unrichtig sind und wenn ihre
Berichtigung von erheblicher Bedeutung ist (Abs. 2). Unerwähnt geblieben ist
die Verpflichtung des Versicherungsträgers, einen rechtskräftigen Akt in
Revision zu ziehen, wenn die versicherte Person oder der Versicherungsträger
nach Erlass des Verwaltungsaktes erhebliche neue Tatsachen entdeckt oder
Beweismittel auffindet, deren Beibringung zuvor nicht möglich war (Abs. 1).
Mit dieser Regelung ist die bisher geltende Rechtsprechung gesetzlich
verankert worden (SVR 2004 ALV Nr. 1 S. 1 E. 2, C 7/02; BBl 1991 II 262;
Kieser, ATSG-Kommentar, N 22 zu Art. 53). Die noch vor Inkrafttreten des ATSG
am 1. Januar 2003 zur Wiedererwägung und zur prozessualen Revision
rechtskräftiger Verfügungen ergangene Rechtsprechung (BGE 127 V 466 E. 2c
S. 469; 117 V 8 E. 2a S. 12, je mit Hinweisen; vgl. auch BGE 119 V 475
E. 1b/cc S. 479) ist deshalb weiterhin zu beachten.

2.1 Das Erfordernis der zweifellosen Unrichtigkeit - als Schranke für ein
wiedererwägungsweises Zurückkommen auf eine formell rechtskräftige
Leistungszusprechung - ist so zu handhaben, dass die Wiedererwägung nicht zum
Instrument einer voraussetzungslosen Neuprüfung von Dauerleistungen wird,
zumal es nicht dem Sinn der Wiedererwägung entspricht, laufende Ansprüche
zufolge nachträglicher besserer Einsicht der Durchführungsorgane jederzeit
einer Neubeurteilung zuführen zu können. Wenn eine gesetzeswidrige
Leistungszusprechung auf Grund falscher oder unzutreffender Rechtsregeln
erlassen wurde oder wenn massgebliche Bestimmungen nicht oder unrichtig
angewandt wurden, ist die zweifellose Unrichtigkeit regelmässig gegeben
(BGE 103 V 126 E. a S. 128; ARV 1996/97 Nr. 28 S. 152 E. 3c, C 151/94). Das
Gleiche kann nicht gesagt werden, wenn der Wiedererwägungsgrund im Bereich
materieller Anspruchsvoraussetzungen (beispielsweise des Kausalzusammenhangs
nach Art. 6 Abs. 2 UVG) liegt, deren Beurteilung in Bezug auf gewisse
Schritte und Elemente (z.B. Beweiswürdigung) notwendigerweise Ermessenszüge
aufweist. Erscheint die Beurteilung solcher Anspruchsvoraussetzungen vor dem
Hintergrund der Sach- und Rechtslage, wie sie sich im Zeitpunkt der
rechtskräftigen Leistungszusprechung darbot (BGE 125 V 383 E. 3 S. 389 f. mit
Hinweisen), als vertretbar, scheidet die Annahme zweifelloser Unrichtigkeit
aus (SVR 2006 UV Nr. 17 S. 60 E. 5.3, U 378/05, ferner Urteil I 561/05 vom
31. März 2006,  E. 3.3, je mit Hinweisen). Es darf nur ein einziger Schluss -
derjenige auf die Unrichtigkeit der Verfügung oder des Einspracheentscheids -
möglich sein (vgl. BGE 125 V 383 E. 6a S. 392 f.).
2.2 Von der Wiedererwägung von Verfügungen und Einspracheentscheiden
unterscheidet sich die prozessuale Revision dadurch, dass sie die
tatsächliche Unrichtigkeit des ursprünglichen Verwaltungsaktes zum Gegenstand
hat, wogegen die Wiedererwägung an dessen rechtliche Unrichtigkeit anknüpft.
Verfahrensrechtlich unterscheiden sich diese beiden Institute darin, dass die
Verwaltung beim Vorliegen eines Revisionsgrundes verpflichtet ist, auf den
Verwaltungsakt zurückzukommen, während bei der Wiedererwägung keine solche
Pflicht besteht.
Als "neu" gelten Tatsachen, welche sich zwar vor Erlass der formell
rechtskräftigen Verfügung oder des Einspracheentscheids verwirklicht haben,
jedoch dem Gesuchsteller oder der Verwaltung trotz hinreichender Sorgfalt
nicht bekannt waren. Die neuen Tatsachen müssen ferner erheblich sein, d.h.
sie müssen geeignet sein, die tatsächliche Grundlage der Verfügung oder des
Einspracheentscheids so zu verändern, dass bei erneuter Entscheidfällung ein
anderer Entscheid resultiert (Kieser, a.a.O., N 10 zu Art. 53; Jürg Maeschi,
Kommentar zum Bundesgesetz über die Militärversicherung [MVG] vom 19. Juni
1992, Bern 2000, N 14 zu Art. 101). Beweismittel haben entweder dem Beweis
der die Revision begründenden neuen erheblichen Tatsachen oder dem Beweis von
Tatsachen zu dienen, die zwar im früheren Verfahren bekannt gewesen, aber
unbewiesen geblieben sind. Die Revision ist ausgeschlossen, wenn die
Beibringung des Beweismittels zuvor möglich war (vgl. dazu BGE 122 V 270 E. 4
S. 273). Erheblich ist ein Beweismittel, wenn anzunehmen ist, es hätte zu
einem anderen Entscheid geführt, falls die Verwaltung hiervor bereits vor
Erlass der Verfügung oder des Einspracheentscheids Kenntnis gehabt hätte.
Ausschlaggebend ist, dass das Beweismittel nicht bloss der
Sachverhaltswürdigung, sondern der Sachverhaltsermittlung dient. Es genügt
daher beispielsweise nicht, dass ein neues Gutachten den Sachverhalt anders
bewertet (vgl. BGE 127 V 353 E. 5b S. 358). Das Revisionsverfahren dient
nicht dazu, eine Unterlassung nachzuholen, welche auf eine vermeidbare
Nachlässigkeit zurückzuführen ist (Kieser, a.a.O., N 12 zu Art. 53 mit
Hinweis).

3.
Zwar ist der SUVA beizupflichten, dass die Gutachten der Dres. med.
O.________ und R.________ diskutabel sind. Dies genügt indessen nicht als
Grund, um den die Verfügung vom 9. August 2002 rechtskräftig bestätigenden
Einspracheentscheid vom 3. April 2003 in Wiedererwägung zu ziehen. Denn wie
von der Vorinstanz zutreffend dargelegt, weicht einerseits Dr. med.
O.________ in seiner Begutachtung zwar in der vom Eidgenössischen
Versicherungsgericht im Urteil U 243/98 vom 12. April 2001 getroffenen
Feststellung eines fehlenden unfallbezogenen organischen Korrelats ab, setzt
aber alsdann das vom Eidgenössischen Versicherungsgericht zur näheren
Kausalabklärung genannte, vom Spital X.________ im November 2005 erstmals
umschriebene bunte Beschwerdebild (Vergesslichkeit, Gefühlsarmut in der
dominanten rechten Hand, Gefühlsstörungen in beiden Händen, durch Schmerzen
bedingte Schlafprobleme, Konzentrationsstörungen, gestiegene Aggressivität,
reduzierte Belastbarkeit sowie herabgesetzte Aufmerksamkeit) nicht eindeutig
mit dem organischen Befund in Verbindung, sondern mit dem Unfall ganz
allgemein, führte er doch ausdrücklich aus, mit dem verkalkten Hämatom liesse
sich lediglich einen Teil der geklagten Symptome erklären, nämlich die
ausstrahlenden Schmerzen und die Kribbelparästhesien. Das weitere
Beschwerdebild konnte er damit nicht erklären. Er bejahte dessen
Kausalzusammenhang zum Unfall im Wesentlichen mit Verweis auf die
Einschätzung und diesbezüglichen Ausführungen des Psychiaters Dr. med.
R.________ vom 13. Januar 2002. Dieser sprach von einem unfallbezogenen
organischen amnestischen Syndrom oder einer amnestischen Störung auf Grund
der Verstauchung und Zerrung der Halswirbelsäule mit psychoreaktiver
Komponente. Wenn Dr. med. O.________ alsdann an anderer Stelle ausführt, alle
Beschwerden ausser der psychoreaktiven Störung seien organisch bedingt, mag
darin ein gewisser Widerspruch erblickt werden, der sich aber mit der
Feststellung auflöst, dass er selbst von nie ganz klar gewordenen Symptomen
sprach. Ob diese eher undifferenziert erfolgte Bejahung des natürlichen
Kausalzusammenhangs zwischen dem Schleudertraumaunfall vom 24. Januar 1995
mit anschliessenden Nackenbeschwerden und Kribbelparästhesien und dem nach
vorläufigem Behandlungsabschluss am 17. Juli 1995 mit einer Latenz von rund
elf Monaten erstmals festgestellten multiplen, psychogenen Beschwerdebild
durch Dr. med. O.________ unter Bezugnahme auf Dr. med. R.________ einer
richterlichen Überprüfung im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens stand gehalten
hätte, ist ungewiss. Auch sind die von der Abteilung Versicherungsmedizin der
SUVA nunmehr gegen die Stichhaltigkeit der beiden Gutachten vorgebrachten
Argumente, insbesondere auch bezogen auf die Diagnosestellung des
Psychiaters, nachvollziehbar. Indessen genügt dies - wie bereits von der
Vorinstanz dargelegt - nicht, um die von der SUVA selbst gestützt auf diese
Gutachten ursprünglich vorgenommene Bejahung des Kausalzusammenhangs zwischen
den genannten Beschwerden und dem Unfall vom 24. Januar 1995 nachträglich als
zweifellos unrichtig erscheinen zu lassen: Das Zusprechen einer Rente auf der
Basis der Gutachten der Dres. med. O.________ und R.________ erscheint vor
dem Hintergrund der damaligen Sach- und auch Rechtslage noch als vertretbar.

4.
Eine andere Frage ist, wie die neue, ohne Verschulden der SUVA erst nach dem
Einspracheentscheid vom 3. April 2003 zu Tage getretene Tatsache zu werten
ist, dass sich die Versicherte im letzten Vierteljahr vor dem Unfallereignis
vom 26. Oktober bis 5. Dezember 1994 wegen Herzschmerzen, Schlafstörungen,
Mutlosigkeit und Zukunftsangst (vor allem wegen Finanzsorgen) wiederholt in
ärztliche Behandlung begab, dabei der Arzt von psychosomatischen Beschwerden
sprach, eine depressive Verstimmung diagnostizierte und ein Antidepressivum
kombiniert mit einem Benzodiazepin, später mit einem Schlafmittel verordnete.
Ebenso neu ist die wenige Tage vor dem Unfall am 16. Januar 1995 erfolgte
ärztliche Konsultation wegen Nackenschmerzen links, was der behandelnde Arzt
als akute, zu einer Kopfschiefhaltung führenden Muskelverspannung wertete und
deswegen ein Lokalanästhetika und Kortison infiltrierte sowie ein
entzündungshemmendes und schmerzstillendes Mittel intramuskulär anwendete.
Zwei Tage später bezeichnete sich die Versicherte gegenüber dem Arzt als
wieder weitgehend beschwerdefrei.

4.1 Die Dres. med. O.________ und R.________, auf deren Einschätzungen die
SUVA bei der Leistungsbejahung massgeblich abstellte, liessen sich bei ihren
Überlegungen zum natürlichen Kausalzusammenhang von der Annahme leiten, bei
der Versicherten habe es sich zum Zeitpunkt des Unfalls um eine "gesunde,
fröhliche, belastungsfähige und initiative junge Frau ohne irgendwelche
Einschränkungen in ihrer gegenwärtigen oder zukünftigen Entfaltung" und ohne
auffälligen Vorzustand gehandelt. Die neue, ohne Verschulden der SUVA erst
nach dem Einspracheentscheid vom 3. April 2003 zu Tage gekommene Tatsache
zeigt nun aber ein anderes Bild.

4.2 Wenn der Hausarzt in den Schreiben vom 18. März und 3. Juni 2004
ausführt, im für die SUVA bestimmten Arztzeugnis vom 13. April 1995 habe er
den Vorzustand unerwähnt gelassen, weil er keinen Zusammenhang zwischen
diesem und den Unfallfolgen habe erkennen vermögen, so mag dies aus damaliger
Sicht richtig gewesen sein, hatten sich doch bis zu diesem Zeitpunkt
lediglich Nackenschmerzen mit Parästhesien in beiden Armen und an beiden
Fusssohlen manifestiert, weshalb der Hausarzt zunächst eine Läsion der HWS
vermutete. Das Beschwerdebild, welches später Gegenstand gerichtlicher
Auseinandersetzung bildete, entwickelte sich indessen grossmehrheitlich
nachweislich erst nach abgeschlossener erster Behandlung im November 1995.
Das Eidgenössische Versicherungsgericht hatte im Urteil U 243/98 vom
12. April 2001, E. 7b, betont, wie wichtig eine umfassende Kenntnis der
Vorakten für eine hinreichende Aussage zur natürlichen Kausalität dieser
Beschwerden mit dem Unfall sei.

4.3 Zwar beweisen die neuen Tatsachen allein nicht bereits das Gegenteil von
dem, wovon im Einspracheentscheid vom 3. April 2003 ausgegangen worden ist,
nämlich dass die psychogenen Beschwerden auf einem unfallfremden Vorzustand
beruhen. Sie bieten indessen hinreichenden Anlass zur Überprüfung der Frage
nach dem natürlichen Kausalzusammenhang, zeigen sie doch auf der psychischen
Ebene ein differenziertes Bild von der Versicherten als bisher angenommen und
lassen sich die unmittelbar vor dem Unfall aufgetretenen, mit einer Injektion
behandelten Nackenbeschwerden allenfalls als Hinweis auf einen bereits vor
dem Unfall bestandenen degenerativen Prozess werten. Nur wenn der natürliche
Kausalzusammenhang auf Grund dieser neuen Tatsache aus ärztlicher Sicht zu
verneinen bzw. nicht (mehr) mit überwiegender Wahrscheinlich ausgewiesen ist,
liegt eine neue erhebliche Tatsache im Sinne von Art. 53 Abs. 1 ATSG vor, die
zu einer prozessualen Revision berechtigt. Bleibt es aber bei der Bejahung
des natürlichen Kausalzusammenhangs, bleibt der Weg dazu versperrt. Die neuen
Tatsachen sind daher einem Experten (evtl. -team) zu unterbreiten zwecks
Prüfung, ob sie erheblich sind (vgl. Urteil U 395/04 vom 12. September 2006).

4.4 An und für sich liegt es nahe, diese Fragen den Gutachtern Dres. med.
O.________ und R.________ zu unterbreiten. Mit Blick auf die von der SUVA
dargelegten Unzulänglichkeiten der beiden Gutachten ist es der Verwaltung
aber wahlweise auch zuzugestehen, eine dritte Stelle beizuziehen.

5.
Das Verfahren ist kostenlos (Art. 134 OG). Eine Parteientschädigung für das
letztinstanzliche Verfahren entfällt, indessen bleibt die im kantonalen
Gerichtsverfahren zugesprochene bestehen, da selbst wenn die Vorinstanz im
Sinne des letztinstanzlichen Entscheides entschieden hätte, eine solche
zuzusprechen gewesen wäre (Art. 159 Abs. 1, 5 und 6 in Verbindung mit
Art. 156 Abs. 6 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird teilweise gutgeheissen.
Dispositiv-Ziffer 1 des Entscheids des Versicherungsgerichts des Kantons
Aargau vom 29. November 2006 und der Einspracheentscheid der SUVA vom
25. November 2005 werden aufgehoben. Die Sache wird an die SUVA
zurückgewiesen, damit sie, nach erfolgter Abklärung im Sinne der Erwägungen,
gegebenenfalls den Einspracheentscheid vom 3. April 2003 in Revision ziehe.
Im Übrigen wird die Verwaltungsgerichtsbeschwerde abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau
und dem Bundesamt für Gesundheit zugestellt.
Luzern, 10. August 2007

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
i.V.