Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen U 17/2007
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U 17/07
Urteil vom 30. Oktober 2007

I. sozialrechtliche Abteilung

Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichter Lustenberger, Bundesrichterin Leuzinger,
Gerichtsschreiber Lanz.

S. ________, 1965, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Volker
Pribnow, Stadtturmstrasse 10, 5400 Baden,

gegen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1,
6004 Luzern, Beschwerdegegnerin.

Unfallversicherung,

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts
des Kantons Aargau vom 27. September 2006.

Sachverhalt:

A.
Der 1965 geborene S.________ ist bei der Firma X.________ tätig und dadurch
bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) obligatorisch gegen
Unfallfolgen versichert. Er erlitt am 5. April 2003 einen Verkehrsunfall. Der
von ihm gelenkte Mercedes-Benz 190 E prallte mit der rechten Frontecke auf
den hinteren rechten Seitenbereich eines entgegenkommenden, über die vom
Versicherten benutzte Fahrspur hinweg abbiegenden Renault Espace. Die am 7.
April 2003 aufgesuchte Frau Dr. med. A.________, FMH für Innere Medizin,
diagnostizierte ein HWS-Distorsionstrauma und bestätigte eine
Arbeitsunfähigkeit. Die SUVA erbrachte die gesetzlichen Leistungen
(Heilbehandlung; Taggeld). Mit Verfügung vom 28. Juli 2005 eröffnete sie
S.________ die Einstellung der Leistungen auf den 31. Juli 2005. Sie
verneinte zudem einen Anspruch auf Invalidenrente und
Integritätsentschädigung. Zur Begründung wurde ausgeführt, die noch
bestehenden Beschwerden stünden nicht in einem kausalen Zusammenhang zum
Unfall vom 5. April 2003. Daran hielt die SUVA auf Einsprache des
Versicherten hin fest (Einspracheentscheid vom 6. Januar 2006).

B.
Die von S.________ hiegegen erhobene Beschwerde wies das Versicherungsgericht
des Kantons Aargau mit Entscheid vom 27. September 2006 ab.

C.
S.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Rechtsbegehren,
es sei der kantonale Gerichtsentscheid aufzuheben und die SUVA zu
verpflichten, über den 31. Juli 2005 hinaus die gesetzlichen Leistungen,
insbes. Taggeld und Heilbehandlung, zu erbringen.

Die SUVA schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das
Bundesamt für Gesundheit verzichtet auf eine Vernehmlassung.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Am 1. Januar 2007 ist das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17. Juni
2005 (BGG; SR 173.110) in Kraft getreten (AS 2006 1205, 1243). Der
angefochtene Entscheid ist indessen vorher ergangen, weshalb sich das
Verfahren noch nach dem Bundesgesetz über die Organisation der
Bundesrechtspflege vom 16. Dezember 1943 (OG) richtet (Art. 132 Abs. 1 BGG;
BGE 132 V 393 E. 1.2 S. 395).

2.
Streitig und zu prüfen ist der Anspruch auf Leistungen der obligatorischen
Unfallversicherung aus dem Unfall vom 5. April 2003 über den 31. Juli 2005
hinaus.

Die Rechtsgrundlagen für die Beurteilung sind im angefochtenen Entscheid
zutreffend dargelegt. Es betrifft dies zunächst den für die Leistungspflicht
des Unfallversicherers nebst anderem vorausgesetzten natürlichen
Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall und dem eingetretenen Schaden (BGE 129
V 177 E. 3.1 S. 181 mit Hinweisen) mit den sich dabei stellenden
Beweisfragen. Richtig wiedergegeben ist auch die Rechtsprechung zum überdies
erforderlichen adäquaten Kausalzusammenhang im Allgemeinen (BGE 129 V 177
E. 3.2 S. 181 mit Hinweis) sowie bei klar ausgewiesenen organischen
Unfallfolgen (BGE 127 V 102 E. 5b/bb S. 103 mit Hinweisen), bei psychischen
Fehlentwicklungen nach Unfall (BGE 115 V 133) und bei Schleudertraumen der
Halswirbelsäule (HWS) ohne organisch (hinreichend) nachweisbare Folgeschäden
(BGE 117 V 359) im Besonderen.

3.
Das kantonale Gericht hat die Frage nach einem natürlichen Kausalzusammenhang
zwischen den noch geklagten Beschwerden und dem Unfall vom 5. April 2003
nicht abschliessend beantwortet. Dies ist nicht zu beanstanden, wenn die
streitige Leistungspflicht ohnehin mangels Adäquanz zu verneinen ist (SVR
1995 UV Nr. 23 S. 67 E. 3c), zu welchem Ergebnis die Vorinstanz im Weiteren
gelangt ist.

3.1 Hiebei ist zunächst festzustellen, dass nach Lage der medizinischen Akten
kein unfallbedingtes organisches Substrat gefunden werden konnte, welches die
weiterhin geklagten Beschwerden zu erklären vermöchte. Anders als bei
somatisch ausgewiesenen Gesundheitsschädigungen nach Unfall, bei welchen der
adäquate Kausalzusammenhang in der Regel mit dem natürlichen bejaht werden
kann (BGE 127 V 102 E. 5b/bb S. 103 mit Hinweisen), hat demnach eine
spezielle Adäquanzprüfung zu erfolgen. Das ist insoweit auch nicht
umstritten.

3.2 Uneins sind sich die Parteien in der Beantwortung der Frage, ob die
Adäquanz, wie vom Unfallversicherer entschieden, gemäss den bei psychischen
Fehlentwicklungen nach Unfall geltenden Grundsätzen oder aber, wie der
Beschwerdeführer geltend machen lässt, nach der Schleudertrauma-Praxis zu
beurteilen ist. Diesem Gesichtspunkt kann insofern Bedeutung zukommen, als
nach der letztgenannten Praxis, anders als im Falle einer psychischen
Fehlentwicklung nach Unfall, bei der Prüfung der abhängig von der
Unfallschwere in die Adäquanzbeurteilung einzubeziehenden unfallbezogenen
Kriterien auf eine Differenzierung zwischen physischen und psychischen
Komponenten verzichtet wird, weil es hier nicht entscheidend ist, ob
Beschwerden eher als organischer und/oder psychischer Natur beurteilt werden
(BGE 117 V 359 E. 6a S. 367 und 369 E. 4b S. 382 f.).
3.3 Ob die bei psychischen Fehlentwicklungen nach Unfall geltenden Grundsätze
oder die Schleudertrauma-Praxis zur Anwendung gelangt, kann mit dem
kantonalen Gericht offen gelassen werden, wenn der adäquate
Kausalzusammenhang selbst nach der letztgenannten Praxis zu verneinen wäre.
Diesfalls muss auch nicht näher auf die vom Unfallversicherer aufgeworfene
Frage eingegangen werden, welche Beschwerden in welchem Zeitabstand
(Latenzzeit) zum Unfall vorzuliegen haben, damit die Anwendung der
Schleudertrauma-Praxis gerechtfertigt ist.

3.4 Für die Adäquanzbeurteilung ist an das (objektiv erfassbare)
Unfallereignis anzuknüpfen (BGE 117 V 359 E. 6a S. 366 f.). Das kantonale
Gericht hat die Kollision vom 5. April 2003 als mittelschwer an der Grenze zu
den leichten Unfällen eingeordnet.

Diese Beurteilung ist aufgrund des augenfälligen Geschehensablaufs richtig.
Jedenfalls liegt kein mittelschwerer Unfall im Grenzbereich zu den schweren
Unfällen, wie er in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde geltend gemacht wird,
vor (vgl. die in RKUV 2005 Nr. U 555 S. 322 E. 3.4.1, U 458/04, und Nr. U 548
S. 228 E. 3.2.2, U 306/04, aufgeführten Beispiele).

Von den weiteren, objektiv fassbaren und unmittelbar mit dem Unfall in
Zusammenhang stehenden oder als Folge davon erscheinenden Umständen, welche
als massgebende Kriterien in die Gesamtwürdigung einzubeziehen sind (BGE 117
V 359 E. 6a S. 367), müssten demnach für eine Bejahung des adäquaten
Kausalzusammenhanges entweder ein einzelnes in besonders ausgeprägter Weise
oder aber mehrere in gehäufter oder auffallender Weise gegeben sein (BGE 117
V 359 E. 6b S. 367 f.).

Die Vorinstanz ist zum Ergebnis gelangt, es sei einzig und nicht in besonders
ausgeprägter Weise das Kriterium der Dauerbeschwerden erfüllt. Demgegenüber
lässt der Beschwerdeführer die im Folgenden behandelten weiteren Kriterien
geltend machen.

Als besonders eindrücklich kann der Unfall entgegen der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht betrachtet werden. Die Kollision, wie sie
in den Akten, namentlich im Polizeirapport vom 6. Mai 2003 und in der
biomechanischen Kurzbeurteilung vom 21. Januar 2004, beschrieben wird,
unterscheidet sich nicht wesentlich von anderen Unfallereignissen, bei
welchen dieses Kriterium regelmässig verneint wurde (vgl. etwa die
Praxisübersicht in SZS 2001 S. 413 ff.). Das Kriterium der Schwere oder
besonderen Art der erlittenen Verletzungen ist mit der Vorinstanz, welche die
hiefür massgebliche Rechtsprechung zutreffend wiedergegeben hat, klar zu
verneinen. Gleiches gilt für die Kriterien der ungewöhnlich langen Dauer der
ärztlichen Behandlung sowie des schwierigen Heilungsverlaufs und erheblicher
Komplikationen. Was hiegegen in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde vorgetragen
wird, rechtfertigt keine andere Betrachtungsweise. Selbst wenn sodann das
Kriterium von Grad und Dauer der Arbeitsunfähigkeit - ohne nähere Prüfung -
bejaht würde, wäre es jedenfalls nicht in ausgeprägter Weise gegeben. Es
fehlt mithin gesamthaft sowohl an einem in dieser besonderen Ausprägung
gegebenen Kriterium als auch an der gehäuften oder besonders auffallenden
Erfüllung mehrerer Kriterien.  Unfallversicherer und Vorinstanz haben einen
weiteren Leistungsanspruch somit zu Recht mangels eines rechtserheblichen
Zusammenhangs der noch geklagten Beschwerden zum Unfall vom 5. April 2003
verneint.

erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau
und dem Bundesamt für Gesundheit zugestellt.

Luzern, 30. Oktober 2007

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

i.V. Lustenberger Lanz