Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen K 12/2007
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K 12/07

Urteil vom 31. Januar 2008
II. sozialrechtliche Abteilung

Bundesrichter Meyer, Präsident,
Bundesrichter Lustenberger, Seiler
Gerichtsschreiber R. Widmer.

Assura Kranken- und Unfallversicherung, Freiburgstrasse 370, 3018 Bern,
Beschwerdeführerin,

gegen

1. Departement für Finanzen und Soziales des Kantons Thurgau,
Regierungsgebäude, 8510 Frauenfeld
2. Gemeinde A.________, Beschwerdegegner,

betreffend S.________, 1955.

Krankenversicherung,

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des
Kantons Thurgau vom 6. Dezember 2006.

Sachverhalt:

A.
Die 1955 geborene S.________ ist seit 1. Januar 1998 bei der Assura Kranken-
und Unfallversicherung obligatorisch für Krankenpflege versichert. Im
Zeitraum April bis Juni 2003 blieb sie die monatliche Prämie von Fr. 160.-
schuldig. Nachdem das Vollstreckungsverfahren in einem
Pfändungs-Verlustschein vom 14. Oktober 2003 geendet hatte, gelangte die
Assura am 16. Oktober 2003 an das Fürsorgeamt der Gemeinde A.________ und
verlangte, dass diese die ungedeckt gebliebenen Prämien der Grundversicherung
samt Mahnspesen und Betreibungskosten von insgesamt Fr. 504.95 übernehme. Die
Gemeinde lehnte eine Übernahme der Prämien mit Schreiben vom 22. Oktober 2003
ab, da sie dazu gesetzlich nicht verpflichtet sei, woran sie mit einem
weiteren Schreiben vom 6. November 2003 festhielt. Die Wohnsitzgemeinde habe
bei Prämienausständen neu die Wahl, entweder die ausstehenden Prämien oder
die anfallenden Behandlungskosten zu übernehmen. Aus diesem Grunde lege sich
die Gemeinde noch nicht fest, der Assura die Prämien zu vergüten. Auf
Ersuchen des Krankenversicherers erliessen die Sozialen Dienste der Gemeinde
A.________ am 18. Februar 2004 eine beschwerdefähige Verfügung, womit die
Übernahme der ausstehenden Prämien abgelehnt wurde. Den von der Assura
hiegegen eingereichten Rekurs wies der Gemeinderat A.________ mit Entscheid
vom 23. März 2004 ab.

Die Assura rekurrierte gegen diesen Entscheid beim Departement für Finanzen
und Soziales des Kantons Thurgau. Dieses wies den Rekurs mit Entscheid vom 7.
Juli 2006 ab.

B.
Die gegen diesen Rekursentscheid erhobene Beschwerde mit dem Antrag, die
Gemeinde A.________ habe die Prämienausstände von S.________ während der
Wohnsitz- und Aufenthaltsdauer an diesem Ort gemäss Verlustschein in der Höhe
von Fr. 504.95 zu übernehmen, wies das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau
mit Entscheid vom 6. Dezember 2006 ab.

C.
Die Assura erhebt Beschwerde und erneuert das vorinstanzlich gestellte
Rechtsbegehren.

Das Departement für Finanzen und Soziales schliesst auf Abweisung der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde, während die Stadt Amriswil auf eine
Vernehmlassung verzichtet. Das Bundesamt für Gesundheit äussert sich zum
Rechtsstreit, ohne einen Antrag zu stellen.

Erwägungen:

1.
Das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005 (BGG; SR 173.110)
ist am 1. Januar 2007 in Kraft getreten (AS 2006 1205 1243). Da der
angefochtene Entscheid vorher ergangen ist, richtet sich das Verfahren noch
nach OG (Art. 132 Abs. 1 BGG; BGE 132 V 393 E. 1.2 S. 395).

2.

2.1 Gemäss Art. 128 OG beurteilt das Bundesgericht letztinstanzlich
Verwaltungsgerichtsbeschwerden gegen Verfügungen im Sinne von Art. 97, 98
lit. b bis h und 98a OG auf dem Gebiet der Sozialversicherung. Hinsichtlich
des Begriffs der mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde anfechtbaren Verfügungen
verweist Art. 97 OG auf Art. 5 VwVG. Nach Art. 5 Abs. 1 VwVG gelten als
Verfügungen Anordnungen der Behörden im Einzelfall, die sich auf öffentliches
Recht des Bundes stützen (und im Übrigen noch weitere, nach dem
Verfügungsgegenstand näher umschriebene Voraussetzungen erfüllen).

2.2  Die bundesrechtliche Verfügungsgrundlage bestimmt sich danach, ob der
materiellrechtliche Streitgegenstand dem Bundessozialversicherungsrecht
angehört (BGE 126 V 143 E. 2 S. 146). Ob dies im vorliegenden Fall zutrifft,
- materiellrechtlich geht es um die Frage, wer der Assura die von der
Versicherten geschuldeten, unbezahlt gebliebenen Prämien zu vergüten hat - ,
ist höchst fraglich, kann aber offen bleiben, da die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde ohnehin unbegründet ist.

3.
Die Assura macht keine Verletzung bundesrechtlicher Bestimmungen durch die
Vorinstanz geltend, sondern beschränkt sich darauf, die einschlägigen Normen
des Kantons Thurgau abweichend vom angefochtenen Entscheid auszulegen und
daraus abzuleiten, dass die Wohnsitzgemeinde der Versicherten die
Prämienrückstände zu übernehmen habe. Mit dem kantonalen Recht, welchem die
Regelung von Prämienrückständen überlassen ist, hat sich das Bundesgericht
grundsätzlich nicht zu befassen (Art. 128 in Verbindung mit Art. 97 Abs. 1 OG
und Art. 5 Abs. 1 VwVG). Es kann nur prüfen, ob die Anwendung der
einschlägigen kantonalen Bestimmungen zu einer Verletzung von Bundesrecht
geführt hat (Art. 104 lit. a OG). Dabei fällt praktisch nur das in Art. 9 BV
verankerte Willkürverbot in Betracht (BGE 125 V 408 E. 3; E. 9.1.1 des in BGE
132 V 127 auszugsweise publizierten Urteils B. vom 28. Dezember 2005, B
41/04). Willkürlich ist eine Entscheidung, wenn sie eine Norm oder einen
klaren und unumstrittenen Rechtsgrundsatz offensichtlich schwer verletzt,
sich mit sachlichen Gründen schlechthin nicht vertreten lässt oder in
stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwider läuft. Willkürliche
Rechtsanwendung liegt nicht schon vor, wenn eine andere Lösung in Betracht zu
ziehen oder sogar vorzuziehen wäre (BGE 131 I 57 E. 2 S. 61, 129 I 8 E. 2.1
S. 9, 49 E. 4 S. 58, 127 I 38 E. 2a S. 41).
Die Assura behauptet nicht, dass der angefochtene Entscheid willkürlich sei
oder sonstwie Bundesrecht verletze, und es ist auch nicht ersichtlich,
inwiefern dem Verwaltungsgericht Willkür vorgeworfen werden könnte, weil es
der Auffassung der Assura, die Gemeinde sei nach kantonalem Recht
verpflichtet, die Prämienausstände zu begleichen, nicht gefolgt ist.

4.
Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Gerichtskosten der unterliegenden
Assura aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten
ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 3000.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau
und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 31. Januar 2008 / Wd

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Meyer Widmer