Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen I 84/2007
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I 84/07

Urteil vom 17. September 2007

I. sozialrechtliche Abteilung

Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichter Schön, Bundesrichterin Leuzinger,
Gerichtsschreiber Hochuli.

IV-Stelle des Kantons Thurgau, St. Gallerstrasse 13, 8500 Frauenfeld,
Beschwerdeführerin,

gegen

F.________, 1951, Beschwerdegegnerin, vertreten durch Rechtsanwalt Hans
Ulrich Grauer, Haldenstrasse 2, 8280 Kreuzlingen.

Invalidenversicherung,

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid der AHV/IV-Rekurskommission
des Kantons Thurgau vom 6. Dezember 2006.

Sachverhalt:

A.
F. ________, geboren 1951, war seit 1981 für die Firma E.________ AG als
Betriebsassistentin tätig. Am 2. August 1993 wurde sie von einem Hund in die
rechte (dominante) Hand und den rechten Vorderarm gebissen. Dabei zog sie
sich eine zweitgradig offene Fraktur des Radius und eine Luxation der
distalen Ulna im Sinne einer Galeazzi-Fraktur am rechten Vorderarm mit
Durchtrennung der Strecksehne des Kleinfingers zu. Wegen anhaltender
Beschwerden meldete sie sich am 13. Juli 1995 bei der IV-Stelle des Kantons
Thurgau zum Rentenbezug an. Nachdem die den Rentenanspruch der Versicherten
verneinenden Verfügungen der IV-Stelle mehrfach durch unangefochten in
Rechtskraft erwachsene Entscheide der AHV/IV-Rekurskommission des Kantons
Thurgau bestätigt worden waren, zuletzt unter anderem gestützt auf das
polydisziplinäre Gutachten der Medizinischen Abklärungsstelle (MEDAS) vom 16.
August 1999 (nachfolgend: MEDAS-Gutachten 1), meldete sich F.________ am 29.
August 2003 infolge einer Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes erneut
zum Rentenbezug an. Ihr Hausarzt Dr. med. N.________ attestierte ihr ab
22. April 2003 eine volle Arbeitsunfähigkeit. Nach erwerblichen und
medizinischen Abklärungen sprach die IV-Stelle der Versicherten bei einem
ermittelten Invaliditätsgrad von 66 % mit Wirkung ab 1. April 2004 eine
Dreiviertelsrente zu (Verfügungen vom 18. März und 14. Juni 2005). Dagegen
liess F.________ einspracheweise beantragen, es sei ihr eine ganze
Invalidenrente zuzusprechen. Unter Berücksichtigung der Ergebnisse einer
weiteren polydisziplinären Begutachtung in der MEDAS des Universitätsspitals
Basel vom 26. April 2006 (nachfolgend: MEDAS-Gutachten 2) hielt die IV-Stelle
an der zugesprochenen Dreiviertelsrente fest (Einspracheentscheid vom 29.
Juni 2006).

B.
Die hiegegen erhobene Beschwerde der F.________ hiess die
AHV/IV-Rekurskommission des Kantons Thurgau (nachfolgend: Rekurskommission
oder Vorinstanz) mit Entscheid vom 6. Dezember 2006 gut und hob den
Einspracheentscheid vom 29. Juni 2006 mit der Feststellung auf, der
Versicherten sei ab 1. April 2004 eine ganze Rente der Invalidenversicherung
auszurichten.

C.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt die IV-Stelle die Aufhebung des
kantonalen Entscheids vom 6. Dezember 2006.

Während F.________ auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliesst,
ersucht das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) mit Vernehmlassung vom
21. Mai 2007 um Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Am 1. Januar 2007 ist das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17. Juni
2005 (BGG; SR 173.110) in Kraft getreten (AS 2006 1205, 1243). Damit wurden
das Eidgenössische Versicherungsgericht und das Bundesgericht in Lausanne zu
einem einheitlichen Bundesgericht (an zwei Standorten) zusammengefügt
(Seiler/von Werdt/Güngerich, Bundesgerichtsgesetz [BGG], Bern 2007, S. 10 Rz.
75) und es wurde die Organisation und das Verfahren des obersten Gerichts
umfassend neu geregelt. Dieses Gesetz ist auf die nach seinem Inkrafttreten
eingeleiteten Verfahren des Bundesgerichts anwendbar, auf ein
Beschwerdeverfahren jedoch nur dann, wenn auch der angefochtene Entscheid
nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes ergangen ist (Art. 132 Abs. 1 BGG). Da
der Entscheid der AHV/IV-Rekurskommission des Kantons Thurgau am 6. Dezember
2006 und somit vor dem 1. Januar 2007 erlassen wurde, richtet sich das
Verfahren nach dem bis 31. Dezember 2006 in Kraft gestandenen Bundesgesetz
über die Organisation der Bundesrechtspflege (OG) vom 16. Dezember 1943 (vgl.
BGE 132 V 393 E. 1.2 S. 395).

2.
2.1 Der angefochtene Entscheid betrifft Leistungen der Invalidenversicherung.
Das Bundesgericht prüft daher nur, ob das vorinstanzliche Gericht Bundesrecht
verletzte, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, oder
ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig, unvollständig
oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt wurde
(Art. 132 Abs. 2 OG [in der Fassung gemäss Ziff. III des Bundesgesetzes vom
16. Dezember 2005 über die Änderung des IVG, in Kraft seit 1. Juli 2006] in
Verbindung mit Art. 104 lit. a und b sowie Art. 105 Abs. 2 OG). Diese neue
kognitionsrechtliche Regelung in invalidenversicherungsrechtlichen
Streitigkeiten kommt in allen nach dem 30. Juni 2006 anhängig gemachten
Verwaltungsgerichtsbeschwerden und somit auch im hier zu beurteilenden
Verfahren zur Anwendung (vgl. Ziff. II lit. c der Änderung vom 16. Dezember
2005 sowie BGE 132 V 393 E. 1.2 S. 395).

2.2 Mit Blick auf diese neue Kognitionsregelung für die Invalidenversicherung
ist aufgrund der Vorbringen in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu prüfen,
ob der angefochtene Gerichtsentscheid in der Anwendung der massgeblichen
materiell- und beweisrechtlichen Grundlagen Bundesrecht verletzt (Art. 104
lit. a OG), einschliesslich einer allfälligen rechtsfehlerhaften
Tatsachenfeststellung (Art. 105 Abs. 2 OG). Hingegen hat eine freie
Überprüfung des vorinstanzlichen Entscheides in tatsächlicher Hinsicht (Art.
132 lit. b OG) ebenso zu unterbleiben wie eine Prüfung der
Ermessensbetätigung (Art. 132 lit. a OG) nach den Grundsätzen zur
Angemessenheitskontrolle (BGE 126 V 75 E. 6 S. 81 mit Hinweisen). Auch
besteht (entgegen Art. 132 lit. c OG) Bindung an die Parteianträge, handelt
es sich doch nicht um eine Abgabestreitigkeit (Art. 114 Abs. 1 OG; zum Ganzen
BGE 132 V 393).

3.
Die Vorinstanz hat die für die Beurteilung des Anspruchs auf Invalidenrente,
namentlich deren Abstufung und die Ermittlung des Invaliditätsgrades,
einschlägigen Bestimmungen und Grundsätze zutreffend dargelegt. Darauf wird
verwiesen.

4.
Die Rekurskommission hat gestützt auf das ZMB-Gutachten 2 in tatsächlicher
Hinsicht zutreffend festgestellt, dass der Versicherten die Ausübung einer
leidensangepassten, körperlich leichten, wechselbelastenden Tätigkeit trotz
ihres Gesundheitsschadens mit einer Arbeitsfähigkeit von 30 % zumutbar ist,
was zu Recht von keiner Seite bestritten wird.

5.
Streitig ist, ob die bei der vorinstanzlichen Ermittlung des
Invaliditätsgrades berücksichtigten hypothetischen Vergleichsgrössen
(Validen- und Invalideneinkommen) im Rahmen der eingeschränkten Kognition (E.
2 hievor) einer Überprüfung standhalten. Die Beschwerde führende IV-Stelle
rügt, die Rekurskommission sei zu Unrecht davon ausgegangen, die Versicherte
habe vor Eintritt der Verschlechterung des Gesundheitszustandes im April 2003
unfreiwillig ein erheblich unterdurchschnittliches Einkommen erzielt. Deshalb
sei die gemäss angefochtenem Entscheid berücksichtigte proportionale Kürzung
des nach den Tabellenlöhnen bestimmten Invalideneinkommens nicht
gerechtfertigt. Dabei ist als Rechtsfrage frei zu prüfen, ob Tabellenlöhne
anwendbar sind, welches die massgebliche Tabelle ist und ob ein
(behinderungsbedingt oder anderweitig begründeter) Leidensabzug vorzunehmen
sei (BGE 132 V 393 E. 3.3 S. 399). Nicht anders verhält es sich in Bezug auf
die Fragen, ob von einem branchenunüblich tiefen Valideneinkommen auszugehen
ist und ob dies gegebenenfalls unter den besonderen Umständen des
Einzelfalles zur Folge hat, dass der als Invalideneinkommen anrechenbare
Durchschnittsverdienst entsprechend proportional zu kürzen ist.

5.1 Für die Ermittlung des Einkommens, welches die Versicherte ohne
Invalidität erzielen könnte (Valideneinkommen), ist entscheidend, was sie im
Zeitpunkt des frühest möglichen Rentenbeginns, im vorliegenden Fall am 1.
April 2004, nach dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit als
Gesunde tatsächlich verdient hätte (RKUV 1993 Nr. U 168 S. 100 E. 3, U
110/92). Dabei wird in der Regel am zuletzt erzielten, nötigenfalls der
Teuerung und der realen Einkommensentwicklung angepassten Verdienst
angeknüpft, da es empirischer Feststellung entspricht, dass die bisherige
Tätigkeit ohne Gesundheitsschaden fortgesetzt worden wäre. Ausnahmen müssen
mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erstellt sein (BGE 129 V 222 E. 4.3.1
S. 224 mit Hinweis).

5.1.1 Ausgehend vom Verdienst, welchen die Beschwerdegegnerin als
Betriebsmitarbeiterin der Firma V.________ AG basierend auf einem
45%-Teilzeitpensum während der Dauer des Arbeitsverhältnisses vom 10. Oktober
2001 bis 30. September 2003 erzielte, stellten Beschwerdeführerin und
Vorinstanz nach Umrechnung auf ein Vollzeitpensum und Anpassung an die
Nominallohnentwicklung von 2002 bis 2005 beim Einkommensvergleich
übereinstimmend auf ein Valideneinkommen von Fr. 35'020.- im Jahr 2005 ab.

5.1.2 Die implizite Annahme, die Versicherte hätte sich ohne gesundheitliche
Beeinträchtigung freiwillig und dauerhaft mit der Ausübung eines
Teilzeitpensums bei der Firma V.________ AG und einer entsprechend geringen
Entlöhnung begnügt, ist offensichtlich unrichtig und das Ergebnis einer
willkürlichen Beweiswürdigung. Zum einen handelte es sich bei der Tätigkeit
in der Firma V.________ AG um eine schlecht bezahlte Arbeit im Stundenlohn
(Fr. 15.- pro Stunde zuzüglich eine Ferien- und Feiertagszulage von Fr. 1.97
pro Stunde), welche die Beschwerdegegnerin vor Eintritt der gesundheitlichen
Verschlechterung (volle Arbeitsunfähigkeit ab 22. April 2003) nur während
relativ kurzer Zeit und ab 1. Juli 2002 nur noch mit einem auf 45 %
reduzierten Teilzeitpensum zu verrichten vermochte. Zum anderen bezieht die
Versicherte wegen den ihr dauerhaft verbleibenden gesundheitlichen Folgen des
Hundebisses vom 2. August 1993 bei einer unfallbedingten Erwerbseinbusse von
37 % mit Wirkung ab 1. August 1997 eine Invalidenrente nach UVG. Die
gegenteilige Behauptung der Beschwerde führenden IV-Stelle trifft nicht zu.
Den Akten sind keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass diese Rente
zwischenzeitlich aufgehoben worden wäre. Schliesslich ist festzuhalten, dass
nicht nur der Unfallversicherer bei der Ermittlung des versicherten
Verdienstes im Sinne von Art. 15 Abs. 2 (zweiter Teilsatz) UVG auf die vor
dem Unfall vom 2. August 1993 gegebenen Einkommensverhältnisse bei der Firma
E.________ AG abstellte, sondern auch die IV-Stelle mit in Rechtskraft
erwachsenen Verfügungen vom 11. Juni 1996 und 8. Oktober 1999 jeweils unter
ausdrücklicher Berücksichtigung eines Valideneinkommens als
Betriebsassistentin (der Firma E.________ AG) von Fr. 43'810.- (= Fr. 3'370 x
13) einen Rentenanspruch verneinte. Steht fest, dass die Beschwerdegegnerin
bei Eintritt der vollen Arbeitsunfähigkeit ab 22. April 2003 und Beginn der
einjährigen Wartezeit im Sinne von Art. 29 Abs. 1 lit. b IVG
gesundheitsbedingt bereits teilweise in ihrer Erwerbsfähigkeit eingeschränkt
war und IV-Stelle und Vorinstanz insoweit den rechtserheblichen Sachverhalt
offensichtlich unrichtig festgestellt haben, kann nach dem Gesagten nicht auf
das Valideneinkommen abgestellt werden, welches die Rekurskommission und die
Beschwerdeführerin dem Einkommensvergleich zu Grunde gelegt haben.

5.1.3 Die Versicherte absolvierte eine Ausbildung zur Textilverkäuferin,
welche sie zwei Wochen vor dem Lehrabschluss abbrach (MEDAS-Gutachten 2 S.
25). Daraufhin betätigte sie sich im Service und half ihrer Mutter, welche
ein Café führte. Mit 19 Jahren besuchte sie während einem halben Jahr eine
Kosmetikfachschule und sammelte anschliessend Berufserfahrungen in einem
zweijährigen Praktikum, wonach sie diese Ausbildung mit Diplom abschloss
(MEDAS-Gutachten 1 S. 2). Es folgten weitere Arbeitseinsätze im Service, als
selbständig erwerbende Kosmetikerin, im Verkauf sowie als Aufseherin und
Betreuerin von Spielautomaten. Unter den gegebenen Umständen lässt sich auf
Grund der tatsächlichen Verhältnisse das ohne gesundheitliche
Beeinträchtigung realisierte Einkommen nicht hinreichend genau beziffern,
weshalb Erfahrungs- und Durchschnittswerte heranzuziehen sind (Urteil I
732/06 vom 2. Mai 2007, E. 2.2 mit Hinweis auf AHI 1999 S. 240 E. 3b).

5.1.4 Laut Tabelle TA1 (monatlicher Bruttolohn nach Wirtschaftszweigen,
Anforderungsniveau des Arbeitsplatzes und Geschlecht im privaten Sektor) der
Schweizerischen Lohnstrukturerhebung (LSE) 2004 des Bundesamtes für Statistik
haben Frauen an Arbeitsplätzen auf dem Anforderungsniveau 4 im
gesamtschweizerischen Durchschnitt bei einer betriebsüblichen wöchentlichen
Arbeitszeit von 41,6 Stunden (Die Volkswirtschaft 2007 Heft 7/8 S. 90
Tabelle B9.2) im Jahre 2004 Fr. 48'587.- (= [Fr. 3'893.- : 40] x 41,6 x 12)
verdient. Geht man vom Jahreseinkommen von Fr. 43'810.- (vgl. E. 5.1.2
hievor) aus, welches die Versicherte als Gesunde vor dem Unfall vom 2. August
1993 erzielte, und berücksichtigt man die von 1993 bis 2004 eingetretene
Nominallohnentwicklung der Frauenlöhne (Anstieg des Nominallohnindexes [1939
= 100] bei Frauen von 2024 Punkten im Jahre 1993 [Die Volkswirtschaft 1995
Heft 12 S. *15 Tabelle B4.2] auf 2360 Punkte im Jahre 2004 [Die
Volkswirtschaft 2007 Heft 7/8 S. 91 Tabelle B10.3]), so resultiert für das
Jahr 2004 ein Valideneinkommen von Fr. 51'094.- (= [Fr. 43'810.- : 2024] x
2360).

5.2
5.2.1 Vorinstanz und IV-Stelle haben das Invalideneinkommen übereinstimmend
gestützt auf die statistischen Daten gemäss Tabelle TA13 der LSE (monatlicher
Bruttolohn nach Grossregionen, Anforderungsniveau des Arbeitsplatzes und
Geschlecht im privaten und öffentlichen Sektor) ermittelt. Dies steht im
Widerspruch zu der mit Beschluss des Gesamtgerichts des Eidgenössischen
Versicherungsgerichts vom 10. November 2005 (SZS 2007 S. 64, Urteil K. vom
22. August 2006, E. 3.2.3, I 424/05) begründeten Rechtsprechung, wonach bei
der Ermittlung von Validen- und Invalideneinkommen nicht mehr auf die nach
Grossregionen unterschiedenen statistischen Lohnangaben gemäss Tabelle TA13
der LSE abzustellen ist (Urteil des Eidgenössischen Versicherungsgerichts U
75/03 vom 12. Oktober 2006, E. 8, SVR 2007 UV Nr. 17 S. 56). Die Rechtsfrage,
welches bei der Feststellung der hypothetischen Vergleichseinkommen nach den
Tabellenlöhnen die massgebliche Tabelle ist (BGE 132 V 393 E. 3.3 S. 399),
untersteht dem Grundsatz der Rechtsanwendung von Amtes wegen (iura novit
curia), wonach das Gericht an die Rechtsauffassungen der Parteien nicht
gebunden ist (BGE 133 V 196 E. 1.4 i.f. S. 200). Nimmt die Versicherte nach
Eintritt des Gesundheitsschadens - oder, wie hier, nach Verschlechterung
ihres Gesundheitszustandes vom April 2003 (E. 5.1.2 hievor) - keine oder
jedenfalls keine ihr an sich zumutbare Erwerbstätigkeit mehr auf, können
praxisgemäss die Tabellenlöhne gemäss LSE herangezogen werden (BGE 129 V 472
E. 4.2.1 S. 475 mit Hinweisen), wobei hier - wie üblich (SVR 2003 IV Nr. 1 S.
3 E. 4b mit Hinweis) - von der Tabelle TA1 auszugehen ist.

5.2.2 Mit einfachen und repetitiven Tätigkeiten (LSE 2004 S. 53 TA1
Anforderungsniveau 4) beschäftigte Frauen verdienten bei einer wöchentlichen
Arbeitszeit von 40 Stunden im Jahre 2004 in der Schweiz monatlich Fr. 3'893.-
(LSE 2004, a.a.O., Zeile "Total"), was bei Annahme einer durchschnittlichen
betriebsüblichen wöchentlichen Arbeitszeit von 41,6 Stunden im Jahre 2004
(Die Volkswirtschaft 2007 Heft 7/8 S. 91 Tabelle B9.2 Zeile A-O "Total")
einem Einkommen von monatlich Fr. 4'049.- (= [Fr. 3'893.- : 40] x 41,6) und
jährlich Fr. 48'587.- (= Fr. 4'049.- x 12) entspricht. Unter Berücksichtigung
der invaliditätsbedingt auf 30 % eingeschränkten Arbeitsfähigkeit (E. 4
hievor) vermöchte die Beschwerdegegnerin somit zumutbarerweise ein
Invalideneinkommen von Fr. 14'576.- (= Fr. 48'587.- x 0,3) zu erzielen.

5.3 Unabhängig davon, ob dieses Invalideneinkommen mit dem auf der Basis des
vor dem Unfall vom 2. August 1993 erzielten Lohnes ermittelten
Valideneinkommen von Fr. 51'094.- (E. 5.1.4 hievor) verglichen wird oder mit
dem Validenlohn von Fr. 48'587.-, welcher auf der Grundlage des
Tabellenlohnes gemäss Tabelle TA1 der LSE 2004 beruht, resultiert in jedem
Fall ein Invaliditätsgrad von mindestens 70 %. Die Frage, ob und in welchem
Ausmass die Tabellenlöhne gegebenenfalls praxisgemäss (BGE 129 V 472 E. 4.2.3
S. 481, 126 V 75 E. 5b/aa-cc S. 79) unter Berücksichtigung sämtlicher
persönlicher und beruflicher Umstände des konkreten Einzelfalls
(leidensbedingte Einschränkung, Alter, Dienstjahre,
Nationalität/Aufenthaltskategorie und Beschäftigungsgrad) herabzusetzen sind,
kann hier mit der Vorinstanz offen bleiben.

5.4 Steht nach dem Gesagten fest, dass die Versicherte seit Eintritt der
vollen Arbeitsunfähigkeit ab 22. April 2003 aus gesundheitlichen Gründen eine
Einschränkung der Erwerbsfähigkeit von (mindestens) 70 % hinzunehmen hat, ist
der angefochtene Entscheid, womit die Vorinstanz einen Anspruch auf eine
ganze Invalidenrente mit Wirkung ab 1. April 2004 bejaht hat, im Ergebnis
nicht zu beanstanden.

6.
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 134 zweiter Satz OG in der seit 1.
Juli 2006 geltenden Fassung). Die Gerichtskosten sind der Beschwerde
führenden IV-Stelle als der unterliegenden Partei aufzuerlegen (Art. 156 Abs.
1 OG in Verbindung mit Art. 135 OG ). Die obsiegende anwaltlich vertretene
Beschwerdegegnerin hat Anspruch auf eine Parteientschädigung zu Lasten der
Beschwerdeführerin (Art. 159 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 135 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt und
mit dem geleisteten Kostenvorschuss verrechnet.

3.
Die Beschwerdeführerin hat der Beschwerdegegnerin für das Verfahren vor dem
Bundesgericht eine Parteientschädigung von Fr. 2'500.- (einschliesslich
Mehrwertsteuer) zu bezahlen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, der AHV/IV-Rekurskommission des Kantons
Thurgau, dem AHV-Ausgleichskasse FER-CIFA, Fribourg, und dem Bundesamt für
Sozialversicherungen zugestellt.

Luzern, 17. September 2007

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: