Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen I 31/2007
Zurück zum Index Sozialrechtliche Abteilungen 2007
Retour à l'indice Sozialrechtliche Abteilungen 2007


I 31/07

Urteil vom 8. Januar 2008

I. sozialrechtliche Abteilung

Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichterinnen Widmer, Leuzinger,
Gerichtsschreiberin Schüpfer.

S. ________, 1974, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Jürg
Baur, Bahnhofstrasse 55, 8600 Dübendorf,

gegen

IV-Stelle des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich,
Beschwerdegegnerin.

Invalidenversicherung,

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des
Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 30. November 2006.

Sachverhalt:

A.
Die 1974 geborene, als Produktionsmitarbeiterin in einer
Medizinaltechnikfirma angestellte S.________ meldete sich am 14. November
2002 bei der Sozialversicherungsanstalt des Kantons Zürich, IV-Stelle, wegen
Abszessen unter beiden Armen zum Bezug von Leistungen an. Die IV-Stelle
klärte den Sachverhalt unter Beizug von Berichten des Hausarztes Dr. med.
C.________, allgemeine Medizin FMH, und der Klinik für
Wiederherstellungschirurgie des Spitals X.________ ab. Mit Verfügung vom 12.
Januar 2004 sprach sie der Versicherten eine vom 1. November 2001 bis 31.
Oktober 2002 befristete ganze Invalidenrente nebst Zusatzrenten zu. Im
daraufhin von S.________ angehobenen Einspracheverfahren, mit welchem die
Weiterausrichtung der ganzen Rente über den 1. November 2002 hinaus beantragt
wurde, gab die IV-Stelle beim Medizinischen Zentrum Römerhof (MZR) ein
polydisziplinäres Gutachten in Auftrag, welches dieses am 24. Juni 2005
erstattete. Gestützt auf die darin enthaltenen Erkenntnisse wies die
IV-Stelle die Einsprache mit Entscheid vom 15. September 2005 ab.

B.
Die dagegen erhobene Beschwerde hiess das Sozialversicherungsgericht des
Kantons Zürich in dem Sinne teilweise gut, als es für die Zeit vom 1.
November 2002 bis 28. Februar 2003 den Anspruch der S.________ auf eine ganze
Invalidenrente bejahte. Im Übrigen wies es die Beschwerde ab (Entscheid vom
30. November 2006).

C.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt S.________ die Weiterausrichtung
einer ganzen Rente über den 1. März 2003 hinaus beantragen. Eventuell sei ihr
vom 1. März 2003 bis 30. März 2004 eine Viertelsrente und der Folge eine
halbe Rente zu gewähren.

Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das
Bundesamt für Sozialversicherungen hat auf eine Vernehmlassung verzichtet.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Am 1. Januar 2007 ist das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17. Juni
2005 (BGG; SR 173.110) in Kraft getreten (AS 2006 1205, 1243). Dieses Gesetz
ist auf die nach seinem Inkrafttreten eingeleiteten Verfahren des
Bundesgerichts anwendbar, auf ein Beschwerdeverfahren jedoch nur dann, wenn
auch der angefochtene Entscheid nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes
ergangen ist (Art. 132 Abs. 1 BGG). Da der kantonale Gerichtsentscheid vor
dem 1. Januar 2007 erlassen wurde, richtet sich das Verfahren nach dem bis
31. Dezember 2006 in Kraft gestandenen Bundesgesetz über die Organisation der
Bundesrechtspflege (OG) vom 16. Dezember 1943 (vgl. BGE 132 V 393 E. 1.2 S.
395).

2.
2.1 Der angefochtene Entscheid betrifft Leistungen der Invalidenversicherung.
Das Bundesgericht prüft daher nur, ob das vorinstanzliche Gericht Bundesrecht
verletzte, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, oder
ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig, unvollständig
oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt wurde
(Art. 132 Abs. 2 OG [in der Fassung gemäss Ziff. III des Bundesgesetzes wurde
16. Dezember 2005 über die Änderung des IVG, in Kraft seit 1. Juli 2006] in
Verbindung mit Art. 104 lit. a und b sowie Art. 105 Abs. 2 OG).

2.2 Mit Blick auf diese neue Kognitionsregelung für die Invalidenversicherung
ist auf Grund der Vorbringen in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu prüfen,
ob der angefochtene Gerichtsentscheid in der Anwendung der massgeblichen
materiell- und beweisrechtlichen Grundlagen Bundesrecht verletzt (Art. 104
lit. a OG), einschliesslich einer allfälligen rechtsfehlerhaften
Tatsachenfeststellung (Art. 105 Abs. 2 OG). Hingegen hat eine freie
Überprüfung des vorinstanzlichen Entscheides in tatsächlicher Hinsicht (aArt.
132 lit. b OG) ebenso zu unterbleiben wie eine Prüfung der
Ermessensbetätigung (aArt. 132 lit. a OG) nach den Grundsätzen zur
Angemessenheitskontrolle (BGE 126 V 75 E. 6 S. 81 mit Hinweisen). Auch
besteht (entgegen aArt. 132 lit. c OG) Bindung an die Parteianträge, handelt
es sich doch nicht um eine Abgabestreitigkeit (Art. 114 Abs. 1 OG; zum
Ganzen: BGE 132 V 393 E. 2.2 S. 396).

3.
Im vorinstanzlichen Entscheid werden die rechtlichen Grundlagen der
rückwirkenden Zusprechung einer abgestuften und/oder befristeten
Invalidenrente (Art. 17 ATSG in Verbindung mit Art. 88a IVV [in der bis 31.
Dezember 2003 und vom 1. Januar bis 29. Februar 2004 gültig gewesenen sowie
in der seit 1. März 2004 geltenden Fassung]; BGE 121 V 264 E. 6b/dd [mit
Hinweis] S. 275, 109 V 125 E. 4a S. 127; Urteil I 82/01 vom 27. November
2001, E. 1, publ. in: AHI 2002 S. 62) sowie die Rechtsprechung zum Beweiswert
der im Rahmen des Verwaltungsverfahrens eingeholten Gutachten externer
Spezialärztinnen und -ärzte (BGE 125 V 351 E. 3b/bb S. 353 mit Hinweisen)
zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen.

4.
4.1 Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde richtet sich gegen die vorinstanzlich
verfügte Aufhebung des ganzen Rentenanspruchs auf den 1. März 2003. Es wird
geltend gemacht, das kantonale Gericht habe nicht berücksichtigt, dass die
Beschwerdeführerin sowohl an somatischen Gesundheitsschäden, wie auch unter
einer psychischen Beeinträchtigung leide. Insbesondere sei aber nicht
berücksichtigt worden, dass es sich bei der Krankheit der Versicherten um ein
fluktuierendes Geschehen handle. Die Abszesse unter den Armen aber auch im
Brustbereich würden immer wieder aufflackern und zu neuen Eingriffen zwingen.
Dies habe jeweils auch Auswirkungen auf den psychischen Gesundheitszustand.
Das Gutachten des MZR vom 24. Juni 2005 stelle lediglich eine Momentaufnahme
dar. Zudem sei die Beschwerdeführerin wegen des wechselnden Verlaufs ihres
Gesundheitszustandes für einen Arbeitgeber nicht zumutbar. Die
Beschwerdeführerin belegt ihre Sachverhaltsdarstellung unter anderem mit
neuen Arztberichten.

4.2 Die gerichtliche Feststellung der (Rest-)Arbeitsfähigkeit (vgl. Art. 6
und Art. 16 ATSG) ist, soweit sie sich auf konkrete ärztliche Stellungnahmen
zum Gesundheitszustand stützt, eine Tatfrage und als solche letztinstanzlich
nur unter dem eingeschränkten Blickwinkel von Art. 105 Abs. 2 OG überprüfbar
(vgl. E. 1.2); entsprechendes gilt für die Frage, ob sich eine
Arbeits(un)fähigkeit in einem bestimmten Zeitraum in einem
rentenrevisionsrechtlich relevanten Sinne (Art. 17 ATSG; Art. 87 Abs. 3 und 4
IVV) verändert hat (Urteil des Bundesgerichts I 692/06 vom 19. Dezember 2006,
E. 3.1).

4.3 Die vorinstanzliche Feststellung einer ab 6. November 2003 bestehenden
vollen Arbeitsfähigkeit in einer leichten Tätigkeit ohne Arbeiten über
Schulterhöhe ist im Lichte der Akten weder als offensichtlich unrichtig noch
als unvollständig oder sonstwie mangelhaft im Sinne von Art. 105 Abs. 2 OG zu
qualifizieren (vgl. E. 1.2 hievor). Sie beruht überdies auf einer
sorgfältigen, objektiven und inhaltsbezogenen, mithin bundesrechtskonformen
Würdigung der medizinischen Einschätzungen im Gutachten des MZR vom 24. Juni
2005, welches seinerseits den einschlägigen bundesrechtlichen
Beweisgrundsätzen (vgl. BGE 132 V 393 E. 4.1 S. 400, 125 V 351 E. 3a S. 352)
genügt und daher vorinstanzlich zu Recht als verlässliche
Entscheidungsgrundlage eingestuft wurde. Insbesondere steht auch fest, dass
sich die gesundheitlichen Verhältnisse spätestens ab dem 6. November 2003
wesentlich und anhaltend verändert haben, sodass sich eine revisionsweise
Aufhebung des Rentenanspruchs rechtfertigte. Davon gehen auch die
behandelnden Ärzte, Dr. med. C.________ und Dr. med. W.________ von der
Klinik für Wiederherstellungschirurgie, Zürich, aus, attestieren sie der
Beschwerdeführerin doch ab Mitte Oktober 2002 (Dr. C.________)
beziehungsweise 6. November 2002 (Dr. W.________) eine volle Arbeitsfähigkeit
an einem angepassten Arbeitsplatz.
Am vollen Beweiswert des MZR-Gutachtens ändert namentlich nichts, dass die
Ärzte von dem im Untersuchungszeitpunkt aktuellen Gesundheitszustand der
Beschwerdeführerin berichten und mögliche künftige Rezidive nicht schon zum
vornherein mitberücksichtigen. Bei einer längere Zeit dauernden erheblichen
Verschlechterung kann sich die Beschwerdeführerin jederzeit mit einer
Neuanmeldung wieder an die Invalidenversicherung wenden. Hinweise, dass sich
der Gesundheitszustand vom Juni 2005 (Gutachten) bis zum Erlass des
Einspracheentscheides am 15. September 2005 wesentlich und dauerhaft
verändert hätte, sind gemäss verbindlicher Feststellung der Vorinstanz nicht
vorhanden. Die ärztliche Einschätzung ist angesichts der konkret
diagnostizierten Gesundheitsschäden durchaus nachvollziehbar, einleuchtend
und überzeugend (vgl. BGE 125 V 351 E. 3a S. 352). Auch die übrigen Einwände,
insbesondere hinsichtlich der Beurteilung des psychischen
Gesundheitszustandes der Beschwerdeführerin, mit dem sinngemässen Vorwurf
einer bundesrechtswidrigen Beweiswürdigung durch die Vorinstanz (vgl. BGE 132
V 393 E. 4.1 S. 400), halten nicht stand. Im angefochtenen Entscheid wird
detailliert dargelegt, weshalb das Gericht zur Erkenntnis gelangt, es bestehe
auf Grund des psychiatrischen Befundes kein Grund zur Annahme eines
psychischen Leidens mit Krankheitswert und es sei insbesondere nicht
ersichtlich, weshalb die Beschwerdeführerin nicht über psychische Ressourcen
verfügen sollte, welche es ihr erlaubten, mit ihren Schmerzen umzugehen. Im
Rahmen der eingeschränkten Kognition ebenfalls zu keiner richterlichen
Korrektur Anlass gibt der Zeitpunkt (1. März 2003; drei Monate nach Beginn
der attestierten vollen Arbeitsfähigkeit am 6. November 2002), ab welchem die
Vorinstanz eine volle Arbeitsfähigkeit in einer angepassten Tätigkeit
angenommen hat. Die vom kantonalen Gericht vorgenommene Invaliditätsbemessung
gibt nach Lage der Akten und der Parteivorbringen zu keinen Beanstandungen
tatsächlicher (Art. 105 Abs. 2 OG) oder rechtlicher (Art. 104 lit. a OG) Art
Anlass.

5.
Schliesslich erachtet die Beschwerdeführerin den vom kantonalen Gericht
bestätigten Leidensabzug von 15 % als zu niedrig. Die Gewährung des
leidensbedingten Abzuges (vgl. dazu BGE 126 V 75) ist eine typische
Ermessensfrage, deren Beantwortung letztinstanzlicher Korrektur nur mehr dort
zugänglich ist, wo das kantonale Gericht das Ermessen rechtsfehlerhaft
ausgeübt hat, also Ermessensüberschreitung, -missbrauch oder -unterschreitung
vorliegt (Art. 104 lit. a OG). Dies ist hier nicht der Fall. Zudem würde auch
ein maximaler Abzug von 25 % zu keinem Rentenanspruch führen.

6.
Bei diesem Verfahrensausgang hat die Beschwerdeführerin die gestützt auf Art.
134 OG (in der von 1. Juli bis 31. Dezember 2006 in Kraft gestandenen
Fassung; vgl. E. 2 hievor) zu erhebenden Gerichtskosten zu tragen (Art. 135
in Verbindung mit Art. 156 Abs. 1 OG), und es bleibt bei der vorinstanzlich
zugesprochener reduzierten Parteientschädigung.

erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt und
mit dem bereits geleisteten Kostenvorschuss in gleicher Höhe verrechnet.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 8. Januar 2008

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:

Ursprung Schüpfer