Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen I 22/2007
Zurück zum Index Sozialrechtliche Abteilungen 2007
Retour à l'indice Sozialrechtliche Abteilungen 2007


I 22/07

Urteil vom 22. Juni 2007
II. sozialrechtliche Abteilung

Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Borella, Seiler,
Gerichtsschreiber Schmutz.

M.________, 1959, Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Martin Keiser, Pestalozzistrasse 2,
8200 Schaffhausen,

gegen

IV-Stelle des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich,
Beschwerdegegnerin.

Invalidenversicherung,

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des
Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 24. November 2006.

Sachverhalt:

A.
M.________, geboren 1959, gelernter Bootsbauer und Zimmermann, ist seit 1988
Geschäftsführer der Firma X.________ GmbH, mit Sitz in Y.________ und
Zweigniederlassung in Z.________, die das Ausführen von Holz- und
Glasbauarbeiten sowie den Handel mit Holz-, Garten- und Freizeitprodukten
bezweckt. Am 29. Juli 2004 meldete er sich bei der Invalidenversicherung zum
Leistungsbezug an. Nach Abklärungen in medizinischer und
beruflich-erwerblicher Hinsicht und Einholung einer Expertise der
medizinischen Begutachtungsstelle des Medizinischen Zentrums H.________ (vom
11. Juli 2005) verweigerte die IV-Stelle des Kantons Zürich mit Verfügung vom
29. Juli 2005 bei einem Invaliditätsgrad von 30 % den Anspruch auf eine
IV-Rente. Sie bestätigte dies mit Einspracheentscheid vom 18. Oktober 2005.

B.
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des
Kantons Zürich mit Entscheid vom 24. November 2006 ab.

C.
M.________ führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde und beantragt, der
vorinstanzliche Entscheid sei aufzuheben und die Sache zur weiteren Abklärung
an die IV-Stelle zurückzuweisen; eventualiter sei ihm eine ganze Rente der
Invalidenversicherung zuzusprechen.

Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde.
Vorinstanz und Bundesamt für Sozialversicherungen verzichten auf
Vernehmlassung.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005 (BGG; SR 173.110)
ist am 1. Januar 2007 in Kraft getreten (AS 2006 1205, 1243). Da der
angefochtene Entscheid vorher ergangen ist, richtet sich das Verfahren noch
nach OG (Art. 132 Abs. 1 BGG; BGE 132 V 393 E. 1.2 S. 395).

2.
2.1 Der angefochtene Entscheid betrifft Leistungen der Invalidenversicherung.
Das Bundesgericht prüft daher nur, ob das vorinstanzliche Gericht Bundesrecht
verletzte, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, oder
ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig, unvollständig
oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt wurde
(Art. 132 Abs. 2 OG [in der Fassung gemäss Ziff. III des Bundesgesetzes vom
16. Dezember 2005 über die Änderung des IVG, in Kraft seit 1. Juli 2006] in
Verbindung mit Art. 104 lit. a und b sowie Art. 105 Abs. 2 OG).

2.2 Mit Blick auf diese neue Kognitionsregelung für die Invalidenversicherung
ist auf Grund der Vorbringen in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu prüfen,
ob der angefochtene Gerichtsentscheid in der Anwendung der massgeblichen
materiell- und beweisrechtlichen Grundlagen Bundesrecht verletzt (Art. 104
lit. a OG), einschliesslich einer allfälligen rechtsfehlerhaften
Tatsachenfeststellung (Art. 105 Abs. 2 OG). Hingegen hat eine freie
Überprüfung des vorinstanzlichen Entscheides in tatsächlicher Hinsicht (aArt.
132 lit. b OG) ebenso zu unterbleiben wie eine Prüfung der
Ermessensbetätigung (aArt. 132 lit. a OG) nach den Grundsätzen zur
Angemessenheitskontrolle (BGE 126 V 75 E. 6 S. 81 mit Hinweisen). Auch
besteht (entgegen aArt. 132 lit. c OG) Bindung an die Parteianträge, handelt
es sich doch nicht um eine Abgabestreitigkeit (Art. 114 Abs. 1 OG; zum
Ganzen: BGE 132 V 393 E. 2.2 S. 396).

3.
Streitig und zu prüfen ist der Anspruch auf Invalidenrente. Im angefochtenen
Gerichtsentscheid werden die Bestimmungen und Grundsätze über den Begriff der
Invalidität (Art. 8 Abs. 1 ATSG in Verbindung mit Art. 4 Abs. 1 IVG) und die
Ermittlung des Invaliditätsgrades bei erwerbstätigen Versicherten
(Einkommensvergleichsmethode [Art. 16 ATSG in Verbindung mit Art. 28 Abs. 2
IVG; BGE 104 V 135 E. 2a und b S. 136]) sowie die Voraussetzungen für einen
Rentenanspruch und dessen Umfang (Art. 28 IVG) richtig angegeben. Darauf wird
verwiesen. Dasselbe gilt hinsichtlich der Rechtsprechung zum Beweiswert
ärztlicher Berichte (BGE 125 V 351 f. E. 3 S. 352 mit Hinweisen).

4.
Der Beschwerdeführer wirft der Vorinstanz die Verletzung des rechtlichen
Gehörs vor, da sie sich im angefochtenen Entscheid nicht mit dem Bericht von
Frau Prof. Dr. phil. R.________ von der Neurologischen Klinik und Poliklinik
des Universitätsspitals A.________ vom 17. Februar 2006 inhaltlich
auseinandergesetzt und damit gegen die Begründungspflicht verstossen habe.

4.1 Gemäss Art. 29 Abs. 2 BV haben die Parteien Anspruch auf rechtliches
Gehör. Das rechtliche Gehör dient einerseits der Sachaufklärung, andererseits
stellt es ein persönlichkeitsbezogenes Mitwirkungsrecht beim Erlass eines
Entscheids dar, welcher in die Rechtsstellung einer Person eingreift. Dazu
gehört insbesondere deren Recht, sich vor Erlass des in ihre Rechtsstellung
eingreifenden Entscheids zur Sache zu äussern, erhebliche Beweise
beizubringen, Einsicht in die Akten zu nehmen, mit erheblichen Beweisanträgen
gehört zu werden und an der Erhebung wesentlicher Beweise entweder
mitzuwirken oder sich zumindest zum Beweisergebnis zu äussern, wenn dieses
geeignet ist, den Entscheid zu beeinflussen (BGE 132 V 368 E. 3.1 S. 370 mit
Hinweisen).

4.2 Die hier interessierende Begründungspflicht ist wesentlicher Bestandteil
des verfassungsrechtlichen Gehörsanspruchs. Diese soll verhindern, dass sich
die Behörde von unsachlichen Motiven leiten lässt, und es dem Betroffenen
ermöglichen, die Verfügung gegebenenfalls sachgerecht anzufechten. Dies ist
nur möglich, wenn sowohl er wie auch die Rechtsmittelinstanz sich über die
Tragweite des Entscheides ein Bild machen können. In diesem Sinn müssen
wenigstens kurz die Überlegungen genannt werden, von denen sich die Behörde
hat leiten lassen und auf welche sich ihre Verfügung stützt. Dies bedeutet
indessen nicht, dass sie sich ausdrücklich mit jeder tatbeständlichen
Behauptung und jedem rechtlichen Einwand auseinandersetzen muss. Vielmehr
kann sie sich auf die für den Entscheid wesentlichen Gesichtspunkte
beschränken (BGE 124 V 180 E. 1a S. 181 mit Hinweisen; Georg Müller, in
Kommentar aBV, Art. 4 Rz 112 ff. mit Hinweisen). Die Vorinstanz hat in den
Erwägungen einlässlich dargelegt, worauf sie sich stützt. Wenn das kantonale
Gericht bei der Würdigung des medizinischen Sachverhaltes den im Entscheid
aufgeführten Bericht der Frau Prof. R.________ nicht mitberücksichtigt hat,
so offensichtlich deshalb, weil es ihn als nicht erheblich erachtete. Es ist
dies nicht eine Frage der Begründungspflicht, sondern der
Sachverhaltsfeststellung, die für das Bundesgericht verbindlich (BGE 132 V
393 E. 3.2 S. 397) und nur im Rahmen von Art. 105 Abs. 2 OG zu überprüfen
ist, also bei offensichtlicher Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit, was hier
jedoch nicht der Fall ist. Entgegen der Darstellung in der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde hat die Vorinstanz auch den Bericht des Dr.
med. S.________, Neurologische Klinik und Poliklinik des Universitätsspitals
A.________, vom 13. Juli 2005 gewürdigt.

5.
Die Vorinstanz ist wie die Beschwerdegegnerin gestützt auf das Gutachten des
Medizinischen Zentrums H.________ vom 11. Juli 2005 von einer 70-prozentigen
Arbeitsfähigkeit ausgegangen. Dabei handelt es sich nicht um eine
offensichtlich unrichtige oder unvollständige Sachverhaltsfeststellung. Auch
aus dem Bericht der Frau Prof. R.________ ergibt sich nichts zu Gunsten des
Beschwerdeführers. Sie erwähnt eine Pseudodemenz mit erheblicher Aggravation
(s. auch die Wiedergabe ihrer Aussage im Bericht des Dr. med. G.________,
Facharzt FMH für Psychiatrie und Psychotherapie, vom 2. März 2006), was nicht
invalidisierend ist (vgl. Urteile vom 29. September 1989 [U 66/86] E. 7d und
20. Dezember 1988 [I 504/87] E. 4). Dass im Gutachten des Medizinischen
Zentrums H.________ von einer "Gartenbaufirma" die Rede ist, - an anderer
Stelle wird jedoch zutreffend erwähnt, dass der Betrieb des Beschwerdeführers
Schwimmbäder, Gartenanlagen und Wintergärten konstruiert (Gutachten S. 4) -,
ändert an der Aussagekraft der Expertise nichts. Aus dem vom Unternehmen am
11. August 2004 mit Unterlagen eingereichten "Fragebogen für den Arbeitgeber"
geht hervor, dass in diesem Betrieb für den Beschwerdeführer ähnliche
Arbeiten anfallen wie bei einem Leiter einer Gartenbaufirma. Dass er nicht
mehr voll in der Montage mitwirken kann, ist mit der bloss 70-prozentigen
Arbeitsfähigkeit berücksichtigt.

6.
6.1 Was die Bemessung des Invaliditätsgrades betrifft, ist festzustellen, dass
ein im Arbeitgeberfragebogen bezeichnetes Invalideneinkommen von Fr. 20'000.-
nur bedingt aussagekräftig ist, da die Angabe von der Ehefrau des
Beschwerdeführers gemacht worden ist; auch das dort benannte und von der
Beschwerdegegnerin übernommene Valideneinkommen von Fr. 100'000.- ist
angesichts der für die Vorjahre meist erheblich tieferen Einträge im Auszug
aus dem individuellen Konto fraglich.

6.2 Lassen sich die beiden hypothetischen Erwerbseinkommen nicht zuverlässig
ermitteln oder schätzen, so ist in Anlehnung an die spezifische Methode für
Nichterwerbstätige (Art. 27 IVV) ein Betätigungsvergleich anzustellen und der
Invaliditätsgrad nach Massgabe der erwerblichen Auswirkungen der verminderten
Leistungsfähigkeit in der konkreten erwerblichen Situation zu bestimmen.
Dabei wird, im Unterschied zur spezifischen Methode für Nichterwerbstätige,
die Invalidität nicht unmittelbar nach Massgabe des Betätigungsvergleichs als
solchem bemessen. Vielmehr ist zunächst anhand des Betätigungsvergleichs die
leidensbedingte Behinderung festzustellen; sodann aber ist diese im Hinblick
auf ihre erwerbliche Auswirkung besonders zu gewichten. Eine bestimmte
Einschränkung im funktionellen Leistungsvermögen eines Erwerbstätigen kann
zwar, braucht aber nicht notwendigerweise, eine Erwerbseinbusse gleichen
Umfangs zur Folge zu haben. Wollte man bei Erwerbstätigen ausschliesslich auf
das Ergebnis des Betätigungsvergleichs abstellen, so wäre der gesetzliche
Grundsatz verletzt, wonach bei dieser Kategorie von Versicherten die
Invalidität nach Massgabe der Erwerbsunfähigkeit zu bestimmen ist
(ausserordentliches Bemessungsverfahren; BGE 128 V 29 E. 1 S. 30, 104 V 135
E. 2c S. 137; AHI 1998 S. 120 E. 1a und S. 252 E. 2b).

6.3 Es ist angesichts der konkreten Verhältnisse indessen nicht zu
beanstanden, dass die Vorinstanz im Sinne eines Prozentvergleiches
vorgegangen ist (Urteil vom 25. März 2003, I 166/02, E. 4.2). Zwar wären
grundsätzlich die einzelnen Tätigkeiten des Beschwerdeführers zu gewichten,
doch kann in Anlehnung an den Prozentvergleich auch beim ausserordentlichen
Bemessungsverfahren der Anspruch auf eine Invalidenrente verneint werden,
ohne dass die einzelnen Bemessungsfaktoren möglichst exakt und konkret zu
ermitteln sind, wenn sich nur unter unrealistischen Annahmen ein
rentenbegründender Invaliditätsgrad ergeben würde (Urteil vom 18. Dezember
2002, I 72/02, E. 4). Dies ist hier der Fall. Zwar sind die Tätigkeiten des
Beschwerdeführers im eben genannten Fragebogen nur ungenau gewichtet
angegeben worden, aber es ergibt sich daraus das Bild einer
wechselbelastenden, nicht einseitigen Tätigkeit, was global gemäss der
medizinischen Beurteilung zu 70 % zumutbar ist. Es ist unrealistisch
anzunehmen, dass diejenigen Tätigkeiten, die dem Beschwerdeführer nicht mehr
zumutbar sind, einen so grossen Anteil an der gesamten Tätigkeit ausmachen
könnten, dass sich insgesamt ein rentenbegründender Invaliditätsgrad ergäbe.

7.
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 134 zweiter Satz OG in der ab 1. Juli
2006 geltenden Fassung). Die Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer als
unterliegender Partei aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 in Verbindung mit Art.
135 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt und
mit dem geleisteten Kostenvorschuss verrechnet.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich, der Ausgleichskasse des Kantons Zürich und dem Bundesamt für
Sozialversicherungen zugestellt.

Luzern, 22. Juni 2007

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: