Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen I 101/2007
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I 101/07

Urteil vom 3. Januar 2008

I. sozialrechtliche Abteilung

Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichterin Widmer, nebenamtlicher
Bundesrichter Brunner,
Gerichtsschreiber Lanz.

K. ________, 1975,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Dominique
Chopard, Werdstrasse 36, 8004 Zürich,

gegen

IV-Stelle des Kantons Zürich,
Röntgenstrasse 17, 8087 Zürich,
Beschwerdegegnerin.

Invalidenversicherung,

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den
Entscheid des Sozialversicherungsgerichts
des Kantons Zürich vom 5. Dezember 2006.

Sachverhalt:

A.
Der 1975 geborene K.________ meldete sich im November 2002 unter Hinweis auf
seit einem Autounfall im Jahr 1995 bestehende Beschwerden bei der
Invalidenversicherung zum Rentenbezug an. Die IV-Stelle des Kantons Zürich
tätigte medizinische und berufliche Abklärungen; namentlich holte sie ein
Gutachten des Medizinischen Zentrums X.________ (MZX) vom 5. November 2004
ein und zog die Akten der Unfallversicherung bei. Mit Verfügung vom 25.
November 2004 verneinte die IV-Stelle einen Rentenanspruch mangels eines
leistungsbegründenden Invaliditätsgrades. Die dagegen erhobene Einsprache
hiess sie teilweise gut und sprach dem Versicherten rückwirkend ab 1.
November 2002 unter Annahme eines Invaliditätsgrades von 46 % eine
Viertelsrente zu (Einspracheentscheid vom 10. August 2005).

B.
Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich wies die gegen den
Einspracheentscheid eingereichte Beschwerde nach Gewährung der
unentgeltlichen Verbeiständung mit Entscheid vom 5. Dezember 2006 ab.

C.
K.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen und beantragen, in
Aufhebung des angefochtenen Entscheides sei ihm eine Invalidenrente auf der
Grundlage eines Invaliditätsgrades von mindestens 60 % auszurichten. Weiter
wird um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das letztinstanzliche
Verfahren ersucht.

Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde,
während das Bundesamt für Sozialversicherungen auf eine Stellungnahme
verzichtet.

Mit nachträglicher Eingabe vom 2. Juni 2007 reicht der Versicherte
sanitätsdienstliche Akten und einen Bericht des Psychiatrischen Zentrums
Y.________ vom 11. Dezember 2006 ein.

Am 27. September 2007 wies das Bundesgericht das Gesuch um unentgeltliche
Rechtspflege ab.

Erwägungen:

1.
Am 1. Januar 2007 ist das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17. Juni
2005 (BGG; SR 173.110) in Kraft getreten (AS 2006 1205, 1243). Der
angefochtene Entscheid ist indessen vorher ergangen, weshalb sich das
Verfahren noch nach dem Bundesgesetz über die Organisation der
Bundesrechtspflege vom 16. Dezember 1943 (OG) richtet (Art. 132 Abs. 1 BGG;
BGE 132 V 393 E. 1.2 S. 395).

2.
Nach Ablauf der Rechtsmittelfrist können - ausser im Rahmen eines zweiten
Schriftenwechsels - keine neuen Akten mehr eingebracht werden. Vorzubehalten
ist immerhin der Fall, dass solche Aktenstücke neue erhebliche Tatsachen oder
entscheidende Beweismittel im Sinne von Art. 137 lit. b OG darstellen und als
solche eine Revision des Gerichtsurteils rechtfertigen könnten (BGE 127 V
353). Derartige massgebende neue Gesichtspunkte sind in den nachträglich
eingereichten Akten indes nicht enthalten. Sie sind daher unter
revisionsrechtlichem Gesichtswinkel im Sinne von Art. 137 lit. b OG
unerheblich und haben bei der Beurteilung ausser Acht zu bleiben.

3.
3.1 Der angefochtene Entscheid betrifft Leistungen der Invalidenversicherung.
Das Bundesgericht prüft daher nur, ob das vorinstanzliche Gericht Bundesrecht
verletzte, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, oder
ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig, unvollständig
oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt wurde
(Art. 132 Abs. 2 OG [in der Fassung gemäss Ziff. III des Bundesgesetzes vom
16. Dezember 2005 über die Änderungen des IVG, in Kraft gestanden ab 1. Juli
2006] in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b sowie Art. 105 Abs. 2 OG).

3.2 Mit Blick auf diese neue Kognitionsregelung für die Invalidenversicherung
ist aufgrund der Vorbringen in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu prüfen,
ob der angefochtene Gerichtsentscheid in der Anwendung der massgeblichen
materiell- und beweisrechtlichen Grundlagen Bundesrecht verletzt (Art. 104
lit. a OG), einschliesslich einer allfälligen rechtsfehlerhaften
Tatsachenfeststellung (Art. 105 Abs. 2 OG). Hingegen hat eine freie
Überprüfung des vorinstanzlichen Entscheides in tatsächlicher Hinsicht (aArt.
132 lit. b OG) ebenso zu unterbleiben wie eine Prüfung der
Ermessensbetätigung (aArt. 132 lit. a OG) nach den Grundsätzen der
Angemessenheitskontrolle (BGE 126 V 75 E. 6 S. 81 mit Hinweisen). Auch
besteht (entgegen aArt. 132 lit. c OG) Bindung an die Parteianträge, handelt
es sich doch nicht um eine Abgabestreitigkeit (Art. 114 Abs. 1 OG; zum
Ganzen: BGE 132 V 393).

4.
Im Einspracheentscheid und im vorinstanzlichen Entscheid sind die
gesetzlichen Vorschriften zu Voraussetzungen und Umfang des Rentenanspruchs
(Art. 28 Abs. 1 IVG je in der bis Ende 2003 gültig gewesenen und der seit
Anfang 2004 geltenden Fassung; Art. 28 Abs. 1bis IVG, in Kraft gestanden bis
Ende 2003) sowie die übrigen zur Beurteilung des Leistungsanspruchs
einschlägigen Rechtsgrundlagen zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen.

5.
5.1 Streitig und zu prüfen ist der Invaliditätsgrad und in diesem Zusammenhang
die Frage, in welchem Umfang der Beschwerdeführer gesundheitsbedingt arbeits-
bzw. erwerbsunfähig ist. Verwaltung und Vorinstanz haben bei ihren
Entscheiden wesentlich auf das MZX-Gutachten vom 5. November 2004 abgestellt.
Die medizinischen Experten kommen darin zum Ergebnis, dass aufgrund des
somatischen Gesundheitszustandes die Ausübung leichter und wechselbelastender
Arbeiten, wie sie dem angestammten Betätigungsfeld des Versicherten
entsprechen, vollumfänglich möglich ist, während aus psychiatrischer Sicht
eine Einschränkung der Arbeitsfähigkeit von maximal 30 % besteht.

5.2 Das MZX-Gutachten erfüllt die von der Rechtsprechung aufgestellten
Anforderungen an eine beweistaugliche und beweiskräftige Expertise (BGE 125 V
351 E. 3a S. 352). Die Vorinstanz durfte, ohne damit den Sachverhalt
offensichtlich unrichtig oder unvollständig festzustellen oder in anderer
Weise Bundesrecht zu verletzen, darauf abstellen.

In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird nichts vorgetragen, was eine andere
Beurteilung zu rechtfertigen vermöchte. Entgegen der darin vertretenen
Auffassung werden die Schlussfolgerungen des Gutachtens auch nicht durch den
Bericht des behandelnden Psychiaters Dr. med. I.________ vom 28. Februar 2005
in Frage gestellt. Dieser Arzt stellt die nämlichen psychiatrischen Diagnosen
wie die MZX-Gutachter. Eine Differenz besteht lediglich hinsichtlich der
Einschätzung der Arbeitsunfähigkeit. Während die MZX-Experten diese bei
maximal 30 % veranschlagen, postuliert Dr. med. I.________ aufgrund seines
Eindrucks eine "Langzeitarbeitsunfähigkeit" von 40 - 60 %. Die gegenüber dem
MZX-Gutachten höhere Einschränkung der Arbeitsfähigkeit begründet er mit den
schwankenden Leistungen und mit den Stimmungsschwankungen des
Beschwerdeführers. Die Vorinstanz prüfte dieses Argument und legte
nachvollziehbar dar, dass sich daraus keine Erhöhung des Grades der
Arbeitsunfähigkeit ableiten lässt. Der Versicherte rügt nun in der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde, die Vorinstanz habe eine willkürliche
Beweiswürdigung vorgenommen, weil sie die begrenzte Frustrationstoleranz, die
Tendenz zur Überemotionalisierung sowie die begleitende psychosomatische
Symptomatik, welche vom MZX-Psychiater und vom behandelnden psychiatrischen
Facharzt festgestellt worden seien, nicht berücksichtigt habe. Dieser Einwand
ist unbegründet. Unter Berücksichtigung der genannten Faktoren lässt sich
maximal die angenommene Arbeitsunfähigkeit von 30 % begründen. Entgegen der
Meinung des Beschwerdeführers stellt es im Weitern keineswegs eine
willkürliche Beweiswürdigung dar, wenn ein Gericht begründet, weshalb es auf
die eine und nicht auf die andere medizinische Beurteilung abstellt, auch
wenn es sich dabei naturgemäss mit medizinischen Fragestellungen auseinander
zu setzen hat. Im Übrigen fällt auf, dass die von Dr. med. I.________ im
Sinne eines Vorschlags angegebene Einschätzung der Arbeitsunfähigkeit eher
unbestimmt ist. Er weist insbesondere auch darauf hin, dass andere
Beurteilungen der Arbeitsfähigkeit bestehen, welche er offenbar nicht als
unhaltbar erachtet. Damit bringt er zu Recht zum Ausdruck, dass der
Festlegung der Arbeitsunfähigkeit ein gewisser Ermessenscharakter inne wohnt.
Die leicht abweichende Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit durch den
behandelnden Arzt ist deshalb nicht geeignet, die Festlegung der
Arbeitsunfähigkeit im MZX-Gutachtens als offensichtlich unrichtig erscheinen
zu lassen, zumal bei behandelnden Ärzten im Hinblick auf ihre
auftragsrechtliche Vertrauensstellung zu berücksichtigen ist, dass sie im
Zweifel eher zu Gunsten ihrer Patienten aussagen (BGE 125 V 351 E. 3b/cc S.
353). Gerade bei der Frage der Einschätzung der Arbeitsunfähigkeit, welche
eben Ermessenszüge aufweist, dürfte sich diese Erfahrungstatsache auswirken.
Für das Bundesgericht besteht somit kein Grund, von der von Verwaltung und
Vorinstanz vorgenommenen Würdigung des medizinischen Sachverhaltes
abzuweichen.

6.
6.1 Es bleibt zu prüfen, wie sich die eingeschränkte Arbeitsfähigkeit
erwerblich auswirkt. Das kantonale Gericht hat anhand eines überzeugenden
Einkommensvergleichs festgestellt, dass der Invaliditätsgrad gerundet 49 %
beträgt, womit Anspruch auf eine Viertelsrente besteht (Art. 28 Abs. 1 IVG).
Der Beschwerdeführer beanstandet einzig den von Vorinstanz und Verwaltung
gewährten Leidensabzug von 10 % als zu niedrig. Die Festlegung des
leidensbedingten Abzuges (vgl. dazu BGE 126 V 75) ist indessen eine typische
Ermessensfrage, deren Beantwortung letztinstanzlicher Korrektur nur mehr dort
zugänglich ist, wo das kantonale Gericht das Ermessen rechtsfehlerhaft
ausgeübt hat.

6.2 Der Beschwerdeführer erachtet die Begründung des Leidensabzugs im
angefochtenen Entscheid als ungenügend und erblickt darin eine Verletzung des
rechtlichen Gehörs. Der Vorwurf geht allerdings fehl. Die Vorinstanz nimmt
bei ihrer Begründung vor allem das Vorbringen des Versicherten auf, wonach
beim Leidensabzug von 10 % die fehlende Teamfähigkeit zu wenig berücksichtigt
worden sei. Sie legt dabei dar, dass fehlende Teamfähigkeit sowohl bei den
bisher ausgeübten Tätigkeiten wie auch bei den in Frage kommenden Stellen
kein Hindernis für eine Anstellung bedeute bzw. bedeuten würde, mithin ein
Leidensabzug aus diesem Grund nicht oder nur marginal gerechtfertigt wäre.
Weitergehend wird der Leidensabzug im Einspracheentscheid vom 10. August 2005
begründet. Danach ist ein Abzug einzig wegen der gesundheitsbedingten
Beschränkung auf Teilzeitarbeiten gerechtfertigt und auf nicht mehr als 10 %
anzusetzen. Das kantonale Gericht sah sich nicht veranlasst, dies zu
beanstanden. Eine Verletzung der Begründungspflicht liegt somit nicht vor.

6.3 In materieller Hinsicht macht der Beschwerdeführer geltend, der fehlenden
Teamfähigkeit sei beim Leidensabzug zu wenig Rechnung getragen worden, womit
er implizit eine Ermessensunterschreitung rügt. Die von der Vorinstanz
gegebene Begründung ist aber auch in der Sache nachvollziehbar. Fehlende
Teamfähigkeit kann zwar die Auswahl der zur Verfügung stehenden Stellen
einschränken. Sie wirkt sich aber nicht zwangsläufig auf die Höhe des zu
erzielenden Lohnes aus. Im Übrigen stellt fehlende Teamfähigkeit keinen von
der Rechtsprechung anerkannten Grund für die Gewährung eines Leidensabzuges
dar. Das kantonale Gericht hat demzufolge das Ermessen nicht fehlerhaft
ausgeübt, als es den von der Verwaltung vorgenommenen Leidensabzug von 10 %
bestätigte.

7.
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 134 OG in der ab 1. Juli 2006 in
Kraft gestandenen Fassung). Die Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer als
unterliegender Partei aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 in Verbindung mit Art.
135 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich, der Ausgleichskasse Grosshandel + Transithandel und dem Bundesamt für
Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 3. Januar 2008

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Ursprung Lanz