Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen C 14/2007
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C 14/07

Urteil vom 26. September 2007

I. sozialrechtliche Abteilung

Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichter Schön, Bundesrichterin Leuzinger,
Gerichtsschreiberin Heine.

Unia Arbeitslosenkasse,
Seestrasse 217, 8810 Horgen,
Beschwerdeführerin,

gegen

G.________, 1968,
Beschwerdegegnerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Andrea Silvio Mathis, Heinrichstrasse 267, 8005
Zürich.

Arbeitslosenversicherung,

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des
Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich
vom 28. November 2006.

Sachverhalt:

A.
G. ________ war vom 1. Januar 2000 bis 1. Januar 2003 zu 100 % und vom 1.
Januar 2003 bis 31. Januar 2004 zu 50 % als Executive Assistant in der
X.________ AG tätig gewesen. Ab 1. März 2004 war sie bei der
Sozialversicherungsanstalt des Kantons Zürich, Ausgleichskasse, als
Selbständigerwerbende im Haupterwerb gemeldet. Am 9. Februar 2005 stellte sie
sich zu 60 % der Arbeitsvermittlung zur Verfügung und ab 18. März meldete sie
sich zum Leistungsbezug ab 1. Februar 2005 bei der Arbeitslosenversicherung
an. Für März 2005 bescheinigte sie die Erzielung eines Zwischenverdienstes
aus selbstständiger Tätigkeit von Fr. 720.-. Mit Verfügung vom 27. April 2005
verneinte die Arbeitslosenkasse Unia (Unia) einen Anspruch auf
Arbeitslosenentschädigung wegen Nichterfüllung der Beitragszeit. Daran hielt
sie mit Einspracheentscheid vom 4. Juli 2005 fest.

B.
Die hiegegen erhobene Beschwerde hiess das Sozialversicherungsgericht des
Kantons Zürich mit Entscheid vom 28. November 2006 gut und wies die Sache in
Aufhebung des Einspracheentscheids zur Prüfung der weiteren
Anspruchsvoraussetzungen an die Unia zurück.

C.
Die Unia führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, in Aufhebung des
vorinstanzlichen Entscheides sei der Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung
zu verneinen.

G. ________ lässt auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliessen,
während das Staatssekretariat für Wirtschaft auf eine Vernehmlassung
verzichtet.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Am 1. Januar 2007 ist das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17. Juni
2005 (BGG; SR 173.110) in Kraft getreten (AS 2006 1205, 1243). Damit wurden
das Eidgenössische Versicherungsgericht und das Bundesgericht in Lausanne zu
einem einheitlichen Bundesgericht (an zwei Standorten) zusammengefügt
(Seiler/von Werdt/Güngerich, Bundesgerichtsgesetz [BGG], Bern 2007, S. 10 N
75) und es wurde die Organisation und das Verfahren des obersten Gerichts
umfassend neu geregelt. Dieses Gesetz ist auf die nach seinem Inkrafttreten
eingeleiteten Verfahren des Bundesgerichts anwendbar, auf ein
Beschwerdeverfahren jedoch nur dann, wenn auch der angefochtene Entscheid
nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes ergangen ist (Art. 132 Abs. 1 BGG). Da
der kantonale Entscheid am 28. November 2006 und somit vor dem 1. Januar 2007
erlassen wurde, richtet sich das Verfahren nach dem bis 31. Dezember 2006 in
Kraft gestandenen Bundesgesetz über die Organisation der Bundesrechtspflege
(OG) vom 16. Dezember 1943 (vgl. BGE 132 V 393 E. 1.2 S. 395).

2.
2.1 Die Vorinstanz hat die Bestimmungen über die Erfüllung der Beitragszeit
als Voraussetzung des Anspruchs auf Arbeitslosenentschädigung (Art. 8 Abs. 1
lit. e AVIG), die vorbehältlich abweichender gesetzlicher Regelungen
geltenden zweijährigen Rahmenfristen für den Leistungsbezug und die
Beitragszeit (Art. 9 AVIG), die Dauer der erforderlichen Beitragszeit
innerhalb der entsprechenden Rahmenfrist (Art. 13 Abs. 1 AVIG) sowie die
Verlängerung um die Dauer der selbstständigen Erwerbstätigkeit, höchstens
jedoch um zwei Jahre, der Rahmenfrist für die Beitragszeit von Versicherten,
die den Wechsel zu einer selbstständigen Erwerbstätigkeit ohne Bezug von
Leistungen vollzogen haben (Art. 9a Abs. 2 AVIG), zutreffend dargelegt.
Darauf wird verwiesen.

3.
Streitig ist der Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung vom 9. Februar bis
30. April 2005 und in diesem Rahmen die Frage, ob die Versicherte die
Anspruchsvoraussetzung der Beitragszeit erfüllt.

3.1 Im Antrag auf Arbeitslosenentschädigung vom 18. März 2005 erhob die
Beschwerdegegnerin Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung ab 1. Februar 2005.
Gemäss einer Bestätigung der Sozialversicherungsanstalt des Kantons Zürich
vom 10. November 2004 war die Beschwerdegegnerin seit 1. März 2004 als
Selbstständigerwerbende im Haupterwerb ohne Arbeitnehmer erfasst. Für den
Monat März 2005 gab sie ein Einkommen von Fr. 720.- an. Am 2. Mai 2005 nahm
die Versicherte eine unselbständige Erwerbstätigkeit auf.

3.2 Das kantonale Gericht setzte auf Grund der Anmeldung beim Regionalen
Arbeitsvermittlungszentrum (RAV) die Rahmenfrist für die Beitragszeit auf den
9. Februar 2003 bis 8. Februar 2005 fest. In diesem Zeitraum könne die
Versicherte eine Beitragszeit von 11,7 Monaten nachweisen. Sodann komme Art.
9a Abs. 2 AVIG zur Anwendung: Denn gestützt auf die Aussagen der
Beschwerdegegnerin im Antrag auf Arbeitslosenentschädigung und in den
Formularen betreffend Angaben der versicherten Person für die Monate Februar
bis April 2005 sei davon auszugehen, dass die Bereitschaft der
Beschwerdegegnerin, die selbstständige Tätigkeit zu Gunsten einer
Arbeitnehmertätigkeit aufzugeben, nicht in Abrede gestellt werden könne. Der
Wille zur Fortführung der selbstständigen Tätigkeit habe nicht mehr
vorgelegen. Daran vermöge auch die Tatsache, dass sie im Monat März 2005 ein
Einkommen erzielt habe, nichts zu ändern, zumal sie damit auch zur
Schadenminderung beigetragen habe. Ebenfalls sei die Bereitschaft der
Beschwerdegegnerin erstellt, sich bei der Sozialversicherungsanstalt als
Selbstständigerwerbende abzumelden, da sie ab Mai eine Tätigkeit als
Arbeitnehmerin aufgenommen habe, weshalb die formelle Gegebenheit, im
Zeitpunkt der Anmeldung beim RAV nach wie vor bei der Ausgleichskasse als
Selbständigerwerbende erfasst gewesen zu sein, an der Beurteilung nichts zu
ändern vermöge. Vielmehr sei unter Würdigung der gesamten Umstände davon
auszugehen, dass die selbstständige Tätigkeit im Zeitpunkt der Antragstellung
am 18. März 2005 definitiv aufgegeben worden sei. Der geringfügige Verdienst
im März 2005 (Fr. 720.-) könne jedenfalls nicht als Indiz für eine
Fortführung der selbstständigen Erwerbstätigkeit gewertet werden. Sodann
beginne die massgebende Rahmenfrist für die Beitragszeit am 9. März 2002 zu
laufen (Art. 9a Abs. 2 AVIG), folglich erfülle die Versicherte die
Mindestbeitragszeit von 12 Monaten.

3.3 Der Betrachtungsweise des kantonalen Gerichts ist beizupflichten. Auf
Grund der Akten ist mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen,
dass die Beschwerdegegnerin im Zeitpunkt der Anmeldung ihre selbstständige
Erwerbstätigkeit grundsätzlich aufgegeben hatte und von da an bereit und in
der Lage war, jederzeit eine unselbständige Tätigkeit aufzunehmen. Daran
ändert nichts, dass sie im März 2005 als Selbständigerwerbende noch einen
Auftrag ausführte, zumal der Verdienst mit Fr. 720.- offensichtlich unter der
Zumutbarkeitsgrenze von Art. 16 Abs. 2 lit. i AVIG lag. Auf Grund der
vorliegenden Umstände kann der Beschwerdegegnerin nicht zum Nachteil
gereichen, dass sie diese Tätigkeit in Nachachtung der
Schadenminderungspflicht nach der Anmeldung zum Leistungsbezug noch
ausgeführt und als Zwischenverdienst angegeben hat (Urteil C 283/03 vom 30.
August 2004), weshalb mit der Vorinstanz die Selbständigkeit zum Zeitpunkt
der Anmeldung als aufgegeben zu erachten ist und folglich Art. 9a Abs. 2 AVIG
zur Anwendung kommt, sodass die Versicherte die Mindestbeitragszeit von 12
Monaten ausweisen kann.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Die Beschwerdeführerin hat der Beschwerdegegnerin für das Verfahren vor dem
Bundesgericht eine Parteientschädigung von Fr. 2500.- (einschliesslich
Mehrwertsteuer) zu bezahlen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich, dem Amt für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Zürich und dem
Staatssekretariat für Wirtschaft zugestellt.

Luzern, 26. September 2007

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: