Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen B 15/2007
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B 15/07

Urteil vom 11. September 2007
II. sozialrechtliche Abteilung

Bundesrichter Lustenberger, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter Borella, Ersatzrichter Maeschi,
Gerichtsschreiber Wey.

Winterthur-Columna Sammelstiftung BVG, Könizstrasse 74, 3008 Bern,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwältin Isabelle Brunner Schwander, Seefeldstrasse
116, 8008 Zürich,

gegen

I.________ AG in Liquidation,
Beschwerdegegnerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Rudolf Keiser, Seidenhofstrasse 12, 6003 Luzern.

Berufliche Vorsorge,

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des
Kantons Nidwalden vom 4. September 2006.

Sachverhalt:

A.
A.a Die I.________ AG schloss sich am 30. März 1988 der
Columna-Sammelstiftung der Schweizerischen Volksbank für die berufliche
Vorsorge (nunmehr Winterthur Columna Sammelstiftung BVG; nachfolgend Columna
Sammelstiftung) an. Einziger versicherter Arbeitnehmer war der
Geschäftsführer der Gesellschaft Y.________. Auf Grund der per 1. Januar 1995
gemeldeten Lohnsumme von Fr. 97'500.- erhob die Vorsorgeeinrichtung für die
Jahre 1995 bis 1997 die vertraglich festgesetzten Beiträge. Auf eine am
24. Februar 1998 erfolgte Mahnung für die Lohnliste ab 1. Januar 1998 meldete
die I.________ AG am 14. April 1998 Lohnsummen für 1995 und 1996 von
Fr. 36'000.- bzw. Fr. 33'000.-; gleichzeitig gab sie an, dass ab 1997 keine
Löhne mehr ausbezahlt worden seien. Die Columna Sammelstiftung teilte der
I.________ AG am 22. April 1998 mit, dass die Lohnmutation für das Jahr 1998
vorgenommen werde, eine rückwirkende Änderung der versicherten Löhne für die
Jahre 1995 bis 1997 jedoch nicht möglich sei. Nachdem die für 1997 erhobenen
Beiträge unbezahlt geblieben waren, forderte sie auf dem Betreibungsweg einen
Betrag von Fr. 10'417.50, nebst Zins von 5,5 % seit 1. Januar 2000. Gegen den
entsprechenden Zahlungsbefehl vom 11. Dezember 2000 erhob die I.________ AG
Rechtsvorschlag.

A.b Am 4. Mai 2001 reichte die Columna Sammelstiftung beim Verwaltungsgericht
Nidwalden (Versicherungsgericht) Klage ein mit dem Rechtsbegehren, die
I.________ AG sei zu verpflichten, Fr. 10'990.35, nebst Zins von 5,5 % seit
1. Januar 2001 auf Fr. 9'141.30, zu bezahlen, und es sei in der Betreibung
vom 20. November 2000 der Rechtsvorschlag aufzuheben und der Klägerin
definitive Rechtsöffnung zu erteilen.

Mit Entscheid vom 22. Februar 2002 hiess das kantonale Gericht die Klage im
geforderten Betrag gut und hob den Rechtsvorschlag auf. Auf das Begehren um
Erteilung der definitiven Rechtsöffnung trat es mangels Zuständigkeit nicht
ein.

A.c Die von der Columna Sammelstiftung erhobene Verwaltungsgerichtsbeschwerde
hiess das Eidgenössische Versicherungsgericht in dem Sinne gut, dass der
angefochtene Entscheid aufgehoben und die Sache an das kantonale Gericht
zurückgewiesen wurde, damit es insbesondere zur Frage, ob Y.________ auch
nach dem 1. Januar 1997 für die I.________ AG erwerbstätig gewesen sei,
nähere Abklärungen treffe und hierauf über die Klage neu entscheide (Urteil
des Eidgenössischen Versicherungsgerichts B 46/02 vom 25. Februar 2003).

B.
Das Verwaltungsgericht des Kantons Nidwalden holte ergänzende Auskünfte ein,
nahm Zeugeneinvernahmen vor und führte eine Parteiverhandlung durch. Mit
Entscheid vom 4. September 2006 wies es die Klage im Wesentlichen mit der
Feststellung ab, dass Y.________ vom 1. Dezember 1996 bis 31. Oktober 1998 zu
einem vollen Arbeitspensum bei der Z.________ AG angestellt und dabei
berufsvorsorgerechtlich versichert gewesen sei. Ob und gegebenenfalls
inwieweit er im Jahr 1997 noch für die I.________ AG tätig gewesen sei und
ein entsprechendes Entgelt bezogen habe, sei nicht näher zu prüfen, weil er
mangels einer freiwilligen Versicherung für Einkommen aus nebenberuflicher
Tätigkeit hiefür nicht beitragspflichtig sei. Die Zusprechung einer
Parteientschädigung lehnte das Gericht ab.

C.
Die Columna Sammelstiftung führt Beschwerde an das Bundesgericht mit dem
Rechtsbegehren, in Aufhebung des angefochtenen Entscheids sei die Klage
gutzuheissen und die I.________ AG zu verpflichten, ihr den Betrag von Fr.
10'990.35, nebst Zins von 5,5% ab 1. Januar 2001 auf Fr. 9'141.30, zu
bezahlen. Eventuell sei die Sache zu weiteren Abklärungen und neuem Entscheid
an das kantonale Gericht zurückzuweisen.

Die I.________ AG in Liquidation lässt sich mit dem Antrag auf Abweisung der
Beschwerde vernehmen. Ferner wird beantragt, die Sache sei an die Vorinstanz
zurückzuweisen, damit sie eine Parteientschädigung zu Lasten der Klägerin
festsetze. Das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) verzichtet auf
Vernehmlassung.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Am 1. Januar 2007 ist das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17. Juni
2005 (BGG; SR 173.110) in Kraft getreten (AS 2006 1205, 1243). Dieses Gesetz
ist auf die nach seinem Inkrafttreten eingeleiteten Verfahren des
Bundesgerichts anwendbar, auf ein Beschwerdeverfahren jedoch nur dann, wenn
auch der angefochtene Entscheid nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes
ergangen ist (Art. 132 Abs. 1 BGG). Da der kantonale Gerichtsentscheid vor
dem 1. Januar 2007 erlassen wurde, richtet sich das Verfahren nach dem bis
31. Dezember 2006 in Kraft gestandenen Bundesgesetz über die Organisation der
Bundesrechtspflege (OG) vom 16. Dezember 1943 (vgl. BGE 132 V 393 E. 1.2 S.
395).

2.
In formellrechtlicher Hinsicht rügt die Beschwerdeführerin, dass im Rubrum
des kantonalen Entscheids die "Winterthur-Columna Sammelstiftung 2. Säule"
(statt Winterthur-Columna Sammelstiftung BVG) als Klägerin aufgeführt ist.
Dabei handelt es sich offensichtlich um ein redaktionelles Versehen, welches
ohne Weiteres berichtigt werden kann (vgl. BGE 110 V 347 E. 2 S. 349).

3.
Da keine Versicherungsleistungen streitig sind, hat das Gericht lediglich zu
prüfen, ob der vorinstanzliche Entscheid Bundesrecht verletzt hat,
einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, oder ob der
rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig, unvollständig oder
unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt worden ist
(Art. 132 in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b sowie Art. 105 Abs. 2 OG).

4.
4.1 Aufgrund der vom kantonalen Gericht im Anschluss an das Rückweisungsurteil
des Eidgenössischen Versicherungsgerichts vom 25. März 2003 getroffenen
Sachverhaltsfeststellungen steht nunmehr fest, dass Y.________ vom
1. Dezember 1996 bis 31. Oktober 1998 vollzeitlich bei der Z.________ AG
angestellt und bei deren Pensionskasse berufsvorsorgerechtlich versichert
war. Mit dem Beginn des neuen Arbeits- und Vorsorgeverhältnisses entfiel die
bisherige Versicherung (BGE 120 V 15 E. 5b S. 24). Ob Y.________ daneben noch
eine entlöhnte Tätigkeit für die - angeblich stillgelegte - I.________ AG
ausgeübt hat, kann nach den zutreffenden Erwägungen der Vorinstanz offen
bleiben, weil er im Rahmen des neuen Arbeitsverhältnisses obligatorisch
versichert war und keine freiwillige Versicherung für Einkommen aus
nebenberuflicher Tätigkeit (Art. 46 Abs. 2 BVG) abgeschlossen hat. Da er
während der gesamten Dauer des Vorsorgeverhältnisses bei der
Beschwerdeführerin unbestrittenermassen einziger gemäss Anschlussvereinbarung
versicherter Arbeitnehmer war, endete mit Beginn des Arbeitsverhältnisses bei
der Z.________ AG grundsätzlich auch die Beitragszahlungspflicht der
Beschwerdegegnerin. Mit der Vorinstanz ist daher festzustellen, dass ab
1. Dezember 1996 keine Beiträge mehr geschuldet waren und die für 1997
erhobene Forderung zu Unrecht erfolgte.

4.2 Was in der Beschwerde vorgebracht wird, vermag zu keinem andern Ergebnis
zu führen. Dass der koordinierte Jahreslohn laut Ziff. 12 des
Vorsorgereglements im Verfahren nach Art. 3 Abs. 1 lit. b BVV2 bestimmt
wurde, bedeutet nicht, dass die Beschwerdegegnerin auch für das Jahr 1997
Beiträge auf einem Jahreslohn von Fr. 97'500.- (gemäss Lohnmeldung per
1. Januar 1995) zu entrichten hatte. Die Verordnungsbestimmung beinhaltet
eine Sonderregel zur Festsetzung des koordinierten Lohnes (Art. 8 BVG) und
bildet keine Rechtsgrundlage für eine Beitragspflicht nach Beendigung des
Vorsorgeverhältnisses. Nichts anderes ergibt sich sodann aus der Tatsache,
dass die I.________ AG von der Steuerbehörde für das Jahr 1997 ermessensweise
mit einem Reingewinn von Fr. 30'000.- veranlagt wurde. Zu weiteren
Abklärungen, einschliesslich der von der Beschwerdeführerin beantragten
Edition der persönlichen Steuererklärung von Y.________, besteht kein Anlass.
Denn selbst wenn dieser im Jahr 1997 weiterhin eine Tätigkeit für die
I.________ AG ausgeübt und dafür eine Entschädigung bezogen hätte, wäre nach
dem Gesagten eine weitere Beitragspflicht zu verneinen. Nicht gefolgt werden
kann der Beschwerdeführerin schliesslich, soweit sie unter Hinweis auf die
Bestimmungen des Anschlussvertrages geltend macht, die Beschwerdegegnerin
hafte für die unbezahlt gebliebenen Beitragsrechnungen zufolge Verletzung der
Meldepflichten. Die Bestimmung von Art. 9 des Vertrages regelt die Haftung
für Schaden, welcher sich aus der Verletzung von vertraglichen,
reglementarischen oder gesetzlichen Pflichten des Mitgliedes ergeben kann.
Sie bildet jedoch ebenfalls keine Grundlage für eine weitere Beitragspflicht
nach Beendigung des Vorsorgeverhältnisses. Einen konkreten Schaden in
Zusammenhang mit der Verletzung der Meldepflicht hat die Beschwerdeführerin
nicht substantiiert geltend gemacht. Es ist daher nicht zu beanstanden, dass
die Vorinstanz die Klage auch in diesem Punkt abgewiesen hat.

5.
In der Vernehmlassung zur Beschwerde rügt die Beschwerdegegnerin, dass ihr
von der Vorinstanz keine Parteientschädigung zugesprochen wurde. Dabei
handelt es sich um ein selbständiges Rechtsbegehren, welches über den
Streitgegenstand hinausgeht, wie ihn die Beschwerdeführerin zur Beurteilung
unterbreitet hat, weshalb darauf nicht einzutreten ist (BGE 107 Ib 167 E. 1a
S. 168 mit Hinweisen). Weil im Bereich der beruflichen Vorsorge der
obsiegende Beschwerdeführer keinen bundesrechtlichen Anspruch auf
Parteientschädigung hat (Art. 73 Abs. 2 BVG;  BGE 126 V 143 E. 1b S. 145 mit
Hinweisen), hätte das Gericht zudem lediglich zu prüfen, ob die Anwendung der
einschlägigen kantonalen Bestimmungen zu einer Verletzung von Bundesrecht
(Art. 104 lit. a OG), insbesondere des Willkürverbots (Art. 9 BV), geführt
hat (BGE 123 V 152 E. 2, 114 V 87 E. 4b; SVR 2000 IV Nr. 11 S. 31 E. 2b).
Dies trifft namentlich mit Blick darauf, dass die Beschwerdeführerin -
handelnd durch ihren ehemaligen Geschäftsführer - auch im kantonalen
Instruktionsverfahren der Mitwirkungspflicht ohne stichhaltigen Grund nicht
durchwegs nachgekommen ist, nicht zu.

6.
Entsprechend dem Ausgang des Verfahrens hat die durch einen Rechtsanwalt
vertretene obsiegende Beschwerdegegnerin grundsätzlich Anspruch auf eine
Parteientschädigung zu Lasten der Beschwerdeführerin (Art. 159 Abs. 2 OG). Im
Hinblick auf den geringen Arbeitsaufwand (Vernehmlassung im Umfang von
lediglich zwei Seiten) ist die Entschädigung gegenüber dem Normalansatz
angemessen zu reduzieren.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'100.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt
und mit dem geleisteten Kostenvorschuss verrechnet.

3.
Die Winterthur-Columna Sammelstiftung BVG hat der Beschwerdegegnerin für das
letztinstanzliche Verfahren eine Parteientschädigung von Fr. 1'000.-
(einschliesslich Mehrwertsteuer) zu bezahlen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons
Nidwalden, Abteilung Versicherungsgericht, und dem Bundesamt für
Sozialversicherungen zugestellt.

Luzern, 11. September 2007

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Das präsidierende Mitglied: Der Gerichtsschreiber: