Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 863/2007
Zurück zum Index II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2007
Retour à l'indice II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2007


9C_863/2007

Urteil vom 31. Januar 2008
II. sozialrechtliche Abteilung

Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Lustenberger, Seiler,
Gerichtsschreiber Fessler.

D. ________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt  Rolf Müller,
Kappelergasse 11, 8022 Zürich,

gegen

Ausgleichskasse des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich,
Beschwerdegegnerin.

Alters- und Hinterlassenenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich vom 24. Oktober 2007.

Sachverhalt:

A.
Der 1964 geborene D.________ arbeitete ab 9. April 1991 für die S.________.
Er war der Ausgleichskasse des Kantons Zürich als Arbeitnehmer ohne
beitragspflichtigen Arbeitgeber angeschlossen und entrichtete auf seinen
Einkünften persönliche Beiträge sowie Beiträge an die
Arbeitslosenversicherung (ALV). 1998 gründete D.________ die Einzelfirma
M.________. Auf entsprechendes Gesuch erfasste ihn die Ausgleichskasse ab
1. Oktober 1998 als Selbständigerwerbender. In der Folge erhob sie auf den
selbstdeklarierten Einkünften von D.________ persönliche Beiträge für die
Monate Oktober bis Dezember 1998 und für 1999 bis 2003 sowie paritätische
Beiträge auf an drei Angestellte ausbezahlten Löhnen. Gestützt auf die
Meldungen des Steueramtes des Kantons Zürich, Abteilung Direkte Bundessteuer,
vom 27. August und 28.Oktober 2003 setzte die Ausgleichskasse mit
Nachtragsverfügungen vom 11. Juni 2004 die persönlichen Beiträge für 1999 bis
2002 definitiv fest. Die Forderungssumme (einschliesslich
Verwaltungskostenbeitrag) belief sich unter Berücksichtigung der bereits
bezahlten Beiträge auf Fr. 17'230.80 (Fr. 811.80 [1999] + Fr. 6'468.- [2000]
+ Fr. 9'951.- [2001] + Fr. 0.- [2002]). Mit Einspracheentscheid vom
1. September 2005 bestätigte die Ausgleichskasse die Beitragspflicht aus
selbständiger Erwerbstätigkeit für 1999 bis 2001 in der verfügten Höhe.

B.
In teilweiser Gutheissung der Beschwerde des D.________ änderte das
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich den Einspracheentscheid vom 1.
September 2005 dahingehend ab, dass es die Beitragsnachforderung für 1999 bis
2001 von Fr. 17'230.80 um Fr. 2'415.- (für 1999 bezahlte ALV-Beiträge) auf
Fr. 14'815.80 herabsetzte (Entscheid vom 24. Oktober 2007).

C.
D.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen
und beantragen, der Entscheid vom 24. Oktober 2007 sei insofern aufzuheben,
als er zur Bezahlung von Fr. 14'815.80 verpflichtet werde und er sei von der
Bezahlung von Sozialversicherungsleistungen für 1999 bis 2001 vollumfänglich
zu befreien.

Erwägungen:

1.
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann unter
anderem die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG).
Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat. Es kann die Sachverhaltsfeststellung der
Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich
unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht
(Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG), sofern die Behebung des Mangels für den Ausgang
des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG).

Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG).
Es ist somit weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch
an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden Es kann eine Beschwerde aus einem
anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann eine Beschwerde mit
einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen
(Urteile 9C_249/2007 vom 6. Dezember 2007 und 9C_294/2007 vom 10. Oktober
2007 E. 2 mit Hinweis; vgl. BGE 130 III 136 E. 1.4 S. 140).

Das Bundesgericht darf nicht über die Begehren der Parteien hinausgehen
(Art. 107 Abs. 1 BGG).

2.
Der vorinstanzliche Entscheid verpflichtet den Beschwerdeführer zur
Nachzahlung von Beiträgen aus selbständiger Erwerbstätigkeit insbesondere auf
den Entschädigungen der S.________ für 1999 bis 2001 in der Höhe von
Fr. 14'815.80. In der Beschwerde wird die Befreiung von der Bezahlung von
Sozialversicherungsleistungen für diesen Zeitraum überhaupt beantragt. Dieses
Begehren ist unzulässig, soweit damit eine Beitragspflicht an sich bestritten
wird (vgl. BGE 125 V 413 E. 1b S. 414).

3.
Die für die Beurteilung der Streitsache massgeblichen Rechtsgrundlagen,
insbesondere die Rechtsprechung zur Abgrenzung unselbständiger von
selbständiger Erwerbstätigkeit (BGE 122 V 169 E. 3a-c S. 171 ff.) sowie zum
Wechsel des Beitragsstatuts (BGE 121 V 1) werden im angefochtenen Entscheid
richtig wiedergegeben. Darauf kann verwiesen werden.

4.
Der Beschwerdeführer hat jahrelang gegenüber allen Behörden sich selber als
selbständig Erwerbenden bezeichnet. In offensichtlichem Widerspruch dazu
möchte er jetzt seine Tätigkeit als unselbständige betrachten. Selbst wenn
das zutreffen sollte, könnte er aber daraus nichts zu seinen Gunsten
ableiten: In diesem Fall gilt er nämlich nach wie vor als Arbeitnehmer ohne
beitragspflichtigen Arbeitgeber. Als solcher hat er auf dem massgebenden Lohn
Beiträge wie ein Selbständigerwerbender zu entrichten (Art. 6 Abs. 1 AHVG und
Art. 16 AHVV). Zudem hat er Beiträge an die Arbeitslosenversicherung zu
bezahlen (Art. 4 Abs. 1 und Art. 4a Abs. 3 AVIG, in Kraft gestanden bis
31. Dezember 2003, sowie Art. 5 Abs. 2 AHVG). Diese sind höher als der im
Unterschied zu Selbständigerwerbenden nicht geschuldete
Verwaltungskostenbeitrag (Art. 69 AHVG). Der Beschwerdeführer hat somit auch
als Arbeitnehmer ohne beitragspflichtigen Arbeitgeber nicht weniger Beiträge
zu bezahlen als von der Ausgleichskasse verfügt. Diese sind entgegen seiner
Auffassung nicht verwirkt. Nach der Rechtsprechung zu Art. 16 Abs. 1 AHVG (in
der bis 31. Dezember 2002 gültig gewesenen, hier anwendbaren Fassung) wird
mit der fristgerechten formgültigen Eröffnung der Beitragsverfügung (AHI 1996
S. 131 E. 2c) die Verwirkung ein für alle Mal bis zur Höhe des
(nach-)geforderten Betrages ausgeschlossen. Die Verfügung behält ungeachtet
ihres späteren rechtlichen Schicksals ihre verwirkungsausschliessende Kraft,
ob sie nun in Rechtskraft erwächst oder nach Ablauf der Verwirkungsfrist vom
Richter oder wiedererwägungsweise von der Ausgleichskasse nachträglich
aufgehoben und durch eine andere ersetzt wird (EVGE 1965 S. 234 ff. E. 3; ZAK
1992 S. 316 oben, 1988 S. 565 E. 5b, 1976 S. 33 E. 2c; Urteil H 299/01 vom
27. Dezember 2001 E. 3a). Die Verfügung vom 11. Juni 2004 erging
unbestrittenermassen rechtzeitig innerhalb der nach Art. 16 Abs. 1 AHVG
geltenden Frist.
Da die vorinstanzliche Herabsetzung der Beitragsnachforderung um die für 1999
bezahlten ALV-Beiträge unbeachtet zu bleiben hat (Art. 107 Abs. 1 BGG; vgl.
RKUV 2003 Nr. KV 250 S. 222 E. 4.2.2 [K 9/00]), hält der angefochtene
Entscheid somit im Ergebnis Stand.

5.
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat der Beschwerdeführer die
Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'300.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 31. Januar 2008

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Meyer Fessler