Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 784/2007
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Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C_784/2007

Urteil vom 9. Juni 2008
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Lustenberger, Seiler,
Gerichtsschreiber Maillard.

Parteien
D.________, Beschwerdeführer,
vertreten durch Fürsprecher Gerhard Schnidrig, Bahnhofplatz 5, 3011 Bern,

gegen

IV-Stelle Bern, Chutzenstrasse 10, 3007 Bern,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 1.
Oktober 2007.

Sachverhalt:

A.
A.a Nachdem die im Februar 1991 und Juli 1995 erfolgten Anmeldungen je zu
abschlägigen Rentenentscheiden geführt hatten, meldete sich der 1952 geborene
D.________ wegen Rücken-, Schulter- und Beinbeschwerden am 18. Februar 2001 bei
der Invalidenversicherung erneut zum Leistungsbezug (medizinische
Eingliederungsmassnahmen und Rente) an. Die IV-Stelle Bern verneinte - im
Wesentlichen gestützt auf das polydisziplinäre Gutachten der MEDAS Spital
I.________ vom 10. April 2003 - mit Verfügung vom 17. Juni 2003 mangels
leistungsbegründender Invalidität abermals einen Anspruch auf eine
Invalidenrente, woran sie mit Einspracheentscheid vom 12. Januar 2004
festhielt. In Gutheissung der dagegen eingereichten Beschwerde hob das
Verwaltungsgericht des Kantons Bern den angefochtenen Einspracheentscheid mit
Urteil vom 8. November 2004 wegen Verletzung der Begründungspflicht auf und
wies die Sache zum weiteren Vorgehen im Sinne der Erwägungen an die IV-Stelle
zurück. Die von der IV-Stelle hiegegen erhobene Verwaltungsgerichtsbeschwerde
wies das Eidgenössische Versicherungsgericht (heute Bundesgericht) mit Urteil
vom 17. Juni 2005 ab.
A.b In Nachachtung des Bundesgerichtsurteils vom 17. Juni 2005 holte die
IV-Stelle bei der MEDAS Spital I.________ ein polydisziplinäres Zusatzgutachten
ein, welches am 28. Juni 2006 erstattet wurde. Hauptsächlich gestützt darauf
wies sie das Rentenbegehren nach Durchführung des Vorbescheidverfahrens mit
Verfügung vom 17. Januar 2007 mangels rentenbegründender Invalidität erneut ab.

B.
Das Verwaltungsgericht des Kantons Bern wies die gegen die Verfügung vom 17.
Januar 2007 erhobene Beschwerde mit Entscheid vom 1. Oktober 2007 ab.

C.
D.________ lässt Beschwerde führen und beantragen, der angefochtene Entscheid
sei dahingehend abzuändern, dass ihm rückwirkend ab November 2001 eine halbe
IV-Rente zustehe. Eventualiter sei der angefochtene Entscheid aufzuheben und
die Sache an die Vorinstanz zur Neubeurteilung im Sinne der Erwägungen
zurückzuweisen.
Die IV-Stelle beantragt Abweisung der Beschwerde, während das Bundesamt für
Sozialversicherungen auf eine Vernehmlassung verzichtet.

Erwägungen:

1.
1.1 Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann nach Art.
95 lit. a BGG die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden. Das Bundesgericht
legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt
hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz
von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig
ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht (Art. 105
Abs. 2 BGG).
1.2
1.2.1 Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen im Verfahren vor Bundesgericht nur
so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass
gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG). In der Beschwerde ist darzutun, inwiefern diese
Voraussetzung für eine nachträgliche Einreichung von Beweismitteln erfüllt sein
soll (BGE 133 III 393 E. 3 S. 395).
1.2.2 Der Beschwerdeführer lässt einen vom 30. Oktober 2007 datierten Bericht
des behandelnden Arztes Dr. med Q.________, Spezialarzt FMH für Innere Medizin
und Rheumatologie, einreichen. Zur Zulässigkeit dieses neuen Beweismittels
bringt er vor, die Vorinstanz habe auf eine im Zusatzgutachten enthaltene
Prognose abgestellt und - da sich diese als offensichtlich falsch
herausgestellt habe - Anlass zum Einreichen dieses Berichtes gegeben. Die
Vorinstanz hat indessen keinen Anlass gehabt, die Prognose auf ihre Richtigkeit
zu prüfen (vgl. E. 3.1.2), sodass der erst mit der bundesgerichtlichen
Beschwerde vorgelegte Bericht unbeachtlich ist. Anzumerken bleibt, dass eine
seit der Verfügung vom 17. Januar 2007 angeblich eingetretene Verschlechterung
des Gesundheitszustandes allenfalls Grund für eine Neuanmeldung sein könnte.

2.
Streitig ist, ob dem Beschwerdeführer eine Rente der Invalidenversicherung
zusteht. Das kantonale Gericht hat die zur Beurteilung dieses Anspruchs
einschlägigen Rechtsgrundlagen zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen.

3.
Als erstes ist die Frage zu prüfen, in welchem Ausmass der Beschwerdeführer
noch arbeitsfähig ist.

3.1 Das kantonale Gericht hat in einlässlicher Würdigung der umfangreichen
medizinischen Akten, insbesondere auch der beiden MEDAS-Gutachten, welche die
von der Rechtsprechung hinsichtlich Beweistauglichkeit und Beweiskraft
aufgestellten Anforderungen (BGE 125 V 351 E. 3a S. 352) unbestrittenermassen
erfüllen, festgestellt, dass der Beschwerdeführer in einer aus körperlicher
Sicht angepassten Tätigkeit (Gewichte heben und tragen nicht über 15 kg, mit
der Möglichkeit häufigen Positionswechsels und der Vermeidung von nach vorne
gebeugter Arbeitshaltung sowie von Überkopf-Arbeiten) zu 100 % arbeitsfähig
ist. Was der Beschwerdeführer dagegen vorbringt, vermag diese
Tatsachenfeststellungen (BGE 132 V 393 E. 3.2 S. 397) weder als offensichtlich
unrichtig noch sonstwie bundesrechtswidrig erscheinen zu lassen:
3.1.1 Der Beschwerdeführer stützt seine Selbsteinschätzung, er sei zu 50 % in
der Arbeitsfähigkeit eingeschränkt, zunächst auf die im Zusatzgutachten
enthaltene Antwort auf Frage 6: Dort teilen die Gutachter die Ansicht der Ärzte
der Klinik für Rheumatologie und Klinische Immunologie/Allergologie des s vom
18. September 2001, dass eine Einschränkung von 50 % seit 27. November 2000
besteht. Aus dem in dieser Antwort enthaltenen Verweis auf den Bericht des
Spitals I.________ vom 18. September 2001 geht indessen ohne Weiteres hervor,
dass sich diese Arbeitsfähigkeitsbeurteilung auf die bisherige Tätigkeit als
Fernsehtechniker im Aussendienst bezieht. Für eine körperlich leichte Arbeit
besteht hingegen auch gemäss jenem Bericht eine uneingeschränkte
Arbeitsfähigkeit.
3.1.2 Weiter beruft er sich auf die Antwort im Zusatzgutachten auf die Frage
13, wonach ihm eine angepasste Arbeit zunächst während 4 bis 5 Stunden pro Tag
zumutbar sei, steigerbar auf 100 % nach 6 bis 12 Monaten. Diese Beurteilung
scheint in einem gewissen Widerspruch zu den übrigen Feststellungen der
Gutachter zu stehen: So wird sowohl in Ziff. B (Beurteilung des Falles und
Prognose) und in der Antwort auf Frage 3 des Gutachtens als auch im
rheumatologischen Teilgutachten festgehalten, dass der Beschwerdeführer für
eine körperlich leichte Arbeit zu 100 % arbeitsfähig sei. Zwar hat die
Vorinstanz zu diesem Widerspruch keine Stellung bezogen. Ob, wie der
Stellungnahme des RAD vom 19. Dezember 2006 durchaus plausibel entnommen werden
kann, sich die Aussage in der Antwort auf Fra-ge 13 wiederum auf die
Arbeitsfähigkeit in der bisherigen Tätigkeit beziehe, kann offen bleiben, lässt
sich doch der scheinbare Widerspruch auch so auflösen: Die Gutachter weisen in
der bereits erwähnten Ziff. B ausdrücklich darauf hin, dass die Prognose zu
einem guten Teil von der Motivation des Beschwerdeführers abhänge, eine seinen
Einschränkungen angepasste neue Tätigkeit zu finden. Dafür soll ihm offenbar
eine Anpassungszeit gewährt werden, was jedoch nicht Aufgabe der
Invalidenversicherung ist, da dies im Ergebnis auf eine Sozialrehabilitation
hinauslaufen würde (BGE 127 V 121 E. 3b S. 127). Jedenfalls kann dem
Zusatzgutachten kein Hinweis entnommen werden, wonach dem Beschwerdeführer aus
gesundheitlichen Gründen nur eine schrittweise Rückkehr in den Arbeitsprozess
möglich sein soll. Gegen eine solche Annahme spricht auch, dass im
rheumatologischen Teilgutachten festgehalten wird, der Beschwerdeführer sei für
eine angepasste Tätigkeit "weiterhin" zu 100 % arbeitsfähig.

3.2 Bleibt die vorinstanzliche Feststellung, der Beschwerdeführer sei in einer
aus körperlicher Sicht angepassten Tätigkeit vollständig arbeitsfähig, für das
Bundesgericht verbindlich, ist die Beschwerde ohne Weiterungen abzuweisen,
zumal sich der Beschwerdeführer mit den Erwägungen der Vorinstanz zum gestützt
auf diese Prämisse vorgenommenen Einkommensvergleich nicht auseinandersetzt.
Auch eine vorübergehende Invalidität liegt nicht vor; die 40%-ige
Arbeitsunfähigkeit in der bisherigen Tätigkeit gemäss Art. 29 Abs. 1 lit. b IVG
(in der bis 31. Dezember 2007 in Kraft stehenden Fassung) bezieht sich nur auf
den Beginn des Rentenanspruchs, nicht auf den Anspruch als solchen.

4.
Als unterliegende Partei hat der Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu tragen
(Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern,
Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für
Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 9. Juni 2008
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Meyer Maillard