Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 737/2007
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Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C_737/2007

Urteil vom 28. April 2008
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Borella, Seiler,
Gerichtsschreiber Schmutz.

Parteien
G.________, 1964, Beschwerdeführerin, vertreten durch Procap, Schweizerischer
Invaliden-Verband, Froburgstrasse 4, 4600 Olten,

gegen

IV-Stelle des Kantons Solothurn, Allmendweg 6, 4528 Zuchwil,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Solothurn
vom 13. September 2007.

Sachverhalt:

A.
Mit Verfügung vom 26. Oktober 2006 sprach die IV-Stelle des Kantons Solothurn
der 1964 geborenen G.________ für die Zeit vom 1. September 2005 bis 30. April
2006 eine ganze und ab 1. Mai 2006 eine Viertelsrente der Invalidenversicherung
zu.

B.
Die dagegen eingereichte Beschwerde hiess das Versicherungsgericht des Kantons
Solothurn mit Entscheid vom 13. September 2007 teilweise gut; es sprach
G.________ ab 1. September 2005 eine halbe Invalidenrente zu (Dispositiv-Ziffer
1); die der Rechtsvertreterin "zufolge Gewährung der unentgeltlichen
Rechtsverbeiständung im Beschwerdeverfahren zustehende Entschädigung" setzte es
auf Fr. 2000.- (inkl. Auslagen und MWSt) fest, zahlbar durch die Zentrale
Gerichtskasse des Kantons Solothurn sowie unter Vorbehalt des
Rückforderungsanspruches des Staates während zehn Jahren, sollte die
Beschwerdeführerin zu hinreichendem Einkommen und Vermögen kommen
(Dispositiv-Ziffer 2); Verfahrenskosten erhob es keine (Dispositiv-Ziffer 3).

C.
G.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten erheben
und beantragen, die Dispositiv-Ziffern 2 und 3 des angefochtenen Entscheides
seien aufzuheben; es sei ihr für das vorinstanzliche Verfahren eine
Parteientschädigung zu Lasten der IV-Stelle zuzusprechen; der IV-Stelle seien
für das kantonale Verfahren Verfahrenskosten in angemessener Höhe aufzuerlegen;
eventualiter sei die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit diese die
Kostenregelung neu treffe; ferner beantragt sie die unentgeltliche
Rechtspflege.

Vorinstanz und Verwaltung schliessen auf Abweisung der Beschwerde, soweit
darauf einzutreten ist. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf
Vernehmlassung.

Erwägungen:

1.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 96 BGG erhoben werden. Das
Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz
festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung
der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig
ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105
Abs. 2 BGG).

2.
In der Sache ist der vorinstanzliche Entscheid nicht angefochten, sondern
lediglich hinsichtlich der Verlegung der Gerichtskosten und der
Parteientschädigung.

3.
Soweit gerügt wird, der in Anwendung kantonalen Rechts angeordnete Verzicht,
Gerichtskosten zu erheben und der IV-Stelle als unterliegender Partei
aufzuerlegen, sei bundesrechtswidrig, ist auf die Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mangels Legitimation der
Beschwerdeführerin nicht einzutreten: Sie hat zwar - wie nach Art. 89 Abs. 1
BGG kumulativ gefordert (Seiler/von Werdt/Güngerich, Bundesgerichtsgesetz
[BGG], Bern 2007, N 8 zu Art. 89) - am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen
(lit. a), ist aber diesbezüglich weder durch den angefochtenen
Gerichtskostenentscheid besonders berührt (lit. b) noch hat sie ein
schutzwürdiges Interesse an dessen Änderung (lit. c).

4.
Die Beschwerdelegitimation ist gegeben hinsichtlich der Parteikostenverlegung
im kantonalen Verfahren, dies entgegen der Argumentation des kantonalen
Gerichts in der Vernehmlassung schon nur deshalb, weil bei der Zusprechung
einer Parteientschädigung zu Lasten einer IV-Stelle kein Rückforderungsanspruch
des Staates besteht. Nach Art. 61 lit. g ATSG hat die obsiegende Beschwerde
führende Person im kantonalen Verfahren Anspruch auf Ersatz der Parteikosten
(Satz 1), wobei diese vom Versicherungsgericht festgesetzt und ohne Rücksicht
auf den Streitwert nach der Bedeutung der Streitsache und nach der
Schwierigkeit des Prozesses bemessen wird (Satz 2). Auf der Stufe des
solothurnischen Rechts ist dies umgesetzt in § 7 Abs. 3 der Verordnung des
Kantonsrates über das Verfahren vor dem Versicherungsgericht und über die
Organisation und das Verfahren der Schiedsgerichte in den Sozialversicherungen
(Kantonsratsbeschluss vom 22. September 1987; BGS 125.922). Danach hat der
obsiegende Beschwerdeführer Anspruch auf eine Parteientschädigung zu Lasten der
unterliegenden Sozialversicherung (Satz 1). Diese wird ohne Rücksicht auf den
Streitwert nach dem zu beurteilenden Sachverhalt und der Schwierigkeit des
Prozesses bemessen (Satz 2). Der vorinstanzliche Entscheid ist rechtswidrig,
indem er der im Ergebnis obsiegenden Beschwerdeführerin keine
Parteientschädigung zu Lasten der Beschwerdegegnerin zugesprochen hat, sondern
sie bloss im Rahmen der unentgeltlichen Rechtspflege zu Lasten der
Gerichtskasse und mit vorbehaltenem Rückforderungsanspruch entschädigt hat.

5.
Was die Höhe der der Beschwerdeführerin verfahrensausgangsgemäss zustehenden
Entschädigung betrifft, besteht kein Grund, von den Fr. 2'000.- abzugehen. Für
beide Verfahren rechtfertigt sich eine Entschädigung von gesamthaft Fr. 3'000.-
(Art. 68 Abs. 5 BGG).

6.
Bei diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten der IV-Stelle zu
überbinden, die das Prozessrisiko trägt (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Dispositiv-Ziffer 2 des Entscheides des Versicherungsgerichts des Kantons
Solothurn vom 13. September 2007 wird aufgehoben.

3.
Die Beschwerdegegnerin hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche
und das kantonale Verfahren mit Fr. 3'000.- zu entschädigen.

4.
Die Gerichtskosten für das bundesgerichtliche Verfahren von Fr. 500.- werden
der Beschwerdegegnerin auferlegt.

5.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons
Solothurn, der Ausgleichskasse des Kantons Solothurn und dem Bundesamt für
Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 28. April 2008
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

i.V. Borella Schmutz