Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 729/2007
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Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C_729/2007

Urteil vom 28. Juli 2008
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Lustenberger, Seiler,
Gerichtsschreiber Traub.

Parteien
C.________, Beschwerdeführerin,
vertreten durch Fürsprecher Ulrich Seiler, Falkenhöheweg 20, 3012 Bern,

gegen

IV-Stelle Bern, Chutzenstrasse 10, 3007 Bern,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern
vom 18. September 2007.

Sachverhalt:

A.
Die 1948 geborene C.________, in einem Familien-Gastwirtschaftsbetrieb als
Serviceangestellte tätig, leidet unter anderem an chronischen Rückenschmerzen
(Thorakolumbalsyndrom) bei Osteoporose. Am 30. November 2005 meldete sie sich
zum Bezug von Leistungen bei der Invalidenversicherung an. Die IV-Stelle Bern
klärte den medizinischen und erwerblichen Sachverhalt und lehnte das Gesuch um
Ausrichtung einer Invalidenrente aufgrund eines Invaliditätsgrades von 29
Prozent ab (Verfügung vom 16. Januar 2007).

B.
Das Verwaltungsgericht des Kantons Bern wies die dagegen erhobene Beschwerde ab
(Entscheid vom 18. September 2007).

C.
C.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen
mit dem Rechtsbegehren, es sei ihr, nach Aufhebung von angefochtenem Entscheid
und strittiger Verfügung, eine halbe Invalidenrente, eventuell eine
Viertelsrente auszurichten.
IV-Stelle und Bundesamt für Sozialversicherungen verzichten auf Vernehmlassung.

Erwägungen:

1.
Streitig und zu prüfen ist der Anspruch auf eine Invalidenrente.

1.1 Das kantonale Gericht hat die zur Beurteilung des Leistungsanspruchs
einschlägigen Rechtsgrundlagen zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen.

1.2 Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann unter
anderem die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Das
Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz
festgestellt hat. Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes
wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf
einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 beruht (Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG),
sofern die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend
sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes
wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist somit weder an die in der Beschwerde
geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden. Es
kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen
oder mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung
abweisen (SVR 2008 IV Nr. 25 S. 76, E. 2 [Urteil 9C_294/2007]; vgl. BGE 130 III
136 E. 1.4 S. 140).
Mit der Ersetzung der vorinstanzlichen Entscheidungsgründe durch eine andere
Begründung des Bundesgerichts wechselt mitunter auch das massgebende
Tatsachenfundament. Unterscheiden sich die tatbeständlichen
Entscheidungsgrundlagen für die substituierte Begründung von denjenigen des
angefochtenen Entscheids, so entfällt die Bindung des Bundesgerichts an den
vorinstanzlich festgestellten Sachverhalt insoweit zwangsläufig.

2.
2.1 Gemäss dem beweiskräftigen (BGE 125 V 351 E. 3a S. 352) Gutachten der
Fachärztin für Neurochirurgie Dr. L.________ vom 17. Oktober 2006 beruhen die
lumbalen Beschwerden auf degenerativen Veränderungen der gesamten Wirbelsäule
und vor allem auf der torsionsskoliotischen Fehlhaltung der Lendenwirbelsäule.
Im bisherigen Beruf - mit ausschliesslich stehend oder gehend auszuübenden
Verrichtungen ohne Notwendigkeit, schwere Gewichte (über fünf bis sechs
Kilogramm) zu tragen - bestehe eine (am besten aufgeteilt zu erfüllende)
Restarbeitsfähigkeit von fünf Stunden täglich. Eine besser angepasste Tätigkeit
mit der Möglichkeit, gelegentlich auch eine sitzende Position einzunehmen, sei
ohne zusätzliche Leistungseinbusse im Umfang von sieben Stunden täglich
zumutbar. Nicht zumutbar seien dagegen anhaltend gebücktes Arbeiten und
repetitives Gewichteheben.

2.2 Die Vorinstanz ging davon aus, die von der Verwaltung angenommene
Arbeitsfähigkeit in einer leidensadaptierten Verweisungstätigkeit im Umfang von
80 Prozent sei nicht zu beanstanden. Im Rahmen eines Einkommensvergleichs (Art.
16 ATSG) sei das aufgrund der Angaben des Arbeitgebers (Ehemann) bemessene
hypothetische Einkommen ohne Gesundheitsschaden (Valideneinkommen) von Fr.
49'630.30 einem Invalideneinkommen von Fr. 31'393.80 (statistischer
Tabellenlohn, auf der Basis einer Arbeitsfähigkeit von 80 Prozent und unter
Berücksichtigung eines seitens der IV-Stelle beantragten leidensbedingten
Abzugs von nunmehr 20 Prozent) gegenüberzustellen. Daraus resultiere ein
Invaliditätsgrad von aufgerundeten 37 Prozent.
Die Beschwerdeführerin macht geltend, ein Stellenwechsel sei ihr als rund
60-Jähriger - auch unter Annahme eines ausgeglichenen Arbeitsmarktes - nicht
mehr zumutbar. Deshalb dürfe das Invalideneinkommen nicht auf statistischer
Grundlage, sondern müsse anhand des noch erzielbaren Gehalts in der bisherigen
Arbeit bemessen werden. Sozialpraktisch sei sie nur hier noch erwerbsfähig. Im
Eventualstandpunkt beanstandet sie zudem namentlich, der Gesamtheit
lohnmindernder persönlicher Umstände sei im Rahmen der Korrektur des
Tabellenlohns (BGE 129 V 472 E. 4.2.3 S. 481; 126 V 75) nur unzureichend
Rechnung getragen worden.

2.3 Es kann offen bleiben, ob - wie von der Vorinstanz angenommen - der
Beschwerdeführerin ein Stellenwechsel möglich und zumutbar wäre. Denn selbst
wenn von einer zumutbaren Verwertung der verbleibenden Arbeitsfähigkeit in der
bisherigen Tätigkeit ausgegangen wird, resultiert kein rentenbegründender
Invaliditätsgrad: Gemäss dem Arbeitgeberbericht vom 25. Februar 2006 hat die
Beschwerdeführerin vor Eintritt des Gesundheitsschadens acht Stunden pro Tag
bzw. 40 Stunden pro Woche (entsprechend der normalen Arbeitszeit im Betrieb)
gearbeitet und würde dabei Fr. 4150.- pro Monat verdienen; der aktuelle
Monatslohn betrage bei einer Arbeitszeit von vier Stunden täglich Fr. 2075.-,
also genau die Hälfte. Gemäss den von der Vorinstanz wiedergegebenen, nicht
offensichtlich unrichtigen gutachtlichen Feststellungen der Frau Dr. L.________
wäre der Beschwerdeführerin die bisherige Tätigkeit indessen nicht bloss
während vier, sondern während fünf Stunden pro Tag zumutbar, was gegenüber dem
Validenpensum von acht Stunden einem Pensum von 62,5 Prozent entspricht. Wenn
sie bei einem Pensum von 50 Prozent einen Lohn von 50 Prozent erhält, kann ohne
weiteres davon ausgegangen werden, dass die Beschwerdeführerin bei einem
zumutbaren Pensum von 62,5 Prozent auch einen entsprechenden Lohn verdienen
kann (BGE 104 V 135 E. 2b S. 136). Die von der Beschwerdeführerin im
Zusammenhang mit dem Valideneinkommen aufgeworfene Frage eines 13. Monatslohns
kann dabei offen bleiben, denn ein solcher würde proportional auch auf dem
Invalidenlohn bezahlt und hätte somit auf den Prozentsatz der Erwerbsfähigkeit
keinen Einfluss. Wenn nicht auf eine hypothetische Tätigkeit auf dem
allgemeinen Arbeitsmarkt und dementsprechend auf Tabellenlöhne, sondern auf das
am effektiven Arbeitsplatz erzielte bzw. zumutbarerweise erzielbare Einkommen
abgestellt wird, entfällt sodann auch ein sog. Leidensabzug. Der
Invaliditätsgrad entspricht damit der Einkommenseinbusse von 37,5 Prozent.

3.
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend trägt die Beschwerdeführerin die
Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern,
Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, der GastroSocial Ausgleichskasse und
dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 28. Juli 2008
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Meyer Traub