Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 704/2007
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Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C_704/2007

Urteil vom 17. März 2008
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Lustenberger, Borella, Kernen und Seiler,
Gerichtsschreiber Maillard.

Parteien
U.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Fürsprecher Dr. Guido Fischer,
Frey-Herosé-Strasse 20, 5000 Aarau,

gegen

Ausgleichskasse Zug, Baarerstrasse 11, 6300 Zug,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Alters- und Hinterlassenenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug,
Sozialversicherungsrechtliche Kammer, vom 30. August 2007.

Sachverhalt:

A.
Mit Verfügung vom 13. Juli 2006 verpflichtete die Ausgleichskasse des Kantons
Zug U.________, einziges Mitglied des Verwaltungsrates der in Konkurs
gefallenen Firma X.________ AG, zur Bezahlung von Schadenersatz für ab April
2001 entgangene bundes- und kantonalrechtliche Sozialversicherungsbeiträge in
der Höhe von Fr. 74'933.50. Die dagegen erhobene Einsprache wies die
Ausgleichskasse mit Einspracheentscheid vom 15. September 2006 ab.

B.
Das Verwaltungsgericht des Kantons Zug hiess die hiegegen erhobene Beschwerde
mit Entscheid vom 30. August 2007 teilweise gut und reduzierte den
Schadenersatzbetrag auf Fr. 71'958.95.

C.
U.________ lässt Beschwerde führen mit dem sinngemässen Antrag, der
vorinstanzliche Entscheid sei aufzuheben und die Schadenersatzforderung
abzuweisen; eventuell sei die Sache an das kantonale Gericht zur weiteren
Sachverhaltsabklärung zurückzuweisen.

Während die Vorinstanz und die Ausgleichskasse Abweisung beantragen, verzichtet
das Bundesamt für Sozialversicherungen auf eine Stellungnahme.

Erwägungen:

1.
Die II. sozialrechtliche Abteilung ist zuständig zum Entscheid über die
streitige Schadenersatzpflicht nach Art. 52 AHVG (Art. 82 lit. a BGG sowie Art.
35 lit. a des Reglements für das Bundesgericht vom 20. November 2006 [BGerR]).
Nach Art. 34 lit. e BGerR fallen die kantonalen Sozialversicherungen
(insbesondere Familien- und Kinderzulagen) zwar in die Zuständigkeit der I.
sozialrechtlichen Abteilung. Es ist indessen aus prozessökonomischen Gründen
sinnvoll, dass die II. Abteilung auch über die Schadenersatzpflicht
entscheidet, soweit sie entgangene Sozialversicherungsbeiträge nach kantonalem
Recht betrifft (Urteil 9C_465/2007 vom 20. Dezember 2007).

2.
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann unter anderem
die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Die
Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich
unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht
und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend
sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den
Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat. Es kann die
Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder
ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung
im Sinne von Artikel 95 beruht (Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG). Das Bundesgericht
darf nicht über die Begehren der Parteien hinausgehen (Art. 107 Abs. 1 BGG).
Neue Begehren sind unzulässig (Art. 99 Abs. 2 BGG).

3.
Streitig und zu prüfen ist, ob der Beschwerdeführer zur Leistung von
Schadenersatz einerseits nach Art. 52 AHVG für bundesrechtliche
Sozialversicherungsbeiträge sowie anderseits für Beiträge an die kantonale
Familienausgleichskasse nach dem Gesetz vom 16. Dezember 1982 über die
Kinderzulagen (KZG/ZG, BGS 844.4) verpflichtet ist. Das kantonale Gericht hat
die zur Beurteilung dieser Streitfragen einschlägigen Rechtsgrundlagen
zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen.

4.
4.1 Das kantonale Gericht hat für das Bundesgericht verbindlich festgestellt
(E. 2), dass die konkursite Firma im - vom Beschwerdeführer zu verantwortenden
- Zeitraum von April 2001 bis April 2002 Löhne in der Höhe von nahezu einer
halben Million Franken ausgerichtet hat, ohne die darauf anfallenden
Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten. Im gleichen Zeitraum wurde sie
wiederholt gemahnt und betrieben. Damit ist sie den ihr als Arbeitgeberin
obliegenden Beitragszahlungs- und Abrechnungspflichten nur unvollständig
nachgekommen und hat Vorschriften im Sinne von Art. 52 Abs. 2 AHVG
grobfahrlässig missachtet. Sodann hat das kantonale Gericht ausführlich und
zutreffend dargelegt, weshalb dieses zum Beitragsverlust führende qualifizierte
schuldhafte Verhalten dem Beschwerdeführer als einzigem Verwaltungsratsmitglied
mit Blick auf seine unübertragbaren Aufgaben der Überwachung und finanziellen
Oberaufsicht über die Gesellschaft anzurechnen ist.

4.2 Das Verhalten des Beschwerdeführers ist angesichts seiner dauernden
Passivität und der langen Dauer der Zahlungsausstände grobfahrlässig. Ein
Mitverschulden der Ausgleichskasse, das zu einer Herabsetzung der
Schadenersatzpflicht führen würde, könnte nach der Rechtsprechung (BGE 122 V
185 E. 3c S. 185; SVR 2000 AHV Nr. 16 S. 50 E. 7a) nur angenommen werden, wenn
Hinweise auf eine grobe Pflichtverletzung durch die Verwaltung vorliegen
würden, so bei Missachtung elementarer Vorschriften der Beitragsveranlagung und
des Beitragsbezugs, etwa durch lange Untätigkeit beim Beitragsinkasso (AHI 2002
S. 52 E. 3b mit Hinweisen). Davon kann hier angesichts der aktenkundigen
Mahnungen und Betreibungen nicht die Rede sein

5.
Der Beschwerdeführer wendet weiter ein, die Schadenersatzforderung sei
verjährt.

5.1 Gemäss dem bis 31. Dezember 2002 in Kraft gewesenen Art. 82 Abs. 1 AHVV
verjährt die Schadenersatzforderung, wenn sie nicht innert Jahresfrist seit
Kenntnis des Schadens durch Erlass einer Schadenersatzverfügung geltend gemacht
wird, auf jeden Fall aber mit Ablauf von fünf Jahren seit Eintritt des
Schadens. Nach dem seit 1. Januar 2003 massgebenden Art. 52 Abs. 3 AHVG (vgl.
BGE 131 V 425 E. 5 S. 429) beträgt die relative Frist zwei Jahre. Die
Ausgleichskasse erlangt in dem Zeitpunkt Kenntnis vom Schaden, in welchem sie
unter Beachtung der ihr zumutbaren Aufmerksamkeit erkennen muss, dass die
tatsächlichen Gegebenheiten nicht mehr erlauben, die Beiträge einzufordern,
wohl aber eine Schadenersatzpflicht begründen können (BGE 129 V 193 E. 2.1 S.
195). Nach ständiger Rechtsprechung besteht - wie die Vorinstanz richtig
erkannt hat - im Konkursfall in der Regel mit der Auflage des Kollokationsplans
ausreichend Kenntnis des Schadens (BGE 129 V 193 E. 2.3 S. 195 mit Hinweisen).
Zu Recht ist daher das kantonale Gericht davon ausgegangen, die
Beschwerdegegnerin habe mit der Auflage des Kollokationsplanes (30. Mai 2006)
Kenntnis vom Schaden erhalten.

5.2 Die dauernde Pflichtverletzung durch die Firma lässt noch nicht auf einen
Schaden schliessen, erst recht nicht auf eine bestimmte Höhe des Schadens. Auch
mit der Forderungseingabe im Konkurs steht die Höhe des Ausfalls noch
keineswegs fest. Dass die Ausgleichskasse des Kantons Aargau schon früher (6.
Mai 2004) eine - allerdings am 15. Juli 2004 wieder aufgehobene (da der
Kollokationsplan noch nicht vorlag, mithin der Schaden noch nicht feststand) -
Verfügung erliess, ändert nichts daran. Auch übersieht der Beschwerdeführer,
dass sich jene Schadenersatzverfügung auf Ausstände früherer, nicht zum
Streitgegenstand gehörender, Perioden bezieht.

5.3 Die am 13. Juli 2006 erlassene Schadenersatzverfügung erfolgte rechtzeitig.

6.
Schliesslich ist der Einwand des Beschwerdeführers zu prüfen, für die
kantonalrechtlichen Abgaben (FAK-Beiträge) bestehe keine Schadenersatzpflicht.

6.1 Nach konstanter Rechtsprechung bedarf die Verpflichtung zu einer
öffentlichrechtlichen Geldleistung einer formell-gesetzlichen Grundlage, welche
die Leistungspflicht mindestens in den Grundzügen festlegt (Art. 127 Abs. 1 BV,
analog auch auf andere Geldleistungen anwendbar, BGE 133 V 402 E. 3.2 S. 404
f., 132 I 117 E. 4.2 S. 121, 132 II 371 E. 2.1 S. 374). Delegiert der
Gesetzgeber die Kompetenz zur Festlegung einer Abgabe an eine nachgeordnete
Behörde, so muss er zumindest den Kreis der Abgabepflichtigen, den Gegenstand
und die Bemessungsgrundlagen der Abgabe selber festlegen (BGE 132 II 371 E. 2.1
S. 374, 130 I 113 E. 2.2 S. 116; 128 I 317 E. 2.2.1 S. 321). Das Bundesgericht
prüft frei, ob die Delegationsnorm diesen Anforderungen entspricht (BGE 129 I
346 E. 5.1 S. 354). Die Rechtsprechung hat diese Vorgaben für die
Abgabenbemessung bei gewissen Arten von Kausalabgaben gelockert, wo das Mass
der Abgabe durch überprüfbare verfassungsrechtliche Prinzipien (Kostendeckungs-
und Äquivalenzprinzip) begrenzt wird und nicht allein der Gesetzesvorbehalt
diese Schutzfunktion erfüllt (BGE 130 I 113 E. 2.2 S. 116 mit Hinweisen). Diese
mögliche Lockerung betrifft nur die Vorgaben zur Bemessung der Abgaben, nicht
die Umschreibung der Abgabepflicht (Subjekt und Objekt) als solche (BGE 132 I
117 E. 4.2 S. 121). Bei der hier zur Diskussion stehenden Schadenersatzpflicht
handelt es sich nicht um eine Kausalabgabe, so dass die genannte Lockerung
nicht zur Anwendung kommen kann.

6.2 Die Haftung nach Art. 52 AHVG gilt für die bundesrechtlichen
Sozialversicherungen, namentlich für die AHV, ferner für die IV und die EO, für
welche die Beiträge durch Zuschläge zu den AHV-Beiträgen erhoben werden (Art. 3
Abs. 2 IVG, Art. 26 EOG). Auch Art. 25 Abs. 3 des Bundesgesetzes über die
Familienzulagen in der Landwirtschaft (FLG) verweist ausdrücklich auf Art. 52
AHVG. Sodann verweist Art. 6 AVIG generell für den Bereich der Beiträge auf die
AHV-Gesetzgebung, womit auch die Haftung nach Art. 52 AHVG mit umfasst ist (BGE
113 V 186 E. 4b S. 187). Die Familienzulagen ausserhalb der Landwirtschaft
richten sich hingegen für den hier streitigen Zeitraum nach kantonalem Recht,
im Kanton Zug nach dem KZG. Art. 52 AHVG stellt diesbezüglich keine gesetzliche
Grundlage dar für die Erhebung von Schadenersatz (BGE 124 V 145 E. 1 S. 146).
Erforderlich ist eine kantonalrechtliche Grundlage (Ueli Kieser, Alters- und
Hinterlassenenversicherung, in Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht [SBVR],
Soziale Sicherheit, 2. Auflage Basel 2007, Rz. 267 S. 1294).

6.3 Das KZG ist ein formelles Gesetz. Fraglich ist jedoch, ob es eine analoge
Haftungsbestimmung wie Art. 52 AHVG enthält. Die zugerische Praxis stützt sich
dazu auf § 28 KZG. Diese Bestimmung mit dem Titel "Ergänzendes Recht" steht im
6. Abschnitt des KZG mit dem Abschnittstitel "Straf- und Schlussbestimmungen".
Ihr Abs. 1 lautet: "Soweit dieses Gesetz den Vollzug nicht abschliessend
regelt, finden die Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Familienzulagen in
der Landwirtschaft als ergänzendes Recht Anwendung". Das Gesetz enthält somit
nicht selber eine Haftungsbestimmung, sondern bloss eine dynamische Verweisung
auf eine andere Gesetzgebung. Solche Verweisungen sind im Lichte des
rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebots wie auch der demokratischen
Zuständigkeitsordnung problematisch, soweit das verwiesene Recht Bestimmungen
enthält, die aufgrund ihrer Bedeutung für die Rechtsstellung des Bürgers
rechtssatzmässig festgelegt bzw. demokratisch legitimiert sein sollten. Sie
können allerdings unter Umständen als gesetzliche Grundlage ausreichen
(eingehend BGE 123 I 112 E. 7c S. 127 ff.). Voraussetzung dafür ist, dass die
Verweisung als solche hinreichend klar und eindeutig ist (BGE 124 I 6 E. 4a S.
8; Ueli Kieser, Streifzug durch das Familienzulagenrecht, SZS 1995 S. 276 ff.,
281 f.). Das Bundesgericht hat es (im Rahmen von staatsrechtlichen Beschwerden)
als nicht willkürliche Gesetzesanwendung beurteilt, § 33 Abs. 2 des
zürcherischen Kinderzulagengesetzes vom 8. Juni 1958 sowie § 29 des (alten)
nidwaldnerischen Gesetzes vom 30. April 1972 über die Kinderzulagen, wonach
generell die Vorschriften über die eidgenössische Alters- und
Hinterlassenenversicherung sinngemäss Anwendung finden, als hinreichende
gesetzliche Grundlage für eine Arbeitgeberhaftpflicht zu betrachten. Es wies
dabei auch darauf hin, dass die eidgenössische Regelung vor der kantonalen Norm
ergangen war und seither nicht geändert wurde, dass eine enge inhaltliche und
verfahrensmässige Verbindung zwischen der eidgenössischen AHV-Gesetzgebung und
der kantonalen Kinderzulagengesetzgebung bestehe und dass der Schadenersatz
nach kantonalem Recht neben dem bundesrechtlichen quantitativ von
untergeordneter Bedeutung sei (Urteil 2P.251/1996 vom 30. Juni 1997, E. 2b;
Urteil 2P.284+313/1998 vom 21. Februar 2001, E. 4b/bb; vgl. auch Urteil P.22/
1985 vom 25. Mai 1988, E. 2).

6.4 Die hier zur Diskussion stehende zugerische Regelung unterscheidet sich
wesentlich von der zürcherischen und nidwaldnerischen: Zum einen verweist sie
nicht direkt auf das AHVG, sondern auf das FLG, welches seinerseits auf das
AHVG weiterverweist. Eine solche indirekte Verweisung ist im Lichte des
Legalitätsprinzips noch problematischer als eine direkte. Zum andern verweist
sie nicht generell auf die Vorschriften des AHVG, sondern nur für die Regelung
des Vollzugs. Eine Haftungsbestimmung kann klarerweise nicht als blosse
Vollzugsbestimmung betrachtet werden. Das FLG, auf welches das kantonale Gesetz
verweist, enthält denn auch in Art. 25 Abs. 1 für den Vollzug eine Verweisung
auf die Bestimmungen des AHVG, in Abs. 3 hingegen ausdrücklich für die Haftung
auf (u.a.) Art. 52 AHVG. Zwar verwies die bis 31. Dezember 2002 in Kraft
stehende ursprüngliche Fassung (AS 1952 823) nur auf den Vollzug. Es mag sein,
dass sich der kantonale Gesetzgeber von dieser ursprünglichen Fassung von Art.
25 FLG inspirieren liess. Aber erstens hat das Bundesgericht - soweit
ersichtlich - nie entschieden, ob die alte Fassung von Art. 25 FLG eine
hinreichende gesetzliche Grundlage für eine Haftung darstellt (bejahend:
Jean-Maurice Frésard, La responsabilité de l'employeur pour le non-paiement de
cotisations d'assurances sociales selon l'art. 52 LAVS, SVZ 1987 S. 8; eher
verneinend: Kieser, Streifzug, a.a.O., S. 280 Anm. 22). Und zweitens ist -
insbesondere bei Gesetzen, welche den Privaten eine Pflicht auferlegen - in
erster Linie der Gesetzeswortlaut massgebend, wie ein unbefangener Leser ihn
verstehen muss. Dass unter "Vollzug" auch eine materiellrechtliche
Haftungsvorschrift verstanden werden kann, ist nach alltagssprachlichem wie
juristischem Sprachverständnis ausgeschlossen. Schliesslich reicht auch die
inhaltliche Konnexität zwischen der eidgenössischen AHV und der kantonalen
Kinderzulagenregelung nicht aus, um auf das Erfordernis einer hinreichend
klaren gesetzlichen Grundlage zu verzichten. So stellt auch Art. 69 Abs. 1bis
IVG, welcher für das kantonale Gerichtsverfahren eine Kostenpflicht
vorschreibt, keine genügende gesetzliche Grundlage für eine
Kostenvorschusspflicht dar (BGE 133 V 402), obwohl ein enger Konnex zur
bundesrechtlich vorgeschriebenen Kostenpflicht sowie zu der für das
eidgenössische Recht geltenden Vorschusspflicht (Art. 62 BGG) besteht. Auch hat
die Konnexität zwischen AHV-Recht und kantonalem Familienausgleichsrecht nicht
dazu geführt, dass im Verfahrensrecht das Bundesrecht analog für die
kantonalrechtlichen Abgaben angewendet wurde (Urteil H 142/04 vom 12. August
2005, E. 1).

6.5 Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass im Urteil H 346/99
vom 20. März 1999 entgegen der Darlegung der Vorinstanz deren Auffassung nicht
bestätigt wurde, § 28 KZG i.V.m. Art. 25 Abs. 3 FLG bilde eine genügende
gesetzliche Grundlage für die Schadenersatzpflicht für die FAK-Beiträge.
Vielmehr richtete sich die Verwaltungsgerichtsbeschwerde in jenem Verfahren
ausdrücklich nur gegen den gestützt auf Bundesrecht beurteilten Schadenersatz
(die FAK-Beiträge betreffend erhob der damalige Beschwerdeführer
staatsrechtliche Beschwerde, auf welche das Bundesgericht mit Urteil 2P.284/
1999 vom 20. Oktober 1999 nicht eintrat), weshalb zu der hier umstrittenen
Frage nicht Stellung genommen werden konnte und musste. Folgerichtig wurden im
genannten Urteil die entgangenen FAK-Beiträge von der Schadenersatzsumme
abgezogen.

6.6 § 28 KZG erweist sich damit als ungenügende gesetzliche Grundlage für eine
Haftung des Beschwerdeführers (ebenso Kieser, Streifzug, a.a.O., S. 283). In
Bezug auf die kantonalrechtlichen Abgaben ist die Beschwerde begründet. Der
Schadenersatzbetrag ist entsprechend zu reduzieren (siehe Zusammenstellung in
der Verfügung vom 13. Juli 2006, wobei der Betrag für das Jahr 2002 von der
Vorinstanz auf Fr. 920.80 reduziert worden ist).

7.
Die Verfahrenskosten sind entsprechend dem Ausmass des Obsiegens und
Unterliegens aufzuteilen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Der geringfügig obsiegende
Beschwerdeführer hat Anspruch auf eine entsprechend reduzierte
Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG). Die Vorinstanz wird die
Parteikosten für das erstinstanzliche Verfahren entsprechend dem Ausgang des
letztinstanzlichen Verfahrens festzulegen haben (Art. 68 Abs. 5 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Der Entscheid des
Verwaltungsgerichts des Kantons Zug vom 30. August 2007 und der
Einspracheentscheid der Ausgleichskasse Zug vom 15. September 2006 werden
insoweit abgeändert, als der Beschwerdeführer verpflichtet wird, der
Beschwerdegegnerin Schadenersatz im Betrag von Fr. 64'362.20 zu bezahlen. Im
Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.

2.
Von den Gerichtskosten von Fr. 4500.- werden dem Beschwerdeführer Fr. 4000.-
und der Beschwerdegegnerin Fr. 500.- auferlegt.

3.
Die Beschwerdegegnerin hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 500.- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zug,
Sozialversicherungsrechtliche Kammer, und dem Bundesamt für
Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 17. März 2008
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Meyer i.V. Attinger