Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 665/2007
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Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C_665/2007

Urteil vom 14. April 2008
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Lustenberger, Seiler,
Gerichtsschreiberin Bollinger Hammerle.

Parteien
J.________, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Kaspar Gehring,
Ulrichstrasse 14, 8032 Zürich,

gegen

IV-Stelle des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich vom 15. August 2007.

Sachverhalt:

A.
J.________, geboren 1955, ist seit 29. Januar 1990 bei der Firma G.________ AG
als Mitarbeiterin (Bestücken von Fertigungsmaschinen im mechanischen Bereich;
Montage) tätig. Am 24. März 2003 meldete sie sich unter Hinweis auf chronische
therapieresistente Rückenschmerzen bei der Invalidenversicherung zum
Leistungsbezug an (Berufsberatung, Umschulung auf eine neue Tätigkeit, Rente).
Die IV-Stelle des Kantons Zürich führte erwerbliche Abklärungen durch und holte
Berichte ein des Dr. med. W.________, FMH für Innere Medizin vom 18./21. April
2004, sowie der Rheumaklinik am Universitätsspital X.________ vom 13. Mai 2004
(betreffend eine stationäre Rehabilitation vom 27. Januar bis 14. Februar
2004). In der Folge veranlasste sie eine psychiatrische Begutachtung durch Dr.
med. V.________, Psychiater und Psychotherapeut FMH, vom 12. September 2004,
führte bei der Arbeitgeberin Abklärungen bezüglich der Erhaltung des
Arbeitsplatzes durch und bat Dr. med. W.________ um präzisierende Angaben zur
Arbeitsfähigkeit vom 1. November 2004. Nachdem die Firma G.________ AG am
Arbeitsplatz der J.________ zusätzliche Anpassungen (betreffend körperliche
Haltung und Arbeitsorganisation) vorgenommen bzw. angeboten hatte, verfügte die
IV-Stelle am 22. April 2005 den Abschluss der Arbeitsvermittlung. Sie bat ihren
RAD (Dr. med. R.________) um eine Stellungnahme vom 31. März 2005 und verfügte
am 25. April 2005 die Ablehnung des Rentenbegehrens. Die hiegegen erhobene
Einsprache der J.________ wies die IV-Stelle mit Einspracheentscheid vom 18.
Juli 2005 ab.
J.________ liess hiegegen Beschwerde führen, welche das
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 2. Februar 2006
in dem Sinne guthiess, als es den angefochtenen Einspracheentscheid aufhob und
die Sache an die IV-Stelle zur rheumatologischen Begutachtung zurückwies. Am 6.
November 2006 erging das Gutachten des Dr. med. U.________, Facharzt für
Rheumatologie und Innere Medizin. Nachdem die IV-Stelle hiezu eine
Stellungnahme ihres RAD (Dr. med. A.________) vom 28. Dezember 2006 eingeholt
hatte, verfügte sie nach durchgeführtem Vorbescheidverfahren am 3. April 2007
die Abweisung des Rentenbegehrens.

B.
Die hiegegen erhobene Beschwerde der J.________ wies das
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 15. August 2007
ab.

C.
J.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen
und unter Aufhebung des angefochtenen Entscheides die Zusprechung der
"gesetzlichen Leistungen, insbesondere einer Dreiviertelsrente" beantragen.

Vorinstanz und Bundesamt für Sozialversicherungen verzichten auf eine
Stellungnahme. Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Beschwerde.

Erwägungen:

1.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann
wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das
Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz
festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung
der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig
ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105
Abs. 2 BGG).

2.
Im vorinstanzlichen Entscheid vom 2. Februar 2006 sowie im Einspracheentscheid
vom 18. Juli 2005, auf welche das kantonale Gericht verweist, werden die
gesetzlichen Bestimmungen und die Rechtsprechung zur Invalidität erwerbstätiger
Versicherter (Art. 8 Abs. 1 ATSG), zum Umfang des Rentenanspruchs (Art. 28 Abs.
1 IVG), zur Bemessung des Invaliditätsgrades bei erwerbstätigen Versicherten
nach der allgemeinen Methode des Einkommensvergleichs (Art. 28 Abs. 2 IVG in
Verbindung mit Art. 16 ATSG) sowie zum Beweiswert medizinischer Berichte und
Gutachten (BGE 125 V 351 E. 3 a-c S. 352 ff.) zutreffend dargelegt. Darauf wird
verwiesen.

3.
Hinsichtlich der erhobenen Befunde (chronisches lumbospondylogenes Syndrom
beidseits, linksbetont [bei residuellem sensiblem sensomotorischem
Ausfallsyndrom links 11/2003, möglicher residueller sensibler radikulärer
Engpasssymptomatik, Wirbelsäulenfehlform/-haltung, muskulärer Dysbalance und
Haltungsinsuffizienz sowie degenerativen Veränderungen der Halswirbelsäule],
chronisches cervicovertebrales bis cervicocephales Syndrom [mit degenerativen
Veränderungen der Halswirbelsäule, differenzialdiagnostischem
Spannungskopfschmerz und leichter muskulärer Dysbalance sowie
Wirbelsäulenfehlhaltung]; Gutachten des Dr. med. U.________ vom 6. November
2006, Berichte der Ärzte am Universitätsspital X.________ vom 13. Mai 2004 und
des Dr. med. W.________ vom 21. April 2004) stimmen die medizinischen Akten
weitestgehend überein. Streitig ist hingegen, inwiefern sich die
gesundheitlichen Beeinträchtigungen auf die Arbeitsfähigkeit auswirken.

3.1 Die Vorinstanz erwog, gestützt auf das Gutachten des Dr. med. U.________,
dem voller Beweiswert zukomme, sei die Versicherte in einer leidensangepassten
Tätigkeit vollständig arbeitsfähig.
Demgegenüber bringt die Beschwerdeführerin vor, das kantonale Gericht habe den
Sachverhalt unrichtig festgestellt. Das Gutachten des Dr. med. U.________ sei
widersprüchlich, weil der Gutachter die aktuell ausgeübte Tätigkeit in einem
Pensum von mindestens 50 % als zumutbar und eine angepasste Tätigkeit als
vollumfänglich möglich erachtet, dabei aber nicht gewürdigt habe, dass die
aktuelle Tätigkeit an die gesundheitlichen Einschränkungen bereits optimal
angepasst sei.

3.2 Dr. med. U.________ kam zum Schluss, aus arbeitsmedizinischer Sicht bestehe
eine verminderte Belastbarkeit des Achsenorgans für schweres Heben und Tragen
von Lasten sowie für wirbelsäulenbelastende Tätigkeiten in Zwangspositionen
längerdauernd rein stehend, rein sitzend mit repetitiv rumpfrotierenden
Stereotypien, langdauernd vornüber geneigt sowie in Arbeiten im
Überkopfbereich. Aus rein rheumtologischer Sicht seien alle körperlich leicht
belastenden Arbeiten, die diesen Einschränkungen gerecht würden,
uneingeschränkt zumutbar. Tätigkeiten wie die zuletzt ausgeübte, gemäss
Arbeitgeberbeschrieb vornehmlich sitzend mit selten gehend/stehenden
Wechselpositionen und ohne grössere Hebebelastungen, "sollten derzeit in
mindestens 50-%igen Pensum bewältigt werden können und nach Ausgleich der
muskulären und posturalen [d.h. von der Körperstellung abhängigen] Defizite
sogar steigerbar sein. Dazu bedürfte es allerdings einer Eigenmotivation und
Trainingsdisziplin, die die Versicherte offenbar bisher nicht aufzubringen im
Stande war".

3.3 Es ist unbestritten, dass die (leichte bis sehr leichte) Tätigkeit der
Versicherten bei der Firma G.________ AG den gesundheitlichen Einschränkungen
(nunmehr) optimal angepasst ist (vgl. Stellungnahme des RAD-Arztes Dr. med.
R.________ vom 31. März 2005). Soweit die Beschwerdeführerin Dr. med.
U.________ Widersprüchlichkeit vorwirft, und damit den Beweiswert seines
Gutachtens in Frage stellt, kann ihr nicht gefolgt werden. Dr. med. U.________
bezieht seine Einschätzung einer mindestens 50-%igen Arbeitsfähigkeit (mit
Steigerungsmöglichkeit), wie er klar festhält, auf den "Arbeitgeberbeschrieb".
Gemäss Anamnese in seinem Gutachten vom 6. November 2006 sind damit die Angaben
der Arbeitgeberfirma im Fragebogen vom 21. April 2004 gemeint, welche sich
indessen auf die Belastungen beziehen, denen die Beschwerdeführerin ausgesetzt
war, bevor die (durch die Ärzte am Universitätsspital X.________ angeregten
[Bericht vom 13. Mai 2004]) ergonomischen Anpassungen des Arbeitsplatzes,
insbesondere mittels einer sog. Stehhilfe, vorgenommen wurden. Dr. med.
U.________ hält denn auch fest, die hälftige Arbeitsfähigkeit bestehe in einer
"vornehmlich sitzende[n] Tätigkeit mit nur selten gehend/stehenden
Wechselpositionen". Wenn der Gutachter für Tätigkeiten mit mehrheitlich
sitzender Dauerposition eine hälftige (Mindest-) Arbeitsfähigkeit und für eine
angepasste wechselbelastende Arbeit mit der Möglichkeit vermehrter
Positionswechsel, gemäss den aktuellen Gegebenheiten bei der Firma G.________
AG, eine vollständige Arbeitsfähigkeit attestiert, liegt darin kein
Widerspruch. Die Vorinstanz hat somit weder den Sachverhalt offensichtlich
unrichtig oder unvollständig festgestellt noch sonstwie gegen Bundesrecht
verstossen, indem sie auf das - die für den Beweiswert ärztlicher Berichte und
Gutachten geltenden Anforderungen (BGE 125 V 351 E. 3a S. 352, 122 V 157 E. 1c
S. 160) erfüllende und in den Schlussfolgerungen überzeugende -
rheumatologische Gutachten vom 6. November 2006 abgestellt hat.

3.4 Nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz ist die Versicherte in
einer angepassten Tätigkeit vollumfänglich arbeitsfähig. Da sie indessen
lediglich im Umfang von 40 % erwerbstätig ist, hat die Vorinstanz das
Invalideneinkommen zu Recht gestützt auf Tabellenlöhne festgesetzt (BGE 117 V 8
E. 2c/aa S. 18). Schliesslich betrifft die Höhe des im Einzelfall zu
bemessenden Abzuges vom Tabellenlohn eine Ermessensfrage, die letztinstanzlich
nurmehr im hier nicht gegebenen Ausnahmefall einer Korrektur zugänglich ist
(BGE 132 V 393 E. 3.3 S. 399).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 14. April 2008
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:

Meyer Bollinger Hammerle