Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 661/2007
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9C_661/2007

Urteil vom 28. Dezember 2007
II. sozialrechtliche Abteilung

Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Lustenberger, Seiler,
Gerichtsschreiber Schmutz.

L. ________, Beschwerdeführer,

gegen

IV-Stelle Bern, Chutzenstrasse 10, 3007 Bern,
Beschwerdegegnerin.

Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern
vom 8. August 2007.

Sachverhalt:

A.
Mit Verfügung vom 2. März 2006 und Einspracheentscheid vom 7. Februar 2007
lehnte die IV-Stelle Bern den Anspruch des 1954 geborenen L.________ auf
Leistungen der Invalidenversicherung wegen fehlender Invalidität ab.

B.
Die gegen den Einspracheentscheid erhobene Beschwerde wies das
Verwaltungsgericht des Kantons Bern mit Entscheid vom 8. August 2007 ab.

C.
L.________ erhebt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit
dem Antrag auf Zusprechung von Leistungen der Invalidenversicherung. Er rügt
sinngemäss Mangelhaftigkeit und Unrichtigkeit vorinstanzlicher
Sachverhaltsfeststellungen zum Gesundheitszustand und zur Bemessung des
Invaliditätsgrades.
Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Vorinstanz und
Bundesamt für Sozialversicherungen verzichten auf Vernehmlassung.

Erwägungen:

1.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG)
kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 96 BGG erhoben werden.
Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die
Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, wenn
sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von
Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 132 V 393 zur auch unter
der Herrschaft des BGG gültigen Abgrenzung von Tat- und Rechtsfragen im
Bereich der Invaliditätsbemessung [Art. 16 ATSG] für die Ermittlung des
Invaliditätsgrades nach Art. 28 Abs. 1 IVG). Es ist auf Grund der Vorbringen
in der Beschwerde zu prüfen, ob der angefochtene Gerichtsentscheid in der
Anwendung der massgeblichen materiell- und beweisrechtlichen Grundlagen
Bundesrecht verletzt (Art. 95 BGG), einschliesslich einer allfälligen
rechtsfehlerhaften Tatsachenfeststellung (Art. 97 BGG; unrichtige oder
unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts). Hingegen hat
eine freie Überprüfung des vorinstanzlichen Entscheides in tatsächlicher
Hinsicht (Art. 132 lit. b aOG) ebenso zu unterbleiben wie eine Prüfung der
Ermessensbetätigung (Art. 132 lit. a aOG) nach den Grundsätzen zur
Angemessenheitskontrolle (BGE 126 V 75 E. 6 S. 81 mit Hinweisen). Auch
besteht (entgegen Art. 132 lit. c aOG) Bindung an die Parteianträge.

2.
Streitig und zu prüfen ist der Anspruch auf Leistungen der
Invalidenversicherung. Vorinstanz und Verwaltung haben in materiell- und
beweisrechtlicher Hinsicht die für die Beurteilung des Leistungsanspruchs
massgeblichen Grundlagen sowie die diesbezügliche Rechtsprechung zutreffend
dargelegt. Darauf wird verwiesen.

3.
3.1 Der Beschwerdeführer rügt sinngemäss, Vorinstanz und Verwaltung hätten den
rechtserheblichen medizinischen Sachverhalt unvollständig festgestellt und
unrichtig gewürdigt. Zu prüfen ist somit, ob die vorhandenen medizinischen
Akten beweiskräftig sind und die  Beantwortung der Frage nach Art und Ausmass
der Arbeitsunfähigkeit und - für den Anspruch auf Leistungen der
Invalidenversicherung massgebend - dem Grad der Erwerbsunfähigkeit gestatten.

3.2 Nach der Rechtsprechung ist für den Beweiswert eines Arztberichtes
entscheidend, ob er für die streitigen Belange umfassend ist, auf allseitigen
Untersuchungen beruht, auch die geklagten Beschwerden berücksichtigt, in
Kenntnis der Vorakten (Anamnese) abgegeben worden ist, in der Beurteilung der
medizinischen Zusammenhänge und der medizinischen Situation einleuchtet und
ob die Schlussfolgerungen des Verfassers begründet sind (BGE 125 V 351 E. 3a
S. 352 mit Hinweis). Liegen einander widersprechende medizinische Berichte
vor, darf das kantonale Versicherungsgericht im Rahmen der Rechtsanwendung
(unter Einschluss der Feststellung im Sinne der Würdigung des Sachverhalts)
von Amtes wegen (Art. 61 lit. c und d ATSG) den Prozess nicht erledigen, ohne
das gesamte Beweismaterial zu würdigen und die Gründe anzugeben, weshalb es
auf die eine und nicht auf die andere medizinische These abstellt (BGE 125 V
351 E. 3a S. 352; RKUV 2003 Nr. U 487 S. 345 E. 5.1 [U 38/01]).

4.
4.1 Das kantonale Gericht hat befunden, es fehle beim Versicherten an der
Voraussetzung einer länger dauernden Erwerbsunfähigkeit im Sinne von Art. 8
Abs. 1 ATSG, weshalb kein Anspruch auf Leistungen der Invalidenversicherung
bestehe. Es hat die Gründe, die zur Abweisung der Beschwerde geführt haben,
unter Würdigung der medizinischen Aktenlage dargelegt. Dabei hat es sich
vorab auf den Bericht der Frau Dr. med. R.________, Leitende Ärztin
Psychosomatik des Zentrums für medizinische und neurologische Rehabilitation
der Klinik X.________, vom 9. Dezember 2005 und die auf Grund der Akten
abgegebene Stellungnahme des Dr. med. A.________, Regionaler Ärztlicher
Dienst der IV-Stellen, vom 9. Juni 2006 abgestützt und erwogen, eine aus
somatischen Gründen bestehende Arbeitsunfähigkeit in einer angepassten
Tätigkeit mit entsprechender Erwerbseinbusse, welche trotz
Eingliederungsmassnahmen weiterbestehen würde, sei nicht mit überwiegender
Wahrscheinlichkeit erstellt. Die ärztlichen Berichte böten auch zum
Suchtverhalten ein schlüssiges Bild. Es sei dem Beschwerdeführer zuzumuten,
die von den Ärzten als angezeigt erachteten medizinischen Massnahmen
(Alkoholabstinenz und aktive Physiotherapie) trotz mangelnder Einsicht
durchzuführen.

4.2 Die vorinstanzliche Feststellung, es bestehe hinsichtlich der somatischen
Situation keine bleibende Einschränkung in der Arbeitsfähigkeit, ist eine
Sachverhaltsfeststellung, die nicht offensichtlich unrichtig ist und
demzufolge das Bundesgericht bindet (E. 1). Dasselbe gilt in Bezug auf die
Folgen des Suchtverhaltens. Daran ändert nichts, dass die Ärzte der Klinik
und Polikliniken für Rheumatologie und Klinische Immunologie/Allergologie des
Spitals Y.________ sich im IV-Arztbericht vom 19. Mai 2006 zur Bemerkung
veranlasst sahen, auf Grund der langjährigen Arbeitsunfähigkeit, der
inkompletten Aktenlage und der Unkenntnis der verschiedenen Kontextfaktoren
könne die Arbeitsfähigkeit respektive die Prognose nicht fundiert beurteilt
werden; sie schlugen darum eine interdisziplinäre Begutachtung, eventuell mit
einer Evaluation der funktionellen Leistungsfähigkeit (EFL) vor. Es geht
indes aus sämtlichen ärztlichen Stellungnahmen, in denen der Alkoholismus des
Versicherten thematisiert wird, hervor, dass es diesem an der zur Behandlung
notwendigen Krankheitseinsicht fehlt, so auch aus dem im gleichen Zeitraum
erstellten Bericht des Psychiatrischen Dienstes des Spitals Z.________ vom
28. März 2006. Eine EFL hätte unter diesen Umständen keine erhebliche neue
Erkenntnisse gebracht. Zumal, wie die Vorinstanz zutreffend dargelegt hat,
eine allein auf das Suchtverhalten zurückzuführende Einschränkung
invaliditätsrechtlich nicht relevant ist.

5.
Die Gerichtskosten werden dem Beschwerdeführer als unterliegender Partei
auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern,
Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, der Ausgleichskasse des Kantons Bern
und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 28. Dezember 2007

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Meyer Schmutz