Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 614/2007
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Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C_614/2007

Urteil vom 19. Juni 2008
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Lustenberger, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter Borella, Seiler,
Gerichtsschreiber R. Widmer.

Parteien
B.________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Fürsprecher Dr. Michael Weissberg,
Zentralstrasse 47, 2502 Biel,

gegen

Winterthur-Columna Sammelstiftung 2. Säule, Zürich, Paulstrasse 9, 8400
Winterthur,
Beschwerdegegnerin, vertreten durch Rechtsanwältin Isabelle Schwander,
Seefeldstrasse 116, 8008 Zürich,

W.________,
K.________.

Gegenstand
Berufliche Vorsorge,

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom
6. Juli 2007.

Sachverhalt:

A.
Die Firma C.________ schloss am 2. Dezember 1985 zur Durchführung der
beruflichen Vorsorge rückwirkend ab 1. Januar 1985 mit der Winterthur-Columna,
Stiftung für die obligatorische berufliche Vorsorge (im Folgenden:
Winterthur-Columna) einen Anschlussvertrag. Nachdem die Firma C.________ ab
Januar 1990 mit Ausnahme einer nachträglichen Zahlung über Fr. 10'000.- am 30.
Mai 1994 keine BVG-Prämien mehr entrichtet hatte, löste die Winterthur-Columna
den Anschlussvertrag auf Ende 1992 auf und liess gegen B.________, W.________
und K.________ Betreibung auf Zahlung von Fr. 21'624.05, zuzüglich Zins zu 5.5
% seit 1. Januar 1996, einleiten, wobei sie die Betriebenen als solidarisch
haftend betrachtete. Nachdem diese Rechtsvorschlag erhoben hatten, reichte die
Winterthur-Columna gegen die drei Betriebenen Klage mit dem nämlichen
Rechtsbegehren ein. Das Verwaltungsgericht des Kantons Bern stellte das
Verfahren bis zum Entscheid des Eidgenössischen Versicherungsgerichts im
Prozess zwischen der Winterthur-Columna und der als Kollektivgesellschaft
eingeklagten Firma E.________ ein. Nachdem dieses Urteil (B 79/00) am 16. April
2002 ergangen war, womit die Sache unter Aufhebung des vorgängigen Entscheides
des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 9. September 2000 zur näheren
Abklärung der Gesellschaftsform der Firma E.________ an das kantonale Gericht
zurückgewiesen wurde, nahm das Verwaltungsgericht den Prozess wieder auf. Es
zog die Steuerakten bei und holte Stellungnahmen der Parteien ein. Mit
Entscheid vom 6. Juli 2007 hiess es die Klage insoweit teilweise gut, dass es
B.________ vollumfänglich und W.________ bezüglich der Zeit ab 1. Juli 1992
unter solidarischer Haftung verpflichtete, der Winterthur-Columna Fr.
21'624.05, nebst Zins zu 5.5 % seit 1. Januar 1996 auf Fr. 15'656.30 zu
bezahlen. Im Übrigen wies es die Klage ab (Entscheid vom 6. Juli 2007).

B.
B.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen
mit dem Antrag, unter Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides sei die von
der Winterthur-Columna gegen ihn erhobene Klage abzuweisen.

Während die Winterthur-Columna auf Abweisung der Beschwerde schliesst,
verzichtet das Bundesamt für Sozialversicherungen auf eine Stellungnahme.
Dem Beteiligten W.________ konnte die Beschwerde nicht zugestellt werden.
K.________ liess sich nicht vernehmen.

Erwägungen:

1.
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann u.a. die
Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Die Feststellung
des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist
oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die
Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann
(Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt
zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann
die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder
ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung
im Sinne von Art. 95 beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).

2.
Streitig und zu prüfen ist, ob es sich bei der Firma C.________ um eine
einfache Gesellschaft handelt mit der Folge, dass der Beschwerdeführer in
solidarischer Haftung mit den beiden anderen Gesellschaftern W.________ und
K.________, welche den vorinstanzlichen Entscheid vom 6. Juli 2007 nicht
angefochten haben, die Beitragsforderung der Beschwerdegegnerin über den Betrag
von Fr. 21'624.05, zuzüglich Zins, zu bezahlen hat.

3.
Das Verwaltungsgericht hat unter Hinweis auf Art. 530 Abs. 1, 533 Abs. 1 und
544 Abs. 3 OR sowie die hiezu ergangene Rechtsprechung (BGE 124 III 363 E. II
2a S. 364 f., 116 II 707 E. 2a S. 710) und die Lehre (Guhl/Druey, das
Schweizerische Obligationenrecht, frische Obligationenrecht, 9. Auflage, Zürich
2000, § 61 Rz. 20, 23, 28 und 33 f. sowie § 62 Rz. 48 ff.) die Wesensmerkmale
einer einfachen Gesellschaft, namentlich auch die solidarische Haftung jedes
Gesellschafters für die gesamten Verbindlichkeiten, zutreffend dargestellt. Des
Weiteren hat die Vorinstanz die Punkte aufgezählt, die für die Abgrenzung der
einfachen Gesellschaft von der Kollektivgesellschaft im Allgemeinen (Art. 552
OR) sowie hinsichtlich der Haftung der Gesellschafter (Art. 568 Abs. 3 und 569
Abs. 1 OR) von Bedeutung sind. Auf diese Erwägungen kann verwiesen werden.

4.
4.1 Das kantonale Gericht stellte fest, Grundlage für die Forderung bilde der
Anschlussvertrag, der 1985 zwischen der Winterthur-Columna und der Firma
C.________ geschlossen wurde. Die Firma C.________ habe seit 1969 mit der
Ausgleichskasse des Kantons Bern immer unter der gleichen Mitgliedernummer
abgerechnet, jedoch wiederholt Bezeichnung und Geschäftsadresse geändert.
Dieser Umstand wie auch der Name Firma C.________, der sich als roter Faden
durch die Firmengeschichte zieht, seien als Indizien dafür zu werten, dass die
Firma C.________ bereits zur Zeit, aus welcher die BVG-Beitragsausstände
stammen, eine einfache Gesellschaft war mit dem Zweck, gemeinsam eine
Taxitelefonzentrale zu betreiben. Im Weiteren sei die Gesellschaft nicht im
Handelsregister eingetragen gewesen und die Gesellschafter hätten einen
monatlichen Beitrag leisten müssen, um an der Taxizentrale beteiligt sein zu
können, was geradezu das Charakteristikum einer einfachen Gesellschaft sei.
Ausgeschlossen werde das Vorliegen einer Kollektivgesellschaft, der laut Art.
552 Abs. 1 OR nur natürliche Personen angehören können, durch den Umstand, dass
der Taxizentrale Firma C.________ selbstständige Taxiunternehmer mit eigener
Firma angeschlossen waren. Diese Umstände sprächen insgesamt dafür, dass die
Taxizentrale Firma C.________ die Rechtsform einer einfachen Gesellschaft hat.

4.2 Mit Bezug auf die Haftung des Beschwerdeführers B.________ stellte die
Vorinstanz fest, dessen Vater A.________ sei zur Zeit, als die ausstehenden
BVG-Beiträge zu bezahlen waren, mit seinem Taxiunternehmen an der einfachen
Gesellschaft Firma C.________ beteiligt gewesen und habe als Gesellschafter für
die BVG-Beiträge nach Art. 544 Abs. 3 OR solidarisch einstehen müssen. Nach dem
Tod seines Vaters im Jahre 1999 habe der Beschwerdeführer mit den Miterben eine
Erbengemeinschaft gebildet und in der Folge solidarisch für die Schulden seines
Vaters gehaftet, woraus sich seine Haftung für die eingeklagten BVG-Beiträge
ergebe.

5.
Den Erwägungen des Verwaltungsgerichts ist vollumfänglich beizupflichten. Die
in der Beschwerde gegen die Qualifizierung der Firma C.________ als einfache
Gesellschaft erhobenen Einwendungen sind nicht stichhaltig. Die Behauptung, zum
Abschluss eines Vertrages seien nur alle Mitglieder einer einfachen
Gesellschaft als Vertragspartner gemeinsam befugt, findet im Gesetz keine
Stütze (vgl. auch Art. 543 OR). Ein solches Erfordernis erscheint schon
deswegen sinnlos, als für verschiedene Verträge, u.a. auch den
Anschlussvertrag, nicht einmal Schriftlichkeit vorausgesetzt wird, wie die
Winterthur-Columna richtig einwendet. Dass der Vater des Beschwerdeführers den
Anschlussvertrag nicht selbst unterzeichnet hat, mag zutreffen, ist aber
unerheblich. Denn die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz, wonach der Vater
Gesellschafter gewesen sei, ist nicht offensichtlich unrichtig une auch nicht
sonstwie bundesrechtswidrig, weshalb das Bundesgericht daran gebunden ist.
Ebenso war die damalige Geschäftsführerin befugt, den Vertrag als Vertreterin
der übrigen Gesellschafter zu unterschreiben. Die weiteren Vorbringen beziehen
sich zur Hauptsache auf die fehlende Haftung des Beschwerdeführers bei
Vorliegen einer Kollektivgesellschaft und sind, da aus den von der Vorinstanz
genannten Gründen auf das Bestehen einer einfachen Gesellschaft zu schliessen
ist, irrelevant. Die erstmals vor Bundesgericht erhobene, nicht von Amtes wegen
zu prüfende (Art. 41 BVG i.V.m. Art. 142 OG) Einrede der Verjährung der
Beitragsforderung ist, ob als neue Tatsache (Art. 99 Abs. 1 BGG) oder als neues
Begehren (Art. 99 Abs. 2 BGG) betrachtet, unzulässig (vgl. das zur Publikation
in BGE 134 V vorgesehene Urteil 9C_568/2007 vom 14. März 2008). Vielmehr hätte
die angebliche Verjährung bereits im kantonalen Prozess einredeweise geltend
gemacht werden müssen.

6.
Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Gerichtskosten dem unterliegenden
Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Als mit
öffentlich-rechtlichen Aufgaben betraute Organisation hat die
Winterthur-Columna keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 3
BGG; vgl. BGE 126 V 143 E. 4a S. 150).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 3000.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern,
Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für
Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 19. Juni 2008
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Das präsidierende Mitglied: Der Gerichtsschreiber:

Lustenberger i.V. Grünvogel