Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 610/2007
Zurück zum Index II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2007
Retour à l'indice II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2007


9C_610/2007

Urteil vom 23. Oktober 2007
II. sozialrechtliche Abteilung

Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Lustenberger, Seiler,
Gerichtsschreiber Schmutz.

C. ________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwältin Marie-Christine
Müller Leu, Dornacherstrasse 10, 4600 Olten,

gegen

IV-Stelle Basel-Landschaft, Hauptstrasse 109, 4102 Binningen,
Beschwerdegegnerin.

Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts Basel-Landschaft vom
4. Mai 2007.

Sachverhalt:
Mit Verfügung vom 26. August 2005 und Einspracheentscheid vom 2. November
2006 lehnte die IV-Stelle Basel-Landschaft den Anspruch des zuletzt in seinem
erlernten Beruf selbstständig tätigen Schuhmachers C.________, geboren 1948,
auf eine Invalidenrente mangels eines leistungsbegründenden
Invaliditätsgrades ab.

Die gegen den Einspracheentscheid erhobene Beschwerde wies das Kantonsgericht
Basel-Landschaft mit Entscheid vom 4. Mai 2007 ab.

C. ________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten
erheben mit dem Antrag auf Aufhebung des kantonalen Entscheides und
Rückweisung der Sache an die IV-Stelle zur Neubeurteilung, insbesondere zur
konkreten Abklärung der Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG)
kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 96 BGG erhoben werden.
Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die
Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, wenn
sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von
Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).

2.
Verwaltung und Vorinstanz haben in materiell- und beweisrechtlicher Hinsicht
die für die Beurteilung des Leistungsanspruchs massgeblichen Grundlagen sowie
die diesbezügliche Rechtsprechung zutreffend dargelegt. Darauf wird
verwiesen.

3.
Das kantonale Gericht hat erkannt, dass der Versicherte trotz seiner
gesundheitlichen Beeinträchtigung den rentenbegründenden Invaliditätsgrad von
40 % nicht erreichte. Es hat die Gründe, die zur Abweisung der Beschwerde
geführt haben, im angefochtenen Entscheid unter einlässlicher Würdigung der
gesamten medizinischen Aktenlage dargelegt und namentlich gestützt auf das
Gutachten des Dr. med. J.________, Facharzt FMH für Rheumatologie, vom 26.
Oktober 2004, und den Bericht des Dr. med. S.________, Facharzt FMH für
Chirurgie, Regionaler Ärztlicher Dienst, vom 1. März 2006, festgestellt, der
Beschwerdeführer sei für eine leidensangepasste Verweisungstätigkeit - unter
Vermeidung von Zwangshaltungen des Kopfes, ohne Überkopfarbeiten, ohne Heben
von Lasten über 10 bis 15 kg, ohne repetitive Armbewegungen in Vorhaltung,
alternierend sitzend, gehend und stehend, ohne Treppensteigen oder Leitern -
zu 100 % arbeitsfähig. Diese Sachverhaltsfeststellung ist für das
Bundesgericht verbindlich, ausser wenn sie offensichtlich unrichtig oder
unvollständig ist, was hier jedoch nicht zutrifft. Von unvollständiger
Tatsachenfeststellung, die nach Art. 105 Abs. 2 BGG als Rechtsverletzung
gilt, könnte nur gesprochen werden, wenn bezüglich einer rechtserheblichen
Tatsache (z.B. hinsichtlich des Gesundheitsschadens, des funktionellen
Leistungsvermögens, der verfügbaren psychischen Ressourcen, der medizinisch
zumutbaren restlichen Arbeitsfähigkeit etc.) keine gerichtliche Feststellung
getroffen worden ist. Dies ist nicht der Fall.

4.
Der Beschwerdeführer fordert, es sei zu prüfen, ob ihm der Wechsel in eine
Verweisungstätigkeit objektiv möglich sei. Es sei nicht auf den
ausgeglichenen Arbeitsmarkt abzustellen, zumal die Zumutbarkeit immer bezogen
auf den konkreten Einzelfall zu beurteilen sei. In einem zweiten Schritt sei
abzuklären, ob der Wechsel auch subjektiv möglich sei. Hierzu gehöre die
Prüfung der Vermittelbarkeit, wozu unter anderem auch das Alter, die
Beherrschung der deutschen Sprache sowie der Anschluss an eine Pensionskasse
von Bedeutung seien.

4.1 Bei der Prüfung der wirtschaftlichen Verwertbarkeit der
Restarbeitsfähigkeit darf nicht von realitätsfremden Einsatzmöglichkeiten
ausgegangen und insbesondere dort nicht von einer Arbeitsgelegenheit
gesprochen werden, wo die zumutbare Tätigkeit nur in so eingeschränkter Form
möglich ist, dass sie der ausgeglichene Arbeitsmarkt (Art. 16 ATSG) praktisch
nicht kennt oder dass sie nur unter nicht realistischem Entgegenkommen eines
durchschnittlichen Arbeitgebers möglich wäre und das Finden einer
entsprechenden Stelle deshalb zum Vornherein als ausgeschlossen erscheint
(ZAK 1991 S. 318 E. 3b, I 350/89, 1989 S. 319 E. 4a, I 329/88). Ferner
umfasst der Begriff des ausgeglichenen Arbeitsmarktes (Art. 16 ATSG) nicht
nur ein gewisses Gleichgewicht zwischen dem Angebot und der Nachfrage nach
Stellen, sondern bezeichnet auch einen Arbeitsmarkt, der von seiner Struktur
her einen Fächer verschiedenartiger Stellen offen hält, und zwar sowohl
bezüglich der dafür verlangten beruflichen und intellektuellen
Voraussetzungen wie auch hinsichtlich des körperlichen Einsatzes (BGE 110 V
273 E. 4b S. 276 mit Hinweisen; ZAK 1991 S. 318 E. 3b). Nach diesen
Gesichtspunkten bestimmt sich im Einzelfall, ob eine invalide Person die
Möglichkeit hat, ihre restliche Erwerbsfähigkeit zu verwerten, und ob sie ein
rentenausschliessendes Einkommen zu erzielen vermag oder nicht (BGE 110 V 273
E. 4b S. 276; ZAK 1991 S. 318 E. 3b). Weder gestützt auf die Pflicht zur
Selbsteingliederung noch im Rahmen der der versicherten Person auf einem
ausgeglichenen Arbeitsmarkt offen stehenden Möglichkeiten zur Verwertung
ihrer Resterwerbsfähigkeit dürfen von ihr Vorkehren verlangt werden, die
unter Berücksichtigung der gesamten objektiven und subjektiven Gegebenheiten
des Einzelfalles nicht zumutbar sind (vgl. BGE 113 V 22 E. 4a S. 28 mit
Hinweisen; Urteil vom 22. November 2006, I 654/05, E. 7.2.1).
4.2 Für die Invaliditätsbemessung ist nicht darauf abzustellen, ob ein
Invalider unter den konkreten Arbeitsmarktverhältnissen vermittelt werden
kann, sondern einzig darauf, ob er die ihm verbliebene Arbeitskraft noch
wirtschaftlich nutzen könnte, wenn die verfügbaren Arbeitsplätze dem Angebot
an Arbeitskräften entsprechen würden (AHI 1998 S. 287 E. 3b, I 198/97). Wie
das Eidgenössische Versicherungsgericht im Urteil vom 5. August 2005, I
376/05, erwogen hat, kann das fortgeschrittene Alter, obwohl an sich
invaliditätsfremder Faktor, als Kriterium anerkannt werden, welches zusammen
mit weiteren persönlichen und beruflichen Gegebenheiten dazu führen kann,
dass die verbliebene Resterwerbsfähigkeit auf dem ausgeglichenen Arbeitsmarkt
realistischerweise nicht mehr nachgefragt wird.

4.3 Im Lichte dieser Grundsätze kann von einem iv-rechtlich erheblichen
fehlenden Zugang des Beschwerdeführers zum Arbeitsmarkt im Sinne des Art. 16
ATSG nicht gesprochen werden. Er war im massgebenden Zeitpunkt des
Einspracheentscheides (BGE 129 V 1 E. 1.2 S. 4) 57 Jahre alt. Daher war er
zwar nicht leicht vermittelbar; doch bestanden auch für ihn auf dem von
Gesetzes wegen als ausgeglichen unterstellten Arbeitsmarkt intakte
Anstellungschancen. Einerseits werden Hilfsarbeiten altersunabhängig
nachgefragt (erwähntes Urteil I 376/05; Urteil vom 20. Juli 2004, I 39/04);
anderseits und vor allem ist der Beschwerdeführer nach wie vor im Rahmen
eines angepassten Vollpensums arbeitsfähig. Die ihm offenstehenden zumutbaren
Tätigkeiten unterliegen keineswegs so vielen Einschränkungen, dass eine
Anstellung nicht mehr als realistisch zu bezeichnen wäre, wie etwa im Urteil
vom 4. April 2002, I 401/01, im Falle eines knapp 64-jährigen Versicherten
mit multiplen, die Arbeitsfähigkeit einschränkenden Beschwerden und einer
50-prozentigen, durch verschiedene Auflagen zusätzlich limitierten
Arbeitsfähigkeit. Den vorhandenen Einschränkungen wurde beim Beschwerdeführer
mit der Gewährung einer Reduktion von 20 % auf dem hypothetischen
Invalideneinkommen in bundesrechtskonformer Weise Rechnung getragen.

5.
Die Gerichtskosten werden dem Beschwerdeführer als unterliegender Partei
auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG).

6.
Die Beschwerde ist offensichtlich unbegründet und im vereinfachten Verfahren
(Art. 109 Abs. 2 lit. a und Abs. 3 BGG) zu erledigen.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Basel-Landschaft,
Abteilung Sozialversicherungsrecht, der Ausgleichskasse Basel-Landschaft und
dem Bundesamt für Sozialversicherungen zugestellt.

Luzern, 23. Oktober 2007

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Meyer Schmutz