Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 557/2007
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9C_557/2007

Urteil vom 20. November 2007
II. sozialrechtliche Abteilung

Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Seiler, Ersatzrichter Maeschi,
Gerichtsschreiber Scartazzini.

Sammelstiftung BVG der Allianz Suisse Lebensversicherungs-Gesellschaft,
Bleicherweg 19, 8002 Zürich, c/o Allianz Suisse Leben, Rechtsdienst P SB R,
Effingerstrasse 34, 3008 Bern,
Beschwerdeführerin,

gegen

1. G.________,
vertreten durch den Rechtsdienst Integration   Handicap,
Schützenweg 10, 3014 Bern,

2. REVOR Sammelstiftung 2. Säule,
Mattenstrasse 8, 3073 Gümligen,
Beschwerdegegnerinnen.

Berufliche Vorsorge,

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom
20. Juni 2007.

Sachverhalt:

A.
G. ________, geboren 1967, arbeitete vom 1. Juni 1991 bis 30. April 1994
vollzeitlich als Sekretärin im Treuhandbüro A.________ und war bei der
Sammelstiftung BVG der ELVIA Leben, Schweizerische
Lebensversicherungs-Gesellschaft (nunmehr: Sammelstiftung BVG der Allianz
Suisse Lebensversicherungs-Gesellschaft; nachfolgend: Allianz)
berufsvorsorgerechtlich versichert. Ab 1. Mai 1994 führte sie zusammen mit
ihrem Ehegatten das Ladenlokal X.________ und war bei der REVOR
Sammelstiftung 2. Säule (nachfolgend: REVOR) versichert. Das
Arbeitsverhältnis wurde per 31. Oktober 1996 aufgelöst. Bereits am 1. Januar
1995 hatte G.________ ihre Tätigkeit für das Treuhandbüro A.________ mit
einem Beschäftigungsgrad von zunächst 40 % wieder aufgenommen. Das
Arbeitspensum wurde per 1. Juni 1996 auf 60 % und per 1. Januar 1999 auf 80 %
erhöht. Auf Ende Mai 2002 wurde das Arbeitsverhältnis seitens des
Arbeitgebers aufgelöst.

Am 31. Mai 2001 meldete sich G.________ wegen Rücken- und Hüftschmerzen zum
Leistungsbezug bei der Invalidenversicherung an. Nach näheren Abklärungen,
welche auch psychische Beeinträchtigungen ergaben, sprach ihr die IV-Stelle
Bern mit Verfügung vom 20. Mai 2003 für die Zeit vom 1. Oktober bis 31.
Dezember 2000 eine Viertelsrente, für die Zeit vom 1. Januar 2001 bis 30.
November 2002 eine halbe und ab 1. Dezember 2002 eine ganze Rente zu. In
Gutheissung der dagegen erhobenen Einsprache erliess sie am 5. Mai 2004 eine
neue Verfügung, mit welcher sie der Versicherten ab 1. Mai 2000 eine halbe
und ab 1. November 2000 eine ganze Rente zusprach. Dabei ging sie davon aus,
dass bereits ab 1. Mai 1994 gesundheitliche Beeinträchtigungen bestanden
hatten und der Beginn der Wartezeit entsprechend festzulegen, der
Rentenbeginn zufolge verspäteter Anmeldung jedoch auf den 1. Mai 2000
festzusetzen sei.

Mit Schreiben vom 30. März 2004 lehnte die Allianz das von  G.________
eingereichte Gesuch um Ausrichtung der reglementarischen
Invaliditätsleistungen ab. Am 21. Juli 2004 lehnte auch die REVOR eine
Leistungspflicht ab.

B.
G. ________ liess gegen beide Vorsorgeeinrichtungen Klage erheben mit dem
Begehren um Zusprechung von Invaliditätsleistungen der beruflichen Vorsorge
ab 1. Mai 1995.

Mit Entscheid vom 20. Juni 2007 hiess das Verwaltungsgericht des Kantons Bern
die gegen die Allianz erhobene Klage in dem Sinne gut, dass diese
verpflichtet wurde, der Klägerin ab 1. Juni 2002 die in masslicher Hinsicht
noch festzusetzenden Invalidenleistungen zu erbringen. Die gegen die REVOR
erhobene Klage wies es ab.

C.
Die Allianz führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beim
Bundesgericht mit dem Rechtsbegehren, in Aufhebung des angefochtenen
Entscheids sei die Klage gegen die Allianz vollumfänglich abzuweisen und die
Klage gegen die REVOR gutzuheissen.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG)
kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das
Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz
festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung
der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich
unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht
(Art. 105 Abs. 2 BGG).

2.
Im angefochtenen Entscheid werden die Bestimmungen über den Anspruch auf
Invalidenleistungen der obligatorischen beruflichen Vorsorge (Art. 23 BVG)
und die Grundsätze für die Abgrenzung der Leistungspflicht von
Vorsorgeeinrichtungen (BGE 123 V 262 E. 1 S. 263 ff., 120 V 15 E. 2 ff. S. 19
ff., 120 V 112 ff. je mit Hinweisen) zutreffend dargelegt. Das Gleiche gilt
bezüglich der vorinstanzlichen Ausführungen zur Bindung der
Vorsorgeeinrichtungen an die Feststellungen der IV-Organe insbesondere
hinsichtlich des Eintritts der invalidisierenden Arbeitsunfähigkeit (BGE 130
V 270 E. 3 und 4 S. 273 ff., 129 V 73 ff. mit Hinweisen). Darauf wird
verwiesen.

3.
3.1 Die Vorinstanz hat den für den Anspruch auf Invaliditätsleistungen der
beruflichen Vorsorge massgebenden Beginn der relevanten Arbeitsunfähigkeit in
Übereinstimmung mit dem Entscheid der Invalidenversicherung auf den Monat Mai
1994 und damit auf einen Zeitraum festgesetzt, als die Beschwerdegegnerin bei
der REVOR versichert war. Sie hat deren Leistungspflicht jedoch mit der
Begründung verneint, dass der zeitliche Kausalzusammenhang zwischen der
Arbeitsunfähigkeit und der späteren Invalidität durch eine volle
Arbeitsfähigkeit während mehr als 14 Monaten ab 1. Januar 1999 unterbrochen
worden sei, weshalb die Allianz leistungspflichtig sei. Die Allianz
bestreitet eine volle Arbeitsfähigkeit der Versicherten ab 1. Januar 1999.

3.2
3.2.1 Bei der Frage nach dem Beginn der Arbeitsunfähigkeit wie auch bei
derjenigen nach einer allfälligen späteren vollen Arbeitsfähigkeit, welche
einen Unterbruch des zeitlichen Zusammenhangs (BGE 123 V 262 E. 1c S. 264 f.,
120 V 112 E. 2c/aa S. 117) begründet, handelt es sich um Tatfragen (vgl. BGE
132 V 393 E. 3.2 S. 397 f.), weshalb das Bundesgericht von den entsprechenden
Feststellungen des kantonalen Gerichts nur abweicht, wenn die
Sachverhaltsfeststellung im Sinne von Art. 105 Abs. 2 BGG mangelhaft ist oder
auf einer Rechtsverletzung gemäss Art. 95 BGG beruht.

3.2.2 Was die Beschwerdeführerin vorbringt, lässt die vorinstanzliche
Sachverhaltsfeststellung nicht als offensichtlich unrichtig oder mangelhaft
erscheinen. Zwar hat Frau Dr. med. D.________ im Bericht an die
Invalidenversicherung vom 12. Juni 2002 nach vorangegangenen
Arbeitsunfähigkeiten von 100 % vom 1. Mai 1994 bis 31. Dezember 1994, 60 %
vom 1. Januar 1995 bis 31. Mai 1996 und 40 % vom 1. Juni 1996 bis 31.
Dezember 1998 eine Arbeitsunfähigkeit von 20 % vom 1. Januar 1999 bis 23.
März 2000 und von 100 % ab 24. März 2000 bestätigt. Dabei handelt es sich
jedoch um eine auf den Angaben der Beschwerdegegnerin zu den geleisteten
Arbeitspensen basierende, rückwirkend festgestellte medizinisch-theoretische
Arbeitsunfähigkeit, auf welche nicht abgestellt werden kann. Entscheidend ist
die Einbusse an funktionellem Leistungsvermögen im bisherigen Beruf, weshalb
in erster Linie von Bedeutung ist, ob sich die gesundheitliche
Beeinträchtigung auf das Arbeitsverhältnis ausgewirkt hat. Es muss im Rahmen
des Arbeitsverhältnisses in Erscheinung treten, dass die versicherte Person
an Leistungsvermögen eingebüsst hat, so etwa durch einen Abfall der
Leistungen oder gar Ermahnung des Arbeitgebers oder durch gehäufte, aus dem
Rahmen fallende gesundheitlich bedingte Arbeitsausfälle (Urteil des
Eidgenössischen Versicherungsgerichts B 121/04 vom 16. August 2005, Urteil
des Bundesgerichts B 153/06 vom 9. August 2007). Diesbezüglich geht aus den
Akten hervor, dass die Versicherte im Jahr 1999 ohne wesentliche
krankheitsbedingte Absenzen voll zu 80 % gearbeitet hat
(Arbeitgeberbescheinigung vom 15. Juni 2001). Dr. med. B.________, bei dem
sie bis 1998 und erneut ab Mai 1999 in Behandlung stand, bestätigte Absenzen
wegen des Rückenleidens lediglich für den 8. April, 26. Juli und 20./21.
Dezember 1999. Ab Herbst 1999 stand die Versicherte bei Dr. med. S.________,
Spital Y.________, in Behandlung, welcher ein MRI vom 8. Dezember 1999
veranlasste und am 24. März 2000 eine Nukleotomie L4/5 durchführte. Weder Dr.
med. B.________ noch Dr. med. S.________ haben für die Zeit von Januar 1999
bis März 2000 eine Arbeitsunfähigkeit angegeben und eine solche erst für die
Zeit ab 24. März 2000 bescheinigt. Daraus ist zu schliessen, dass in der Zeit
ab 1. Januar 1999 wohl noch gewisse Beschwerden bestanden haben, welche auch
zu ärztlichen Abklärungen und Behandlungen Anlass gegeben, die Versicherte in
der Ausübung der Erwerbstätigkeit in der fraglichen Zeit aber nicht erheblich
beeinträchtigt haben. Daran vermag nichts zu ändern, dass die Versicherte
lediglich zu einem Pensum von 80 % gearbeitet hat. Gegen eine Gleichsetzung
des Arbeitspensums mit der Arbeitsfähigkeit spricht der Umstand, dass der
behandelnde Arzt Dr. med. W.________ schon Ende 1996/Anfang 1997 - und damit
während der Zeit, als die Beschwerdegegnerin lediglich zu 60 % erwerbstätig
war - eine volle Arbeitsfähigkeit festgestellt hatte. Zudem fehlen konkrete
Anhaltspunkte dafür, dass ihr eine vollzeitliche Erwerbstätigkeit nicht
zumutbar gewesen wäre. Zu einer anderen Beurteilung geben auch die von der
Beschwerdeführerin genannten Angaben des Arbeitgebers nicht Anlass. Die
Feststellung im Arbeitgeberbericht vom 15. Juni 2001, wonach der Versuch, das
Arbeitspensum auf 80 % zu steigern, zu einer Verschlechterung des
Gesundheitszustandes geführt habe, findet in den medizinischen Akten keine
Stütze. Aufgrund der Arztberichte ist vielmehr davon auszugehen, dass sich
die Rückenschmerzen erst anfangs 2000 wesentlich verstärkt haben, wie die
Beschwerdegegnerin gegenüber Dr. med. H.________ angegeben hat
(Psychiatrisches Gutachten vom 14. März 2002). Etwas anderes ergibt sich auch
aus dem Hinweis des Arbeitgebers nicht, wonach sich die Beschwerdegegnerin
wegen Schmerzen bei der sitzenden Arbeit im Büro zu Hause einen Arbeitsplatz
mit Stehpult eingerichtet und in der Folge teils im Büro des Arbeitgebers und
teils zu Hause gearbeitet habe. Die Anschaffung erfolgte im März 2001 und
damit nach der hier zur Diskussion stehenden Zeit von Januar 1999 bis März
2000. Es muss daher bei der vorinstanzlichen Feststellung bleiben, dass der
zeitliche Zusammenhang zwischen der am 1. Mai 1994 eingetretenen
Arbeitsunfähigkeit und der späteren Invalidität in der Zeit von Januar 1999
bis März 2000 unterbrochen wurde und aufgrund der ab 24. März 2000
bestehenden Arbeits- und Erwerbsunfähigkeit grundsätzlich die
Beschwerdeführerin leistungspflichtig ist.

4.
Weil sich die Beschwerde als offensichtlich unbegründet erweist, entscheidet
das Gericht ohne Schriftenwechsel im vereinfachten Verfahren nach Art. 109
Abs. 2 lit. a BGG.

5.
Entsprechend dem Ausgang des Verfahrens gehen die Gerichtskosten zu Lasten
der Beschwerdeführerin (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern,
Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, dem Bundesamt für
Sozialversicherungen und dem Amt für Sozialversicherung und Stiftungsaufsicht
des Kantons Bern zugestellt.

Luzern, 20. November 2007

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Meyer Scartazzini