Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 537/2007
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C_537/2007

Urteil vom 29. August 2008
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Lustenberger, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter Kernen, Seiler,
Gerichtsschreiber Attinger.

Parteien
W.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Michael Ausfeld,
Weinbergstrasse 18, 8001 Zürich,

gegen

Helsana Versicherungen AG, Versicherungsrecht, Postfach, 8081 Zürich,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Krankenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich vom 26. Juli 2007.

Sachverhalt:

A.
Der 1943 geborene W.________ verfügte bei der Helsana Versicherungen AG
(nachfolgend Helsana) u.a. über drei freiwillige Taggeldversicherungen nach KVG
("Salaria") zur Deckung des Risikos "Krankheit" unter Ausschluss der
Unfalldeckung, wobei sich die versicherten Taggelder auf insgesamt Fr. 280.-
beliefen und die Wartefrist 180 Tage betrug. W.________ kündigte diese
Versicherungen auf Ende Januar 2002 (vgl. das ihn betreffende Urteil des
Eidgenössischen Versicherungsgerichts vom 3. November 2004).

Der Versicherte hatte im Jahre 1984 im rechten Knie eine laterale
Tibiakopfimpressionsfraktur erlitten, für deren Behandlung und entsprechenden
Taggeldleistungen die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA) aufkam,
bei welcher W.________ aufgrund seines Arbeitsverhältnisses mit der Firma
X.________ AG, obligatorisch gegen Unfallfolgen versichert war. Die im Bereich
des verletzten Knies immer wieder auftretenden Schmerzschübe führten zu
mehreren Rückfallmeldungen. Nach derjenigen von Juni 1997 wurde noch im Juli
desselben Jahres am rechten Knie eine Operation durchgeführt. In deren Folge
kam es zu Komplikationen in Form von Gelenksentzündungen, welche neuerliche
operative Eingriffe und eine längere stationäre Behandlung nach sich zogen. Die
im Rahmen dieser Hospitalisation auftretende, eine psychiatrische Behandlung
erfordernde Depression wurde von den Ärzten als Reaktion auf die Komplikationen
im Zusammenhang mit der Kniebehandlung gewertet. Mitte November 1997 nahm der
Versicherte seine Arbeitstätigkeit als Ingenieur im hälftigen Umfang wieder
auf, wogegen Arbeitsversuche zur Steigerung des Pensums scheiterten. Nachdem
das Arbeitsverhältnis seitens der Arbeitgeberfirma auf Ende August 2000
aufgelöst worden war, nahm W.________ zunächst eine Teilzeitstelle im
Marketing-Bereich an. Zu den Beschwerden im rechten Knie und (auf einen Sturz
im Juli 1999 zurückzuführend ebenfalls) im linken Handgelenk traten neu auch
Schmerzen in der linken Schulter und im linken Knie hinzu; etwa ab November
2000 begab sich der Versicherte erneut in psychiatrische Behandlung.

Mit Verfügung vom 29. August 2001 verneinte die SUVA eine Leistungspflicht für
die Beschwerden im linken Knie. Mit einer weiteren Verfügung des
Unfallversicherers vom 24. April 2003 wurde W.________ ab 1. März 2003 eine
58%ige Invalidenrente und eine auf einer Einbusse von 37,5 % beruhende
Integritätsentschädigung zugesprochen. Die gegen die Verfügungen vom 29. August
2001 und 24. April 2003 erhobenen Einsprachen wies die SUVA ab
(Einspracheentscheid vom 24. Juli 2003). In teilweiser Gutheissung der gegen
die Festsetzung der SUVA-Rente geführten Beschwerde erhöhte das
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich die Invalidenrente des
Unfallversicherers auf 63 % (unangefochten gebliebener Entscheid vom 29. Juni
2004). Die IV-Stelle des Kantons Zürich sprach dem Versicherten ihrerseits vom
1. Juli 1998 bis 31. Januar 1999 eine ganze, vom 1. Februar 1999 bis 30. Juni
2000 eine halbe und für die Zeit ab 1. Juli 2000 wiederum eine ganze Rente der
Invalidenversicherung zu (Verfügungen vom 13. April 1999 und 16. Januar 2001).

Auf entsprechende Anfrage teilte die Helsana W._______ am 19. September 2001
mit, dass sie aufgrund der drei eingangs erwähnten Taggeldversicherungen mit
Krankheitsdeckung die versicherten Taggelder (insgesamt Fr. 280.- pro Tag)
unter Beachtung einer Wartefrist von 180 Tagen und unter Berücksichtigung einer
allfälligen Überentschädigung ausrichten werde. Sie leistete in der Folge für
den Zeitraum bis 31. Januar 2002 Nachzahlungen von insgesamt Fr. 108'095.42,
wobei sie den Beginn der 180-tägigen Wartefrist auf den 1. Juli 1998 und deren
Ende auf den 27. Dezember 1998 festsetzte. In diesem Sinne verfügte die Helsana
am 12. Januar 2006 und wies die dagegen erhobene Einsprache mit Entscheid vom
30. Januar 2006 ab.

B.
Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich wies die gegen den
Einspracheentscheid erhobene Beschwerde mit Entscheid vom 26. Juli 2007 ab.

C.
W.________ führt Beschwerde ans Bundesgericht mit dem Antrag, in Aufhebung des
vorinstanzlichen Entscheids sei die Helsana zu einer zusätzlichen Nachzahlung
von Fr. 23'376.60 zu verpflichten (zuzüglich Verzugszins nach einer einlässlich
dargelegten Zinsformel).

Während die Helsana auf Abweisung der Beschwerde schliesst, verzichtet das
Bundesamt für Gesundheit auf eine Vernehmlassung.
Erwägungen:

1.
1.1 Die Helsana hat einen Anspruch des Beschwerdeführers auf Krankentaggelder
entsprechend seiner jeweiligen Arbeitsunfähigkeit von 100 % oder 50 % anerkannt
und unter Zugrundelegung ihrer Überentschädigungsberechnung Taggeldleistungen
im Umfange von insgesamt Fr. 108'095.42 erbracht. Sie ging davon aus, dass die
vereinbarte Wartefrist von 180 Tagen, welche vom 1. Juli bis 27. Dezember 1998
gedauert habe, von der (zufolge Kündigung der Police) am 31. Januar 2002
endenden Bezugsdauer abzuziehen sei. Demgegenüber beanstandete der
Beschwerdeführer im vorinstanzlichen Beschwerdeverfahren einerseits, dass der
Beginn der Wartefrist auf den 1. Juli 1998 festgesetzt wurde; richtigerweise
habe diese am 14. Juli 1997 begonnen und sei am 10. Januar 1998 abgelaufen.
Damit würde sich die Bezugsdauer um die Zeit vom 1. Juli bis 27. Dezember 1998
verlängern, was einem Betrag von Fr. 16'183.- entsprechen würde. Andererseits
verlangte der Beschwerdeführer, die vom Arbeitgeber nach der Freistellung
ausgerichteten Pauschalspesen seien im Rahmen der Überentschädigungsberechnung
ebenfalls zu berücksichtigen, was zu zusätzlichen Taggeldleistungen im Betrag
von Fr. 4250.- führen würde. Die Helsana begründete in der vorinstanzlichen
Beschwerdeantwort die Festsetzung des Beginns der Wartefrist auf den 1. Juli
1998 damit, dass sie gemäss Art. 6 Abs. 3 UVG keine
Krankenversicherungsleistungen zu erbringen habe, solange der Unfallversicherer
bezahle. Sie sei aber nachträglich zum Schluss gekommen, dass sie gestützt auf
Art. 128 UVV Krankentaggelder ausrichten müsse, und zwar ab 1. Juli 1998, weil
ab diesem Zeitpunkt eine IV-Rente laufe. In der vorinstanzlichen Duplik räumte
die Beschwerdegegnerin ein, die Beweggründe für das Abstellen auf das genannte
Datum seien nicht mehr in Erfahrung zubringen; im Übrigen seien die
Taggeldansprüche für die Zeit von Juli bis Dezember 1998 verjährt.

1.2 Die Vorinstanz widerlegte die Verjährungseinrede und erwog zu Recht, dass
die Arbeitsfähigkeit bereits ein Jahr vor Beginn des IV-Rentenanspruchs (am 1.
Juli 1998) eingeschränkt gewesen sei, weshalb die Überlegung der Helvetia zum
Beginn der Wartefrist nicht einleuchte. Doch wies sie die Beschwerde ab mit der
Begründung, die Beschwerdegegnerin habe bereits sehr grosszügig
Krankentaggelder erbracht, da über weite Passagen des Zeitraums von 1998 bis
2002 nur eine untergeordnete Leistungspflicht des Krankenversicherers bestanden
habe, weil die Beschwerden mehrheitlich unfallkausal seien.

1.3 Der Beschwerdeführer ist demgegenüber der Meinung, die Krankentaggelder
seien aufgrund von Art. 128 UVV (unter Vorbehalt der Überentschädigung)
kumulativ zu den Leistungen der Unfallversicherung geschuldet, da die
gesundheitliche Beeinträchtigung auf die im Juli 1997 erlittene Infektion
zurückzuführen sei, welche als Krankheit gelte, auch wenn dafür gemäss Art. 6
Abs. 3 UVG der Unfallversicherer aufzukommen habe.

2.
2.1 Der Taggeldanspruch setzt eine Arbeitsunfähigkeit voraus (Art. 72 Abs. 2
KVG). Bei teilweiser Arbeitsunfähigkeit wird ein entsprechend gekürztes Taggeld
geleistet (Art. 72 Abs. 4 KVG). Der Taggeldanspruch setzt zudem eine durch den
Versicherungsfall bedingte finanzielle Einbusse voraus (Gebhard Eugster,
Krankenversicherung, in: Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht [SBVR], S. 786
Rz. 1130). Ist die Taggeldversicherung - wie hier - auf Krankheit beschränkt,
ist einzig die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit versichert. Eine
unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit bewirkt keinen Anspruch auf Krankentaggeld.
Wenn eine Arbeitsunfähigkeit teilweise auf Unfall, teilweise auf Krankheit
zurückgeht, ist demzufolge ein Krankentaggeld nur in dem Ausmass geschuldet,
als die Arbeitsunfähigkeit auf Krankheit beruht.

2.2 Art. 128 Abs. 1 UVV ändert daran nichts: Diese Bestimmung bezieht sich auf
den Fall, dass ein Verunfallter in einer Heilanstalt erkrankt, in welcher er
sich zur Behandlung der Unfallfolgen befindet. Grundsätzlich würde für die
Krankheitsfolgen die Krankenversicherung leistungspflichtig. Als Ausnahme von
diesem Grundsatz legt nun Art. 128 Abs. 1 erster Satz UVV fest, dass der
Unfallversicherer für die Dauer der stationären Behandlung der Unfallfolgen die
Pflegeleistungen, Kostenvergütungen und Taggelder für die gesamte
Gesundheitsschädigung erbringt. Der zweite Satz dieser Verordnungsbestimmung,
wonach der Krankenversicherer subsidiär die Taggelder erbringt, soweit keine
Überversicherung besteht, begründet keine eigenständige Leistungspflicht des
Krankenversicherers, sondern stellt eine Koordinationsregel zwischen Kranken-
und Unfallversicherung dar. Abgesehen davon, dass diese Regel nur für die Dauer
der stationären Behandlung gilt (im vorliegenden Fall blieb der
Beschwerdeführer wegen der im Anschluss an die Knieoperation von Mitte Juli
1997 auftretenden Komplikationen bis Mitte Oktober 1997 hospitalisiert), setzt
auch hier die Leistungspflicht des Krankentaggeldversicherers
selbstverständlich das Vorliegen eines entsprechenden Versicherungsfalls
voraus, nämlich eine auf Krankheit zurückgehende Arbeitsunfähigkeit. Ist dies
nicht oder nur teilweise der Fall, besteht auch im Rahmen von Art. 128 UVV von
vornherein kein bzw. nur ein anteiliger Anspruch auf ein Taggeld des
Krankenversicherers.

3.
3.1 Die Vorinstanz hat festgestellt, dass während der Zeit der 100%igen bzw.
50%igen Arbeitsunfähigkeit die SUVA entsprechende Taggelder bezahlt hat und in
Perioden, in denen nur 50%-Taggelder ausgerichtet wurden, der Beschwerdeführer
zumindest zeitweise zu 50 % arbeitete. Die unfallfremden Leiden (psychische
Beeinträchtigungen, Beschwerden im linken Knie) hätten gegenüber den
unfallbedingten Leiden die Arbeitsfähigkeit nicht erheblich beeinträchtigt.
Dies sind Sachverhaltsfeststellungen, welche vom Beschwerdeführer nicht
kritisiert werden, nicht offensichtlich unrichtig sind und daher das
Bundesgericht binden (Art. 105 Abs. 2 BGG).

3.2 Der Beschwerdeführer ist hingegen der Meinung, die Infektion, die sich als
Folge der rechtsseitigen Knieoperation vom 15. Juli 1997 eingestellt habe,
stelle eine Krankheit dar, weshalb die Arbeitsunfähigkeit krankheitsbedingt
sei. Das kantonale Gericht hat in diesem Zusammenhang erwogen, es sei nicht
ersichtlich, dass ab Juli 1997 bereits unfallfremde Faktoren die Arbeits- und
Erwerbsfähigkeit des Beschwerdeführers beeinträchtigt hätten; vielmehr habe die
SUVA die Kniebeschwerden, welche im Juli 1997 die fragliche Operation nötig
gemacht hätten, und auch die anschliessend aufgetretenen Komplikationen als
Folgen des Unfalls aus dem Jahre 1984 anerkannt (vgl. auch E. 3.2 des früheren
vorinstanzlichen Entscheids vom 29. Juni 2004, wonach die Beschwerden im
rechten Knie vom Unfall herrühren).

3.3 Als Krankheit im Rechtssinne gelten nur Gesundheitsbeeinträchtigungen, die
nicht Folgen eines Unfalls (mit Einschluss der unfallähnlichen
Körperschädigungen; Art. 6 Abs. 2 UVG) sind (Art. 2 Abs. 1 KVG in der hier
anwendbaren, bis Ende 2002 gültig gewesenen Fassung; nunmehr Art. 3 Abs. 1
ATSG; so auch schon die frühere Rechtslage: BGE 118 V 107 E. 1a S. 108; Gebhard
Eugster, a.a.O, S. 475 Rz. 243; Thomas Locher, Grundriss des
Sozialversicherungsrechts, S. 110 Rz. 9). An die Unterscheidung von Unfall und
Krankheit knüpft das Sozialversicherungsrecht unterschiedliche Rechtsfolgen an,
namentlich eine Abgrenzung der Leistungspflicht von Unfall- und
Krankenversicherer. Es kann daher nicht sein, dass eine
Gesundheitsbeeinträchtigung, die als Unfallfolge zu betrachten ist, zugleich
eine Krankheit im Rechtssinne darstellt und eine kumulative Leistungspflicht
des Unfall- und des Krankenversicherers auslöst. Zwar sieht das Gesetz vor,
dass unter bestimmten Umständen der Krankenversicherer für Unfälle (Art. 1 Abs.
2 lit. b KVG in der hier anwendbaren, bis Ende 2002 gültig gewesenen Fassung)
oder umgekehrt der Unfallversicherer für Krankheiten (also für
Beeinträchtigungen, die nicht im rechtlichen Sinne unfallkausal sind) haftet
(Art. 6 Abs. 3 UVG; Art. 128 Abs. 1 UVV). Da aber hier nach den verbindlichen
Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz die Beschwerden im rechten Knie (mit
Einschluss der nach der Operation aufgetretenen Entzündungen) als Unfallfolgen
anerkannt sind und der Unfallversicherer dafür aufkommt, können sie nicht
zugleich als Krankheit betrachtet werden und eine Leistungspflicht des
Krankenversicherers begründen.

3.4 Die vorinstanzliche Auffassung, wonach die Helsana dem Beschwerdeführer
bereits grosszügig entgegengekommen ist und kein Raum für weitere Ansprüche
besteht, ist daher richtig.

4.
Die Gerichtskosten werden dem Beschwerdeführer als unterliegender Partei
auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 29. August 2008

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Das präsidierende Mitglied: Der Gerichtsschreiber:

Lustenberger Attinger