Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 407/2007
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Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C_407/2007

Urteil vom 26. März 2008
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Lustenberger, Seiler,
Gerichtsschreiber R. Widmer.

Parteien
M.________, 1978, Beschwerdeführer,
handelnd durch seine Mutter T.________,

T.________, Beschwerdeführerin, beide vertreten durch Fürsprecherin Beatrice
Gurzeler, Hodlerstrasse 16, 3011 Bern,

gegen

IV-Stelle Bern, Chutzenstrasse 10, 3007 Bern, Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 15.
Mai 2007.

Sachverhalt:

A.
Der 1978 geborene M.________ leidet an Trisomie 21 (Down-Syndrom) und bezog
deswegen verschiedene Leistungen der Invalidenversicherung, namentlich
Pflegebeiträge für zunächst schwere und in der Folge mittelschwere
Hilflosigkeit. Seit März 1995 lebt er im Wohn- und Beschäftigungsheim der
Stiftung R.________. Seit 1. April 1996 bezog er eine Entschädigung für
mittelschwere Hilflosigkeit. Mit Verfügung vom 6. Oktober 2004 bestätigte die
IV-Stelle Bern diese Leistungszusprechung. Gestützt auf einen Abklärungsbericht
Hilflosenentschädigung für volljährige Versicherte vom 29. September 2006,
worin festgehalten wurde, dass M.________ noch in drei der sechs alltäglichen
Lebensverrichtungen auf regelmässige und erhebliche Hilfe angewiesen sei,
sprach die IV-Stelle nach entsprechendem Vorbescheid, Einwendungen von
M.________ und Beizug einer Stellungnahme des Abklärungsdienstes dem
Versicherten mit Verfügung vom 24. November 2006 anstelle einer Entschädigung
für mittelschwere ab 1. Januar 2007 eine solche für leichte Hilflosigkeit zu.

B.
Die von M.________ sowie seiner Mutter und Beiständin T.________ hiegegen
eingereichte Beschwerde, mit welcher sie die Aufhebung der Verfügung und die
weitere Gewährung einer Entschädigung für mittelschwere Hilflosigkeit beantragt
hatten, wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern ab (Entscheid vom 15. Mai
2007).

C.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lassen M.________ und
seine Mutter T.________ das vorinstanzlich gestellte Rechtsbegehren erneuern.
Die IV-Stelle und das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichten auf eine
Vernehmlassung.

Erwägungen:

1.
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann u.a. die
Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Die Feststellung
des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist
oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die
Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann
(Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt
zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann
die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder
ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung
im Sinne von Art. 95 beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). Ferner darf das
Bundesgericht nicht über die Begehren der Parteien hinausgehen (Art. 107 Abs. 1
BGG).

2.
Die Vorinstanz hat die Bestimmungen über die Begriffe der mittelschweren sowie
der leichten Hilflosigkeit (Art. 9 ATSG; Art. 37 Abs. 2 und 3 IVV), die nach
der Rechtsprechung für die Bemessung der Hilflosigkeit relevanten sechs
alltäglichen Lebensverrichtungen (BGE 121 V 88 E. 3a S. 90), die Revision einer
formell rechtskräftig zugesprochenen Dauerleistung bei einer nachträglichen
erheblichen Änderung des ihr zugrunde liegenden Sachverhalts (Art. 17 Abs. 2
ATSG) und den Zeitpunkt der Herabsetzung der Entschädigung bei einer
Verminderung der Hilflosigkeit (Art. 88a Abs. 1 und 88bis Abs. 2 lit. a IVV)
zutreffend wiedergegeben. Darauf kann verwiesen werden.

3.
Streitig und zu prüfen ist, ob die IV-Stelle die dem Versicherten seit 1. April
1996 ausgerichtete Entschädigung für mittelschwere Hilflosigkeit mit der
vorinstanzlich bestätigten Verfügung vom 24. November 2006 zu Recht ab 1.
Januar 2007 auf eine solche für leichte Hilflosigkeit herabgesetzt hat; dies
ist davon abhängig, ob der Versicherte nur noch in drei alltäglichen
Lebensverrichtungen hilfsbedürftig ist, wie Verwaltung und Vorinstanz
angenommen haben, oder ob er nach wie vor auch bei der Verrichtung der Notdurft
und damit insgesamt in vier alltäglichen Lebensverrichtungen regelmässig in
erheblicher Weise auf die Hilfe Dritter angewiesen ist, wie in der Beschwerde
geltend gemacht wird.

3.1 Das Verwaltungsgericht stellte gestützt auf den Abklärungsbericht vom 29.
September 2006 fest, der Versicherte sei zwar beim An-/ Auskleiden, bei der
Körperpflege sowie der Fortbewegung / Pflege gesellschaftlicher Kontakte, nicht
aber bei der Verrichtung der Notdurft auf erhebliche und regelmässige Hilfe
durch Dritte angewiesen. Vielmehr sei er bei dieser Lebensverrichtung
selbstständig; er werde nicht zum Toilettengang aufgefordert und nicht
begleitet und die Körperreinigung nach dem Stuhlgang verrichte er selbst.
Gelegentlich werde er vom Betreuungsteam gefragt, ob er die Feuchttücher
benützt habe oder er müsse zur Kleiderordnung aufgefordert werden, wenn er nach
dem Gang zur Toilette nicht ganz ordentlich gekleidet zurückkehre. Unterstützt
werde die Betrachtungsweise der Verwaltung durch die Angaben des Dr. med.
N.________ vom 8. August 2006 auf dem Beiblatt betreffend Hilflosigkeit, welche
auf eine Verminderung der Hilfsbedürftigkeit hindeuteten.

3.2 Die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz sind für das Bundesgericht
nach Massgabe von Art. 97 Abs. 1 BGG verbindlich. In der Beschwerde werden
keine Einwendungen vorgebracht, welche die Sachverhaltsfeststellung des
kantonalen Gerichts als mangelhaft im Sinne dieser Bestimmung erscheinen lassen
könnten. Vielmehr erschöpfen sich die Argumente in der Beschwerde in dieser
Hinsicht in einer letztinstanzlich unzulässigen Kritik an der vorinstanzlichen
Beweiswürdigung.
Im Weiteren und entgegen den Vorbringen der Beschwerdeführer entspricht der
Abklärungsbericht, auf welchen sich das Verwaltungsgericht abgestützt hat, in
allen Teilen den von der Rechtsprechung (BGE 130 V 61 E. 6.2 S. 62 f.)
umschriebenen Voraussetzungen. Inwiefern das Verwaltungsgericht Bundes
(verfassungs)recht verletzt haben soll, ist nicht nachvollziehbar. Das
Abstellen auf den von der zuständigen qualifizierten Person verfassten
Abklärungsbericht vom 29. September 2006 stellt insbesondere eine Verletzung
weder der Menschenwürde noch der persönlichen Freiheit dar und verletzt auch
nicht den verfassungsrechtlich geschützten Gehörsanspruch. Der Umstand, dass
die Abklärung nicht die Ergebnisse gezeitigt hat, welche die Beschwerdeführer
erhofft oder erwartet haben, ist für den Prozessausgang ohne Belang.

3.3 Liegt beim Versicherten zufolge Änderung der tatsächlichen Verhältnisse mit
Verminderung der Hilfsbedürftigkeit nur noch leichte Hilflosigkeit vor, ist der
angefochtene Entscheid, mit welchem die revisionsweise Herabsetzung der
Hilflosenentschädigung auf eine Entschädigung für leichte Hilflosigkeit ab 1.
Januar 2007 gemäss Verfügung vom 24. November 2006 bestätigt wurde, rechtens.

4.
Entsprechend dem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten den
Beschwerdeführern aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden den Beschwerdeführern auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern,
Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, der Ausgleichskasse des Kantons Bern
und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 26. März 2008
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Meyer Widmer