Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 394/2007
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9C_394/2007

Urteil vom 28. August 2007
II. sozialrechtliche Abteilung

Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Lustenberger, Seiler,
Gerichtsschreiber Schmutz.

S. ________, Beschwerdeführer, vertreten durch lic. iur. Thomas Gabathuler,
Rechtsanwalt, Schifflände 22, 8024 Zürich,

gegen

IV-Stelle des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 11,
8087 Zürich, Beschwerdegegnerin.

Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich vom 10. Mai 2007.

Sachverhalt:

A.
A.a Mit Verfügung vom 8. November 2002 sprach die IV-Stelle des Kantons
Zürich dem 1959 geborenen S.________ für die Dauer vom 1. April 2001 bis zum
31. März 2002 basierend auf einem Invaliditätsgrad von 100 % eine ganze
Invalidenrente zu. In Gutheissung der dagegen erhobenen Beschwerde wies das
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 8. April 2003
die Sache an die IV-Stelle zurück, damit sie weitere medizinische Abklärungen
vornehme und hernach über den Rentenanspruch des Versicherten neu verfüge.

A.b Die IV-Stelle liess in der Folge die Fachärzte des Ärztlichen
Begutachtungsinstituts (ABI) ein polydisziplinäres Gutachten (vom 1. Juni
2004) erstellen. Mit Verfügung vom 20. Juli 2004 wies sie das Begehren auf
Ausrichtung einer Invalidenrente ab dem 1. April 2002 ab, da S.________ die
Ausübung einer behinderungsangepassten Tätigkeit zu 100 % zumutbar sei und
der Invaliditätsgrad lediglich 18 % betrage. Die dagegen erhobene Einsprache
wies sie mit unangefochten in Rechtskraft erwachsenem Entscheid vom
5. November 2004 ab.

A.c Am 11. April 2005 meldete sich S.________ wiederum zum Leistungsbezug
(Rente) an. Die IV-Stelle trat auf die Anmeldung ein und lehnte nach
Abklärungen in medizinischer und beruflich-erwerblicher Hinsicht mit
Verfügung vom 26. Juli 2005 und Einspracheentscheid vom 17. März 2006 den
Anspruch ab, weil eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes nicht
ausgewiesen sei.

B.
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des
Kantons Zürich mit Entscheid vom 10. Mai 2007 ab.

C.
S.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten erheben
mit dem Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Entscheides und Rückweisung
der Sache an die IV-Stelle zur Durchführung ergänzender Abklärungen und zu
neuem Entscheid.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG)
kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 96 BGG erhoben werden.
Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die
Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, wenn
sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von
Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 132 V 393 zur auch unter
der Herrschaft des BGG gültigen Abgrenzung von Tat- und Rechtsfragen im
Bereich der Invaliditätsbemessung [Art. 16 ATSG] für die Ermittlung des
Invaliditätsgrades nach Art. 28 Abs. 1 IVG).

2.
Streitig und zu prüfen ist der Anspruch auf Invalidenrente. Im angefochtenen
Gerichtsentscheid werden die Bestimmungen und Grundsätze über den Begriff der
Invalidität (Art. 8 Abs. 1 ATSG in Verbindung mit Art. 4 Abs. 1 IVG) und die
Ermittlung des Invaliditätsgrades bei erwerbstätigen Versicherten
(Einkommensvergleichsmethode [Art. 16 ATSG in Verbindung mit Art. 28 Abs. 2
IVG; BGE 104 V 135 E. 2a und b S. 136]), die Voraussetzungen für einen
Rentenanspruch und dessen Umfang (Art. 28 IVG) sowie die revisions- und
neuanmeldungsrechtlich analog anwendbaren Art. 17 ATSG in Verbindung mit Art.
87 Abs. 3 und 4 IVV richtig angegeben. Dasselbe gilt hinsichtlich der
Rechtsprechung zum Beweiswert ärztlicher Berichte (BGE 125 V 351 f. E. 3 S.
352 mit Hinweisen). Darauf wird verwiesen.

3.
Der Beschwerdeführer rügt, die Beschwerdegegnerin habe den abweisenden
Rentenbescheid auf Grund ungenügender Abklärungen getroffen und der
vorinstanzliche Entscheid beruhe auf einem nicht genügend abgeklärten
Sachverhalt.

4.
Es trifft zwar zu, dass die Invalidenversicherung auf begründete Neuanmeldung
hin selber die erforderlichen Abklärungen treffen und den
entscheiderheblichen Sachverhalt untersuchen muss, dies aber unter Vorbehalt
der Mitwirkungspflicht des Versicherten; denn wird ein Gesuch eingereicht,
ist darin glaubhaft zu machen, dass sich der Grad der Invalidität oder der
Hilflosigkeit oder die Höhe des invaliditätsbedingten Betreuungsaufwandes in
einer für den Anspruch erheblichen Weise geändert hat (Art. 87 Abs. 3 IVV).
Hinweise auf Verschlechterungen muss der Versicherte somit selber vorlegen.
Der Beschwerdeführer hat in der schriftlichen Neuanmeldung vom 7. April 2005
und telefonisch am 20. April 2005 gegenüber der Verwaltung die behandelnden
Ärzte genannt. Diese wurden von der Beschwerdegegnerin angefragt (Berichte
Dres. med. Y.________, Facharzt FMH für Psychiatrie und Psychotherapie, vom
25. Mai 2005 und X.________, Facharzt FMH für Innere Medizin, vom 27. Mai
2005). Auf die Einsprache vom 14. September 2005 hin holte die
Beschwerdegegnerin zudem weitere Berichte ein (Klinik A.________ vom 10.
Oktober 2005 und Institut für Anästhesiologie des Spitals B.________ vom
22. Dezember 2005). Der Vorwurf einer Verletzung der Untersuchungs- und
Abklärungspflicht rechtfertigt sich darum nicht.

5.
Die vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen sind für das Bundesgericht
verbindlich, ausser wenn sie offensichtlich unrichtig oder unvollständig
sind, was hier jedoch entgegen der beschwerdeführerischen Beanstandung nicht
zutrifft. Von unvollständiger Tatsachenfeststellung, die nach Art. 105 Abs. 2
BGG als Rechtsverletzung gilt, kann nur gesprochen werden, wenn bezüglich
einer rechtserheblichen Tatsache (z.B. hinsichtlich des Gesundheitsschadens,
des funktionellen Leistungsvermögens, der verfügbaren psychischen Ressourcen,
der medizinisch zumutbaren restlichen Arbeitsfähigkeit etc.) keine
gerichtliche Feststellung getroffen worden ist. Dies ist hier nicht der Fall.
Im angefochtenen Entscheid ist der rentenrelevante Sachverhalt, namentlich
die zumutbare Arbeitsfähigkeit des Versicherten, weder offensichtlich
unrichtig noch rechtsverletzend festgestellt, sodass er für die angerufene
Instanz verbindlich ist. Was der Beschwerdeführer dazu vorbringen lässt,
dringt nicht durch:
5.1 Der in der Beschwerde (vgl. Ziff. 9 S. 6) genannte Bericht der
Neurochirurgischen Klinik des Spitals B.________ vom 10. Oktober 2005 erwähnt
zwar die anamnestische Verschlechterung des Gesundheitszustandes im Jahre
2005 (Bericht S. 2), schliesst aber trotzdem auf eine bis zu 100-prozentige
Arbeitsfähigkeit in einer behinderungsangepassten Tätigkeit bzw. - in der im
Bericht integrierten medizinischen Beurteilung der Arbeitsbelastbarkeit vom
2. Oktober 2005 - auf die Zumutbarkeit einer solchen ganztägigen
Beschäftigung.

5.2 Auch die Würdigung der psychiatrischen Aspekte durch die Vorinstanz ist
nicht offensichtlich unrichtig. Die von Dr. med. Y.________ im Bericht vom
25. Mai 2005 zunächst im Sinne einer Differenzialdiagnose (zu einer
Anpassungsstörung mit mittelgradiger depressiver Symptomatik ([ICD10 F43.2]
im Rahmen einer chronischen Schmerzsymptomatik und psychosozialer
Problematik) angegebene, im Zeugnis vom 3. April 2006 dann als Diagnose
genannte mittelgradige depressive Episode (ICD-10 F32.1), ist hier nicht
einer psychischen Störung mit selbstständigem Krankheitswert gleichzusetzen.
Die von der Rechtsprechung (BGE 130 V 352) dafür verlangten
Morbiditätskriterien wären zweifellos vom Psychiater festgestellt worden,
wenn sie bestanden hätten. Eine anspruchsrelevante Verschlimmerung des
Gesundheitszustandes kann nur bejaht werden, wenn eine Krankheit neu
aufgetreten ist oder sich wesentlich verschlimmert hat. Psychosoziale
Belastungsfaktoren haben dabei weitgehend ausser Acht zu bleiben. Je stärker
psychosoziale und soziokulturelle Faktoren im Einzelfall in den Vordergrund
treten und das Beschwerdebild mitbestimmen, desto ausgeprägter muss eine
fachärztlich festgestellte psychische Störung von Krankheitswert vorhanden
sein, damit eine Invalidität bejaht - oder im Falle der Rentenrevision eine
wesentliche Verschlechterung der Leiden angenommen - werden kann (vgl. BGE
127 V 294 E. 5a S. 299 mit Hinweis auf AHI 2000 S. 153 E. 3). Je mehr der von
der Rechtsprechung verlangten Kriterien zutreffen und je ausgeprägter sich
die entsprechenden Befunde darstellen, desto eher sind  - ausnahmsweise - die
Voraussetzungen für eine zumutbare Willensanstrengung zu verneinen
(Meyer-Blaser, Der Rechtsbegriff der Arbeitsunfähigkeit und seine Bedeutung
in der Sozialversicherung, in: Schmerz und Arbeitsunfähigkeit, St. Gallen
2003, S. 77).

5.3 Der letztinstanzlich eingelegte Bericht des Medizinischen Zentrums
K.________, vom 1. Juni 2007 stellt ein unzulässiges Novum dar, da nach Art.
99 Abs. 1 BGG neue Tatsachen und Beweismittel nur so weit vorgebracht werden
dürfen, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt, was entgegen
der beschwerdeführerischen Darstellung hier nicht der Fall ist. Auch handelt
es sich bei den dort gestellten Diagnosen nicht um schwere psychische
Komorbiditäten im Sinne der Rechtsprechung (BGE 131 V 49).

6.
Zusammenfassend verletzt der angefochtene Entscheid Bundesrecht nicht, da der
Sachverhalt in medizinischer Hinsicht genügend abgeklärt war, um die im
Einsprachentscheid bestätigte Ablehnung des Rentenanspruches zu schützen.

7.
Die Gerichtskosten werden dem Beschwerdeführer als unterliegender Partei
auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen zugestellt.

Luzern, 28. August 2007

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
i.V.