Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 250/2007
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9C_250/2007

Urteil vom 18. Oktober 2007
II. sozialrechtliche Abteilung

Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Lustenberger, Seiler,
Gerichtsschreiber Maillard.

IV-Stelle Luzern, Landenbergstrasse 35, 6005 Luzern,
Beschwerdeführerin,

gegen

S.________, Beschwerdegegner, vertreten durch Rechtsanwalt Beat Rohrer,
Willisauerstrasse 11, 6122 Menznau.

Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Luzern vom
23. März 2007.

Sachverhalt:

A.
S. ________, geboren 1959, zog sich bei einer Messerstecherei am 27. April
2002 Verletzungen vor allem am Bauch und am Oberkörper zu. Am 17. Oktober
2003 meldete er sich bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Die
IV-Stelle Luzern tätigte medizinische sowie berufliche Abklärungen und zog
die Akten der SUVA bei, welche ihre Geldleistungen (ab 1. Juli 2006 eine
Rente basierend auf einem Invaliditätsgrad vom 82 %) gemäss rechtskräftig
gewordenem Einspracheentscheid vom 16. Januar 2004 wegen Beteiligung an einer
Rauferei (Art. 39 UVG in Verbindung mit Art. 49 Abs. 2 lit. a UVV) um 50 %
kürzte. Mit Verfügung vom 12. Oktober 2004 sprach die IV-Stelle S.________ ab
1. April 2003 eine bis 31. Januar 2004 befristete halbe Invalidenrente zu.
Daran hielt sie mit Einspracheentscheid vom 27. Juli 2005 fest und lehnte
gleichzeitig des Gesuch um unentgeltliche Verbeiständung für das
Einspracheverfahren ab.

B.
Das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern hiess die hiegegen erhobene
Beschwerde, mit der S.________ eine unbefristete ganze Rente ab 1. April 2003
beantragen liess, mit Entscheid vom 23. März 2007 in dem Sinne gut, als der
Einspracheentscheid aufgehoben und die Sache an die IV-Stelle zurückgewiesen
wurde, damit diese nach erfolgter Abklärung im Sinne der Erwägungen neu
verfüge (Ziff. 1 des Dispositivs). Weiter gewährte es S.________ für das
Einspracheverfahren die unentgeltliche Verbeiständung (Ziff. 2 des
Dispositivs) und sprach ihm für das kantonale Gerichtsverfahren eine
Parteientschädigung zu (Ziff. 3 des Dispositivs).

C.
Die IV-Stelle erhebt Beschwerde mit dem Antrag, die Ziff. 1 und 3 des
angefochtenen Entscheids seien aufzuheben und es sei die Richtigkeit des
Einspracheentscheids zu bestätigen. Weiter beantragt die IV-Stelle, der
Beschwerde sei die aufschiebende Wirkung zu erteilen.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Das Bundesgericht prüft seine Zuständigkeit bzw. die Zulässigkeit der bei ihm
erhobenen Rechtsmittel von Amtes wegen und mit freier Kognition (Art. 29 Abs.
1 BGG; BGE 133 I 185 E. 2 S. 188 mit Hinweisen, 133 II 249 E. 1.1 S. 251). Es
untersucht deshalb grundsätzlich von Amtes wegen, ob und inwiefern auf eine
Beschwerde eingetreten werden kann. Immerhin ist die Beschwerde gemäss Art.
42 Abs. 1 und Abs. 2 BGG hinreichend zu begründen. Die Beschwerdeführerin hat
darzulegen, dass die Eintretensvoraussetzungen gegeben sind. Soweit diese
nicht ohne Weiteres ersichtlich sind, ist es nicht Aufgabe des
Bundesgerichts, anhand der Akten oder weiterer, noch beizuziehender
Unterlagen nachzuforschen, ob und inwiefern die Beschwerde zuzulassen ist
(vgl. BGE 133 II 249 E. 1.1 S. 251).

2.
Die Gewährung der unentgeltlichen Verbeiständung für das Einspracheverfahren
(Dispositiv-Ziffer 2 des angefochtenen Entscheids) blieb unangefochten. Damit
hat sich das Bundesgericht nicht zu befassen.

3.
Dispositiv-Ziffer 1 des vorinstanzlichen Entscheids lautet auf Rückweisung
und ist als Zwischenentscheid im Sinne des BGG zu qualifizieren (vgl. das zur
Publikation in BGE 133 V bestimmte Urteil 9C_15/2007 vom 25. Juli 2007, E.
4.2). Er kann daher nur unter den Voraussetzungen des Art. 93 Abs. 1 BGG
angefochten werden. Gemäss dieser Bestimmung ist die Beschwerde gegen andere
(d.h. nicht die Zuständigkeit oder Ausstandsbegehren betreffende [vgl. Art.
92 BGG]) selbstständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide nur zulässig: a)
wenn sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können; oder b)
wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen
und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges
Beweisverfahren ersparen würde (vgl. das zur Publikation in BGE 133 V
bestimmte Urteil I 126/07 vom 6. August 2007, E. 1.1). Die selbstständige
Anfechtbarkeit von Zwischenentscheiden aus prozessökonomischen Gründen bildet
eine Ausnahme, die restriktiv anzuwenden ist (BGE 118 II 91 E. 1b S. 92).
Denn der Normzweck dieser Bestimmung liegt nebst der Vermeidung unnötigen
Verfahrensaufwands darin zu verhindern, dass sich das Bundesgericht mehrmals
mit der gleichen Streitsache zu befassen hat. Ein Rückweisungsentscheid, mit
welchem die Sache zur neuen Abklärung und Entscheidung an die Vorinstanz
zurückgewiesen wird, bewirkt in der Regel keinen nicht wieder gutzumachenden
Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG, führt er doch bloss zu einer
dieses Kriterium nicht erfüllenden Verlängerung des Verfahrens (vgl.
Seiler/von Werdt/ Güngerich, Bundesgerichtsgesetz [BGG], Bern 2007, N 8 zu
Art. 93). Ein nicht wieder gutzumachender Nachteil liegt nur vor, wenn das
Rückweisungsurteil durch materielle Vorgaben den Beurteilungsspielraum der
unteren Instanz wesentlich einschränkt und davon in der Folge nicht mehr
abgewichen werden kann (zur Publikation in BGE 133 V bestimmtes Urteil
9C_15/2007 vom 25. Juli 2007, E. 5.2.2, BGE 129 I 313 E. 3.2 S. 317).

3.1 Die Beschwerdeführerin setzt sich in der Beschwerdeschrift mit keinem
Wort mit der Eintretensfrage auseinander. Sie legt insbesondere nicht dar,
weshalb ein Ausnahmefall nach Art. 93 Abs. 1 lit. a oder b BGG vorliegen
soll. Sie beruft sich weder auf einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil
noch auf die Möglichkeit eines sofortigen Endentscheides bei Gutheissung.
Dass die Vorinstanz, welche die Sache wegen Unklarheiten in der
Sachverhaltserhebung an die Beschwerdeführerin zur ergänzenden Abklärung
zurückgewiesen hat, ihr materielle Vorgaben gemacht hätte, wird ebenfalls
nicht geltend gemacht und ist auch nicht der Fall (vgl. E. 3d des
angefochtenen Entscheides). Auf die Beschwerde kann daher nicht eingetreten
werden (vgl. E. 1).

4.
Mit dem Entscheid in der Hauptsache wird das Gesuch um Erteilung der
aufschiebenden Wirkung gegenstandslos.

5.
Die Gerichtskosten werden der Beschwerdeführerin als unterliegender Partei
auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Luzern,
Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, der Ausgleichskasse Luzern und dem
Bundesamt für Sozialversicherungen zugestellt.

Luzern, 18. Oktober 2007

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: