Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 248/2007
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9C_248/2007

Urteil vom 30. August 2007
II. sozialrechtliche Abteilung

Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Lustenberger, Seiler,
Gerichtsschreiber R. Widmer.

F. ________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Giuseppe
Dell'Olivo-Wyss, Stadtturmstrasse 10, 5401 Baden,

gegen

IV-Stelle des Kantons Aargau, Kyburgerstrasse 15, 5001 Aarau,
Beschwerdegegnerin.

Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau
vom 28. Februar 2007.

Sachverhalt:

A.
Gemäss Einspracheentscheid der IV-Stelle des Kantons Aargau vom 8. Dezember
2006 wurde F.________ nach vorgängiger Ausrichtung einer Viertelsrente für
die Zeit vom 1. Juni bis 30. September 2005 eine ganze Invalidenrente und ab
1. Oktober 2005 wiederum eine Viertelsrente der Invalidenversicherung
zugesprochen. Dieser Entscheid wurde dem Versicherten am 12. Dezember 2006
zugestellt.

B.
Mit Eingabe vom 29. Januar 2007 (Datum der Postaufgabe) liess F.________
Beschwerde führen. Zufolge Fristversäumnisses trat das Versicherungsgericht
des Kantons Aargau auf die Beschwerde nicht ein (Entscheid vom 28. Februar
2007).

C.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt F.________
beantragen, unter Aufhebung des angefochtenen Entscheides sei die Sache an
die Vorinstanz zurückzuweisen, damit sie über die Beschwerde materiell
befinde.

Während die IV-Stelle auf Abweisung der Beschwerde schliesst und das
Bundesamt für Sozialversicherungen auf eine Stellungnahme verzichtet, lässt
sich das Versicherungsgericht mit dem Antrag auf deren Gutheissung vernehmen.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Die Vorinstanz trat auf die vom Versicherten am 29. Januar 2007 der Post
übergebene Beschwerde zufolge Fristversäumnisses nicht ein. Zur Begründung
führte sie aus, gemäss BGE 132 V 361 kämen u.a. im Bereich der
Invalidenversicherung die Fristbestimmungen des Art. 38 ATSG zur Anwendung,
laut dessen Abs. 4 lit. c der Fristenstillstand vom 18. Dezember bis und mit
dem 1. Januar dauere; hingegen sei das kantonale Recht nicht massgebend.

2.
2.1 Dem kantonalen Gericht ist beizupflichten, dass im vorliegenden Fall die
Regelung gemäss Art. 38 ATSG anwendbar ist. Wie der Beschwerdeführer richtig
vorbringt, hat indessen Art. 38 Abs. 4 lit. c ATSG am 17. Juni 2005 eine
Änderung erfahren, die auf den 1. Januar 2007 in Kraft gesetzt wurde. Gemäss
dieser neuen, rechtsprechungsgemäss ab Inkrafttreten sofort und
vollumfänglich anwendbaren Fassung (BGE 130 V 1 E.3.2 S. 4) stehen
gesetzliche oder behördliche Fristen, die nach Tagen oder Monaten bestimmt
sind, vom 18. Dezember bis und mit 2. Januar still.

2.2 Unter Berücksichtigung dieses bundesrechtlich neu geregelten
Fristenstillstandes hat der Versicherte die Beschwerde rechtzeitig
eingereicht. Nachdem der Einspracheentscheid vom 8. Dezember 2006 dem
Beschwerdeführer am 12. Dezember 2006 zugestellt worden war, begann die
30-tägige Beschwerdefrist am 13. Dezember 2006 zu laufen, stand alsdann vom
18. Dezember 2006 bis 2. Januar 2007 still und lief ab 3. Januar 2007 weiter.
Der letzte Tag fiel auf Samstag, den 27. Januar 2007, womit die Frist am
darauffolgenden Montag, dem   29. Januar 2007, endete.

3.
Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Gerichtskosten der IV-Stelle
aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Diese hat dem obsiegenden Beschwerdeführer
überdies eine Parteientschädigung zu bezahlen (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
In Gutheissung der Beschwerde wird der angefochtene Entscheid vom 28. Februar
2007 aufgehoben, und die Sache wird an das Versicherungsgericht des Kantons
Aargau zurückgewiesen, damit es über die Beschwerde materiell entscheide.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der IV-Stelle des Kantons Aargau
auferlegt.

3.
Der geleistete Kostenvorschuss von Fr. 500.- wird dem Beschwerdeführer
zurückerstattet.

4.
Die IV-Stelle des Kantons Aargau hat dem Beschwerdeführer für das Verfahren
vor dem Bundesgericht eine Parteientschädigung von Fr. 2500.- zu bezahlen.

5.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau
und dem Bundesamt für Sozialversicherungen zugestellt.

Luzern, 30. August 2007

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: