Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 246/2007
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9C_246/2007

Urteil vom 16. Oktober 2007
II. sozialrechtliche Abteilung

Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Lustenberger, Seiler,
Gerichtsschreiber Maillard.

A. ________, 1969, Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Jürg Pilgrim,
Luzernerstrasse 16, 5630 Muri,

gegen

IV-Stelle des Kantons Aargau, Kyburgerstrasse 15, 5001 Aarau,
Beschwerdegegnerin.

Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau
vom 27. Februar 2007.

Sachverhalt:

A.
A. ________, geboren 1969, bezieht wegen einer bei einem Verkehrsunfall im
Jahre 1986 erlittenen Armplexuslähmung rechts verschiedene Leistungen der
Invalidenversicherung. Am 24. Juli 2005 ersuchte sie um Ersatz der Kosten für
im Rahmen des Eigenheimbaus im Jahre 2000 getätigte invaliditätsbedingte
Anpassungen. Die IV-Stelle des Kantons Aargau zog den Bericht der
Hilfsmittelberatung für Behinderte (SAHB) vom 15. März 2006 bei und sprach
ihr für gewisse Anpassungen in Küche und Badezimmer/WC Leistungen zu, lehnte
es aber mit Verfügung vom 29. März 2006 (bestätigt mit Einspracheentscheid
vom 10. Mai 2006) ab, ihr die Kosten für die Automatisierung der Storen im
Gesamtbetrag von Fr. 8851.- zu ersetzen, da dieses Hilfsmittel nicht in der
Liste der Verordnung über die Abgabe von Hilfsmitteln enthalten sei.

B.
Das Versicherungsgericht des Kantons Aargau wies die hiegegen erhobene
Beschwerde mit Entscheid vom 27. Februar 2007 ab.

C.
A.________ lässt Beschwerde führen und beantragen, in Aufhebung des
angefochtenen Entscheids sei ihr Gesuch um Ersatz der Kosten für die
Elektrifizierung der Storen in der Höhe von Fr. 8851.- gutzuheissen;
eventuell sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann nach
Art. 95 lit. a BGG die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden. Das
Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz
festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung
der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie
offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von
Artikel 95 beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).

2.
Streitig und zu prüfen ist, ob die Beschwerdeführerin unter dem Titel
Hilfsmittel nach Art. 21 und Art. 21bis IVG Anspruch auf Ersatz der Kosten
für die Automatisierung der Storen hat. Das kantonale Versicherungsgericht
hat die zur Beurteilung dieser Streitfrage einschlägigen Rechtsgrundlagen
zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen (Art. 109 Abs. 3 BGG).

3.
3.1 Das kantonale Gericht verneint den Anspruch der Beschwerdeführerin auf
Kostenersatz für die Automatisierung der Storen zunächst mit der zutreffenden
Begründung, dass an die Eingliederungswirksamkeit kostspieliger Hilfsmittel,
worunter invaliditätsbedingte bauliche Änderungen am Arbeitsplatz und im
Aufgabenbereich nach Ziff. 13.04* HVI-Anhang fallen, erhöhte Anforderungen
gestellt werden. Nach Rz. 1019 des Kreisschreibens über die Abgabe von
Hilfsmitteln durch die Invalidenversicherung (KHMI) wird als Richtmass eine
quantitative Eingliederungswirksamkeit im Aufgabenbereich von mindestens 10 %
(gemäss Haushaltsabklärung) verlangt (siehe dazu BGE 129 V 67 E. 1.1.2
S. 68). Die Vorinstanz hat dazu festgestellt, dass die Storenbedienung,
welche dem Teilbereich Haushaltsführung, der seinerseits in der Regel nicht
mehr als 2-5 % der gesamten Haushaltsaufgaben ausmache, zuzuordnen sei; die
Arbeitsfähigkeit im Haushalt könne daher nur gering gesteigert werden. Soweit
die Beschwerdeführerin diese masslichen Feststellungen in appellatorischer
Weise kritisiert, übersieht sie einerseits, dass diese für das Bundesgericht
verbindlich bleiben. Sie geht irrtümlich davon aus, dass nach Art. 97 Abs. 2
BGG bei Verweigerung von Geldleistungen jede unrichtige oder unvollständige
Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gerügt werden kann. Dies gilt
indessen nach dem klaren Wortlaut der genannten Gesetzesbestimmung nur bei
Geldleistungen der Militär- und der Unfallversicherung, nicht aber - wie hier
streitig - bei solchen der Invalidenversicherung, nachdem die ursprünglich
dafür noch vorgesehene Ausnahme im Rahmen der IVG-Revision vom 16. Dezember
2005 aufgehoben wurde (AS 2006 2003). Anderseits geht aus dem
Abklärungsbericht Haushalt vom 13. April 1999, auf den die Vorinstanz
verweist, hervor, dass die Haushaltsführung im Rahmen der Aufgaben im
Haushalt in der Tat nur 2-5 % ausmacht. Inwiefern diese somit auf
Selbstangaben der Beschwerdeführerin beruhende Tatsachenfeststellung
offensichtlich unrichtig oder bundesrechtswidrig (vgl. E. 1) sein soll, ist
nicht nachvollziehbar.

3.2 Da der Beschwerdeführerin im Jahre 1995 die Kosten für die
Elektrifizierung der Storen in der früheren Mietwohnung ersetzt wurden, hat
das kantonale Gericht den Anspruch auch unter dem Titel des
Vertrauensschutzes (vgl. dazu BGE 126 II 377 E. 3a S. 387; 122 II 113
E. 3b/cc S. 123, je mit Hinweisen) geprüft, zu Recht aber verneint.

3.2.1 Der in Art. 9 BV verankerte Grundsatz von Treu und Glauben verleiht
einer Person Anspruch auf Schutz des berechtigten Vertrauens in Zusicherungen
oder sonstiges, bestimmte Erwartungen begründendes Verhalten der Behörden.
Vorausgesetzt ist weiter, dass die Person, die sich auf den Vertrauensschutz
beruft, berechtigterweise auf diese Grundlage vertrauen durfte und gestützt
darauf nachteilige Dispositionen getroffen hat, die sie nicht mehr rückgängig
machen kann. Die Berufung auf Treu und Glauben scheitert, wenn ihr
überwiegende öffentliche Interessen gegenüberstehen (BGE 131 II 627 E. 6.1;
129 I 161 E. 4.1).
3.2.2 Ob, wie das kantonale Gericht einzig geprüft hat, die Berufung auf den
Vertrauensschutz am Kausalzusammenhang zwischen Vertrauen und Disposition
oder am öffentlichen Interesse scheitert, kann offenbleiben, fehlt es doch
hier bereits an einem besonderen vertrauensbegründenden Akt der IV-Stelle.
Die Beschwerdeführerin macht selber nicht geltend, es seien ihr von der
Beschwerdegegnerin vor Inangriffnahme des Eigenheimbaus im Jahre 2000
konkrete Zusicherungen über den Ersatz der Kosten für die Automatisierung der
Storen gemacht worden. Sie beruft sich einzig darauf, dass sie beim Umrüsten
im Jahre 1995 einen Beitrag zugesprochen erhalten habe. Allein der  Umstand,
dass die Behörde einer Person in einer bestimmten Situation eine bestimmte
Behandlung hat zuteil werden lassen, stellt indessen noch keine
Vertrauensgrundlage dar. Wie die blosse Erteilung einer
Aufenthaltsbewilligung für sich allein kein schutzwürdiges Vertrauen in die
Erneuerung derselben begründet (BGE 126 II 377 E. 3b S. 388 unter Hinweis auf
das unveröffentlichte Urteil 2A.307/1996 vom 25. April 1997, E. 2c/bb),
vermag die Kostenvergütung im Jahre 1995 für sich allein ebenso wenig ein
schutzwürdiges Vertrauen in die neuerliche Gewährung im Rahmen des
Neubauprojektes zu begründen.

4.
Die Beschwerde ist offensichtlich unbegründet, weshalb sie im vereinfachten
Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG erledigt wird.

5.
Die Gerichtskosten werden der Beschwerdeführerin als unterliegender Partei
auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau
und dem Bundesamt für Sozialversicherungen zugestellt.
Luzern, 16. Oktober 2007

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: