Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 240/2007
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9C_240/2007

Urteil vom 21. Januar 2008
II. sozialrechtliche Abteilung

Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Lustenberger, Seiler,
Gerichtsschreiber R. Widmer.

M.________, Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwältin Andrea Schmid Kistler, Promenade 132 A, 7260
Davos Dorf,

gegen

IV-Stelle des Kantons Graubünden, Ottostrasse 24, 7000 Chur,
Beschwerdegegnerin.

Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden
vom 13. März 2007.

Sachverhalt:

A.
Der 1949 geborene M.________, von Beruf Landwirt und im Laufe der Jahre in
verschiedenen Unternehmungen (Baugewerbe, Bergbahnen) tätig, hatte sich im
September 2003 unter Hinweis auf zwei Aneurysma-Operationen bei der
Invalidenversicherung zum Rentenbezug angemeldet. Nach Abklärungen in
erwerblicher Hinsicht und einer Untersuchung des Versicherten in der
medizinischen Begutachtungsstelle X.________ vom 24. Mai 2004 gelangte die
IV-Stelle des Kantons Graubünden zum Schluss, dass M.________ nicht in der
Arbeitsfähigkeit eingeschränkt sei, worauf sie das Rentengesuch mit Verfügung
vom 14. September 2004 ablehnte. Diese Verfügung blieb unangefochten.
Im März 2006 meldete sich der Versicherte erneut bei der
Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an, wobei er zusätzlich zu den
bisherigen Leiden auf seit Sommer 2005 auftretende epileptische Anfälle
hinwies. Gestützt auf Berichte des Hausarztes Dr. med. R.________ vom
16. April 2006, des Neurologen Dr. med. I.________ vom 20. Januar und
21. Juli 2006, welcher insbesondere zur Arbeitsunfähigkeit unter
Berücksichtigung der Epilepsie Stellung nahm, sowie des Dr. med. N.________,
Regional ärztlicher Dienst, vom 28. Juli 2006 und die erwerblichen
Gesichtspunkte ermittelte die IV-Stelle einen Invaliditätsgrad von 16 %,
weshalb sie einen Rentenanspruch des Versicherten am 26. Oktober 2006
wiederum verfügungsweise ablehnte.

B.
Die hiegegen eingereichte Beschwerde, mit welcher M.________ die Zusprechung
einer halben Invalidenrente ab 1. September 2006 beantragen liess, wies das
Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden mit Entscheid vom 13. März 2007 ab.

C.
Der Versicherte lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten
führen mit den Rechtsbegehren, unter Aufhebung des kantonalen
Gerichtsentscheides sei die Sache zur Anordnung eines polydisziplinären
Gutachtens an die Vorinstanz zurückzuweisen; eventuell sei ihm ab
1. September 2006 eine halbe Invalidenrente zuzusprechen; ferner ersucht er
um die unentgeltliche Prozessführung und Verbeiständung für das kantonale und
das letztinstanzliche Verfahren. Mit Entscheid vom 19. Juni 2007 wies das
Bundesgericht das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ab und forderte
M.________ zur Entrichtung eines Kostenvorschusses auf, welchen dieser innert
der gesetzten Frist bezahlte.
Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Beschwerde, während das Bundesamt
für Sozialversicherungen auf eine Vernehmlassung verzichtet.

Erwägungen:

1.
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann u.a. die
Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Die
Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich
unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 beruht und
wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend
sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur
soweit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass
gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den
Sachverhalt zu Grunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1
BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen
berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf
einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).
Ferner darf das Bundesgericht nicht über die Begehren der Parteien
hinausgehen (Art. 107 Abs. 1 BGG).

2.
Die Vorinstanz hat die Bestimmungen über den Anspruch auf eine Invalidenrente
(Art. 28 Abs. 1 IVG), die Bemessung des Invaliditätsgrades bei erwerbstätigen
Versicherten nach der Einkommensvergleichsmethode (Art. 16 ATSG) und die
Rechtsprechung zum Beweiswert von Arztberichten (BGE 125 V 351 E. 3 S. 352)
zutreffend dargelegt und richtig festgehalten, dass für die richterliche
Beurteilung praxisgemäss die Verhältnisse massgebend sind, wie sie sich bis
zum Zeitpunkt des Verfügungserlasses entwickelt haben (BGE 121 V 362 E. 1b
S. 366). Darauf kann verwiesen werden.

3.
3.1 Das kantonale Gericht gelangte in Würdigung insbesondere des Gutachtens
der medizinischen Begutachtungsstelle X.________, der spezialärztlichen
Berichte des Dr. med. I.________ sowie der abschliessenden Stellungnahme des
Dr. med. N.________ zum Ergebnis, dass der Versicherte in seiner
Arbeitsfähigkeit in der bisherigen Tätigkeit nicht erheblich eingeschränkt
sei. Diese Feststellung ist für das Bundesgericht im Rahmen von Art. 97
Abs. 1, 105 Abs. 1 und 105 Abs. 2 BGG verbindlich.

3.2 Der Beschwerdeführer bestreitet diese Einschätzung nur insoweit, als er
geltend macht, die Vorinstanz wäre gestützt auf den Untersuchungsgrundsatz
gehalten gewesen, zusätzliche medizinische Abklärungen mit Blick auf die neu
diagnostizierte Epilepsie im Zusammenhang mit den vorbestandenen Krankheiten
zu treffen. Dazu bestand für das Verwaltungsgericht kein Anlass, war doch der
rechtserhebliche medizinische Sachverhalt hinreichend, insbesondere auch
neurologisch, abgeklärt und waren von weiteren Untersuchungen keine neuen
Erkenntnisse zu erwarten, die geeignet gewesen wären, zu einem abweichenden
Ergebnis zu führen. Wenn die Vorinstanz in antizipierter Beweiswürdigung (BGE
124 V 90 E. 4b S. 94) von der Anordnung weiterer medizinischer Abklärungen
abgesehen hat, ist darin keine Bundesrechtsverletzung zu erblicken.

4.
4.1 Die Ablehnungsverfügung der IV-Stelle basiert auf uneingeschränkter
Arbeitsfähigkeit bei leidensangepasster Erwerbstätigkeit, einem
hypothetischen Einkommen ohne Invalidität (Valideneinkommen) von Fr. 62'480.-
(Durchschnittslohn der letzten fünf Jahre) und einem Invalideneinkommen von
Fr. 52'305.- (Tabellenlohn abzüglich 10 % infolge leichterer Arbeit), je
bezogen auf das Jahr 2005, woraus ein Invaliditätsgrad von 16 % resultierte.

4.2 In Übereinstimmung mit der IV-Stelle ging das kantonale Gericht
hinsichtlich des Invalideneinkommens ebenfalls von den Tabellenlöhnen gemäss
Lohnstrukturerhebung des Bundesamtes für Statistik aus. Es vertrat die
Auffassung, dass der Beschwerdeführer seine Restarbeitsfähigkeit mit den von
ihm ausgeübten Tätigkeiten nicht ausschöpfe.

4.3 Demgegenüber macht der Beschwerdeführer geltend, mit seinen beiden
Tätigkeiten als Kutscher und Alphirt schöpfe er seine verbliebene
Arbeitsfähigkeit voll aus, weshalb das von ihm erzielte tatsächliche
Einkommen anstelle des Tabellenlohnes als Invalideneinkommen heranzuziehen
sei.

4.4 Bei der Frage, ob für die Invaliditätsbemessung Tabellenlöhne
heranzuziehen sind, handelt es sich um eine frei überprüfbare Rechtsfrage
(BGE 132 V 393 E. 3.3 S. 399). Der Beschwerdeführer vermag indessen keine
stichhaltigen Gründe nahmhaft zu machen, welche für seine Auffassung
sprechen. Wie die Vorinstanz in Würdigung der medizinischen Akten
festgestellt hat, ist dem Beschwerdeführer eine leidensangepasste Tätigkeit
vollumfänglich möglich und zumutbar. Mit einer solchen Arbeit könnte er ein
rentenausschliessendes Einkommen verdienen. Der im kantonalen Verfahren
vorgebrachte Einwand des Versicherten, nur hälftig arbeitsfähig zu sein,
wurde im angefochtenen Entscheid widerlegt, weshalb auch das ebenfalls auf
reduzierter Arbeitsfähigkeit beruhende Einkommen von Fr. 34'149.- gemäss
Angaben in der Beschwerdeschrift an die Vorinstanz für die Belange der
Invalidenversicherung nicht als Invalideneinkommen herangezogen werden kann.
Soweit die Bemessung der hypothetischen Einkommen mit und ohne Invalidität in
Frage steht, kann auf die Ausführungen im angefochtenen Entscheid verwiesen
werden. Denn bei der Festsetzung der beiden hypothetischen
Vergleichseinkommen handelt es sich um eine Tatfrage, soweit sie auf
konkreter Beweiswürdigung beruht (BGE 132 V 393 E. 3.3 S. 399). Dass die
Vorinstanz die beiden hypothetischen Einkommen im Sinne von Art. 97 Abs. 1
BGG offensichtlich unrichtig festgestellt habe oder die
Sachverhaltsfeststellung auf einer Bundesrechtsverletzung (Art. 95 lit. a
BGG) beruhe, behauptet der Beschwerdeführer zu Recht nicht. Selbst wenn auf
das Valideneinkommen, wie es in der Beschwerdeschrift ermittelt wurde
(Fr. 72'891.- im Jahr 2002), abzustellen wäre, ergäbe sich kein
Rentenanspruch. Diesfalls beliefe sich die Erwerbseinbusse bei einem
Invalideneinkommen von Fr. 52'305.- auf etwa Fr. 20'580.-, entsprechend einem
Invaliditätsgrad von rund 28 %.

5.
In der Beschwerde wird schliesslich die unentgeltliche Prozessführung und
Verbeiständung für das kantonale Verfahren verlangt. Die Vorinstanz hat die
Voraussetzungen für den Anspruch auf unentgeltliche Verbeiständung nach
Art. 61 lit. f ATSG richtig wiedergegeben und zutreffend dargelegt, dass der
Beschwerdeführer nicht bedürftig ist. Dass das Verwaltungsgericht statt auf
den Zeitpunkt des Entscheides über das Gesuch (13. März 2007) auf denjenigen
der Gesuchseinreichung mit der Beschwerde vom 23. November 2006 abgestellt
hat, ist entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers nicht entscheidend.
Weshalb sich seine finanziellen Verhältnisse innert knapp vier Monaten derart
drastisch verschlechtert haben sollen, vermag er nicht darzutun, zumal gemäss
Berechnung im Beschluss des Bundesgerichts vom 19. Juni 2007, drei Monate
nach der Ablehnung des Gesuchs durch die Vorinstanz, wiederum ein deutlicher
Einnahmenüberschuss resultierte.

6.
Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Gerichtskosten dem unterliegenden
Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons
Graubünden, der Ausgleichskasse des Kantons Graubünden und dem Bundesamt für
Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 21. Januar 2008

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Meyer i.V. Nussbaumer