Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 211/2007
Zurück zum Index II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2007
Retour à l'indice II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2007


9C_211/2007

Urteil vom 19. Oktober 2007
II. sozialrechtliche Abteilung

Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Lustenberger, Seiler,
Gerichtsschreiber Maillard.

L. ________, 1967, Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Jean Baptiste Huber, Bundesplatz 6, 6300 Zug,

gegen

Winterthur-Columna Sammelstiftung 2. Säule, Paulstrasse 9, 8400 Winterthur,
Beschwerdegegnerin.

Berufliche Vorsorge,

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug
vom 15. März 2007.

Sachverhalt:

A.
L. ________, geboren 1967, arbeitete von Januar 1990 bis zum Verlust seiner
Arbeitsstelle (infolge Umstrukturierung) Ende Mai 2002 in der Firma
X.________ AG als Lagermitarbeiter, zwischen April 1998 und Oktober 2001 als
Lagerchef (letzter Arbeitstag: 29. Mai 2002). Dadurch war er bei der
Winterthur-Columna Sammelstiftung 2. Säule (nachfolgend Stiftung)
obligatorisch berufsvorsorgeversichert. Am 19. November 2002 meldete er sich
bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Am 12. Januar 2004
sprach ihm die IV-Stelle Zug ab 1. August 2003 eine ganze Invalidenrente zu.
Dabei ging sie von einer seit 13. August 2002 dauernd bestehenden erheblichen
Einschränkung in der Arbeits- bzw. Erwerbsfähigkeit aus. Da damit der
Eintritt der Arbeitsunfähigkeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei
der Firma X._______ AG und nach Verstreichen der Nachdeckungsfrist erfolgt
sei, lehnte es die Stiftung gestützt auf die Verfügung der IV-Stelle ab,
L.________ eine Invalidenrente aus der obligatorischen beruflichen Vorsorge
zu gewähren.

B.
Das Verwaltungsgericht des Kantons Zug wies die von L.________ am 17. Februar
2006 gegen die Stiftung eingereichte Klage auf Zusprechung einer ganzen
Invalidenrente der beruflichen Vorsorge ab 1. September 2002 mit Entscheid
vom 15. März 2007 ab.

C.
L.________ lässt Beschwerde führen und beantragen, der angefochtene Entscheid
sei aufzuheben und die Stiftung sei zu verpflichten, ihm ab 1. September 2002
eine ganze Invalidenrente in Höhe von Fr. 1862.65 pro Monat, zuzüglich Zins
seit 1. September 2002, auszurichten.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann nach
Art. 95 lit. a BGG die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden. Das
Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz
festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung
der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie
offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von
Artikel 95 beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).

2.
2.1 Strittig ist, ob der Beschwerdeführer gegenüber der Stiftung Anspruch auf
eine Invalidenrente der obligatorischen beruflichen Vorsorge hat. Dies hängt
entscheidend von der Frage ab, wann die für die Entstehung des
Invalidenleistungsanspruchs relevante Arbeitsunfähigkeit eingetreten ist.

2.2 Das kantonale Versicherungsgericht hat die zur Beurteilung dieser
Streitfrage einschlägigen Rechtsgrundlagen zutreffend dargelegt. Darauf wird
verwiesen (Art. 109 Abs. 3 BGG). Zu ergänzen ist, dass rechtsprechungsgemäss
die Vorsorgeeinrichtungen im Bereich der gesetzlichen Mindestvorsorge (Art. 6
BVG) an die Feststellungen der IV-Organe gebunden sind, insbesondere
hinsichtlich des Eintrittes der invalidisierenden Arbeitsunfähigkeit
(Eröffnung der Wartezeit; Art. 29 Abs. 1 lit. b IVG in Verbindung mit Art. 26
Abs. 1 BVG), soweit die invalidenversicherungsrechtliche Betrachtungsweise
aufgrund einer gesamthaften Prüfung der Akten nicht als offensichtlich
unhaltbar erscheint. Hingegen entfällt eine Bindungswirkung, wenn die
Vorsorgeeinrichtung nicht spätestens im Einspracheverfahren angelegentlich
der Verfügungseröffnung in das invalidenversicherungsrechtliche Verfahren
einbezogen wird (BGE 129 V 73). Hält sich die Vorsorgeeinrichtung
demgegenüber im Rahmen des invalidenversicherungsrechtlich Verfügten, ja
stützt sie sich - wie im hier zu beurteilenden Fall - darauf ab, ist das
Problem des Nichteinbezugs des Vorsorgeversicherers ins IV-Verfahren
gegenstandslos. In diesem Fall kommt ohne Weiterungen die vom Gesetzgeber
gewollte, in den Art. 23 ff. BVG zum Ausdruck gebrachte
Verbindlichkeitswirkung unter Vorbehalt offensichtlicher Unrichtigkeit des
IV-Entscheids zum Zuge (BGE 130 V 270 E. 3.1 S. 273, 129 V 73 mit Hinweisen).

3.
3.1 Das kantonale Gericht hat nicht unter dem in E. 2.2 dargelegten
eingeschränkten Blickwinkel geprüft, ob der von der IV-Stelle auf den
13. August 2002 festgestellte Beginn der Arbeitsunfähigkeit als
offensichtlich unhaltbar erscheine, sondern vielmehr frei geprüft, wann die
relevante Arbeitsunfähigkeit eingetreten ist. Dies ändert jedoch nichts
daran, dass die Prüfungsbefugnis des Bundesgerichts infolge der dargestellten
Bindungswirkung bzw. bereits aufgrund von Art. 105 BGG (siehe E. 1) auf die
Frage beschränkt ist, ob die Feststellung der IV-Stelle bzw. der Vorinstanz
zum Eintritt der invalidisierenden Arbeitsunfähigkeit offensichtlich
unhaltbar sei oder nicht.

3.2 Der Beschwerdeführer war laut vorinstanzlicher Feststellung vom
3. November 2001 bis 31. Mai 2002, von kurzen Ausnahmen abgesehen, in der
Firma mit voller Leistung tätig; eine relevante ununterbrochene
Arbeitsunfähigkeit sei erst am 13. August 2002 eingetreten. Angesichts der
Rechtsprechung, die einerseits für die Haftungsbegründung der zeitlich
zuständigen Vorsorgeeinrichtung Auswirkungen des Gesundheitsschadens auf das
versicherte Arbeitsverhältnis verlangt (z.B. Urteil L. vom 24. April 2007,
I 687/06 E. 5.1 mit Hinweisen), und die anderseits bereits eine sechsmonatige
(SZS 2002 S. 153) oder eine viermonatige (B 100/05 vom 8. Februar 2006,
E. 3.2) Zeitspanne voller Arbeits- und Erwerbsfähigkeit als den geforderten
zeitlichen Zusammenhang zwischen der Arbeitsunfähigkeit und der späteren
Invalidität (vgl. hiezu BGE 123 V 262 E. 1c S. 264, 120 V 112 E. 2c/aa/bb
S. 117 f.) unterbrechend anerkannte, kann von offensichtlicher Unrichtigkeit
der vorinstanzlichen Betrachtungsweise nicht die Rede sein. Dass sich der
Beschwerdeführer angeblich wegen der Aussicht auf eine Durchhalteprämie bis
zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses (31. Mai 2002) besonders angestrengt
haben soll, ändert nichts daran, dass er bis Ende Mai 2002 tatsächlich eine
ungeschmälerte Arbeitsleistung erbracht hat und auch anschliessend während
mehr als zwei weiteren Monaten arbeitsfähig blieb.

3.3 Die weiteren vom Beschwerdeführer vorgetragenen Einwendungen sind
tatsächlicher Natur und lassen unberücksichtigt, dass die Prüfungsbefugnis
des Bundesgerichts wesentlich eingeschränkt ist. Sie sind jedenfalls nicht
geeignet, die Feststellung der IV-Stelle als offensichtlich unhaltbar
erscheinen zu lassen.

3.4 Dass die Vorinstanz bei dieser klaren Sach- und Rechtslage auf die
Erhebung weiterer Beweismittel, insbesondere die Befragung der Hausärztin,
verzichtet hat, ist im Rahmen der antizipierten Beweiswürdigung (vgl. dazu
BGE 124 V 90 E. 4b S. 94) nicht zu beanstanden.

3.5 Bleibt somit die Beschwerdegegnerin an die Feststellung des Organs der
Invalidenversicherung gebunden, die relevante Arbeitsunfähigkeit sei am
13. August 2002 eingetreten, entfällt die Leistungspflicht der Stiftung ohne
weiteres, war doch der Beschwerdeführer zu diesem Zeitpunkt
unbestrittenermassen nicht mehr bei ihr obligatorisch
berufsvorsorgeversichert und war auch die Nachdeckungsfrist von einem Monat
gemäss Art. 10 Abs. 3 Satz 1 BVG abgelaufen.

4.
Die Vorinstanz hat im angefochtenen Entscheid dem Beschwerdeführer auch die
unentgeltliche Verbeiständung mangels Bedürftigkeit verweigert. Der in der
Beschwerde gestellte Antrag auf Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils könnte
auch auf die Verweigerung der unentgeltlichen Verbeiständung bezogen werden.
Da die Beschwerde diesbezüglich jedoch keine Begründung enthält, ist darauf
nicht näher einzugehen.

5.
Die Beschwerde ist offensichtlich unbegründet, weshalb sie im vereinfachten
Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG erledigt wird.

6.
Die Gerichtskosten werden dem Beschwerdeführer als unterliegender Partei
auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zug,
Sozialversicherungsrechtliche Kammer, und dem Bundesamt für
Sozialversicherungen zugestellt.
Luzern, 19. Oktober 2007

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: