Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 167/2007
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9C_167/2007

Urteil vom 21. Juni 2007
II. sozialrechtliche Abteilung

Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Lustenberger, Seiler,
Gerichtsschreiber Attinger.

P. ________, Beschwerdeführer,

gegen

Versicherungsgericht des Kantons Solothurn, Amthaus 1, 4500 Solothurn.

Alters- und Hinterlassenenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons
Solothurn vom
14. März 2007.

Sachverhalt:

A.
Mit Verfügung vom 12. Mai 2006 und Einspracheentscheid vom 13. September 2006
verpflichtete die Ausgleichskasse des Kantons Solothurn u.a. P.________, bis
20. Februar 2001 Mitglied des Verwaltungsrates der (nunmehr von Amtes wegen
gelöschten) Firma A.________ AG, zur Bezahlung von Schadenersatz in der Höhe
von Fr. 246'380.30 für entgangene paritätische Sozialversicherungsbeiträge
und Folgekosten.

B.
P.________ erhob beim Versicherungsgericht des Kantons Solothurn Beschwerde
mit dem Begehren, er sei von jeglicher Schadenersatzpflicht zu befreien.
Ferner stellte er ein Gesuch um Bestellung eines unentgeltlichen
Rechtsbeistandes, welches das kantonale Gericht mit Zwischenentscheid vom
14. März 2007 mangels Bedürftigkeit abwies.

C.
Gegen den Zwischenentscheid führt P.________ Beschwerde ans Bundesgericht mit
dem Antrag, es sei ihm für das kantonale Beschwerdeverfahren die
unentgeltliche Verbeiständung zu bewilligen. Überdies ersucht er sinngemäss
auch für das letztinstanzliche Verfahren um Bestellung eines unentgeltlichen
Rechtsbeistandes. Dieses Gesuch hat das Bundesgericht mit Beschluss vom
21. Mai 2007 wegen Aussichtslosigkeit des Rechtsbegehrens abgewiesen.

Das Versicherungsgericht des Kantons Solothurn schliesst auf Abweisung der
Beschwerde.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Am 1. Januar 2007 ist das Bundesgesetz über das Bundesgericht (BGG;
SR 173.110) in Kraft getreten (AS 2006 1243). Weil der angefochtene Entscheid
zu einem späteren Zeitpunkt ergangen ist, untersteht die Beschwerde dem neuen
Recht (Art. 132 Abs. 1 BGG).

2.
Gegen selbständig eröffnete, weder die Zuständigkeit noch den Ausstand (vgl.
hiezu Art. 92 BGG) betreffende Zwischenentscheide ist die Beschwerde ans
Bundesgericht - abgesehen vom hier nicht gegebenen Ausnahmefall gemäss
Art. 93 lit. b BGG - nur zulässig, wenn sie einen nicht wiedergutzumachenden
Nachteil bewirken können (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG).

Es fragt sich daher, ob der vorinstanzliche Zwischenentscheid einen nicht
wiedergutzumachenden Nachteil bewirken kann. Gemäss bisheriger Praxis des
Bundesgerichts bedurfte es im Zusammenhang mit einer staatsrechtlichen
Beschwerde eines Nachteils rechtlicher Natur (der auch durch einen späteren
günstigen Endentscheid nicht gänzlich behoben werden konnte), wogegen im
Rahmen der Verwaltungsgerichtsbeschwerde bereits ein Nachteil bloss
faktischer Art (somit ein schutzwürdiges Interesse) zur Anfechtung eines
Zwischenentscheids ausreichte (BGE 129 I 129 E. 1.1 S. 131, 281 E. 1.1
S. 283, 126 I 207 E. 2a und c S. 210 ff. jeweils zu Art. 87 Abs. 2 des auf
den 31. Dezember 2006 aufgehobenen OG; BGE 120 Ib 97 E. 1c S. 99 f. zu Art. 5
in Verbindung mit Art. 45 Abs. 1 und 2 VwVG [jeweils in der bis Ende 2006
gültig gewesenen Fassung] sowie Art. 97 Abs. 1 des aufgehobenen OG; vgl. auch
Aemisegger, Der Beschwerdegang in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten, in:
Ehrenzeller/Schweizer (Hrsg.), Die Reorganisation der Bundesrechtspflege -
Neuerungen und Auswirkungen in der Praxis, St. Gallen 2006, S. 125 f.; von
Werdt, in: Seiler/von Werdt/Güngerich, Kommentar zum BGG, N 8 f. zu Art. 93;
Karlen, Das neue Bundesgerichtsgesetz, Basel 2006, S. 36; Göksu, Die
Beschwerden ans Bundesgericht, Zürich/St. Gallen 2007, N 88 f.). Ferner wich
die Rechtsprechung des früheren Eidgenössischen Versicherungsgerichts (EVG)
zu altArt. 45 Abs. 1 VwVG insofern von derjenigen des Bundesgerichts ab, als
das EVG in der Nichtbewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege für das
erstinstanzliche Beschwerdeverfahren in sozialversicherungsrechtlichen
Streitigkeiten ohne weiteres einen nicht wiedergutzumachenden Nachteil
erblickte (BGE 100 V 61 E. 1 S. 62, 98 V 115; SVR 2006 UV Nr. 10 S. 38 E. 1.3
[U 266/04]), während nach bundesgerichtlicher Praxis zu fragen war, inwiefern
der rechtsuchenden Person als Folge der verweigerten unentgeltlichen
Prozessführung oder Verbeiständung tatsächlich Nachteile hätten erwachsen
können (unveröffentlichte Urteile 2A.520/1995 vom 13. Mai 1996 [E. 1c] und
2A.276/1992 vom 25. Februar 1993 [E. 1d]).
Ob im vorliegenden Fall die Eintretensvoraussetzung des nicht
wiedergutzumachenden Nachteils im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG gegeben
ist (vgl. Urteile 5D_15/2007 vom 17. April 2007 [E. 1.2], 2D_1/2007 vom
2. April 2007 [E. 3.2 und 3.3] sowie 5A_10+11/2007 vom 23. März 2007
[E. 2.3]), kann offen bleiben, da - wie sich aus den nachfolgenden Erwägungen
ergibt - die Beschwerde ans Bundesgericht jedenfalls materiell unbegründet
ist.

3.
3.1 Gemäss Art. 61 ATSG bestimmt sich das Verfahren vor dem kantonalen
Versicherungsgericht unter Vorbehalt von Art. 1 Abs. 3 VwVG nach kantonalem
Recht, das bestimmten bundesrechtlichen Anforderungen zu genügen hat. So
sieht lit. f von Art. 61 ATSG vor, dass das Recht, sich verbeiständen zu
lassen, gewährleistet sein muss (erster Satz). Wo die Verhältnisse es
rechtfertigen, wird der Beschwerde führenden Person ein unentgeltlicher
Rechtsbeistand bewilligt (zweiter Satz). Mit Inkrafttreten des ATSG am
1. Januar 2003 ist Art. 85 Abs. 2 lit. f erster und zweiter Satz AHVG
aufgehoben worden. Nach dem Willen des Gesetzgebers hat sich indessen
inhaltlich nichts geändert, weshalb die zur genannten früheren
AHVG-Bestimmung ergangene Rechtsprechung weiterhin anwendbar bleibt (SVR 2004
AHV Nr. 5 S. 17 [H 106/03]).

3.2 Die Bedürftigkeit der Partei als eine der Voraussetzungen für die
Gewährung der unentgeltlichen Verbeiständung im kantonalen
Beschwerdeverfahren muss gleich ausgelegt werden wie der Begriff der "Partei,
die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt," gemäss Art. 64 Abs. 1 BGG
und derjenige der "bedürftigen Partei" nach Art. 152 Abs. 1 des nunmehr
aufgehobenen OG (vgl. SVR 2004 AHV Nr. 5 S. 17 E. 2.2 [H 106/03]; RKUV 2000
Nr. KV 119 S. 154 [K 140/99], 1996 Nr. U 254 S. 208 [U 38/96]; Urteil C 62/00
des Eidgenössischen Versicherungsgerichts vom 25. September 2000 [E. 3a]).
Als bedürftig gilt danach eine Person, wenn sie ohne Beeinträchtigung des für
sie und ihre Familie nötigen Lebensunterhalts nicht in der Lage ist, die
Prozesskosten zu bestreiten; dabei sind die Einkommens- wie die
Vermögensverhältnisse zu berücksichtigen (BGE 124 I 97 E. 3b S. 98 mit
Hinweis) und zwar beider Ehegatten (BGE 119 Ia 11 E. 3a S. 12, 115 Ia 193
E. 3a S. 195, 108 Ia 9 E. 3 S. 10, 103 Ia 99 S. 101). Von einem
Grundeigentümer kann verlangt werden, einen Kredit auf sein Grundstück
aufzunehmen, soweit dieses noch belastet werden kann (BGE 119 Ia 11). Der
Nachweis, dass die Aufnahme eines (weiteren) Hypothekarkredites nicht möglich
ist, obliegt der Person, welche unentgeltliche Rechtspflege beantragt (Urteil
B 54/02 des Eidgenössischen Versicherungsgerichts vom 21. März 2003 [E. 4.3],
Anwaltsrevue 8/2003 S. 272; vgl. auch SVR 1998 UV Nr. 11 S. 32 E. 4c/bb
[U 197/96]).

3.3 Das kantonale Gericht gelangte aufgrund der ihm zur Verfügung stehenden
Unterlagen zum Schluss, es müsse davon ausgegangen werden, "dass durch eine
Erhöhung der (auf dem Grundstück der Ehefrau lastenden) Hypothek die
erforderlichen Mittel für einen Rechtsbeistand beschafft werden könnten". Die
vorinstanzliche Betrachtungsweise, auf welche im Einzelnen verwiesen wird,
ist mit Blick auf die grundsätzliche Verbindlichkeit der im angefochtenen
Zwischenentscheid getroffenen Sachverhaltsfeststellung für das Bundesgericht
(Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG) in keiner Weise zu beanstanden. Die vom
Beschwerdeführer letztinstanzlich eingereichten neuen Beweismittel, welche
belegen sollen, dass eine zusätzliche hypothekarische Belastung des seiner
Ehefrau gehörenden Grundstücks ausgeschlossen sei, können im vorliegenden
Verfahren nicht berücksichtigt werden (Art. 99 BGG), zumal das kantonale
Gericht vom Beschwerdeführer just derartige Beweismittel mehrmals vergeblich
angefordert hat (vgl. zu Art. 105 Abs. 2 des aufgehobenen OG: BGE 121 II 97
E. 1c S. 100, 102 Ib 124 E. 2a S. 127). Es muss demnach mit der Verweigerung
der unentgeltlichen Verbeiständung für das kantonale Verfahren sein Bewenden
haben.

4.
Die im Sinne von Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG offensichtlich unbegründete
Beschwerde ist im vereinfachten Verfahren abzuweisen.

5.
In Streitigkeiten im Zusammenhang mit der unentgeltlichen Rechtspflege kann
auf die Erhebung von Gerichtskosten verzichtet werden (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Das Bundesgericht erkennt:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, der Ausgleichskasse des Kantons Solothurn
und dem Bundesamt für Sozialversicherungen zugestellt.

Luzern, 21. Juni 2007

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: