Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 164/2007
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Urteil vom 14. September 2007
II. sozialrechtliche Abteilung

Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Lustenberger, Seiler,
Gerichtsschreiber Maillard.

R. ________,
Beschwerdeführerin, vertreten durch Herrn M.________,

gegen

Kantonale IV-Stelle Wallis, Postfach, 1951 Sitten, Beschwerdegegnerin.

Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonalen Versicherungsgerichts des
Wallis vom 28. März 2007.

Sachverhalt:

A.
Die 1963 geborene R.________ reiste im Juli 2000 in die Schweiz ein und war
ab September 2000 als Zimmermädchen im Hotel A.________ tätig. Am 8. Juli
2004 meldete sie sich unter Hinweis auf seit einem im April 2002 erlittenen
Unfall und nach durchgeführter Arthrodeseoperationen bestehende Beschwerden
im rechten Handgelenk sowie weitere gesundheitliche Einschränkungen
(arterielle Hypertonie bei Adipositas [BMI 45], schmerzhafte
Wirbelsäulendegeneration und beginnende Arthrose mehrerer Gelenke) bei der
Invalidenversicherung zum Leistungsbezug (Rente) an. Nach beruflichen und
medizinischen Abklärungen sprach ihr die IV-Stelle des Kantons Wallis mit
Verfügung vom 8. Mai 2006 ab 1. Juli 2003 bis 31. Mai 2006 eine ganze
Invalidenrente zu. Für die nachfolgende Zeit verneinte sie mangels
rentenbegründender Invalidität einen Anspruch. Daran hielt die IV-Stelle mit
Einspracheentscheid vom 20. Juli 2006 fest.

B.
Das Versicherungsgericht des Kantons Wallis wies die hiegegen erhobene
Beschwerde mit Entscheid vom 28. März 2007 ab.

C.
R.________ lässt Beschwerde führen und beantragen, in Aufhebung des
angefochtenen Entscheids sei ihr eine ganze IV-Rente zuzusprechen, eventuell
sei eine polidisziplinarische (recte: polydisziplinäre) medizinische
Untersuchung anzuordnen, um den genauen IV-Grad festzustellen.

Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Beschwerde, während das Bundesamt
für Sozialversicherung auf eine Stellungnahme verzichtet.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die
Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, wenn
sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von
Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). Neue Tatsachen und Beweismittel
dürfen nur soweit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz
dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG).

2.
Streitig ist, ob die Beschwerdeführerin auch nach dem 1. Juni 2006 Anspruch
auf eine Invalidenrente hat. Das kantonale Versicherungsgericht hat die zur
Beurteilung des Leistungsanspruchs einschlägigen Rechtsgrundlagen zutreffend
dargelegt. Darauf wird verwiesen.

3.
Als erstes ist die Frage zu prüfen, in welchem Ausmass die Beschwerdeführerin
noch arbeitsfähig ist.

3.1 Es ist unbestritten, dass die Versicherte aufgrund der erheblichen
Funktionseinschränkung in der rechten Hand ihren bisherigen Beruf als
Zimmermädchen nicht mehr ausüben kann. Das kantonale Gericht kommt jedoch in
einlässlicher Würdigung der medizinischen Unterlagen, insbesondere der
Berichte der behandelnden und der Ärzte des Regionalen Ärztlichen Dienstes
R.________, zum Schluss, dass der Beschwerdeführerin ab Mitte Februar 2006
eine körperlich leichte Tätigkeit unter Beachtung gewisser Einschränkungen
(wechselnde Tätigkeit, keine schweren und mittelschweren Arbeiten, kein
repetitives und Heben von Gewichten über 5 kg) ganztags zumutbar sei. Diese
Feststellung über die Arbeits(un)fähigkeit ist tatsächlicher Natur und daher
für das Bundesgericht verbindlich (vgl. E. 1), da nicht von einer
offensichtlich unrichtigen Sachverhaltsfeststellung oder Rechtsverletzung im
Sinne von Art. 95 BGG die Rede sein kann. Daran ändert nichts, dass die
Vorinstanz irrtümlich die Arthrodese (operative Gelenkversteifung) der
rechten Hand als medizinisch nicht nachgewiesen erachtet. Jedenfalls geht sie
zutreffend von den aktenkundigen Funktionseinschränkungen ein. Die
Beschwerdeführerin kann sich demgegenüber zur Untermauerung ihrer Auffassung,
sie sei vollständig arbeitsunfähig, weder auf abweichende medizinische
Berichte stützen, noch von den vorhandenen etwas zu ihren Gunsten ableiten.
Mit der vorinstanzlichen Würdigung der medizinischen Akten setzt sie sich
nicht auseinander. Sie verkennt, dass ihr - auch gemäss Hausarzt - zentrales
Gesundheitsproblem, die Adipositas per magna, rechtsprechungsgemäss
grundsätzlich keine zu Rentenleistungen berechtigende Invalidität bewirkt
(ZAK 1984 S. 345 E. 3 mit Hinweisen; Urteil der II. sozialrechtlichen
Abteilung des Bundesgerichts vom 5. Juni 2007 in Sachen V., I 757/06). Soweit
sie schliesslich neuere Arztberichte ins Recht legen lässt, übersieht sie,
dass Bezugsgrösse für die Feststellung des Sachverhalts der für dieses
Verfahren allein massgebende Zeitraum bis zum Erlass des Einspracheentscheids
vom 20. Juli 2006 ist (BGE 131 V 242 E. 2.1 S. 243 mit Hinweisen). Spätere
medizinische Berichte sind nicht in die Beurteilung miteinzubeziehen, wenn
sie, wie hier, keine Rückschlüsse auf die im Zeitpunkt des Abschlusses des
Verwaltungsverfahrens bestehende Situation erlauben (vgl. BGE 121 V 362 E. 1b
in fine S. 366). Die Frage, ob sich nach der Operation vom 30. März 2007 die
Arbeitsfähigkeit der Beschwerdeführerin verändert hat, ist somit nicht
Gegenstand des vorliegenden Verfahrens, sondern könnte allenfalls im Rahmen
einer Neuanmeldung vorgebracht werden (Art. 87 Abs. 4 i.V.m. Abs. 3 IVV).

3.2 Angesichts der schlüssigen medizinischen Aktenlage bedarf es keiner
weiteren medizinischen Abklärungen, weshalb von der eventualiter beantragten
Rückweisung abzusehen ist (antizipierte Beweiswürdigung; BGE 124 V 90 E. 4b
S. 94).

4.
Es bleibt zu prüfen, wie sich die leidensangepasste Arbeitsfähigkeit
erwerblich auswirkt.

4.1 Für die Bemessung der Invalidität bei einem erwerbstätigen Versicherten
wird das Erwerbseinkommen, das er nach Eintritt der Invalidität und nach
Durchführung allfälliger Eingliederungsmassnahmen durch eine ihm zumutbare
Tätigkeit bei ausgeglichener Arbeitsmarktlage erzielen könnte
(Invalideneinkommen), in Beziehung gesetzt zum Erwerbseinkommen, das er
erzielen könnte, wenn er nicht invalid geworden wäre (Valideneinkommen; Art.
28 Abs. 2 IVG). Der Vergleich hat in der Regel in der Weise zu erfolgen, dass
die beiden hypothetischen Erwerbseinkommen ziffernmässig möglichst genau
ermittelt und einander gegenübergestellt werden. Aus der Einkommensdifferenz
lässt sich der Invaliditätsgrad bestimmen (allgemeine Methode des
Einkommensvergleichs; BGE 104 V 135 E. 2a und b S. 136 f.).
4.2 Wird das Invalideneinkommen auf der Grundlage von statistischen
Durchschnittswerten ermittelt, ist der entsprechende Ausgangswert
(Tabellenlohn) allenfalls zu kürzen. Damit soll der Tatsache Rechnung
getragen werden, dass persönliche und berufliche Merkmale einer versicherten
Person, wie Art und Ausmass der Behinderung, Lebensalter, Dienstjahre,
Nationalität oder Aufenthaltskategorie und Beschäftigungsgrad Auswirkungen
auf die Lohnhöhe haben können (BGE 124 V 321 E. 3b/aa S. 323). Der Abzug hat
nicht automatisch, sondern dann zu erfolgen, wenn im Einzelfall Anhaltspunkte
dafür bestehen, dass die versicherte Person wegen eines oder mehrerer dieser
Merkmale ihre gesundheitlich bedingte (Rest-)Arbeitsfähigkeit auf dem
allgemeinen Arbeitsmarkt nur mit unterdurchschnittlichem erwerblichem Erfolg
verwerten kann. Bei der Bestimmung der Höhe des Abzugs vom Tabellenlohn
sodann ist nicht in der Weise vorzugehen, dass für jedes in Betracht fallende
Merkmal separat eine Reduktion vorgenommen wird, weil damit Wechselwirkungen
ausgeblendet würden. Vielmehr ist der Einfluss aller Merkmale auf das
Invalideneinkommen (leidensbedingte Einschränkung, Alter, Dienstjahre,
Nationalität, Aufenthaltskategorie und Beschäftigungsgrad) unter Würdigung
der Umstände im Einzelfall nach pflichtgemässem Ermessen gesamthaft zu
schätzen. Dabei ist der Abzug auf insgesamt höchstens 25% zu begrenzen (BGE
126 V 75 E. 5b/aa-cc S. 79 f.).
4.3 Die Beschwerdeführerin bemängelt, dass ihr im Rahmen der Berechnung des
Invaliditätsgrades nicht der maximale Leidensabzug von 25% gewährt wurde.
Dieser Einwand ist unbegründet. Die Frage der Höhe des Leidensabzuges ist
eine typische Ermessensfrage, deren Beantwortung letztinstanzlicher Korrektur
nur mehr dort zugänglich ist, wo das kantonale Gericht das Ermessen
rechtsfehlerhaft ausgeübt hat, also Ermessensüberschreitung, -missbrauch oder
-unterschreitung vorliegt (BGE 132 V 393 E. 3.3 S. 399). Das trifft hier
nicht zu. Inwiefern die Vorinstanz mit der Gewährung eines Abzuges von
immerhin 10% das Ermessen in dargelegtem Sinne rechtsfehlerhaft ausgeübt
haben soll, legt die Beschwerdeführerin auch nicht dar.

4.4 Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass das kantonale
Gericht dem offensichtlichen Umstand keine Rechnung getragen hat, dass das
von der Beschwerdeführerin erzielte Valideneinkommen aus invaliditätsfremden
Gründen weit unter den branchenüblichen Ansätzen lag (vgl. dazu BGE 129 V 222
E. 4.4 S. 225; ZAK 1989 S. 458 E. 3b). Allein, selbst wenn dieser
invaliditätsfremde Gesichtspunkt überhaupt nicht oder dann bei beiden
Vergleichsgrössen berücksichtigt würde, ergäbe sich ein
rentenausschliessender Invaliditätsgrad von maximal 10%.

5.
Bei diesem Verfahrensausgang werden die Verfahrenskosten der
Beschwerdeführerin als unterliegender Partei auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonalen Versicherungsgericht des
Wallis und dem Bundesamt für Sozialversicherungen zugestellt.

Luzern, 14. September 2007

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: