Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 152/2007
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9C_152/2007

Urteil vom 19. Oktober 2007
II. sozialrechtliche Abteilung

Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Lustenberger, Seiler,
Gerichtsschreiberin Keel Baumann.

CONCORDIA Schweizerische Kranken- und Unfallversicherung, Rechtsdienst,
Bundesplatz 15, 6003 Luzern, Beschwerdeführerin,

gegen

Kantonsspital Nidwalden, Ennetmooserstrasse, 6370 Stans, Beschwerdegegner,
vertreten durch Rechtsanwältin Judith Naef, Rathausstrasse 7, 6340 Baar.

Krankenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Nidwalden,
Schiedsgericht nach Art. 89 KVG,
vom 24. Januar 2007.

Sachverhalt:

A.
A.a Die Kantone Obwalden und Nidwalden schlossen am 16. Dezember 1996 ein
Abkommen betreffend die Behandlung von Engelberger Patientinnen und Patienten
auf der Allgemeinen Abteilung im (in Stans liegenden) Kantonsspital
Nidwalden, welches mit Nachtrag vom 3. Februar 2004 in "Spitalabkommen über
die Behandlung von Engelberger Patientinnen und Patienten im Kantonsspital
Nidwalden" umbenannt wurde (nachfolgend: Spitalabkommen). Dieses regelt die
Aufnahme, die Kosten und die Rechnungsstellung für die stationäre Behandlung
von Patientinnen und Patienten mit zivilrechtlichem Wohnsitz in Engelberg auf
der Allgemeinen Abteilung des Kantonsspitals Nidwalden (Art. 1 Abs. 1
Spitalabkommen). Es gilt nur für Patientinnen und Patienten, die lediglich
gemäss der obligatorischen Krankenpflegeversicherung nach KVG versichert sind
(Art. 1 Abs. 2 Spitalabkommen). Für die Aufnahme von Patientinnen und
Patienten aus Engelberg muss beim Gesundheitsdepartement des Kantons Obwalden
keine Kostengutsprache eingeholt werden (Art. 2 Abs. 1 Spitalabkommen); die
Patientinnen und Patienten aus Engelberg werden bezüglich der
Aufnahmepriorität den Nidwaldner Patientinnen und Patienten gleichgestellt
(Art. 2 Abs. 2 Spitalabkommen). Die Tagespauschale betrug anfänglich
Fr. 670.- und beläuft sich heute auf 56 % der jeweils geltenden Tagestaxe für
ausserkantonale Patientinnen und Patienten (Art. 4 Abs. 2 Spitalabkommen).
Die Rechnungen werden vom Kantonsspital direkt an die Garanten gemäss KVG
gerichtet (vgl. Art. 6 Spitalabkommen). In der Obwaldner Spitalliste wird das
Kantonsspital Nidwalden als Grundversorgung für Engelberger Patientinnen und
Patienten aufgeführt.

A.b Anfänglich wendete das Kantonsspital Nidwalden das Spitalabkommen auf
alle Engelberger Patienten an, auch auf diejenigen, die über eine
Zusatzversicherung für den ausserkantonalen Spitalaufenthalt verfügten. Mit
anderen Worten brachte es auch für diese die günstigere Tagespauschale gemäss
Spitalabkommen zur Anwendung. Zudem vergütete der Kanton Obwalden die
Differenz zum Obwaldner Spitaltarif.

A.c Im Januar 2003 überprüfte das Kantonsspital Nidwalden diese Praxis und
wendete fortan das Spitalabkommen sowie die darin vorgesehene günstigere
Pauschale nur noch auf die über keine Zusatzversicherung verfügenden
Engelberger Patienten an. Bei den zusatzversicherten Patienten wurde nun der
höhere Tarif für ausserkantonale Patienten in Rechnung gestellt und es
erfolgte keine Differenzzahlung seitens des Kantons Obwalden mehr.
Dementsprechend stellte das Kantonspital den Krankenversicherern
(Zusatzversicherungen) nachträglich Rechnung für die Jahre 2001 und 2002.

A.d Nachdem sich die Krankenkasse CONCORDIA geweigert hatte, diese
Nachzahlung zu leisten, verfügte das Kantonsspital am 12. Mai 2003
entsprechende Nachzahlungen im Betrag von insgesamt Fr. 385'535.65. Einen von
der CONCORDIA erhobenen Rekurs wies der Spitalrat des Kantonsspitals am
22. September 2003 ab. Auf die von der CONCORDIA hiegegen eingereichte
Beschwerde trat das Verwaltungsgericht des Kantons Nidwalden als
Versicherungsgericht nicht ein und verwies die Parteien auf das Verfahren
nach Art. 89 KVG; zudem stellte es von Amtes wegen fest, dass die Verfügungen
des Kantonsspitals vom 12. Mai 2003 sowie der Rekursentscheid des Spitalrats
vom 22. September 2003 nichtig seien (Entscheid vom 4. Oktober 2004). Zur
Begründung wurde ausgeführt, es gehe um eine Streitigkeit zwischen
Versicherer und Leistungserbringer, die sich auf das KVG stütze, da das
Spitalabkommen, dessen Anwendung umstritten sei, eine Spezifizierung von
Art. 41 KVG darstelle und somit den obligatorischen Teil der ausserkantonalen
Hospitalisation betreffe. Auch eine Leistungspflicht der CONCORDIA für
zusatzversicherte Engelberger Patienten richte sich nicht ausschliesslich
nach den entsprechenden Zusatzversicherungen, sondern es sei dafür das
Spitalabkommen einzubeziehen und zu prüfen, ob in Anwendung dieses Abkommens
eine Leistungspflicht der CONCORDIA im Sinne eines obligatorischen Teils der
ausserkantonalen Hospitalisation auch für die über eine
Spitalzusatzversicherung verfügenden Patienten entfalle.

B.
Am 9. Dezember 2005 erhob das Kantonsspital Nidwalden beim Schiedsgericht
nach Art. 89 KVG des Kantons Nidwalden Klage gegen die CONCORDIA mit dem
Rechtsbegehren, die Anwendung des Spitalabkommens ausschliesslich für
lediglich grundversicherte Patientinnen und Patienten mit Wohnsitz in
Engelberg sei zu bestätigen und die CONCORDIA sei zu verpflichten, alle seit
2001 offenen Rechnungen zuzüglich Zins von 5 % zu bezahlen.
Mit Entscheid vom 24. Januar 2007 hiess das Schiedsgericht die Klage, soweit
es darauf eintrat, teilweise gut und stellte fest, dass das Spitalabkommen
lediglich für grundversicherte Patientinnen und Patienten mit Wohnsitz in
Engelberg Anwendung finde.

C.
Die CONCORDIA erhebt Verwaltungsgerichtsbeschwerde (recte: Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) mit dem Rechtsbegehren, es sei der
Entscheid des Schiedsgerichts aufzuheben und die Klage des Kantonsspitals
Nidwalden abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei.
Das Kantonsspital Nidwalden beantragt sinngemäss die Abweisung der
Beschwerde. Das Bundesamt für Gesundheit verzichtet auf eine Vernehmlassung.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Der heutige Beschwerdegegner hat in seiner Klage vor der Vorinstanz ein
Feststellungs- und ein Leistungsbegehren gestellt. Die Vorinstanz ist auf das
Feststellungsbegehren eingetreten und hat es gutgeheissen. Auf das
Leistungsbegehren ist sie - wie aus E. 7.2 und 7.3 des angefochtenen
Entscheids hervorgeht - nicht eingetreten. Die Beschwerdeführerin beantragt,
den vorinstanzlichen Entscheid aufzuheben und die Klage abzuweisen, soweit
darauf einzutreten sei. Der Beschwerdebegründung, auf welche zur
Interpretation des Rechtsbegehrens abzustellen ist, lässt sich entnehmen,
dass in erster Linie gerügt wird, die Vorinstanz hätte auf das
Leistungsbegehren eintreten und dieses in der Sache abweisen sollen.
Eventuell, wenn auf das Leistungsbegehren nicht eingetreten werde, sei auch
auf das Feststellungsbegehren nicht einzutreten. Subeventuell sei das
Feststellungsbegehren abzuweisen.

2.
Es ist somit im Folgenden zunächst zu prüfen, ob die Vorinstanz auf das
Leistungsbegehren hätte eintreten sollen.

2.1 Grundsätzlich würde folgende gesetzliche Regelung gelten: Wenn sich
Obwaldner ohne medizinischen Grund im Sinne von Art. 41 Abs. 2 KVG im
Kantonsspital Nidwalden behandeln lassen, stellt das Spital Kosten nach dem
Nidwaldner Tarif für ausserkantonale Patienten in Rechnung. Davon übernimmt
der KVG-Versicherer einen Anteil nach dem Obwaldner Tarif für innerkantonale
Patienten (Art. 41 Abs. 1 KVG). Die Differenz muss der Patient selber oder
sein allfälliger Zusatzversicherer bezahlen.

2.2 Das Spitalabkommen modifiziert nun für die davon betroffenen Einwohner
von Engelberg diese Rechtslage wie folgt: Das Kantonsspital Nidwalden stellt
Rechnung nach dem tieferen Tarif gemäss Abkommen (im Folgenden: Engelberger
Tarif). Davon übernimmt der KVG-Versicherer den Anteil gemäss Obwaldner
Tarif. Der Kanton Obwalden übernimmt die Differenz zwischen diesem und dem in
Rechnung gestellten Engelberger Tarif. Die betreffenden Engelberger Patienten
müssen daher nichts bezahlen und werden so gestellt, wie sie dies bei einer
Behandlung im Kantonsspital Obwalden in Sarnen wären.

2.3 Umstritten ist, ob das Spitalabkommen nur für diejenigen Engelberger
gilt, die lediglich eine Grundversicherung (und keine Zusatzversicherung)
haben (welche Auffassung der Beschwerdegegner vertritt), oder auch für die
zusatzversicherten Engelberger (auf welchen Standpunkt sich die
Beschwerdeführerin stellt).
Folgt man dem Beschwerdegegner, so gilt für die zusatzversicherten
Engelberger die in E. 2.1 dargestellte Rechtslage: Das Kantonsspital
Nidwalden stellt Rechnung nach dem Tarif für ausserkantonale Patienten und
der Kanton Obwalden bezahlt den Engelberger Patienten nichts (unter Vorbehalt
der Fälle gemäss Art. 41 Abs. 3 KVG). Die Differenz zwischen der KVG-Leistung
und dem in Rechnung gestellten Betrag bezahlt der Zusatzversicherer.
Folgt man der Auffassung der Beschwerdeführerin, gilt auch für die
zusatzversicherten Engelberger die in E. 2.2 wiedergegebene Rechtslage: Die
Engelberger Patienten bzw. ihre Zusatzversicherer müssen nichts bezahlen.
In beiden Fällen hat aber der KVG-Grundversicherer für die Behandlung die
Kosten gemäss Obwaldner Tarif zu tragen. Daraus ergibt sich, dass es sich bei
den umstrittenen Nachzahlungen nur um Leistungen aus Zusatzversicherungen
handelt. Es geht somit nicht um einen Streit um Leistungen nach KVG, weshalb
das Schiedsgericht nach Art. 89 KVG nicht zuständig ist. Wohl ist der Umfang
der Leistungspflicht des Zusatzversicherers abhängig von der richtigen
Auslegung und Anwendung des Spitalabkommens, welches eine KVG-rechtliche
Bedeutung hat (hinten E. 3.1). Dies führt aber - entgegen der Auffassung des
Versicherungsgerichts des Kantons Nidwalden in seinem Entscheid vom
4. Oktober 2004 - nicht dazu, dass es sich beim Streit um die
Leistungspflicht des Zusatzversicherers um eine solche nach Art. 89 KVG
handelt; denn der Umfang der Leistungspflicht des Zusatzversicherers hängt
regelmässig davon ab, in welchem Umfang Leistungen aus der obligatorischen
Krankenpflegeversicherung (OKP) zu erbringen sind, was jedoch nicht zur Folge
haben kann, dass Streitigkeiten über die Zusatzversicherung im Verfahren nach
Art. 89 KVG zu beurteilen wären (vgl. Art. 12 Abs. 3 KVG). Anders verhält es
sich nur, wenn es im Streit um Zusatzversicherungsleistungen in Wirklichkeit
um die Tragweite des Tarifschutzes (Art. 44 KVG) geht, dessen Durchsetzung
dem Schiedsgericht nach Art. 89 KVG obliegt (vgl. Art. 59 Abs. 3 lit. d KVG;
BGE 132 V 352 E. 2.5 S. 354 ff.). Das ist hier aber nicht der Fall. Die
Vorinstanz ist daher mit Recht mangels Zuständigkeit auf das
Leistungsbegehren nicht eingetreten. Dass sie zusätzlich auch noch ausgeführt
hat, das Begehren sei zu wenig substantiiert, schadet nichts und ändert am
richtigen Ergebnis nichts. Ebenso wenig ist massgebend, dass die Vorinstanz
zunächst in E. 1.3 in genereller Weise ihre Zuständigkeit bejaht hat, ohne
dort bereits zwischen Feststellungs- und Leistungsbegehren zu unterscheiden.

2.4 Demgegenüber hat das Versicherungsgericht des Kantons Nidwalden im
Entscheid vom 4. Oktober 2004 wohl zu Unrecht seine Zuständigkeit verneint.
Denn das Rechtsverhältnis zwischen dem öffentlich-rechtlichen Kantonsspital
Nidwalden (Art. 2 des nidwaldnischen Gesetzes vom 24. Mai 2000 über das
Kantonsspital [Spitalgesetz; NG 714.1]) und seinen Patienten ist weder zivil-
noch sozialversicherungsrechtlicher Natur, sondern richtet sich nach
nidwaldnischem Verwaltungsrecht (Art. 29 Abs. 1 Spitalgesetz), was namentlich
auch hinsichtlich der Spitaltaxen gilt (vgl. Verordnung vom 18. Dezember 1967
über die Aufnahmebedingungen und Taxen des Kantonsspitals
[Spitaltaxverordnung; NG 714.121]). Dementsprechend erfolgt die Durchsetzung
des Taxanspruchs des Spitals gegenüber seinen Patienten (bzw. gegenüber den
Zusatzversicherern, soweit diese direktzahlungspflichtig sind) nach
nidwaldnischem Verwaltungsverfahrensrecht (Art. 31 Spitalgesetz). Da indessen
ein Nichteintretensentscheid nicht materiell rechtskräftig werden kann,
hindert das Kantonsspital Nidwalden nichts daran, den Rückerstattungsanspruch
allenfalls erneut in dem dafür nach nidwaldnischem Recht vorgesehenen
Verfahren geltend zu machen.

3.
Zu prüfen ist weiter, ob die Vorinstanz zu Recht auf das
Feststellungsbegehren eingetreten ist.

3.1 Die Funktion des Spitalabkommens besteht darin, für die unter seinen
Anwendungsbereich fallenden Engelberger Patienten das Kantonsspital Nidwalden
partiell einem Obwaldner Spital gleichzusetzen und damit den dortigen
Aufenthalt dem Geltungsbereich von Art. 41 Abs. 1 KVG zu unterstellen. Die
umstrittene Frage nach dem Anwendungsbereich des Abkommens berührt damit den
KVG-rechtlichen Aspekt, nach welchem Absatz von Art. 41 KVG sich die
Vergütung richtet. Für den Versicherer selber ist dies nur im Rahmen der
Zusatzversicherung von Bedeutung (vorne E. 2). Für die Versicherten und die
beteiligten Kantone und Leistungserbringer ist dies aber in Bezug auf die
Anwendung des KVG entscheidend. Hinzu kommt, dass die Beschwerdeführerin
selber die Vereinbarkeit des Spitalabkommens (in der Auslegung des
Beschwerdegegners) mit dem KVG zur Diskussion stellt. Da die Frage nach dem
Anwendungsbereich des Abkommens somit (auch) die Tragweite des KVG beschlägt,
ist das Schiedsgericht im Sinne von Art. 89 KVG für deren Beurteilung
zuständig (vgl. BGE 121 V 311 E. 2 S. 313 ff.). Dass darüber auch
vorfrageweise in einem anderen Verfahren (gemäss vorstehender E. 2.4)
befunden werden könnte, ändert an der schiedsgerichtlichen Zuständigkeit
nichts.

3.2 Ein Feststellungsentscheid ist - auch im Verfahren nach Art. 89 KVG -
zulässig, wenn ein schützenswertes rechtliches oder tatsächliches Interesse
an der Feststellung besteht und ein rechtsgestaltendes Begehren nicht in
zumutbarer Weise möglich ist (Art. 49 Abs. 2 ATSG; BGE 132 V 18 E. 2.1 S. 21,
121 V 311 E. 4 S. 317 ff.). Ein Feststellungsentscheid dient nicht dazu, eine
abstrakte Rechtsfrage zu beantworten; es muss sich um individuelle und
konkrete Rechte und Pflichten handeln (BGE 130 V 388 E. 2.5 S. 392). Indessen
ist eine Feststellung zulässig bei komplizierten Verhältnissen, wo die
Abwicklung des Leistungsanspruchs mit hohem Aufwand verbunden wäre,
namentlich wenn eine grosse Zahl von Rechtsverhältnissen berührt und die
Rechtsfrage wegen besonderer Verhältnisse neuartig ist (BGE 132 V 257 E. 2.1
S. 260 f., 129 V 289 E. 2.2 S. 290 f., 112 V 81 E. 2a S. 84; AHI 2001 S. 218
E. 2a).
Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Die streitige Rechtsfrage ist neu;
ihre Beantwortung beeinflusst eine grosse Zahl von Rechtsverhältnissen und
ist von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung. Zudem war ein
Leistungsbegehren nicht zumutbarerweise möglich, nachdem einerseits das
Versicherungsgericht des Kantons Nidwalden mit Entscheid vom 4. Oktober 2004
die vom Beschwerdegegner erlassenen Leistungsverfügungen für nichtig erklärt
und andererseits das Schiedsgericht des Kantons Nidwalden mit Recht (vorne
E. 2) die bei ihm angehobene Leistungsklage als unzulässig betrachtet hat
(Entscheid vom 24. Januar 2007). Der Feststellungsentscheid ist damit der
zweckmässige Weg, um die Streitfrage innert nützlicher Frist verbindlich zu
beantworten.

4.
Zu prüfen ist demnach die materielle Streitfrage.

4.1 Die Beschwerdeführerin bestreitet letztinstanzlich nicht, dass das
Spitalabkommen nach seinem klaren Wortlaut ausschliesslich auf die lediglich
grundversicherten Patienten anwendbar ist. Diese sind damit in zweierlei
Hinsicht gegenüber zusatzversicherten Patienten bevorzugt: Einerseits
verlangt das Kantonsspital Nidwalden von ihnen tiefere Tarife als von anderen
ausserkantonalen Patienten; andererseits bezahlt ihnen der Kanton Obwalden
die Differenz zwischen dem Engelberger und dem Obwaldner Tarif. Nach
Auffassung der Beschwerdeführerin steht diese Regelung im Widerspruch zu
Art. 8 BV sowie Art. 13 Abs. 2 lit. a und Art. 43 KVG.

4.2 Eine Diskriminierung im Sinne von Art. 8 Abs. 2 BV liegt klarerweise
nicht vor: Die beanstandete Regelung benachteiligt weder direkt noch indirekt
einen Personenkreis anhand der in dieser Bestimmung genannten Kriterien.

4.3 Zu prüfen bleibt die Vereinbarkeit mit dem allgemeinen
Rechtsgleichheitsgebot (Art. 8 Abs. 1 BV).

4.3.1 Das Gebot der rechtsgleichen Behandlung (Art. 8 Abs. 1 BV) ist
verletzt, wenn ein Erlass hinsichtlich einer entscheidwesentlichen Tatsache
rechtliche Unterscheidungen trifft, für die ein vernünftiger Grund in den zu
regelnden Verhältnissen nicht ersichtlich ist, oder wenn er Unterscheidungen
unterlässt, die sich aufgrund der Verhältnisse aufdrängen. Die
Rechtsgleichheit ist verletzt, wenn Gleiches nicht nach Massgabe seiner
Gleichheit gleich oder Ungleiches nicht nach Massgabe seiner Ungleichheit
ungleich behandelt wird. Die Frage, ob für eine rechtliche Unterscheidung ein
vernünftiger Grund in den zu regelnden Verhältnissen ersichtlich ist, kann zu
verschiedenen Zeiten unterschiedlich beantwortet werden, je nach den
herrschenden Anschauungen und Zeitverhältnissen. Dem Gesetzgeber bleibt im
Rahmen dieser Grundsätze und des Willkürverbots ein weiter Spielraum der
Gestaltung, den das Bundesgericht nicht durch eigene Gestaltungsvorstellungen
schmälert (BGE 132 I 157 E. 4.1 S. 162; 131 V 107 E. 3.4.2 S. 114; 130 I 65
E. 3.6 S. 70).

4.3.2 Das Spitalabkommen bezweckt, den Einwohnern von Engelberg zu
ermöglichen, anstelle des kantonseigenen Spitals in Sarnen das geografisch
näher gelegene Kantonsspital Nidwalden in Stans zu vergleichbaren Konditionen
wie ein kantonseigenes Spital benützen zu können, d.h. namentlich ohne
Zusatzkosten bezahlen zu müssen. Darin ist ohne weiteres ein sachlich
haltbares Ziel zu erblicken, räumt doch das Abkommen damit den Engelbergern
die den übrigen Obwaldnern ebenso zustehende Möglichkeit ein, sich im am
nächsten gelegenen Spital behandeln zu lassen. Gleichzeitig wird diese
Leistung indessen beschränkt auf diejenigen Engelberger, die darauf
angewiesen sind, weil sie keine Zusatzversicherung haben. Wer über eine
entsprechende Zusatzversicherung verfügt, ist für die durch die
ausserkantonale Hospitalisation anfallenden Mehrkosten abgedeckt und riskiert
nicht, beim Aufenthalt im Kantonsspital Nidwalden erhebliche Zusatzkosten
(abgesehen von allfälligen Franchisen) bezahlen zu müssen. Auch das ist eine
sachlich haltbare Überlegung: Einerseits wird dadurch der vom Staat zu
leistende Aufwand beschränkt, andererseits kommen die staatlichen Mittel
denjenigen Personen zugute, welche aufgrund ihrer versicherungsmässigen
Situation am ehesten darauf angewiesen sind.

4.3.3 Es trifft zu, dass damit die bloss obligatorisch Versicherten auf
Staatskosten eine Leistung erhalten, welche die Zusatzversicherten mit den
entsprechenden Prämien aus eigenen Mitteln bezahlen. Eine verfassungswidrige
Ungleichbehandlung kann darin aber nicht erblickt werden. Es wäre eine
Überspannung des Rechtsgleichheitsgebots, wenn dieses dahingehend
interpretiert würde, dass die staatlichen Mittel allen Einwohnern zu genau
gleichen Teilen zukommen müssen. Es gibt viele Leistungen, welche vom Staat
erbracht oder subventioniert werden und nur einem bestimmten Teil der
Bevölkerung zugutekommen, während andere Teile der Bevölkerung ähnliche
Leistungen aus eigenen Mitteln bezahlen. Verfassungsrechtlich verlangt werden
willkürfreie, sachlich haltbare Gründe für die Ungleichbehandlung; wie in
E. 4.3.2 dargetan, liegen solche hier vor. Unzutreffend ist namentlich die
Auffassung der Beschwerdeführerin, soziale Gründe für eine Ungleichbehandlung
könnten nur im konkreten Einzelfall höher gewichtet werden als das
Gleichbehandlungsgebot. Es ist zulässig, bestimmte Vorteile pauschal
bestimmten Gruppen zukommen zu lassen, auch wenn die Beweggründe, welche zur
Schaffung dieser Leistungen geführt haben, nicht in jedem Einzelfall erfüllt
sein mögen. So beruht die Einführung vieler sozialversicherungsrechtlicher
Leistungen auf sozialpolitischen Überlegungen, während deren Ausrichtung zu
einem grossen Teil unabhängig von einer konkreten Bedürftigkeit im Einzelfall
erfolgt. Die Beschwerdeführerin schliesst aus BGE 127 V 422 und 123 V 290,
dass eine unterschiedliche Behandlung von Grund- und Zusatzversicherten nicht
zulässig sei. In diesen Urteilen hat das Eidgenössische Versicherungsgericht
aufgrund einer Gesetzesauslegung erkannt, dass die im KVG vorgesehenen
Leistungen gleichermassen den Grund- und den Zusatzversicherten zustehen,
weil die Zusatzversicherten zugleich auch obligatorisch grundversichert sind.
Soweit es dabei auf Art. 8 BV Bezug nahm (BGE 127 V 422 E. 5 S. 429), hat es
bloss gesagt, dass die Bestimmungen des KVG in rechtsgleicher Weise auf alle
Adressaten gleichermassen Anwendung finden. Dass ausserhalb der im KVG selber
enthaltenen Leistungen eine Ungleichbehandlung von Grund- und
Zusatzversicherten verfassungsrechtlich unzulässig wäre, ergibt sich aus
diesen Entscheiden aber nicht.

4.3.4 Nicht gefolgt werden kann sodann dem Einwand der Beschwerdeführerin,
das Spitalabkommen verstosse gegen Art. 13 Abs. 2 lit. a KVG: Diese
Bestimmung schreibt für die soziale Krankenversicherung den Grundsatz der
Gleichbehandlung der Versicherten vor. Vorliegend geht es jedoch nicht um
Leistungen der sozialen Krankenversicherung, sondern einerseits um
Spitaltarife und kantonale Differenzzahlungen, andererseits um Leistungen aus
Zusatzversicherung.

4.3.5 Ebenso ins Leere stösst schliesslich die Kritik, die Tarifgrundsätze
des Art. 43 KVG würden verletzt; denn das Spitalabkommen enthält - wie die
Beschwerdeführerin selber feststellt - keinen OKP-Tarif im Sinne von Art. 43
KVG, sondern regelt als interkantonales Abkommen die ausserhalb der
Grundversicherung zu vergütenden Kosten.

5.
Die Beschwerde ist somit unbegründet. Die Beschwerdeführerin trägt die
Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). Der Beschwerdegegner hat als mit
öffentlich-rechtlichen Aufgaben betraute Organisation (Art. 2 und
3 Spitalgesetz) keinen Anspruch auf Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 3 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 5000.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons
Nidwalden, Schiedsgericht nach Art. 89 KVG, und dem Bundesamt für Gesundheit
zugestellt.
Luzern, 19. Oktober 2007

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:

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